Politur 1,20m f/2.7

  • Hallo Thomas,


    also ich habe das so verstanden: Ein Ring um den Rand des Spiegels. Zwischen dem Ring und dem Rand des Spiegels Federn. Unten Druckfedern und oben Zugfedern.
    Der Spiegel ist dann im statischen Gleichgewicht. Aber wenn man dieses Konstrukt
    nun Flach hinlegt (Blick in Richtung Zenit), dann schieben doch die Federn, die vorhin unten waren,
    den Spiegel weg und die vorher oberen Zugfedern ziehen sich zusammen.
    Der Spiegel bewegt sich damit innerhalb des Rings. Auf der Rückseite sind doch aber später dann auch Lagerpunkte, die diese Bewegung hemmen (Reibung). Folglich bleibt der Spiegel ganz oder zum Teil wo er ist; in der Mitte des Rings. Man hat dann noch immer die gleichen Zug- bzw. Druckkräfte durch die Federn auf den Rand des Spiegels, aber keine Gewichtskomponente mehr. Dann wäre der Spiegel doch verspannt[?][?]


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    in der Tat, der Spiegel wird sich lateral leicht verschieben, um diese Bewegung zu reduzieren, sollte man große Federkonstanten wählen. Ob z.B. 2 mm lateraler Versatz zwischen Zenit und Horizont stört?


    Damit die lateralen Kräfte für jeden Azimutwinkel die richtigen Werte annehmen muss man die axiale und laterale Lagerung möglichst effektiv entkoppelt, also die Haftreibung minimieren, z.B. zwischen Spiegel und den Auflageflächen jeweils ein Sandwich aus Teflon/Stahl Plättchen. Oder man lagert die ganz axiale Spiegelhalterung auf zwei oder drei Linearschienen, die besitzen dank Rollen oder Kugeln extrem geringe statische Reibung.


    beste Grüße


    Thomas

  • Guten Abend,


    danke für Euer Interesse.


    Das erste Loch in der Decke ist drin, in der zweiten Etage stört noch ein Balken.
    Zum Glück ist alles aus Holz.[:)]


    Wenn die Sache mit der senkrechten Messung von oben provisorisch funktioniert, werde ich mich dennoch an einem verfeinerten horizontalen Teststand mit der Schwesinger Mimik versuchen. Die Lokation für die senkrechte "Turm-Messung" liegt nämlich zu weit weg vom Polierraum - sehr, sehr ungünstig und gefährlich für den Spiegel!


    Zu den Schwesinger Artikeln schreibe ich später etwas.
    Nur soviel:
    Natürlich braucht es dafür möglichst reibungsfreie Hebelchen: Astatic Lever.
    Diese Helbel erzeugen die benötigte Cosinus Funktion für das Anwachsen der Kräfte vom Zenit zum Horizont.

    Die Kraft-Vektoren, also Betrag und Winkel, sind genau beschrieben.


    Die Sache ist, in Anbetracht der Mammut-Aufgabe einen Meniskus "geradezusiehen", ziemlich simpel gestrickt.
    Ich würde sagen: genial einfach!
    Also muss das auch mal gebaut werden[8D]


    Und noch ein Fundstück zu Meniskus-Spiegeln aus einen anderen Buch:
    Bei gleicher Masse ist ein Meniskus-Spiegel weniger steif als einer mit flacher Rückseite.


    Damit wäre dieser Mythos auch vom Tisch.


    Viele Grüße
    Kai

  • Guten Morgen,


    weiter geht es mit einer Skizze der lateralen Meniskus-Lagerung.
    So ungefähr stellt sich Klein-Fritzchen das große ESO-VLT vor:



    Statt 23to wiegt das kleine 1,20m Spiegelchen nur 48kg, statt 48 seitlichen Zug- und Druckpunkten sind es derer nur acht.


    Die Pfeil-Länge symbolisiert den Kraftbetrag, er liegt zwischen 30N und 90N.
    Die Grünen Kraftrichtungen (0° bzw 26.6) können als Seil ausgeführt werden, die drei blauen als Schubgestänge.
    Besonders nett an der Schwesinger-Lösung ist die Tatsache, daß alle Kräfte in der Zeichungsebene liegen!


