Meine selbstgebaute astronomische Uhr

  • Hallo nochmal,


    zuerst einmal ein paar Antworten.
    Für die Planung habe ich Jahre gebraucht, weil ich mir den theoretischen Hintergrund aneignen musste. Das heißt:


    - Wie sind die Positionen der Planeten, der Sonne usw. zu berechnen? Welche Genauigkeit ist sinnvoll?
    - Welcher Mikroprozessor ist geeignet, welche Programmiersprache ist zu erlernen?
    - Wie soll die Uhr aussehen (Form, Größe, Anordnung)
    - Wie ist die Mechanik aufzubauen?
    - Wie ist das Ziffernblatt zu berechnen, wie die Sternenkarte
    - Woher bekomme ich eine Sternendatei, wie ist die Helligkeit und die Spektralklasse grafisch umzusetzen?
    - Wie sollen die Zeiger gestaltet werden?
    - Woher bekomme ich das entspiegelte Frontglas?
    usw., usw. ...


    Diese Phase hat schon einige Jahre gedauert. Als dann alles Klar war, die Formeln in EXCEL fertig und ausgetestet waren, ging es an die Fertigung und an die Programmierung. Die Programmiersprache ist bei der C-Control II C2. Die ist ein Derivat von C+, hat nicht alle Funktionen, aber 15-stellige Genauigkeit, Thread-Programmierung und ausreichend Speicherplatz sowie diverse Schnittstellen.
    Bis die Uhr das erste Mal richtig lief, vergingen schon 4 Jahre.


    Die Bearbeitung der Messingteile war schon recht aufwändig. Die Zahnräder habe ich abgeschliffen und die Bohrungen mit einem Bohrständer ausgeführt. Das Speichen habe ich mit einer Dekupiersäge hinbekommen. Richtig schwierig war die Erzeugung eines Laserstrahls mit nur 0,4mm Durchmesser. Dafür habe ich eine Messingstange längs mit einem entsprechenden Bohrer durchbohrt. Ich glaube, ich habe etwa 10 Stück abgebrochen.


    Zum Mondknoten: Den habe ich für die Anzeige von Finsternissen eingebaut. Der Zeiger hat oben zwei ankerförmige Verlängerungen. Die zeigen ungefähr an, ob die Finsternis auf der Nord- oder der Südhalbkugel sichtbar ist. Die Spitze für die Nordhalbkugel ist blau eingefärbt.


    Jetzt zu den zusätzlichen Anzeigen.
    Der Programmspeicher in der C-Control war mit den Grundfunktionen noch lange nicht ausgefüllt, daher habe ich nach und nach neue Anzeigen für das Display berechnet und eingefügt. Hier mal eine unvollständige Liste davon:
    - Sternzeit und delta T,
    - Zeitgleichung,
    - Sonnen- und Mondauf- und Untergangszeiten
    - horizontale, äquatoriale und ekliptische Koordinaten von Sonne, Mond, Planeten
    - Beginn der Jahreszeiten (auf eine Minute genau),
    - Datum der beweglichen Feiertage,
    - Mondfülle, -phase, Neigung der Sichel, topozentrische Libration,
    - in Anlehnung an Astrolabien des Mittelalters: Epakte, Sonnenzyklus, Goldene Zahl, Sonntagsbuchstabe und Indiktion.


    Hier mal ein paar Eindrücke davon:









    O.K., das war's für heute. Bei Rückfragen steh ich zur Verfügung.
    Und, ja. Ich habe auch schon deep-sky-Fotos gemacht, davon stelle ich an anderer Stelle welche ein. Und Fragen dazu habe ich einige.


    Dieter



    <font color="yellow">wiederhergestellt nach Löschung</font id="yellow">

  • Guten Morgen,


    also das haut mich wirklich von den Socken. Ich hab grossen Respekt vor deinem Können, ich kann das beurteilen, weil ich sowas nicht kann. [:D]

    Ei,ei,ei.... was hatte ich denn in meiner alten Signatur stehen?


    sternengedönsige clear sky Grüsse,

    Robert aus dem Allgäu

  • Ich muss sagen, Hochachtung und Respekt vor deinen Fähigkeiten :)
    Ich war echt platt als ich alleine die Zahnräder gesehen habe.
    Ich stelle mir das sehr kompliziert vor die ganzen Geschwindigkeiten der Zeiger/Planeten zu berechnen und dann noch das handwerkliche Geschick alle Bauteile zu fertigen. Ich bin begeistert.


    Viele Grüße
    Jens-Peter

  • Hallo Astrofreunde,


    (==&gt;) Retro-Paul:
    wenn die hintere Platte aufgelegt ist, sieht man nichts mehr vom Räderwerk. Ich habe aber hier eine Aufnahme, die das Uhrwerk mit abgenommener hinterer Platte zeigt. Man erkennt die Anordnung der Zahnräder mit den Schrittmotoren, der Mondkugel (links), der Elektronikplatine (unten rechts), des Schwenkarms für die Anzeige (oben links, El.-Platine für LCD darunter) und des Mikroprozessors (unten links). Die Funkuhr ist rechts angeordnet. Alle Stecker für die Kabelverbindungen sind abgezogen.



    Ansicht von hinten, geöffnet



    Viele klare Nächte wünscht


    Dieter


    <font color="yellow">wiederhergestellt nach Löschung</font id="yellow">

  • Hallo Dieter,


    die Bewegung der Zeiger erfolgt also mit den computergesteuerten Schrittmotoren, die Untersetzungen sind für verschiedene Planeten scheinbar gleich. Einiges interessiert mich noch:


    Wie bist du auf die jeweilige Anzahl der Zähne der Zahnräder gekommen?


