Warum hoher Iso für die Milchstraßenfotografie.

  • Guten Morgen an euch alle :D
    Ich habe mal eine Verständnisfrage. Ich habe mir gestern im Internet verschiedenste Milchstraßenfotos angeguckt und mir ist aufgefallen, dass fast alle immer nur ein light mit 30-50sec aber einem Iso-Wert von mindestens 3200 arbeiten eher so in die Richtung 8000.
    Für mich als Astrofotograf sind das Iso-Werte womit eine normale Spiegelreflex Probleme haben wird.
    Ich suche jedes mal vergebens nach Angaben, dass Darks, Flats und Bias gemacht wurden. Ich wurde nachdenklich und habe mal im Netz nach Anleitungen für Milchstraßenfotos gesucht.
    Tatsächlich schreiben alle Anleitung man soll die Milchstraße mit hohem Iso-Wert fotografieren. Die meisten empfehlen einen Wert ab 3200 aufwärts. Mit 3200 kann ich mich ja noch anfreunden.
    Aber wenn es in Bereiche von 8000 und mehr geht.... Sitze ich mit einem fetten Fragezeichen da.
    Selbst für eine Rauscharmekamera ist 8000 oder mehr schon hoch. Mit meiner 70D wäre 8000...ich will es mir gar nicht vorstellen!
    Ich komme nicht dahinter warum das so viele machen und warum es empfohlen wird. Ich würde mich sehr über eine Erklärung freuen.


    Ps: Ich meine ok nicht alle haben eine Reisemontierung aber wenn man mal annimmt, dass man solch eine hat und ein paar der Bilder aus dem Netz wurden mit solch einer Reisemontierung gemacht... warum arbeiten diese trotzdem mit hohen Iso-Werten?


    Liebe Grüße
    Tim

  • Hallo Tim,


    das macht man mMn. damit der terrestrische Vordergrund und der Himmel zusammen scharf abgebildet werden. Diese Milchstraßenphotos sind ja nicht als Astrophotos im eigentlichen Sinne gedacht, sondern als eine Art Landschaftphotographie mit 'schmückendem Beiwerk'.


    Grüße, Coyote

    Es schaute mich an - und ich schaute Es an.
    Und errötend wich Es zurück - das Universum.


    Bresser 102/460 | Tasco 76/1200 | Tasco 60/1200 | Tasco 60/900 | Tasco 60/700 | Tasco 50/600 | Minolta Bino 10x42 | Kasai s'Gucki 2.3x40

  • Hallo Coyote
    Jetzt hat gerade klick gemacht. Natürlich die Erde "dreht" sich ja nicht mit... Stimmt würde man 5-6 min belichten wäre der Vordergrund ja total verwaschen. Und Stacken wird wohl auch schwer, da es das selbe Ergebnis wäre. Vielen Dank für die schnelle Antwort :D


    Gruß
    Tim

  • Hallo Tim,
    ich würde mal sagen, das ist der "Lemming-Effekt". Schön, dass du den hinterfragst.
    Aus der chemischen Fotografie hat sich in unseren Köpfen festgesetzt: hohe ISO = hohe Empfindlichkeit. (Wird auch in der Werbung gerne so verwendet) Bei der chemischen Fotografie galt das, bei der digitalen nicht! Der Chip hat immer die gleiche Empfindlichkeit. Es geht hier also nur um eine Verstärkung. Wir, als Astros, kämpfen IMMER mit dem Rauschen. Sinnvoller Weise betrachten wir deshalb nicht nur die Verstärkung (hohe ISO) sondern immer auch dass Verhältnis zum Rauschen. Das ist das berühmte SNR , und dies ist bei allen ISO Einstellungen nahezu gleich.(nahezu!)
    Ich möchte keinem Milchstraßenfotografen zu nahe treten, aber der Themenbereich wird ja gerne (nicht immer) von Anfängern bearbeitet, die vielleicht noch nicht ganz so tief in der Materie stecken. Auf dem Kamera Display sieht man einfach mehr und das kann ja dann nicht falsch sein.
    Du machst sicher keinen Fehler, wenn du die höchste "normale" ISO-Einstellung deiner Kamera nutzt. Von den "erweiterten" Funktionen bis ISO x-tausend würde ich aber die Finger lassen. Ebenso nach unten. Bei ISO 100 oder 50 gibt es auch Probleme.
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Ralf
    Vielen Dank für die Erklärung. Damit ist meine Fragezeichen weg. Ich dachte da steckt irgendetwas anders dahinter. Ich habe echt gerätselt ob ich nicht vielleicht etwas falsch verstanden habe was der Iso- Wert bewirkt und ob ich das jetzt all die Jahre immer falsch gemacht habe :D


