Appell an die Händler

  • TomR schrieb:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Es ist doch so, dass die Qualität des Beobachters eine größere Rolle spielt als die Qualität des Teleskops und dass mancher ambitionierte Schüler mehr mit seinem Kaufhausteleskop zuwege bringt als ein spendierfreudiger Mensch, der sein teures Teleskop nicht so recht im Griff hat.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hannes schrieb:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...ich finde es wirklich schön, wenn Leute - trotz der Nutzung von Teleskopen auf Wackelmechaniken - dennoch ihre Liebe fürs Hobby entdeckt haben bzw. diesem treu geblieben sind.


    Nun habe ich nur leider (ich mache das nun schon seit ca 40 Jahren und hatte selbst mal anfangs Wackeldackel) eben auch die andere Seite häufger von so einigen enthusiastisch beginnenden Sternfreunden mitbekommen: Denen die Lust aufs Hobby durch so ein Gerät regelrecht "weg-gewackelt und -zittert" wurde.


    Sowas ärgert mich.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">



    Hallo.


    Die Geschichte von den mutmaßlich "so einigen enthusiastisch beginnenden Sternfreunden", denen der Enthusiasmus wegen Wackelmontierungen aber ganz schnell wieder abhanden kommt, und die der Hobbyastronomie deswegen den Rücken kehren - die wird ja gern kolportiert. Sie klang für mich aber noch nie überzeugend. Wenn man sich vom Nachschwingen einer Montierung den Einstieg in die Hobbyastronomie verderben lässt, noch bevor man eigentlich richtig losgelegt hat, kann es mit dem Enthusiasmus doch nicht weit her gewesen sein, oder?


    Und wer solche Geschichten allzu bereitwillig glaubt und meint, wenn Einsteigerangebote aber endlich mit möglichst stabiler Montierung ausgestattet würden, dann gäbe es schon bald entsprechend mehr engagierte Sternfreunde, den würde ich fragen, ob er da nicht was verwechselt: echtes und nachhaltiges Anfänger-Interesse auf der einen Seite, (was zwangsläufig auch Durchhaltevermögen mit sich bringen würde), mit kurzlebiger, flüchtiger Neugier auf der anderen Seite. Eine kurze Laune hat jedoch für meine Begriffe mit tieferem Interesse, Enthusiasmus oder gar Faszination nichts zu tun. Wer sich vom Wackeln einer billigen Montierung vom Hobby abschrecken lässt, was würde der erst sagen, sobald eine Schlechtwetterperiode anbricht oder mal wochenlang mieses Seeing herrscht, oder die Justage eines Geräts oder das Auffinden von Objekten mal nicht sofort klappt?


    Astronomie ist ein anspruchsvolles Hobby, ohne Übung und Beharrlichkeit, ohne Eigeninitiative und auch mal Nachbohren kann man da nicht weit kommen. Damit will ich nicht propagieren, der geduldige Umgang mit Klappermontierungen wäre der ideale Einsteiger-Test für echte Astronomiebegeisterung, nach dem Motto: "Nur die Harten kommen in den Garten." Aber wenn Leute sich vorgeblich wegen so etwas abwenden, statt darüber nachzudenken, woran es liegen könnte, wie man es reduzieren kann, wie man seine Art zu Fokussieren verfeinern kann, wo oder wen man mal fragen kann, wie man hier weiterkommt usw., dann würde ich eher davon ausgehen, dass diese Leute ohnehin nicht näher interessiert waren. Dass die nur den erst besten Vorwand brauchten, das Ganze gleich wieder sein zu lassen. Sei es, weil sie das Gerät als Geschenk zur "Zwangsbeglückung" bekommen haben, ohne dass sie sich so etwas gewünscht hätten, sei es weil sie eher impulsiv agieren und genauso schlagartig wieder abkühlen, wie sie sich zuvor für etwas erwärmen konnten.


    Ich glaube deshalb nicht, dass sich die Händler mit Angeboten von stabilen Einsteigermontierungen mehr Mühe geben müssen. Sondern dass sich Interessenten Mühe geben müssen, und sich informieren, statt zu erwarten, Erfolgserlebnisse am Nachthimmel müssten auf billigste Weise einfach und widerstandslos und bequem zu haben sein.