    Sowohl die grünen als auch die blauen Kräfte müssen als Astatic Lever ausgeführt werden.


    Zwei Aufhängungspunkte darf man direkt mit der Spiegel- bzw Teststandzelle verbinden.
    Vorzugsweise nimmt man die mit den größten Kräften oder mit günstiger Lage.
    Hier die orangenen Pfeile, wieder in Form von Seilen, sie nehmen schon mal 2 x 90N vom Spiegelgewicht auf (ca 18kg).


    Die anderen 30kg (ca 300N) bringen die senkrechten Komponenten der restlichen Pfeile auf.


    Ja aber, wie schwer schlagen die Gegengewichten an den Astatic Levern zu Buche, wenn sie den Großteil des Spiegelgewichts tragen sollen?
    Mit einen üblichen Hebelverhältnis von 1:4 und abzüglich der zwei Fixpunkte sind es insgesamt noch 90N, also ca 9kg.
    Geht noch.


    Der weitere Plan ist jetzt, diese Mimik in einen Teststand (Spiegel steht senkrecht) einzubauen.
    Davor müssen noch acht Ösen an den Spiegel geklebt werden.
    Im Abgleich mit dem "Turmteststand" (Spiegel liegt waagerecht) wird sich zeigen, ob diese Art der Lagerung funtioniert.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    gut, dass es weiter geht und keine Sackgasse in Sicht ist.


    Ich würde auf jeden Fall bei der senkrechten Prüfung bleiben und keine Löcher in die Decke schlagen oder auch auf Prüfungen aus dem Estrichfenster heraus verzichten. Bei einer horizontalen Prüfung besteht das Risiko, dass der Spiegel perfekt wird, aber nur im Labor und allenfalls noch in bescheidener Zenitstellung am Himmel.


    Bei der Skizze nach Schwesinger habe ich Mühe:
    Der Sündenbock Gravitation wirkt ja nur in der senkrechten Richtung. Als Gegenmassnahme müssten doch nur Zugseile in der oberen Spiegelhälfte genügen mit Kräfteverteilung gemäss dem Kreisintegral. Also oben grösste Entlastung und seitlich Betrag O. Wäre einfacher zu realisieren. - Das mit den astatic levels bliebe und wäre super.





    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Und noch ein Fundstück zu Meniskus-Spiegeln aus einen anderen Buch:
    Bei gleicher Masse ist ein Meniskus-Spiegel weniger steif als einer mit flacher Rückseite.


    Damit wäre dieser Mythos auch vom Tisch.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    kommt auf die Referenz an: Wenn das Gewicht das Kriterium ist dürfte dem so sein. (Das Gewicht des weggenommenen Glases kann man in die Glasdicke investieren.)


    Wenn aber die Referenz die Spiegeldicke ist, dann ist der Meniskus sicher steifer. Also bei 2 identischen Rohlingen, einer klassisch gemacht der andere geslumpt, fährt man besser mit dem Meniskus.
    Wenn dem nicht so ist, betrete ich ab sofort keine gewölbten Brücken mehr!


    Grüsse Emil

  • Hallo Emil,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Als Gegenmassnahme müssten doch nur Zugseile in der oberen Spiegelhälfte genügen...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Mit Nachdenken kommt man hier nicht weiter.
    Entweder in Plate- und Shell-Theorie einarbeiten und selber rechnen - oder rechnen lassen.
    Ich ziehe letzeres vor, vertraue auf Schwesinger und begnüge mich mit der Umsetzung.
    Und wenn da steht: "Druckstäbe an der Unterseite einbauen", da gehorche ich blind[8D]


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn das Gewicht das Kriterium ist dürfte dem so sein.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Was soll man sonst als ernsthaftes Kriterium hernehmen?


