Bilder von Oberfläche und Atmosphäre eines Sterns

  • <b>Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer der ESO ist Astronomen die bislang genaueste Abbildung eines Sterns gelungen. Die Forscher erstellten für ihr Zielobjekt, den roten Überriesen Antares, außerdem die erste Geschwindigkeitskarte für Material in der Atmosphäre eines fernen Sterns. Bis dahin war die Sonne der einzige solchermaßen kartierte Stern gewesen. Im Falle von Antares offenbarte die Geschwindigkeitskarte unerwartete Turbulenzen in der gigantisch ausgedehnten Atmosphäre des Sterns. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.</b>


    Die rötliche Farbe des berühmten hellen Sterns Antares im Sternbild Skorpion ist bereits mit dem bloßen Auge zu erkennen. Antares ist ein riesiger und vergleichsweise kühler roter Überriese im Endstadium seiner Entwicklung, der in nicht allzu ferner Zeit als Supernova explodieren wird [1].


    Jetzt hat eine Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Keiichi Ohnaka von der Universidad Católica del Norte in Chile mithilfe des Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der ESO am Paranal-Observatorium in Chile die Oberfläche des Sterns kartiert und die Bewegungen des Materials auf seiner Oberfläche vermessen. So entstand das bislang beste Bild der Oberfläche und der Atmosphäre eines fernen Sterns. Nur von der Oberfläche der Sonne, die uns freilich ungleich näher ist als alle anderen Sterne, existieren bessere Bilder.


    Das VLTI ist eine einzigartige Anlage, die das Licht von bis zu vier Teleskopen kombinieren kann – entweder den 8,2 m Hauptteleskopen oder den kleineren Hilfsteleskopen auf dem Paranal. So entsteht ein virtuelles Teleskop, das so detailscharf ist wie ein Einzelteleskop mit 200 m Spiegeldurchmesser. Auf diese Weise werden feine Details sichtbar, die weit jenseits des Leistungsvermögens der derzeit größten Einzelteleskope liegen.


    Keiichi Ohnaka, der auch der Erstautor des jetzt erscheinenden Fachartikels ist, sagt: "Seit rund 50 Jahren ist es eine offene Frage der Astronomie, wie Sterne die Antares in dieser Phase ihrer Entwicklung derart rasch an Masse verlieren. Das VLTI war die einzige Anlage, mit der es möglich war, die Gasbewegungen in der ausgedehnten Atmosphäre von Antares direkt zu messen – ist ein wichtiger Schritt hin zur Beantwortung dieser Frage. Die nächste Herausforderung besteht darin, herauszufinden, was diese turbulente Bewegung antreibt."



    Rekonstruktion der Oberflächenstrukturen des roten Überriesen Antares. Bild: ESO/K. Ohnaka


    Mithilfe der neuen Ergebnisse erstellte das Team die erste zweidimensionale Geschwindigkeitskarte der Atmosphäre eines fernen Sterns. Bislang existierte diese Art von Karte nur für die Sonne. Die Forscher setzten dabei das VLTI mit drei Hilfsteleskopen und einem Instrument namens AMBER ein, um in einem begrenzten infraroten Wellenlängenbereich separate Bilder der Oberfläche von Antares aufzunehmen. Diese Daten nutzten die Forscher dann, um die Differenzen zwischen den Geschwindigkeiten des Atmosphärengases an unterschiedlichen Orten sowie die Durchschnittsgeschwindigkeit, gemittelt über den gesamten Stern, zu berechnen [2]. Das Ergebnis war eine Karte der Relativgeschwindigkeiten des Atmosphärengases über die gesamte Scheibe von Antares – die erste derartige Karte für einen fernen Stern.


    Dabei fanden die Astronomen turbulentes Gas geringer Dichte in weit größerer Entfernung vom Stern vor, als es die bisherigen Modelle vorhersagen. Sie schlossen daraus, dass die Bewegung nicht das Ergebnis von Konvektion [3] ist, also von Vorgängen, bei denen Energie durch Materiebewegungen aus dem Zentralbereich in die äußere Atmosphäre eines Sterns transportiert wird – ein durchaus häufiger Vorgang bei Sternen. Offenbar sei ein neuer, bislang noch unbekannter Mechanismus nötig, um die Bewegungen in der ausgedehnten Atmosphäre von Roten Überriesen wie Antares zu erklären.


    "In Zukunft wird es möglich sein, diese Beobachtungstechnik auf unterschiedliche Arten von Sternen anzuwenden und deren Oberflächen und Atmosphären in nie gekannter Detailschärfe zu untersuchen. Bis jetzt waren derartige Untersuchungen nur für die Sonne möglich" sagt Ohnaka. "Mit unserer Arbeit erhält die stellare Astrophysik eine völlig neue Dimension. Wir haben ein komplett neues Fenster für die Beobachtung von Sternen geöffnet."