    Wer aber nur mal eben ohne groß Nachzudenken reinschnuppern will, oder es Kindern mal probehalber vorsetzen möchte und dafür so gut wie kein Geld investieren will, der muß eben mit diesen Wackelteilen vorlieb nehmen, und dann entweder basteln und nachbessern, oder zum Beobachten Windstille abwarten und sich in mehr Feinfühlichkeit beim Fokussieren, Ausschwingen und berührungslosem Durchgucken üben. Und das geht auch, und zwar, wie mir scheinen will, je nach persönlicher Leidensfähigkeit in beträchtlichem Ausmaß.Ich kann gut verstehen, dass Gewackel nervt, mir gefällt es auch nicht, aber ich glaube, die Schwelle ist individuell sehr verschieden und man kann sie durch Gewöhnung und Training verschieben. Bis es mir so nervig wird, dass es mir das Beobachten komplett verleidet, muß inzwischen schon einiges zusammenkommen. Ich habe z.B. jahrelang mit einer EQ1-Tischmonti in Azimutalstellung beobachtet. Anfangs mit dem mitgelieferten 80/400 Weitfeld-Achromaten, der nur 1kg wiegt, dann mit einem 2,3kg leichten 102/660 Refraktor, schließlich mit dem 120/600 Skywatcher plus Binoansatz, das waren zusammen schon 4,7kg zuzüglich 3,8kg Gegengewicht, und zuletzt sogar mit dem 150/1500 C6. Natürlich ächzt da das Montierungskreuz, die Mechanik war und ist hoffnungslos überlastet, ich würde es auch nie wagen, das einem Einsteiger zu empfehlen - aber es war und ist nicht komplett unmöglich, ich konnte und kann damit beobachten. Und ich tue das aus Gewichts- und Transportgründen hin und wieder immer noch, auch wenn ich inzwischen deutlich stabilere Montierungen habe. Ob man's glaubt oder nicht.


    Klar gefällt mir eine bombenstabile Aufstellung und Nachführung am Himmel auch besser, und es werden sich bestimmt alle einig sein, dass ein solider Unterbau für's Beobachten am allerbesten ist. Aber wenn ich dafür viel mehr schleppen muß, und z.B. kein Auto habe, oder wenn ich partout nicht mehr bezahlen möchte, dann relativiert sich das Ganze, und wie weit es das tut, läßt sich nicht generell sagen. Denn nicht nur die motorischen und koordinativen Fähigkeiten sind individuell verschieden und lassen sich individuell verschieden gut trainieren, auch Leidensfähigkeit und Geduld sind unterschiedlich. Damit will ich niemandem, den Gewackel nervt, den Vorwurf machen, er wäre ein unbegabter ungeduldiger Grobmotoriker. Ich kenne Kollegen, die sind bekennende Stabilitätsfanatiker, und haben für meine chronisch überlasteten EQ1-Tischmonti-Setups auf der Fensterbank nur ein kopfschlüttelndes Lächeln übrig. Wie kann man nur (so dämlich untermontiert sein) fragen die sich. Doch, ganz recht, man kann, man kann nämlich auch extremes Gewackel abklingen lassen. Klar ist es nervig, wenn es schon bei der sachtesten Berührung beim Fokussieren heftig loszittert. Aber mit Geduld, Gewöhnung und Gefühl, einem vielleicht besser eingestellten OAZ, usw. lässt sich die Schwelle, ab der man anfangs aufgeben möchte, nach meiner Erfahrung um einiges hinausschieben.


    Das ist natürlich nichts für jeden und auch kein Appell sich einen Wackeldackel zuzulegen und dann bitte hübsch damit zu üben. Aber es ist ein Appell, sich als Anfänger nicht gleich ins Bockshorn jagen zu lassen, wenn einige meinen, unter ca. 400 Euro könne ein sinnvoller Einstieg in die Astronomie nur mißlingen, weil Optik und Mechanik dann zu kompromißbehaftet wären. Nein, ich jedenfalls sehe das ganz anders: Viele Wege führen nach Rom, und man kann ganz verschiedene Mittel einsetzen. Es sind immer Kompromisse nötig, ja, aber wo und wie sie gemacht werden, sollte jeder für sich herausfinden. Der eine bevorzugt stabile schwere Wanderstiefel, der andere denkt sich nicht viel und läuft erstmal barfuß los. Warum nicht? Probieren geht über studieren. Stattdessen den Schuhhändlern vorzuschreiben, wie schwer die Wanderstiefel in ihrem Angebot auszufallen haben, und Flipflops zu ächten oder aus dem Sortiment zu nehmen, wenn einer damit nach Rom latschen will - das wäre meines Erachtens der falsche Weg. Ich halte es eher mit der Devise: Wer nicht hören will, muß fühlen. Die entsprechenden Erfahrungen stellen sich gegebenenfalls von ganz alleine ein. Und manchmal macht man dabei andere, weniger schlimme, als gedacht...