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn aber die Referenz die Spiegeldicke ist, dann ist der Meniskus sicher steifer.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist trivial:
    Nimm einen Meniskus und schleife ihn unten platt.
    Randdicke bleibt erhalten, steifer wird er dadurch aber definitiv nicht.[:D]


    Eine Einschränkung bleibt aber.
    Man kann dieses Gedankenexperiment nicht mit jedem Meniskus machen.
    Ist die Pfeiltiefe zu groß, kann man aus so einem Meniskus keinen Flach-Rücken-Spiegel schleifen.
    Genau *das* ist ein Grund für Menisken - jeder normale Spiegel(*) wäre dann schwerer, weil dicker am Rand.
    (Ein weiterer Grund ist das gute thermische Verhalten bei kostanter Glasdicke)


    Definitiv kein Grund ist der viel beschworene "Eierschalen Bonus", dieser Mythos wird sich wohl nie ausrotten lassen.[;)]



    (*) Ein normaler 1,20m Spiegel braucht mindestens 40mm Randdicke. Dann bleiben in der Mitte noch 12mm übig.
    Das wiegt dann 66kg. Thermisches Verhalten nicht so tolle. Rohling eigentlich nicht zu bekommen.
    Trotzdem wäre der sehr viel steifer als mein Meniskus mit knapp 20mm Randdicke.



    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Emil,


    die Schwierigket ist die Kantenlagerung. Es geht nicht um die gewölbte Brücke über den Fluss. Vielmehr, ob eine senkrecht stehende gewölbte Brücke oder besser "krumme Banane" weniger oder mehr einknickt als z.B. ein senktrecht stehender Fernsehturm, der symmetrisch um seine Mittelachse gebaut wurde. Der Meniskus ist hier denkbar ungünstig (dafür hat er andere Vorteile und es gibt für diesen Fall eine sehr gute Lösung siehe oben). Ein Spiegel mit planer Rückseite wäre aber hier besser. Noch besser in diesem Fall, um nicht zu sagen perfekt, wäre aber ein bikonkaver Spiegel, symmetrisch zur Mittelachse. Gleicher Radius vorn wie hinten. Die Biegemomente heben sich gegenseitig auf. Eine Einpunklagerung unten würde genügen, um ein einknicken zu verhindern (Fernsehturm).


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Emil,
    eine lange (schmale) gewölbte Brücke bricht aber gerne zur Seite aus. Ist wie ein gewölbter Plastikkleiderbügel, an dem man zu schwere Jacken hängt. Der klappt dann seitlich zusammen.
    Ich bin mir nicht sicher, ob eine Wölbung 'immer' steifer ist. Das gilt - so mein Laienhaftes Verständnis - nur in eine Richtung.


    Meniskusspiegel wählt man weniger wegen der Steifheit, sondern weil sie gleichmäßig dick sind und somit kontrollierter auskühlen. Das zumindest mein Verständnis.


    Zum Vergleich sollte man Spiegel gleicher Öffnung und gleicher Masse heranziehen. Der plane ist dann am Rand dicker und in der Mitte dünner als der geslumpte. Und dann könnte vielleicht der dicke Rand hinsichtlich Steifheit den Unterschied machen.

  • Hallo Gerhard und Kalle,


    ja alles richtig.
    Man muss den Meniskus immer im kontext der Machbarkeit sehen.
    Der Meniskus die einzige Form, die man beliebig leicht machen kann.


    Viele Grüße
    Kai

  • Weiter geht's
    Zu reinen Dokumentationszwecken eine Skize der Messtrecke:



    Die Linsen L1 und L2 gehören zum Offner Korrektor.
    Da die Radien dieser Linsen vom exakten ROC des Spiegel abhängen, liegen diese noch im Grobschliff herum.


    Insgesamt wird eine Strecke von 7.55m gebraucht, dazu noch etwas Platz für den Fotografen.
    Passt jetzt ohne Abknicken in die Wohnung und mit Abknicken in den Testturm (hier macht die Ablenkung um 90° Sinn)
    Viel länger hätte die Brennweite aber nicht sein dürfen.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    sieht sehr überzeugend aus. Du hast dich verglichen mit den Originalen für eine recht kleine Zahl von Auflagepunkten entschieden, das reduziert sicherlich den Aufwand. Geben die Theorie-Paper eine Abschätzung wie viele Punkte man benötigt?


