Risiko Astromodifikation?

  • Hallo allerseits,


    ich fotografiere zurzeit mit einer gebrauchten modifizierten EOS 1000Da mit einem 80mm TS Triplet Apo und verschiedenen EF Objektiven für Widefieldaufnahmen. Bin bis jetzt auch sehr zufrieden, aber ich will mir dann doch mal eine bessere Kamera gönnen, z.B. eine gebrauchte EOS 6D, die dann astromodifiziert werden soll.


    Nach einigen Recherchen hier und an anderen Stellen bin ich allerdings mittlerweile ziemlich verwirrt, bzw. unsicher, bzgl. des Risikos, die teure Kamera zu "versauen".
    Folgende Aussagen habe ich mittlerweile gesammelt:


    1. "Achtung: Durch den Ausbau des Filters ist bei Verwendung refraktiver Optik mit Bildunschärfe und/oder falschen Farben zu rechnen, sofern kein zusätzlicher IR-Sperrfilter eingesetzt wird."


    2. "Nach Ausbau des IR-Filters entsteht eine kleiner Bereich ins IR hinein, wo Licht durchkommen kann. Das führt in manchen Situationen zu roten Halos, weil viele Optiken nicht mehr für die korrekte Fokussierung von IR Licht berechnet sind. Der Baader BCF Filter hätte nun die Aufgabe, genau diese Lücke herauszufiltern, aber leider tut er manchmal nicht exakt was er soll und man hat weiterhin Halos"


    3. "nach dem Ausbau des IR Sperrfilters komme ich mit meinem Objektiv nicht mehr in den Fokus. Erst als ich zusätzlich einen IR Clipfilter genommen habe, ging es wieder"


    Sind diese Aussagen korrekt? Wie sind Eure Erfahrungen? Hat jemand einen guten Rat? Welche Astromodifikation würdet Ihr machen lassen? Welcher Anbieter (Gerd Neumann, Astrotec, Teleskop-Service, …)?


    Viele Grüße
    Antero

  • Hallo Antero,


    Man muss zwischen verschiedenen Arten des Umbaus unterscheiden. Die Filtereinheit vor dem Sensor besteht aus verschiedenen Filtern, die einzeln ausgebaut werden können. Je nachdem was da gemacht wird, sind die Konsequenzen unterschiedlich.


    Deine Aussagen beziehen sich auf den KOMPLETTEN Ausbau der Filtereinheit inc. Sensorreinigung und sind soweit korrekt. Damit macht die Kamera vom UV bis ins IR auf, was die von Dir genannten Folgen hat. So ein Umbau ist für Astrofotografie aber gar nicht notwendig.
    Ich haben meine 1000D bei DSLR Astrotec umbauen lassen. Dabei wurde nur der Tiefpassfilter entfernt ("Astromodifikationen OHNE Filter"). Der UV- und IR-Sperrfilter und die Sensorreinigung blieben erhalten. Damit komme ich bei H-Alpha auf ca 80% Empfindlichkeit und komme mit all meinen Objektiven in den Fokus. Das reicht mir. Zusätzliche Filter muss ich nicht einsetzen. Wenn Du mehr Empfindlichkeit haben willst gibt es verschiedene Optionen. Auf der Webseite der Firma sind sie sehr schön dargestellt:


    http://www.dslr-astrotec.de/anfrage.html


    Der von Dir beschriebene Komplettausbau aller Filter macht meiner Meinung nach nur Sinn, wenn man IR-Fotografie betreiben will. H-Alpha liegt aber nicht im IR. Deshalb kann der Sperrfilter bleiben.


    Ich habe mit dem Umbau bei DSLR-Astrotec gute Erfahrungen gemacht und kann die Firma empfehlen.


    Bis dann:
    Marcus


    EDIT: Woher stammen die Aussagen, die Du gesammelt hast? Die Info wäre ganz hilfreich um sie besser einordnen zu können.

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Marcus,


    soweit ich es richtig verstanden habe, beziehen sich diese Aussagen nicht auf den Komplettausbau. Die zweite Aussage bzgl. der Probleme mit (und auch ohne) BCF Filter stammt übrigens von Tommy Nawratil und ist auf der Webseite des östereichischen Onlineshops zu lesen. Dort hat er den Umbau und auch das Problem ziemlich gut erklärt.


    Die Warnung vor möglichen Farbfehlern bei Refraktoren steht beim Angebot einer EOS Da im TS Onlineshop und bezieht sich auf den dort angebotenen Umbau ohne extra Filter (auch kein Komplettumbau).