    Fußnoten
    [1] Für Astronomen ist Antares ein typischer roter Überriese. Diese sterbenden Sterne haben bei ihrer Entstehung zwischen neun und 40 Sonnenmassen. Wenn ein Stern zum roten Überriesen wird dehnt sich seine Atmosphäre deutlich aus, so dass der Stern groß und hell wird, aber nur noch eine geringe Dichte besitzt. Antares besitzt zum jetzigen Zeitpunkt rund zwölfmal die Masse der Sonne und hat einen Durchmesser von rund 700 Sonnendurchmessern. Ursprünglich dürfte er mehr als 15 Sonnenmassen besessen haben. Drei Sonnenmassen an Material sind ihm während seiner bisherigen Entwicklung bereits verlorengegangen.
    [2] Die Geschwindigkeit, mit der sich Material auf die Erde zu oder von der Erde weg bewegt, kann durch den so genannten Dopplereffekt gemessen werden, der Spektrallinien entweder in Richtung des roten oder des blauen Endes des Spektrums verschiebt, abhängig davon, ob sich das Material, das Licht emittiert, vom Beobachter weg bewegt oder auf ihn zu.
    [3] Konvektion ist diejenige Prozess, in dem sich kaltes Material nach unten und heißes Material nach oben bewegt, als sich immer wiederholender Kreisprozess. Konvektion tritt sowohl in der Erdatmosphäre als auch bei Meeresströmungen auf, aber eben auch bei Gasbewegungen in Sternen.


    Weitere Infos, Bilder und Videos auf den Seiten der ESO unter http://www.eso.org/public/germany/news/eso1726/?lang

  • Hi Leute


    Hat jemand eine schnelle und einfache Erklärung für mich warum die oben genannte Interferometrie aus vier 8,2m Teleskopen ein 200m macht.
    Was ich überhaupt nicht verstehe ist die Tatsache das man die einzelnen Teleskope ja nur 1D mäßig verteilt (jeweils zwei Teleskope spannen eine Basislinie auf) wie kommt man damit zu der 2D Auflösung eines theoretischen 200m Teleskop?
    Liefert die Vorgangsweise überhaupt 2D Bilder ?

  • Hallo Robert,


    du bist da vollkommen auf dem richtigen Denkweg, per se klappt das mit dem 2D-Abbilden erstmal so nicht. Da kommen dann mehrere Dinge zusammen: Zum einen bekommt man mit mehr Teleskopen dann natürlich auch mehr Basislinien - die 8-Meter-Teleskope wurden bei diesen Messungen übrigens gar nicht eingesetzt, das ist bei so einem hellen Stern wie Antares der totale Overkill. Die 1,8-Meter-Hilfsteleskope reichen da völlig aus. Die Hilfsteleskope sind ja verschiebbar, dadurch ergeben sich jede Menge unterschiedliche Basislinien, in diesem Fall vier verschiedene mit jeweils drei Hilfsteleskopen. Hinzu kommt: So eine Interferometriemessung ist normalerweise keine Momentaufnahme, und durch die Erddrehung ändert sich die Lage der Basislinien im Raum nochmal über die Nacht hinweg. Dadurch kann man dann über einige Stunden hinweg praktisch alle möglichen Orientierungen "abscannen". Das Bild muß daraus dann aber mit einigem Rechenaufwand rekonstriert werden. Diese Angelegenheit wird dadurch, daß das eigentlich spektroskopische Messungen sind, nochmal komplexer [;)]


    Viele Grüße
    Caro

  • Hi Caro,


    danke dann funktioniert die Sache ein wenig wie bei einer Tomographie, bei welcher 3D Bilder aus 2D Schnitten rekonstruiert werden nur hier halt 2D aus 1D?

  • Hab den Artikel schon per ESO Newsletter bekommen und fasziniert gelesen. Schon genial was möglich ist was vor ein paar Jahren noch als SF abgetan wurde.[:)]

  • Hallo Roger,


    mittlerweile ist es ja schon 20 Jahre her, daß man mit Hubble die Oberfläche der Beiteigeuze aufgelöst hat: http://hubblesite.org/image/394/news_release/1996-04


    Ist halt nicht interferometrisch, aber dafür halt das beste, was ohne Erdatmosphäre möglich ist. Wie oben schon angedeutet, die Detailrekonstruktion funktioniert bei diesen Messungen hier auch nur über den Umweg der Spektroskopie. Würde man da nicht Gasbewegungen mithilfe des Dopplereffektes sichtbar machen können, wäre die Antares-Oberfläche ähnlich strukturlos wie das Beteigeuze-Bild.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Robert,


    mit einem direkten Vergleich zur Tomografie hätte ich Bauchschmerzen, denn der zweidimensionale Schnitt ist in diesem Sinne ja schon ein Bild, und durch "Stapeln" möglichst vieler und möglichst feiner Schnitte macht man dann eine 3D-Darstellung daraus.


