...oder einer Wiedergutmachung ?
Mein "Projekt-Bericht"
<b>Vorwort :</b> nachdem sowohl Hannes Hase-Bergen als auch Kurt mit dem Gerät scheinbar sehr zufrieden sind ( Hannes nach einigen Modifikationen; Kurt offenbar sogar out of the box )
http://www.amateurastronomie.c…resser102135002/index.htm
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=229814
, stellt sich mir schon die Frage : hatte ich bei meinem ersten Anschnuppern nun ein totales Montagsgerät erwischt, oder hatte der Monteur in China einfach nur einen schlechten Tag, als er den Refraktor zusammenbaute bzw. das Objektiv einsetzte ?
Fast scheint es so, dennoch erinnere ich mich an den Test im französischen Astro-Surf Magazin und an einen Forenbeitrag in einem italienischen Astro-Forum, in dem beide Benutzer übereinstimmend berichteten, dass Vergrößerungen ab 1xD nicht mehr scharf zu stellen waren ! Also doch kein Einzelfall ? Serienstreuung ? Wir werden es wohl nie erfahren.
<b>Hier also mein zweiter Bericht</b>
Bresser AR 102L Achromat – eine Liebe auf den zweiten Blick
02.10.2018 M.A. Meier
Beobachtungen 18., 19. sowie 30.09.
Nach meinem ersten An-Testen eines Bresser 102/1350 mm achromatischen Refraktors, was ja leider gar nicht gut ausging ( siehe Bericht auf Hannes‘ Seite und im astrotreff ), hatte mir die Sache keine Ruhe gelassen.
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=220888
Zudem hatte ich mit Spannung das Projekt von Hannes mit der verbesserten Linsenfassung verfolgt. Ähnlich wie Hannes ließ mir der Gedanke keine Ruhe, dass ein achromatisches Objektiv mit einem Öffnungsverhältnis von f/13 doch eigentlich so schlecht gar nicht sein könnte, wie ich es damals erlebt hatte. Ich hatte für mich die Linsenfassung als Übeltäter ausgemacht…
Nun ergab sich eine tolle Gelegenheit, der Sache nochmals gründlicher nachzugehen.
Der Händler, der mir damals den Bresser AR 102L leihweise zur Verfügung gestellt hatte, schrieb mir, dass er das Gerät immer noch rumliegen hätte. Nur die Linsen hätte er ausgebaut um das nochmal in Ruhe nachzuprüfen. Leider hatte ihm der Stress im Geschäft dazu noch keine nötige Ruhe gelassen und es war wohl auch in naher Zukunft nicht absehbar, dass er die Zeit dazu finden würde. Kurzum – er bot mir an, das Gerät zu einem günstigeren Preis erwerben zu können, wenn ich mich noch einmal daran versuchen wolle. Die Linsen würde er mir lose, aber gut verpackt dazu legen.
Gesagt getan – und nun hatte ich im Gegensatz zum ersten Anschnuppern, als ich das Gerät unter Rückgabevorbehalt nur leihweise hatte, quasi die Befugnis auch größere Eingriffe vorzunehmen. Ich konnte also ohne Hemmungen auch das Objektiv ausbauen etc.. was ich mich beim ersten Test nicht getraut hatte. Dort hatte ich nur den Vorschraubring vorsichtig abgeschraubt, die Linsen aber unangetastet in der Fassung belassen, um nicht möglicherweise etwas zu beschädigen.
Nun hatte ich also dasselbe Gerät, welches zuvor bei mir „durchgefallen“ war noch einmal zum Test da !
Das Linsenpaket kam wie gesagt, lose eingepackt und gut gepolstert. Beide Linsen waren makellos. Zudem waren Markierungen aufgebracht, in welcher Linsenanordnung das Objektiv in den Tubus eingebaut werden müsse ( Linsenpaket mit Pfeilmarkierung Richtung Tubus ).