    Wenn ich einen Vorschlag machen darf, wenn du die Ösen nicht direkt am Spiegel befestigst sondern den Spiegel mit einem dünnen Metallband umgibst an dem sie befestigt werden, kannst du den Spiegel im Teststand drehen und so prüfen, ob der Spiegel auch noch perfekt ist - wenn es dann soweit ist- wenn du ihn z.B. um 90 Grad drehst.


    beste Grüße


    Thomas


    p.s. wenn ich es recht sehe, sind die 8 Auflagepunkte um 45 Grad versetzt, d.h. man kann um 90 Grad drehen wenn man die Verbindungen löst. Das ist eine bessere Lösung als mit einem Metallband dazwischen, das die Kräfte eventuell anders weiter verteilt als gewünscht

  • Hallo Kai,


    große Klasse. Wenn Schwesinger da was von Druckstäben schreibt, dann wird das bestimmt passen. Aber dennoch vom Verständnis. Bei den üblichen 90° Lagerungen hat man Rollen um zu verhindern, das unerwünschte Kräfte eingeleitet werden, die aus dem Spiegel raus zeigen. Bei den Druckstäben, die dann auf die Klötzchen drücken mag ich mir das nicht so recht vorstellen. Ich kenne nicht die Details wie das dann genau konstruiert ist. Aber ich hätte erwartet, dass am Ende der Lasthebel dann ein Kugellager ist, dass dann an der entsprechenden Stelle/Winkel auf das Kötzchen drückt.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Kai Gerhard und Kalle,



    irgendwie alles klar, Einrennen offener Tore. Das mit dem Meniskus und seiner Steifigkeit ist ja auch nur ein Nebenpunkt bei der jetzigen Sachlage im Projektfortgang. Sage nichts mehr dazu.


    Aber dazu muss ich etwas sagen:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Zitat:
    Als Gegenmassnahme müssten doch nur Zugseile in der oberen Spiegelhälfte genügen...



    Mit Nachdenken kommt man hier nicht weiter.
    Entweder in Plate- und Shell-Theorie einarbeiten und selber rechnen - oder rechnen lassen.
    Ich ziehe letzeres vor, vertraue auf Schwesinger und begnüge mich mit der Umsetzung.
    Und wenn da steht: "Druckstäbe an der Unterseite einbauen", da gehorche ich blind
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Natürlich muss man als Laie das Maul halten vor der Wissenschaft, kann nicht adaequat mitreden. Aber wenn offene Fehler sichtbar sind, dann sag ich nicht Amen. Und bei der vorgestellten Skizze mit der Kräfteverteilung sehe ich so etwas:


    Stellt man einen Spiegel senkrecht auf, dann verbiegt er sich.
    Diese Verbiegung ist aber mitnichten symmetrisch. Denkt man sich eine Horizontaldiagonale, dann verbiegt sich die obere Hälfte weniger als die untere. Dann können doch aber die Zahlenwerte in Newton ausgedrückt, wie auf der Skizze eingetragen, nicht symmetrisch sein.(Die blauen und grünen Werte dürfen nicht gleich sein.)


    Oder macht das so wenig aus, dass man es vernachlässigen kann?


    Irgendwie solche Fragen darf man sich doch stellen als Laie!!


    Schönen Abend

  • Hallo Emil,


    da bekamen auch die Profis von der ESO einen Knoten ins Gehirn. Die wollten ursprünglich
    die Kantenlagerung der 8 Meter VLT Spiegel eher "traditionell" angehen und die auftretenden
    starken Verbiegungen dann von hinten aktiv rausbiegen. Wenn Aktuatoren aber Präzisions- ung gleichzeitig
    Schwerstarbeit leisten sollen, ist das nicht gut. Spätestens wenn im Tubus Rauch aufsteigt, wird
    es unangenehm[8D]. Schwesinger hat eine sehr gute passive Lösung
    gefunden. Wilson, als Verfechter der aktiven Spiegellagerung, konnte wieder ruhig schlafen. Fair, wenn er sein bekanntes Buch entsprechend Hr. Schwesinger widmete.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Emil,