    Gruß,
    Mathias


    PS.: jetzt hoffe ich, ich werde für so ein vielleicht etwas kontroverses Posting hier nicht gleich permanent gesperrt. (So jüngst geschehen im schwarzen Forum Rubrik "Preise und Markt", wo mir anlässlich eines Plädoyers für Videoastronomie entgegengehalten wurde, ich würde anderen mit aggressiven, beleidigenden und destruktiven Beiträgen meine Meinung aufzwingen :-))
    Sobald es um den Markt, die Preise und das Geld geht, oder das Selbstbild, scheint bei einigen der Spass ganz schnell aufzuhören. Ich möchte deshalb ausdrücklich betonen, dass ich niemandem persönlich zu nahe treten will, keine feindseligen destruktiven Absichten habe, und selbstverständlich auch andere, gegenteilige Ansichten und Erfahrungen zum Thema respektiere - und erst Recht die Personen, die dahinter stehen!

  • Hi Mathias,



    toller Beitrag - auch wenn ich eher ein Verfechter davon bin, Einsteigern gleich eine stabile Montierung aufzutischen. Und ein Diskussionsforum ist ja dazu da, verschiedene Meinungen zu eroertern. Warum zensiert.de Dich da sperren musste ... na gut, ich kenne den Beitrag nicht. Aber Dein Obiger ist fair und sachlich ...



    ... und damit zur Sache: Sicher kann ein Einsteiger auch mit einer Wackelmontierung seine ersten Beobachtungen machen. Viele von uns haben das hinter sich, gerade in Vor-China-Zeiten, wo Instrumente jenseits des 114/900ers auf Kaufhausmontierung unerschwinglich waren.


    Andererseits koennten es Hersteller heute besser! Der Unterschied im Materialpreis bei einer stabileren Montierung ist nicht so hoch, dass hier wirklich gespart werden muesste. Andererseits haben viele Einsteigerteleskope Gimmicks, die die Welt nicht braucht: Mondfilter, Umkehrlinsen, eingebauter Kompass, Zierringe auf der Taukappe, Staubschutzkappe mit Innendeckel etc. - hier koennte man sparen und den Aufwand lieber in eine sinnvolle Richtung lenken, wie eben eine steifere Montierung. Ein technisch versierter Amateur kann mit Pfennigartikeln (wie bessere Schrauben, Unterlegscheiben etc) ein Geraet deutlich stabiler machen, wobei die Frage bleibt, warum das nicht schon in der Herstellung geschehen kann. Der Einsteiger, der sich nicht an technische Modifikationen herantraut, wird so unnoetig frustriert.


    Um auf das Wanderschuhanalogon zu kommen: Wenn ein Haendler jemandem Pantoffeln verkauft, aber behauptet, man koenne darin bis nach Rom wandern, dann ist das das Analogon zu Wackelteleskopen mit uebertriebenen Vergroessserungsangaben und HST-Bildern auf der Verpackung. Ein guter Haendler wuerde darauf hinweisen, dass die Pantoffeln nur dann fuer das Ziel Rom geeignet waeren, wenn man bereits in Rom ist ... [;)]


    Der 114/900er alter Tage war auch schon untermontiert. Aber bessere Schrauben am Holzstativ, die man fest anziehen konnte, und das Entfernen der Gummifuesse half hier schon weiter. Bei den heutigen EQ1-Geschichten ist das nicht mehr so rosig. Ich habe sogar schon eine als "EQ7" titulierte EQ1 gesehen, die definitiv nicht funktioierte, da die Huelse fuer den Federdruckbolzen in Deklination massiv (!) war. Wohin soll die Feder da expandieren? Als Folge gab es keinen Deklinationsfeintrieb und Frust beim Einsteiger.


    Und wenn man am Anfang eines Hobbies nur Frust erntet, dann das einen wieder vom Hobby abbringen. Ich habe mal vorgehabt, die E-Gitarre zu lernen. Nach einem halben Jahr ohne nennenswerten Fortschritt habe ich aufgegeben. Okay, in diesem Beispiel lag es nicht an der Gitarre [:I], aber irgendwann hatte ich einfach keinen Bocque mehr.


    Untermontiert beobachten geht natuerlich. Vor allem, wenn man weiss, was man tut. Ich hatte mal einen 150/1300er Dynamax-Newton (1.3m langer Tubus) auf der "Kaufhausmontierung". Der Grund war, dass meine massive Selbstbaumontierung noch nicht fertig war. Und ich wusste, worauf ich mich einliess und dass an Fotografie nicht zu denken war. Der Einsteiger weiss das nicht.

  • Hallo zusammen,


    jetzt macht's ja wieder richtig Spaß hier :)


    Ich würde da gern noch ein bisschen differenzieren in die folgenden drei Punkte:


    1.) Was kommt überhaupt auf den Markt?
    2.) Was davon biete ich als Händler an?
    3.) Wie bewerbe ich es?


    Den Punkt 2 finde ich noch am einfachsten, da gibt es sozusagen drei Stufen: ich verkaufe einfach alles (z.B. auch den 200 mm f/4-Newton mit Kugelspiegel), oder ich nehme das Billig-/Einsteiger-/Ausprobiersegment mit, aber beschränke mich auf das, was ich (im Sinne von Mathias Beitrag oben) noch guten Gewissens verkaufen kann, oder ich verkaufe nur das, was ich selbst als langjähriger Beobachter mit gewissem Anspruch auch verwenden würde (dann bleibe ich halt klein, aber fein). Die mir bekannten Anbieter lassen sich ganz gut diesen Kategorien zuordnen...


    Punkt 3 hängt mehr oder weniger unmittelbar damit zusammen - den objektiv unbrauchbaren Schrott kann ich nur mit unrealistischen Werbeaussagen an den Mann oder die Frau bringen, im Einsteigersegment habe ich die Wahl, ob ich auf die Unzulänglichkeiten und mögliche Alternativen hinweise oder nicht, oder den kurzen Achromaten als "ideales Planetengerät" anpreise. Mathias "Wer nicht hören will, muß fühlen" setzt ja voraus, dass es auch was zu hören gibt...


    Auf den ersten Punkt hat man nur als großer Händler (mit Eigenmarken?) einen gewissen Einfluss - das war ja Hannes ursprüngliches Anliegen. Um darauf zurückzukommen - ich glaube, es wäre schon viel gewonnen, wenn der objektive Schrott gar nicht angeboten würde, und der Rest realistisch beworben, wobei ich wie Mathias und Alfons beim "Einsteigerwackelgerät" eher großzügig wäre. Leider fürchte ich, dass das ähnlich aussichtslos ist, wie zu fordern, dass es die 199€-Baumarkt-Mountainbikes nicht mehr geben dürfte... da lob ich mir meinen Fahrradhändler, der nur das anbietet, was er selbst auch fährt. Aber bei der Marktgröße hat er es auch viel einfacher.


    Viele Grüße


    Holger

    :milky_way: 10" f/5 Newton-Bino :comet: 120mm f/5 Achromaten-Bino :hammer_and_wrench: 8" f/8 Jones-Schiefspiegler-Bino

  • Grüß´ Dich, Mathias,


    wie jetzt: "permanent sperren"...?? Schätze Dich eher glücklich! In meiner Jugend -habe noch unter Fred Feuerstein gedient- wurden Ketzer noch hochnotpeinlichen Verhören unterzogen und final bei lebendigem Leibe nicht mehr gegrüßt. Das waren noch Zeiten!!


    Nein, jetzt eher ernsthaft: Das Ansinnen von Hannes, ein wenig Einfluss darauf zu nehmen, das zumindestens der allerunerträglichsten Mist vom Markt verschwindet, ist m.E. nach ausgesprochen respektierlich! Und das gerade noch so brauchbare? Nun, kommt auf den Nutzer an...


    Wenn es erlaubt ist, hier mal ein kleiner Schwank aus meiner Jugend:


    Ich war früher längere Zeit NRW-Großkaliber-Schießleiter im Bund Deutscher Sportschützen (BDS).
    So Ende der 80er hatten wir ein Quali wg. NRW-Meisterschaft. Es war alles zugegen, was damals Rang und Namen hatte und gerätetechnisch so ziemlich alles, was vorne ein Loch und hinten eben keins hatte. Bis hoch zur handgetunten .45er Sokolovsky für über 11.000,-- DM made in USA. Feines Teil!!
    Die Überraschung des Tages war allerdings ein halbverhungertes Kerlchen mit einem chinesischen Colt .45 Nachbau der Firma Norinco. Original "Marke Bodenfund" mit Spaltmassen, durch welche jeder Deutsche Schäferhund bequem durchgepasst hätte.
    Und dieser Kollege ließ uns so ziemlich alle kein Land mehr sehen und machte schlussendlich noch den 4. oder 5. Platz!


    Wie heißt es doch gleich: Kommt drauf an was man draus macht...!!


    in diesem Sinne!
    schönes WE und CS
    Markus

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