Die letzten Tage hatte ich mich dann intensiv mit dem langen Bresser beschäftigt. In mühevollem Herantasten hatte ich beide Objektivlinsen zumindest näherungsweise anhand der Newtonringe zueinander ausgerichtet. Dabei zeigte sich das Phänomen, das die Newtonringe zunächst völlig unsichtbar waren, obwohl ich die Linsen natürlich ohne Distanzring direkt aufeinander liegen hatte. Erst unter dem Licht einer Neonröhre wurden, allerdings auch jetzt kaum sichtbare , Newtonringe sichtbar.
Diese Anordnung habe ich während meiner „Justierarbeiten“ peinlichst beibehalten und da nichts verändert. Als ich mit meiner Zentrierung via Newtonringen fertig war, fügte ich wieder vorsichtig den Distanzring zwischen beide Linsen.
Als ich mir nun so das Linsenpaket ansah, kam mir ein leiser aber ungeheurer Verdacht :
ich nahm also ein sauberes Blatt Papier und stellte es hochkant vorsichtig auf die Frontlinse: Es war eine sehr leichte Krümmung zu erkennen, aber man hätte auch meinen können, dass Papier läge nahezu auf der ganzen Fläche plan auf ! Die Krümmung war minimal und genau das war mir nun aufgefallen – wohl gemerkt, wir sprechen von der „angeblichen“ Frontlinse !
Nun drehte ich das ganze Linsenpaket einmal um – und siehe da : die nun oben liegende Linse zeigte im Papiertest deutlich ihre (bi-) konvexe Oberfläche ! In der Mitte lag das Papier auf, an den Rändern gab es einen sehr deutlichen Lichtspalt.
Für mich war nun klar : das Objektiv muss von Anfang an falsch herum eingebaut gewesen sein !
Die bi-konvexe Frontlinse lag im Anlieferungszustand hinten !
Da ich nun die Geschichte dieses Instrumentes etwas kenne, muss ich zu dem Schluss kommen, : die chinesischen Kollegen haben das Objektiv schon bei der Werksmontage falsch herum in den Tubus eingesetzt !
Alles graue Theorie ?
Nein, denn der „Beweis“ folgte in den nächsten Tagen bzw. Nächten !
Vorwegschicken muss ich aber doch einiges, was ich „getunt“ habe :
-Linsen anhand der Newtonringe bei entferntem Distanzring zueinander justiert/zentriert ( was natürlich eine sehr grobe Methode ist, aber eine optische Bank habe ich nicht)
-Eines der vier Madenschraublöcher musste neu gebohrt und ein neues Gewinde geschnitten werden, da das vorhandene ausgenudelt war und die Madenschraube nicht mehr griff
-Der Distanzring war leicht keilförmig und wurde von mir plan gedreht
Die seitlichen 4 Zentrierschrauben dürfen wirklich nur „handwarm“ angezogen werden, ebenso der Plastevorschraubring, da man sich sonst Asti und Koma einhandelt !
-Den Plastevorschraubring habe ich etwas mit Vaseline behandelt, zum einen damit er besser in den Gewindegängen gleitet, zum anderen damit er auch etwas besser in den Gewindegängen „haftet“
Nach wie vor erwies sich aber die Fassung, oder präziser: der Vorschraubring als große Schwachstelle !
Wenn man beim Drehen etwas zu fest mit den Fingern am Rand drückt, springt der Ring schon aus den Gewindegängen bzw. verkantet so dass dann die Linsen verkippen können.
Nichts desto trotz: erster Test also mit richtig rum eingesetztem und zentrierten Objektiv –
Und ich konnte kaum glauben, was ich sah !
Ziel war natürlich der Mond und ich erinnere daran, dass ich bei meinem ursprünglichen Test bereits ab ca. 130x kein scharfes Bild mehr bekam.
Eingesetzt wurden die Baader Classic Orthos im Turret.
Bei 42x im Classic Plössl natürlich kein Problem : ein schöner, kalkweißer Mond, sehr scharfe Abbildung über das ganze Feld. Sehr kontrastreiches Bild. CA nicht erkennbar.