    nimm z.B. ein Lineal aus Plastik und stelle es senkrecht auf den Tisch und nun drückst Du mit der Hand mit mäßiger Kraft Oben drauf. Wenn es gerade ist (Achssymmetrie) wird nichts passieren. Wenn nun das Lineal aber schon von Anfang an etwas krum war, dann brauchst Du viel weniger Kraft um das Lineal weiter zu verbiegen, bzw. bei einem Spiegel (nicht achssymmetrisch) genügt schon das Eigengewicht. Aber auch hier/dann wird die weitere Durchbiegung in der oberen und unteren Hälfte gleich sein.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    leider stimmt das nicht ganz.[:)] Wir Statiker lösen das Ganze mit einfachen Differentialgleichungen. Wenn du dir mal die Formel für die Biegelinie ansiehst: EIw´´(x)= -My(x) bzw. die Verkrümmung an beliebiger Stelle x (x läuft vertikal) ansiehst K(x)=My/EIy, dann siehst du sofort, dass die Verkrümmung abhängig ist vom Biegemoment an der Stelle x.


    Wenn du dir nun vereinfacht vorstellst, dass die obere Spiegelhälfte als Last auf die untere Spiegelhälfte wirkt, falls der Spiegel unten gelagert ist, dann hast du unten natürlich deutlich größere Biegemomente, da die obere Spiegelhälfte ja deutlich weniger Last von oben her erhält als die untere. Dementsprechend ist die Verkrümmung unten deutlich größer, da hat Emil schon Recht.


    Im Bauwesen werden übrigens Imperfektionen (unser nicht achssymmetrischer Spiegel kann als solche interpretiert werden[:D] ) mit einer Exzentrizität "e" des vertikalen Lastangriffes berücksichtigt. In deinem "masselosen" Lineal wäre das maximale Biegemoment deine Kraft, mit der du auf das Lineal oben drückst, mal diesem "e", also dem Parabelstich in der Mitte. Nur in diesem theoretischen Fall wäre die "Verbiegung" oben und unten identisch, mit dem Maximum in der Mitte.



    Emil, allerdings... wenn du dir bei einem von oben aufgehängten Spiegel vorstellst, dass die untere Spiegelhälfte an der oberen "dranklebt" und der ausgehöhlte Spiegel ja nicht achssymmetrische ist, dann wirst du erkennen, dass du durch reines "Aufhängen" niemals eine Nulldurchbiegung erreichen kannst. Denn: die unten hängende Spiegelhälfte wird durch den dickeren Randbereich immer ein Biegemoment erhalten und damit eine Krümmung!



    Deswegen "darf" man oben den Spiegel aufhängen, aber unten muss man ihn durch Druckkräfte stützen, um dieser Verkrümmung etwas entgegenzusetzen. Und genau das versucht Kai eben mit dieser tollen Lagerung...



    cs,


    Alfredo :)

  • Hallo Gerhard, Hallo Alfredo,


    Hast recht Alfredo, es braucht Belastungspunkte, Aufhängen allein würde das Problem nur umkehren in etwa.


    Und es sind die roten Pfeile in der Skizze von Kai, welche die unsymmetrische Durchbiegung oben und unten mildern, indem der Spiegel in der Mitte stark angehoben wird, wird der untere Teil des Spiegels entlastet. - Vermutlich eine ganz geniale Idee.


    Aber das Hauptproblem bleibt: Wie lagern, wenn die Schwerelinie nicht mehr innerhalb der Randdicke liegt? Wo bringt man dann diese Entlastungs- und Belastungsklötzchen an? Kann das Schwesingerprinzip etwas bringen, wenn die Lagerung nicht auf der Schwerelinie liegt? (Beim 8m Teleskop hat man da kein Problem, weil die Randlagerung und die rückseite Lagerung zusammenspielen.)


    Ich würde zuerst eine 4-Punktlagerung testen mit dem Interferometer. 2 Belastungspunkte im 90° Abstand unten, und 2 Entlastungspunkte oben mit 90°. Wenn dann keine Besserung sichtbar ist, immer noch gleich viel Trefoil vorhanden ist, müsste man die horizontale Lagerung mit Deckenloch ins Auge fassen.


    Grüsse Emil

  • Emil,
    ich vereinfache den Meniskus jetzt mal ...


