Extrem genaue Positionsbestimmung mit GAIA

  • Danke für das Interesse an der Gaia-Mission. Es wurden auch wirklich sehr gute Antworten auf die Frage gegeben. Ich arbeite jetzt seit 12 Jahren an der Gaia-Mission und kann hoffentlich ein wenig weiterhelfen.


    Tatsächlich kommt es bei der Messung eben darauf an, wie genau man das ZENTRUM des Bildes eines Sternes in der Vokalebene finden kann. Das Auflösungsvermögen eines Teleskops von 1,45 m Größe (der Gaia-Spiegel ist rechteckig und hat in der Abtastrichtung diese Größe) ist ja (bis auf einen kleinen Faktor) gegeben durch die Wellenlänge (nehmen wir mal 5000 Ångström=0.5 Mikrometer) geteilt durch die Spiegelgröße. Dieses muss man noch teilen durch die Wurzel aus der Anzahl der Photonen, die man bei typischerweise 75 Transits pro Stern während der Mission auffängt. Das sagt sie sogenannte Poisson-Statistik. Dabei muss man noch bedenken, dass Gaia bei jedem Transit Messungen auf 9-10 CCDs mit jeweils den erwähnten 4.4 Sekunden Belichtungszeit gearbeitet wird. Eine ähnliche Rechnung wurde ja oben schon angestellt! Dann kommt man bei einem Stern 15. Größe auf ca. 10 Mikrobogensekunden Genauigkeit am Ende der Mission. