Hallo allerseits,
Im Sommer diesen Jahres hat APM ein 2“ Weitwinkelokuar mit 30 mm Brennweite und 70 Grad Gesichtsfeld angekündigt, nichts Besonderes könnte man meinen, denn es gibt mehr als ein Dutzend Okulare mit ähnlichen Parametern. Doch das neue Okular soll selbst bei großem Öffnungsverhältnis randscharf abbilden und gleichzeitig schlank und moderat im Gewicht sein, keine 'Handgrante' a la Televue Nagler 31 mm. Nun ist es auf dem Markt, und hier mein erster Eindruck: Das Versprechen wird gehalten, es ist sehr randscharf, zumindest bei f / 6.5 und hinterlässt mechanisch und optisch einen sehr guten Eindruck. Das Gesichtsfeld ist sogar etwas größer als spezifiziert.
Damit ist im Grunde für den reinen Praktiker das Wichtigst gesagt. Erreicht wird diese Leistung durch eine besondere Konstruktion mit 9 Linsen, die bereits im Vorfeld - auch hier im Astrotreff,- zu viel Diskussion geführt hat.
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=212407
Wen dies und das optische Konzept sowie erste Eindrücke interessiert, unter der Abbildung geht weiter.
<i>Das neue APM Ultraflat 30 mm (55 mm Durchmesser, 540 g) im Vergleich mit dem dem Baader Hyperion Aspheric 36 mm (59 mm Durchmesser, 390 g), zum Vergleich das Televue Nalger 31 mm hat 87 mm Durchmessser bei 1095 g.</i>
Ich denke, man muss das Design als grundsätzlich neu zu bezeichnen: Praktisch alle langbrennweitigen, randscharfen Superweitwinkel-Okulare (Televue Nagler, Ethos, etc) sind dick und voluminös, denn um ein randscharfes Bild zur erzielen sitzt im vorderen Teil eine Barlow-Linse, die das Bild in der Fokalebene vergrößert, was zwangsläufig dazu führt, dass das der Durchmesser des Okulare große gegen den Bildfelddurchmesser wird. Das UF 30 mm geht genau den umgekehrten Weg, statt einer Barlow-Linse sitzt im vorderen Teil eine Art Reducer (Shapley-Linse), der das Bild verkleinert. Auf den ersten Blick sieht man das der optischen Konstruktion gar nicht an, denn der Aufbau sieht dem der anderen Okulare der UF Serie doch recht ähnlich (die angegeben Feldblende sind die physikalischen Abmessungen, nicht die optisch relevanten, effektiven Größen, dies hatte u.A.. die Diskussionen ausgelöst):
Schnittzeichnungen der UF Okulare, ganz rechts das 30 mm
Es liegt hauptsächlich an der Glaskombination, dass das erste Element vor der Feldblende statt einer Barlow-Linse ein Reducer ist (laut dem Konstrukteur ist das erste positive Element aus einem sehr hochbrechenden Glas gefertigt, die negative Linse im direkten Kontakt aus einem niedrig brechenden). Durch das Zusammenspiel der z.T. sehr stark gekrümmten Linsen gelingt es dann wohl die Bildfehler bis zum Rand hin zu korrigieren.
<i>Eintrittslinse des 'Reducers' mit 40 mm Durchmesser</i>
Zu den Eigenschaften:
Das Okular wird mit 70 Grad Bildwinkel spezifiziert, ich kam bei der Messung auf etwa 72 Grad bei 38 mm effektivem Feldblendendurchmesser (Herstellerangabe), der Bildwinkel ist minimal größer als der des Baader Hyperion 36 mm (44 mm Feldblende). Ich habe das Okular visuell mit folgenden Okularen in einem Refraktor bei f/6.5 verglichen, bisher nur tagsüber sowie nachts mit weihnachtlicher Beleuchtung, wie Minileuchtketten auf den Balkons weit entfernter Häuser:
<ul><li>Baader Hyperion Aspheric 36 mm, 6-Linser, 72 Grad (Herstellerangabe) 44 mm Feldblende
<li>Masuyama 32 mm, 5-Linser mit riesiger Augenlinse, 47 mm Feldblende, 83 Grad, ein sehr schönes, vermutlich wenig bekanntes, dem Kasai Extrawide nach empfundes Okular </li><li>Televue Panoptic 24 mm, 27 mm Feldblende, 68 Grad, ein Klassiker</li></ul></li>
Hier erste Eindrücke, von der Bildmitte bis zum Rand ist es sehr scharf und kontrastreich am Rand deutlich schärfer als das Hyperion, ähnlich wie das Panoptic 24 mm. Das Einblickverhalten ist angenehm, kein Kidney Beaning, der Augenabstand mit 22 mm (Herstellerangabe) recht lang, da die sehr große Augenlinse stark gekrümmt ist, fast schon knapp. Das scheinbare Gesichtsfeld mit etwa 72 Grad ist eindrucksvoll, sichtbar größer als das des Panoptic mit etwa 68 Grad, allerdings auch deutlich kleiner als vom Masuyama 32 mm, das am Bildrand allerdings recht unscharf abbildet. Verglichen mit dem Hyperion zeigt sich ein leichter Gelbstich, nicht störend doch im direkten Verglich wahrnehmbar. Tagsüber fällt die Kissenförmige Verzeichnung auf, die ein Superweitwinkel mit konstanter Winkelvergrößerung für astronomischen Anwendungen nun mal hat, am Himmel wird dies eher ein Vorteil sein.
Ist es nun das perfekte Übersichts/Weitwinkel Okular?
Der Bildwinkel und Gesichtsfeld reichen nicht ganz an die bei 2“ maximale Werte für Bildfeld (47mm) und Winkel der Referenzen wie Nagler 31 mm oder Masuyama 32 mm oder ähnliche ran, doch es fehlt nicht viel. Ob es gelänge mit dem Konzept ein noch etwas extremeres Okular, vielleicht und 75-80 Grad und maximaler Feldblende (ca. 42 mm) und doch schlankes Okular zu realisieren?
Unter dem Strich, ein tolles Okular, eine echte Neuerung und dabei preislich erschwinglich. Ich bin gespannt wie es sich am Himmel macht.
Viel Spaß beim Lesen und beste Grüße
Thomas