Das klappte damals auch schon beim ersten Test noch….
Weiter geht’s es mit dem Classic Ortho 18 mm, also bei V = 75x : es bestätigt sich der Eindruck vom 32er. Sehr schönes knackiges Bild ohne CA. Mond immer noch neutral „weiß“.
Baader Classic Ortho 10 mm :
Hier wurde es beim ersten Test damals kritisch, doch heute kein Problem ! Bei nun 135x zeigt sich immer noch keine CA, der Kontrast ist nach wie vor hoch, die Schärfe hervorragend !
Weiter mit dem Classic Ortho 6 mm : bei nun 225x zeigt sich erstmals sichtbar CA, wenn man zum Mondrand fährt wird diese natürlich besonders deutlich, ist aber immer noch auf dem üblichen Niveau eines typischen Achromaten ! Nichts also, was besonders negativ auffällt. Verblüffend ist nach wie vor die Schärfe ! Natürlich haben Kraterwälle und Ringwälle sowie Dome einen leichten Purpur-Touch, der etwas Kontrast und Schärfe kostet. Dennoch ist das Auge des erfahrenen Beobachters noch gut in der Lage diese „Verluste“ zu kompensieren !
Ich bleibe am Okular kleben und beobachte noch gut 30 min. vorwiegend mit dem 10er Ortho, weil es an diesem Abend einfach die beste Ausbeute und Ausgewogenheit bezüglich CA, Schärfe und Kontrast bietet. Fast vergesse ich, dass ich hier noch den Bresser Mak 127/1900 liegen habe, den ich auch zum Testen habe ! Ein gutes Zeichen also für den langen Fraunhofer Achromaten !
Zum Schluss möchte ich noch Hannes Beobachtung von Epsilon Lyrae nachvollziehen und auch hier : mit dem 10er Ortho lassen sich beide Paare schön getrennt und bei sehr guter Abbildung beobachten.
Ich bin entzückt – was muss dieses Gerät erst an Beobachtungsfreude mit einer guten, justierstabilen Fassung bieten !?
Ich komme zu dem Schluss, dass ich Hannes’s Begeisterung über seinen Bresser 102/1350 mit verbesserter Fassung nur voll und ganz nachvollziehen kann .
Dazu ist folgendes zu beachten :
) ich beobachtete bei einem relativ tief stehenden Mond (18.+19.09. ) , wobei ich zudem noch über ein 20 m entferntes Hausdach rüberpeilen musste. Mit entsprechender Wärmeabstrahlung und dadurch schon merklicher thermischer Turbulenz !
) ich beobachtete mit der original Plastefassung, welche ich nur , wie oben erwähnt, versucht habe optimal einzustellen !
Was blieb als erstes Fazit ?
Mit richtig eingesetztem Objektiv *smile* macht dieser Refraktor richtig Spaß und zeigt eine gute Abbildungsleistung wie oben beschrieben ! Vergrößerungen waren bei meinem Gerät nun bis 225x problemlos möglich. Bis 135x beobachtet man dazu noch fast farbfehlerfrei. Erst ab ca. 150x tritt der Restfarbfehler deutlicher in Erscheinung, bleibt aber immer noch auf dem Niveau eines typischen Achromaten, aber schon deutlich geringer als beim klassischen 100 mm f/10 Achromaten.
Verbesserungswürdig bleibt nach wie vor die Fassung. Dabei könnte man sogar eingeschränkt sagen, dass selbst die Plastefassung wohl durchaus reichen würde. Man sollte sie vielleicht nur etwas dickwandiger machen.
Der größte Schwachpunkt ist aber der Plasteschraubring. Er ist einfach zu instabil, verbiegt sich, springt schnell aus dem Gewinde und dejustiert dann das Objektiv. Der Vorschraubring sollte aus steiferem / festeren Material gefertigt werden. Das Gewinde sollte feingängiger geschnitten werden, damit eine gewisse Führungsstabilität erreicht wird. Dann kann dieser Refraktor sein Potential voll ausspielen – denn das Objektiv ist wirklich gut, wie sich jetzt zeigte !