    Gruß
    Tim

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">... und dies ist bei allen ISO Einstellungen nahezu gleich.(nahezu!)<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich habe zu dem Thema eine interessante Ausführung gefunden, die das SNR bei verschiedenen ISO Einstellungen technisch beleuchtet.


    http://dslr-astrophotography.com/iso-dslr-astrophotography/


    Wenn ich das richtig verstanden habe, verbessert eine höhere ISO Einstellung solange den SNR, bis der Upstream Read Noise (analog) den Downstream Read Noise (digital) eingeholt hat. Was man sich mit einer hohen ISO aber immer ins Boot holt ist ein Verlust des Dynamikumfangs.


    Das entspricht meiner persönlichen Wahrnehmung (mit Canon 1100D). Da habe ich den Eindruck, dass ich bei gleicher Belichtungszeit und geringeren ISO Einstellungen (insbesondere 100, 200) mehr Rauschen habe als bei Aufnahmen mit z.B. ISO 800 oder ISO 1600.


    Und hier ist eine Aufstellung der Grenzwerte für Canon Cameras, ab der eine höhere ISO Einstellung <b>keine</b> Verbesserung des SNR bringt.


    http://dslr-astrophotography.com/iso-values-canon-cameras/

  • Arne,
    Du bringst die Sache in die passende Richtung. ISO-Werte, insb. die konkrete Festlegung (welcher ISO-Wert führt zu welcher Belichtung) in den einzelnen Kameramodellen werden von den Herstellern anhand von zwei Kriterien dimensioniert: Zum einen das Signal-Rauschverhältnis (SNR) bei lichtschwachen Bedingungen und der Sättigung der Sensorpixel bei hellen Bedingungen. Die diesbezüglichen Daten des Sensors rücken die Hersteller nicht raus. Somit bleibt den Astrofotografen nur der Weg, per Ausprobieren herauszufinden, mit welchen ISO-Werten man die besten SNR-Werte im Endergbnis der Fotosession erreicht.


    Komplizirt wird es, weil sowohl im Upstreambereich (Sensor) als auch beim AD-Wandler das Rauschen auch von äußeren Bedingungen (insb. Temperatur) abhängig sind.


    Das kann durchaus unterschiedlich ausfallen, je nachdem welche Randbedingungen gelten. Beispielsweise könnte die Halbierung der Belichtungszeit bei doppelter ISO-Einstellung trotz schlechteren SNR im Einzelbild von Vorteil sein, wenn dadurch in der Session mehr Bilder zum Stacken zusammenkommen und das Stackingtool damit das SNR im Ergebnisbild senken kann. Eine andere Randbedingung ist, dass eine Einzelbelichtung nur bis zu einer max. Zeit überhaupt möglich ist, weil sonst thermischen Rauschen oder Nachführung ein Problem haben. Auch der Zeitbedarf für Darks darf nicht vergessen werden oder die Sichtbarkeitsdauer des Wunschobjekts (das womöglich tief am Horizont steht).