    Ich recherchiere derzeit noch weiter und bei mir entsteht zunehmend der Eindruck, dass es ein bisschen ein Glückspiel ist.


    Einzelne Halos bekommt man ja vielleicht noch mit EBV in den Griff, aber ich habe in einem anderen Post Beispielbilder gesehen (EOS 6d mit BCF Filter modifiziert), da hatten fast alle hellere Sterne Halos.


    Grüße
    Antero

  • Hallo Antero,


    Soweit ich das nachvollziehen kann, machen Teleskop Austria und TS einen Umbau, bei dem Tiefpasss- und UV/IR-Sperrfilter durch den Baader BCF ersetzt werden. Dazu kann ich nichts sagen. Der Umbau "Astromodifikationen OHNE Filter" bei DSLR-Astrotec ist aber anders. Dabei bleibt der originale UV/IR-Sperrfilter erhalten und die Problematik mit den Halos und der IR-Lücke stellt sich nicht. Der Preis ist halt "nur" rund 80% Empfindlichkeit bei H-Alpha. Ich habe keine Probleme mit roten Halos.


    Der Umbau mit BCF würde bei DSLR-Astrotec der "Astromodifikation SPEZIAL" entsprechen. Da verwenden die aber nicht den BCF, sondern einen anderen, eigenen Filter. Darüber kann ich mangels praktischer Erfahrung nichts sagen.
    Wie gesagt: es gibt viele verschiedene Möglichkeiten. Wenn Du Dir unsicher bist, empfehle ich Dir mit einem der Händler direkten Kontakt aufzunehmen und Deine Vorbehalte zu besprechen.


    Apropos Händler: die Aussage bei TS habe ich nicht gefunden. Kannst Du sie bitte verlinken?


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Albi,
    ruf doch einfach mal an und frage nach, was genau umgebaut wird.


    Deine gesammelten Punkte oben sind grundsätzlich richtig. Folgender Hintergrund dazu


    zu 1 und 2:
    Im Wellenlängenbereich von IR hat Glas i.d.R. einen anderen (schwächeren) Brechungsindex und somit kann ein Kameraobjektiv nicht gleichzeitig das sichtbare Licht und IR fokussieren. Ergebnis bei Tagesfotografie: Der IR-Anteil ist unscharf, wenn das sichtbare Licht scharf abgebildet wird oder man nimmt eine kleinere Blende mit mehr Tiefenschärfe. In abgeschwächter Form gilt das auch für den tiefroten Anteil, der von den kameraeigenen Filtern schon abgeschwächt wird (das ist ja der Grund für die Astromodifikation), da Kameraobjektive wie alle Linsensysteme mehr oder weniger dem Farbfehler unterliegen und deren Farbkorrektur nicht bis in den IR-Bereich erfolgt. Die Objektiventwickler optimieren die Linsen für eine Kamera mit Filter. Aufgenommen wird der IR-Anteil vornehmlich von den rot-empfindlichen Pixeln; deshalb der Rotsaum.
    Da der Rotlichtanteil nach Filterausbau größer wird, haben Tageslichtbilder erst mal einen Rotstich. Deshalb ist ein Weißabgleich notwendig, der so vom Kamerahersteller nicht geplant war. Dies mindert den Dynamikumfang der Kamera, denn im Rotbereich sind die Sensorpixel schneller gesättigt als mit Filter. Umgekehrt kann man die Belichtung deshalb nicht verkleinern (kürzere Zeit oder kleinere Blende/größere Blendenzahl), da die anderen Farbpixel sonst zu wenig Licht bekommen.


    Im UV-Bereich kommt es bei Tageslicht ohne UV-Sperrfilter zu einem Kontrastverlust, da UV in der Luft von denen Molekülen gestreut wird (deshalb ist auch der Himmel blau). D.h., wenn man den UV-Anteil blockt, dann gewinnt man insb. bei Landschaftsfotografie, wo zwischen Kamera und Bildmotiv große Wegstrecken liegen, an Kontrast/Farbbrillanz. Davon abgesehen ist UV-Licht kurzwellig und auch hier haben Objektive dann einen größeren Farbfehler (ähnlich wie beim IR). Bei Aufnahmen mit hohem UV-Anteil (z.B. Hochgebirge) lohnt sich u.U. ein zusätzlicher UV-Sperrfilter auch bei normalen Kameras, auf jeden Fall bei alten Analogkameras (die ohne Filter-Dingsbums gebaut wurden**).


    zu 3
    Filter haben eine gewisse Dicke und sind aus Glas, das einen Brechungsindex größer 1 hat. Ohne Filter verkürzt sich der Lichtweg vom Objektiv zur Kamera um wenige Zehntel Millimeter. Das muss irgendwie ausgeglichen werden. Entweder man verlegt den Chip entsprechend nach vorne oder man baut einen Dummy-Filter mit gleicher Glasstärke ein. Eine andere Methode besteht darin, dass man dem Autofokus per Software mitteilt, dass der Fokusweg sich verändert hat. Welchen Weg hier am einfachsten nach Rom führt, hängt vom Einzelfall ab.