Gerade dieser letzte Punkt liess mir keine Ruhe und so sann ich lange nach, wie ich diesen viel zu flexiblen Vorschraubring versteifen könnte.
Letztendlich kam mir die erlösende Idee : ich besorgte mir einen 0,7 mm dicken Edelstahlring, den ich quasi als inneren Verstärkungsring in den original Plastering mittels Flüssig-Epoxidharz einklebte.
Der entstandene "Graben" zwischen äußerem und inneren Ring füllte ich ebenfalls mit kaltaushärtendem Epoxidharz aus. Sodann wurde alles auf der Drehbank plan gedreht und glatt geschliffen. So blieb sogar noch Platz für eine Objektivbeschriftung !
Abschliessend wurde dieser neue und wesentlich steifere Vorschraubring entsprechend mattschwarz lackiert.
Der Vorschraubring in diesem Materialmix aus Kunststoff/Stahl erfüllt nun endgültig seine Aufgabe, das Linsenpaket exact und verkippungsfrei in der Fassung zu halten - hier schwabbelt nichts mehr !
Zum Abschluss noch ein paar Bilder, die ich dieser Tage mit dem Bresser 102/1350 mm mit einer billigen Digiknipse gewinnen konnte. Dazu ist zu sagen, dass die Bilder keine Meisterschüsse sind und die thermischen Turbulenzen doch beträchtlich waren. Am Okular sah es blickweise viel schärfer aus ! Alle Bilder sind bei Seeing 5 bis 6 entstanden. Genutzt wurde eine einfache Fujifilm AX250 Kompaktdigitalkamera, welche Videos in AVI aufzeichnet. Die so erhaltenen Filmchen wurden mit AS2! verarbeitet.
Zusammenfassend noch einmal die Mängel, die das Gerät bei meinem ersten Antesten hatte und zu dem damals sehr schlechten Eindruck führten :
- seitliche De-Zentrierung einer Linse, da eine der Madenschrauben aufgrund eines ausgefressenen Gewindes ihre Position nicht halten konnte. Hier wurde von mir ein neues Gewinde geschnitten und die Linse lässt sich nun eindeutig positionieren
-original Plaste-Vorschraubring war verkippt ins Gewinde eingedreht, somit war auch zumindest die vorderste Linse minimal verkippt durch den sehr schwabbeligen Vorschraubring konnte das Objektiv bei Transportbewegungen des Teleskops schon dejustiert werden
-schlimmster Fehler : Objektiv war im ersten Anlieferungszustand falsch herum in die Fassung eingesetzt - Kronlinse hinten !
Nachdem all diese Mängel beseitigt wurden, zeigte das Objektiv bzw. der Refraktor eine sehr gute und einwandfreie Leistung ! So macht das Gerät Spaß !
Mittlerweile habe ich zusammen mit einem Werkzeugmacher eine Metallfassung in Arbeit; allerdings muss ich ehrlich gestehen, dass ich mit den bisherigen Verbesserungen ( vor allem der drastischen Stabilisierung des Vorschraubringes ) eigentlich fast keinen Handlungsbedarf mehr sehe !
Ausprobieren werde ich die Metallfassung aber auf jeden Fall und ggf. hier davon berichten.
Kleinere Mängel sind z.B. der schwabbelige original Sucher - diesen habe ich durch einen soliden 6x30 vintage Celestron Sucher mit Metallhalterung ersetzt.Allerdings werde ich auch hier noch einen anderen Sucher anbauen, da mir das Celestron Modell zu dicht am Tubus steht.
Einen kleinen Austausch nahm ich auch bzgl. der wenig griffigen kleinen Fixierschraube an der 1,25" Reduzierung vor. Hier hab eich eine griff-stabilere Rändelschraube eingesetzt.
LG Micha
Edit: Vorwort ergänzt