    Für Panorambilder der Milchstraße hinter einem spannenden Landschaftsmotiv bietet es sich an, die getrennt abzulichten und in das Fotobearbeitungsprogramm einzulesen und zu überlagern. Im Grunde nicht viel anders als bei HDR-Aufnahmen, ergänzt um eine "Horizontmaske". Die Möglichkeiten sind da unbegrenzt und meinetwegen pflanzt jemand sogar den Eiffelturm an den Bildrand links und das Brandenburger Tor rechts. [:D]

  • Hallo Arne,


    vielen Dank für die interessanten Links, dein Eindruck deckt sich auch mit meiner Erfahrung, dass niedrige ISO Einstellungen die man dann bei der Nachbearbeitung korrigiert z.T. deutlich stärker rauschen. Viele Chips sind halt nicht ISO invariant, ISO 800 oder 1600 bringt bessere Ergebnisse.


    Hier noch eine Liste mit Sensordaten für eine breite Palette von Kameras



    http://www.sensorgen.info/


    wenn man auf das jeweilige Model klickt bekommt man die relevanten Informationen, sieht wie das Ausleserauschen mit höherer ISO Zahl z.T. beträchtlich (zb. Canon 6D) kleiner wird.



    beste Grüße


    Thomas

  • Wie kann ich denn aus diesen Zahlen entnehmen, welche ISO dann die beste wäre ? Für die Sony A7s sinkt das Ausleserauschen bis zur höchsten ISO ab aber praktisch sind die Aufnahmen da nicht mehr zu gebrauchen.


    Helmut

  • Helmut,
    im Grunde gar nicht. Wichtige Infos stehen Dir nach wie vor nicht zur Verfügung, um den optimalen ISO-Wert zu bestimmen.
    Es bleiben nur etwas Logik: Je effizienter die Lichtquanten registriert werden, desto besser das SNR im Pixel selbst, je größer ein Pixel, desto mehr Lichtquanten im Verhältnis zum Rauschen registriert es, desto besser das SNR des Pixels (upstream) ... usw. mehr kann man daraus kaum herleiten.


    DSLR-Sensoren haben ja noch mehr Parameter, die direkten Einfluss auf das SNR (upstream) haben. Dazu gehört auf dem Chip die Matrixanordnung der RGB-Anteile, deren individuelle Empfindlichkeiten/Filter, der IR-/UV-Sperrfilter etc. pp. Ein Faß ohne Boden ...

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: HHausHH</i>
    <br />Wie kann ich denn aus diesen Zahlen entnehmen, welche ISO dann die beste wäre ? Für die Sony A7s sinkt das Ausleserauschen bis zur höchsten ISO ab aber praktisch sind die Aufnahmen da nicht mehr zu gebrauchen.


    Helmut
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Helmut,


    ich denke es hängt von der totalen Lichtmenge ab. Ein konkretes Beispiel, wenn diese extrem klein ist (Belichtungszeit 1/10 Sekunde, Milchstraße mit Personen im Vordergrund....), sollte nach den Zahlen für die Sony A7s die höchste ISO Stufe (400000!) tatsächlich das beste Bild liefern, es mag zwar kaum zu gebrauchen sein, doch es ist geringfügig besser als eine Aufnahme mit z.B. ISO 3200, da ist das Ausleserauschen nach der Tabelle in dem Link fast 10 mal höher. Anderseits werden die bei der A7s extrem hohen ISO Werte oberhalb 25000 kaum einen sichtbaren Vorteil bieten, da das Ausleserauschen keine Rolle mehr spielt, wenn es bereits im Bereich ein Elektron ist.


    Bei einer eher 'normalen' Milchstraßenaufnahme wird man einen Kompromiss zwischen Ausleserauschen und dynamischen Bereich machen wollen, dies hängt von der Lichtmenge ab (Himmelshelligkeit, Blende, Belichtungszeit) und wenn man die nicht messen kann oder will muss man verschiedene ISO Werte aus probieren um optimale Ergbnisse zu bekommen. Ich denke, es liegt nicht daran, dass die notwendigen Informationen nicht vorhanden sind oder Kamerahersteller uns etwas vorenthalten. Wie bei einer normalen Landschaftsaufnahme muss man die Lichtmenge so wählen, dass man den Dynamikbereich des Sensors optimal nutzt. Weiter oben finden sich diverse Links mit hilfreichen Infos.


    beste Grüße


    Thomas

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