    Man nehme eine quadratische Pyramide ohne Bodenplatte. Die vier Seitenwände repräsentieren dann den Meniskusspiegel. Wie muss man diese Pyramide jetzt 'lagern', wenn man die 'senkrecht' auf eine der Ecken aufstellen will und sie nicht wie ein Papierfaltboot zusammenklappt?
    An der oberen Ecke zieht man, die seitlichen tragen zum großen Teil das Eigengewicht und an der unteren drückt man etwas ... Ich glaube, dass kann man sich halbwegs bildhaft vorstellen.


    Da es um Verformungskräfte geht, die im Verhältnis zur Größe des Gebilde praktische keine Verformung bewirken (Verformung liegt ja nur im Nanometerbereich), kann man näherungsweise gewisse Symmetrien nutzen. Die Zugkraft oben, damit das Gebilde nicht zusammenklappt ist so groß wie die Druckkraft unten, damit es nicht auseinanderklappt (was gleich ein Zusammenklappen um 90° gedreht wäre). Dadurch braucht man seitliche keine Kräfte gegen das zusammen-/auseinanderklappen ansetzen, sondern muss nur noch die restliche Gewichtskraft ausgleichen.

  • Hallo Kalle,

    gutes vereinfachendes Beispiel. Aber weil der Schwerpunkt der Pyramide nicht in der Ebene der Grundplatte liegt, verschieben sich die Belastungs- und Entlastungspunkte gegeneinander, liegen dann nicht mehr auf der vertikalen Linie. Bildlich ausgesprochen. die Pyramide klappt zwar nicht zusammen, aber sie verzerrt sich.


    Grüsse Emil

  • Emil,
    klar, wenn die Kräfte nicht auf der Schwerelinie liegen, verbleibt eine Restkraft, welche das Gebilde um die seitliche Lagerung drehen (aufrichten) will. Ich denke, Kai wird das dann schon merken und sich dann überlegen, wie er das in den Griff kriegt. Innerhalb des Gebildes (vergleichbar mit den Seitenlinien/-flächen der Pyramide) gibt es ja auch eine sog. neutrale Linie, wo sich die Verformungskräfte aufheben. Da kann er dann diese ausgleichen. Das jetzt meine Überlegung dazu.


    Unabhängig davon, wenn man Verformungen im Teststand nicht ausgleichen kann, so reicht es zumindest theoretisch, wenn man sie kennt und beim Testen herausrechnen kann.

  • Hallo Kalle,


    Man könnte die am Spiegelrand anzubringenden Klötzchen etwas länger machen, über die Spiegelkante hinaus bis zur Schwerelinie und dort den Belastungs- oder Entlastungspunkt ansetzen. Aber mit Schwesinger ginge das so nicht.


    Immerhin hat man bei Mel Bartels ein erfolgreiches Beispiel einer Meniskuslagerung. Und das funktioniert mit nur 2 Belastungspunkten im 90° Abstand. Leider habe ich das Programm der Schwerelinienberechnung verloren im Compi, sonst könnte man sehen, ob bei ihm die Schwerelinie auch ausserhalb der Randdicke liegt.


    Auf jeden Fall wir drücken Kai den Daumen, dass er das schafft!


    Grüsse Emil

  • Seid gegrüßt,


    Gerhard_S hat es gut zusammengefasst:
    "da bekamen auch die Profis von der ESO einen Knoten ins Gehirn. Die wollten ursprünglich
    die Kantenlagerung der 8 Meter VLT Spiegel eher "traditionell" angehen und die auftretenden
    starken Verbiegungen dann von hinten aktiv rausbiegen..."


    Das war schon ein Meileinstein, und noch gar nicht so lange her - 1991!


    Wie gesagt, es reicht mir im Moment völlig aus zu verstehen, *wie* die Umsetzung der Schwesinger Artikel funktioniert.
    Über das *Warum* brauchen wir hier eigentlich nicht diskutieren. Schwesinger war ein Ingenieur vom alten Schrot und Korn, er hat seine Ideen analytisch (mit Papier und Bleistift) abgeleitet, denn FEM und so modernes Zeugs verstellt oft den Blick für's Wesentliche. Da sind wir alle nur Gäste.