    **Was früher mit Extrafiltern oder Extra-Filmen erreicht wurde, erwarten viele heute bei einer DSLR in Standard-Konfiguration. So ändern sich die Ansprüche.

  • Hallo Antero,


    Genaues lesen hilft. Auschnitt aus dem Angebot von TS:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Eine Schwäche für Astrofotografen ist der IR-Sperrfilter, welcher in den Kameras eingebaut ist. Der schneidet relativ viel vom roten Lichtbereich ab. Das Ergebnis ist, daß gerade rote Nebelgebiete (H-II-Regionen) relativ schwach abgebildet werden.


    Wird der Filter ausgebaut, erhöht sich die Rotempfindlichkeit entsprechend der nun perfekten Transmission um den Faktor 3.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Es handelt sich also um die Modifizierung mit komplett ausgebautem IR-Filter. Damit gilt das von Kalle gesagte und man kommt mit den meisten Standardobjektiven nicht mehr in den Fokus, weil der Glasweg des Filterpakets fehlt.
    Ich finde die Angebote von TS sehr missverständlich in ihrer Beschreibung. Wenn man ohnehin nicht genau weiß was man will und was die unterschiedlichen Modifikationen machen (so wie Du), sollte man sich lieber an eine Firma wenden, die so etwas hauptberuflich macht. Und vor allem den Händler vorher selbst kontaktieren.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Marcus,
    in den Focus kommt man i.d.R. schon noch, nur der Autofokus weiß nicht genau, dass er jetzt "woanders" liegt. Es stimmt der Arbeitsabstand von Kameraobjektiv zum Chip nicht mehr 100%-ig, und das kann nervig werden, wenn man mit Offenblende ohne Tiefenschärfe arbeitet.


    EDIT: Aber ich täte nachfragen, ob das nicht doch korrigiert wird.

  • Hallo Kalle,


    Das kommt darauf an, ob man das Objektiv noch ein wenig über unendlich hinaus fokussieren kann oder nicht. Bei den guten L-Objektiven geht das. Bei den einfachen EF-S-Zooms zum Beispiel nicht. Aber die Sache mit dem Autofokus ist natürlich auch richtig.
    Mit einem Teleskop stellt sich die Frage ohnehin nicht, da man ja in der Regel weit über das Auflagemaß hinaus fokussieren kann. Bei den meisten Angeboten steht das aber auch in der Beschreibung.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


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  • Hallo Servus,
    wenn man bei TS ganz nach unten scrollt und "Alternativen zu diesem Produkt" anklickt, stehen unter Details noch Infos die weiterhelfen können.
    Viele Grüße
    Marwin

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Da der Rotlichtanteil nach Filterausbau größer wird, haben Tageslichtbilder erst mal einen Rotstich. Deshalb ist ein Weißabgleich notwendig, der so vom Kamerahersteller nicht geplant war. Dies mindert den Dynamikumfang der Kamera, denn im Rotbereich sind die Sensorpixel schneller gesättigt als mit Filter. Umgekehrt kann man die Belichtung deshalb nicht verkleinern (kürzere Zeit oder kleinere Blende/größere Blendenzahl), da die anderen Farbpixel sonst zu wenig Licht bekommen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Kalle,


    ich glaube das kann man so pauschal nicht sagen. Der Original-Weißabgleich mutipliziert die kastrierte Rot-Intensität künstlich hoch, bei meiner 1100D z.B. fast um den Faktor 3. Nach Ausbau des Farbfilters muss am Rot nur noch eine geringe Korrektur von ca. 0.8x durchgeführt werden - wenn man den Original-Weißabgleich abschaltet (geht z.B. in DCRAW). Dann hat man auch keine schnellere Sättigung und eine dreifach höhere Rot-Empfindlichkeit bei ungefähr gleicher Blau/Grün-Empfindlichkeit - wenn man mit dem Original-Zustand mit dem Original-Weißabgleich vergleicht.

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