    Bei der Interferometrie liegt der Haken immer bei der Bildrekonstruktion selber, die bei der Tomografie als Zwischenschritt fehlt. Denn auch in 1D (also entlang der Basislinie) bekommst du zunächst mal nur ein Interferenzmuster, aus man die eindimensionale Bildinformation erstmal rücktransformieren muß. Das sieht man als Beispiel hier, wo man für Achernar interferometrisch die Abplattung gemessen hat: https://www.eso.org/public/germany/images/eso0316b/?lang


    Dieser Zwischenschritt wird heutzutage allerdings meistens übersprungen und man rekonstruiert direkt alles aus der Gesamtheit der Messungen. Ein Radar-Echo, das einem ja in diesem Sinne auch erstmal kein direktes Bild sondern ein (zeitliches) Muster liefert, ist eventuell die bessere Analogie, aber in dioesem Sinne auch immernoch was anderes.


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro
    Du scheinst dich ja sehr gut in der Materie aus zu kennen. Eine Frage. Gab es dies bezüglich, ich meine Fotos eines Sterns (klar, net die Sonne), schon einmal ( oder gar öfter) als fake news?
    Gruss und danke für eine evetl. Antwort, Alexander ;o)

  • Hi, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">mit einem direkten Vergleich zur Tomografie hätte ich Bauchschmerzen, denn der zweidimensionale Schnitt ist in diesem Sinne ja schon ein Bild, und durch "Stapeln" möglichst vieler und möglichst feiner Schnitte macht man dann eine 3D-Darstellung daraus.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Zwar OT, aber trotzdem dazu noch eine kleine Erläuterung. Man muss bei Tomografie unterscheiden- CD oder MR.


    Bei CT hat man ein um den Patienten rotierendes System. Bei jedem Umlauf werden damit aus 360° Bildanteile aufgenommen. Die haben auch eine gewisse Breite durch den bildgebenden Sensor. Es ist also kein dünner "Schnitte" sondern eine Scheibe und damit eigentlich schon 3-D Inhalt. Durch schrittweises Verschieben wird dann ein Scan bis hin zum gesamten Körper aufgenommen und aus den Daten ist durch die Bild-SW dann ein 3D-Bild darstellbar.


    Bei MR läuft es ein wenig anders ab. Das Dauermagnetfeld richtet die Bahnebenen der Elektronen in bestimmten Körperanteilen (Wasser, Fettanteile) gleich aus. Diese Ebenen werden durch die Gradientenspulen kurzzeitig ausgelenkt (je nach Wasser, Gewebeart mit unterschiedlichem Auslenkwinkel). Beim anschließenden Zurückschwingen ergibt das minimale elektrische Felder. Diese werden über Antennen aufgenommen und durch die Laufzeitunterschiede der Signale (entsprechend der Tiefe im Körper) und die unterschiedlichen Auslenkwinkel errechnet die SW daraus das Bild.


    CT ist im Vergleich zu MR noch einfach zu verstehen, ich hatte ein 3-tägiges Applikationstraining für MR, nach den Erklärungen hab ich für die SW-Truppe gesteigerte Anerkennung- aus dem Rauschen ein Bild erzeugen.


    Beides ist mit dem Ablauf bei einem Interferometer nicht vergleichbar.


    Zum Thema noch, das Bild von Antares ist schon eine tolle Sache. Kann man gespannt sein, was zukünftig da noch alles an Bildern kommen wird.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Alexander,


    Wissenschaftler generieren keine Fake News, weshalb auch. Eine künstlerische Darstellung als Illustration zu einer Pressemeldung wird von seriösen Institutionen auch immer so bezeichnet, das Problem sind reißerische Medien a la Bild und Konsorten, die das dann unter den Tisch fallen lassen. Es wird sicherlich auch Photoshopper geben, die Laien ihre Kunstwerke insbesondere per social media als echte Sterne verkaufen wollen. Da hab ich nicht unbedingt den Überblick, was alles im Umlauf ist (und will ihn auch gar nicht haben).


    Viele Grüße
    Caro

  • Hallo Caro
    Vielen Dank für die schnelle Antwort. Ich lese die Bild zwar net (stimmt wirklich), aber zu zu trauen ist es ihnen.
    Gruß und k.H., Alexander

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