    Die Bewegung der inneren Planeten kann ja durch zeitabhängige Terme sehr gut auch langfristig berechnet werden. Für Jupiter und Saturn dagegen braucht man wegen der großen gravitativen Störungen oskulierende Bahnelemente, die nur für kurze Zeitabschnitte genau sind. Oder man fügt noch die wichtigsten Störungsterme hinzu bzw. man verwendet für alle Planeten nur die wichtigsten Terme der VSOP-Theorie, gemessen an der Anzeigegenauigkeit der Uhrzeiger. Wie hast du das gelöst? Auf welche Epoche beziehen sich die Daten?


    &Delta;T kann ja nur durch Messungen im Nachhinein bestimmt werden. Welche Näherungen hast du dazu verwendet?


    Mir gefällt diese Uhr SEHR gut! Von klassischen Angaben wie Sonntagsbuchstabe und Epakte über Planetenpositionen bis hin zum modernen &Delta;T, alles vereint in großer Harmonie in einer auch optisch sehr gelungenen Ausführung! Eine Meisterarbeit!


    Meinen ehrlichen Respekt, Volker.

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

  • Hallo,
    bezüglich der Zahnräder ging meine Überlegung in die Richtung, dass ich die Positionen minütlich neu berechne und alle Zeiger in etwa minütlich um einen Schritt weiter bewegt müssen. Der Mondknoten etwas schneller, der Mondzeiger etwas langsamer. Daher habe ich alle Untersetzungen so gewählt, dass ein volle Umdrehung in 1440 Schritten zerlegt wird. Der Computer vergleicht jede Minute die Ist- mit der Sollposition und bewegt die Zeiger weiter. So wird die Position immer auf 1/4 Grad genau eingehalten. Eine höhere Genauigkeit halte ich nicht für sinnvoll, weil die Zeigerpositionen auch nicht genauer abgelesen werden können.
    Zur Berechnung der Positionen der Planeten und des Mondes: Mit Hilfe der Orbitalelemente habe ich zuerst iterativ die transzendenten Gleichungen für die exzentrischen Anomalien gelöst, dann die wahre Anomalie, dann über die Positionen im Raum die ekliptischen Längen. Für Mond, Jupiter und Saturn habe ich zur Erreichung der Genauigkeit Korrekturterme eingefügt. Für den Mond habe ich dann noch die topozentrische RA und Dec berechnet. Das alles habe ich natürlich nicht alles selbst erfunden, ich habe recherchiert und die geeignete Berechnungsmethode in Formeln umgesetzt und programmiert.
    Zum delta T: Ich habe Daten für delta T zusammengetragen bis zurück ins Jahr 1650. Bis in die Gegenwart habe ich diese Daten als Funktion der Zeit stückweise in Polynome entwickelt. Wählt man also an der Uhr weit zurückliegende Jahre aus, dann stimmen die Werte im Rahmen der Messgenauigkeit. Das letzte Polynom geht zurück bis ins Jahr 2010 und endet 2020. Danach wird wieder mit einer Parabel extrapoliert. Die Genauigkeit ist derzeit so hoch, dass der Fehler weniger als eine zehntel Sekunde beträgt.


    Einen schönen Abend
    Dieter


    <font color="yellow">wiederhergestellt nach Löschung</font id="yellow">

  • Hallo Zusammen,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...zeigt die Uhr in Prag nur die Sonne, den Mond und den Ekliptikkreis mit Sternzeit an...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich warte jetzt schon eine Weile, dass sich jemand dazu äußert. Da es aber niemand tut, muss ich mich wohl unbeliebt machen...


    Versteht mich nicht falsch - ich möchte die Leistung, die in dieser astronomischen Uhr (also nicht der aus Prag) steckt, keineswegs schmälern. Das ist - auf die heutige Zeit bezogen - eine wirklich saubere und kreative Arbeit. Hut ab!


    Es ist aber einfach überhaupt nicht miteinander zu vergleichen, die Werte von einem Computer berechnen zu lassen und über einzelne Stepper anzuzeigen - oder die ganze Komplexität in purer Mechanik von einem einzelnen Antrieb (Unruh) aus zu realisieren. Die Uhr in Prag liegt - ebenfalls auf die damalige Zeit bezogen - auf dem Niveau eines Weltwunders.


    Musste mal gesagt werden...


    Gruß
    Klaus

  • Hallo Klaus


    Ich glaube gerade Dieter, wird wie kein anderer, die Arbeit und Technik in so einem Meisterwerk wie die Uhr in Prag zu schätzen wissen. Gerade weil er heute so viel Technik zur Hilfe hat.
    Er wollte (glaube ich) nur den unterschied des Ziffernblattes zum ausdruck bringen.
    P.S.
    Einfach eine Tolle Arbeit Dieter.


    Gruß Samael

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Es ist aber einfach überhaupt nicht miteinander zu vergleichen...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ich denke, das war auch vorher schon allen klar. Die Erfindung des Flaschenzugs z.B. war auch eine geniale Tat, und niemand würde heute einen modernen Kran mit einem Flaschenzug vergleichen.
    Musste mal gesagt werden...

  • Ja, wirklich schade. Dieter hatte wohl ein Problem damit, dass man ihm in einem anderen Thread geraten hat an seiner EBV zu arbeiten statt eine neue Kamera zu kaufen.
    Mache Leute können mit Kritik nicht umgehen.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Da der Ersteller seine Beiträge sinnentstellend gelöscht hat, mussten die entsprechenden Passagen aus dem Google-Cache kopiert und zurückgeschrieben werden. Das Thema bleibt wegen weiterhin bestehender Löschungsgefahr geschlossen.


    ullrich

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