    Ein kleines Problem gab es zwischenzeitlich noch.
    Dazu diese nicht maßstäbliche Skizze mit den konkreten Zahlen meines 1,20m Meniskus und der Formel für den COG (aus: Paul R. Yoder, Daniel Vukobratovich, Opto-Mechanical System Design, Seite 81)



    Ich sagte anfangs, daß die seitlichen Kräfte F alle in einer Ebene angreifen.
    Aber das kann nicht stimmen.
    Skizze A zeigt warum:


    Der Schwerpunkt des Meniskus (COG, center of gravity) liegt hinter der Ebene in der die Kräfte angreifen.
    Der Meniskus fällt also entweder "hinten runter" oder müsste vom axialen Support-System abgefangen werden.
    Die Besonderheit solcher Menisken ist oft, daß der COG hinter der unteren Spiegelkante liegt (hier sind es 23.7 - 19.7 = 4mm).


    Die Frage ist also, wie wird es richtig umgesetzt?
    Bei Schwesinger gibt es dazu keine Antwort, oder ich habe das übersehen.


    In einem Artikel eines anderen Autors wurde ich fündig, die Kräfte F scheinen doch einen schrägen Anteil in Z-Richtung zu haben.
    Vielleicht war das Schwesinger zu trivial zu erwähnen?
    So wie in Skizze B.
    Kraft-Angriffspunkt bleibt in der Mitte des Spiegelrandes.
    Abstand zum COG ist z=13.9mm
    Die Winkel (alpha) müssen nun so bestimmt werden, daß das Drehmoment M = Gz (Gewichtskraft x Abstand) gerade ausgegleichen wird.
    Dafür habe ich ein Formelwerk gefunden, das noch etwas abhängen und überprüft werden muss.


    Daß die Politur des Meniskus dadurch ins Stocken gerät ist leider unschön.
    Anderseits war dieses Problem, die laterale Lagerung, die einzige Unbekannte in dem ganzen Projekt.
    Sowas lässt sich Murphy definitiv nicht entgehen.[;)]


    Die nächste Aktion wird nun der Bau eines Spiegel-Dummy.
    Sonst können die Teststände nicht sinnvoll eingerichtet werden.
    Dabei muss überlegt werden, ob es ein Meniskus-Dummy werden soll.
    Oder ob ein normaler Flat-back Dummy ausreicht.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    vielleicht wurden die VLT Spiegel bewußt so geformt, dass dort die Schwerelinie durch die Kante läuft. Dh. Spiegelbrennweite/Dicke wurde in Abhängigkeit der Kantenlagerung nach Schwesinger gewählt. Die Daten der VLT Spiegel sind ja bekannt. Dann könnte man das mal gegenrechnen, ob ein solcher 8 Meter Meniskus auf der Kante senkrecht stehen könnte.


    Viele Grüße
    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    bei den VLT Menisken liegt der COG satte 233mm hinter der vorderen Spiegelkante. (bei mir das Maß 23.7mm)

    Und damit 145.6mm hinter der Kraft-Einleitungsebene. (bei mir das Maß 13.9mm)
    Der VLT Meniskus fällt also auch gnadenlos, mit viel Gepolter und Getöse, hinten runter.[;)]


    Leider habe ich kein konkrets Zahlen-Beispiel für die Kräfte beim VLT. Bilder sind auch knapp.
    Beim "kleinen" VST mit 2,6m Spiegel hat es einige Bilder von der rein passiven Lateral-Lagerung.
    Das scheint aussichtsreicher zum Nachbauen.


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: fraxinus</i>
    Die Winkel (alpha) müssen nun so bestimmt werden, daß das Drehmoment M = Gz (Gewichtskraft x Abstand) gerade ausgegleichen wird.
    Dafür habe ich ein Formelwerk gefunden, das noch etwas abhängen und überprüft werden muss.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Zumindest für die beiden Punkte unten und oben müsste es doch so sein, dass der Kraftvektor direkt in Richtung zum COG zeigt.
    Bei den anderen Punkten scheint es nicht so einfach zu sein, den Winkel zu bestimmen.


    Gruß
    Michael

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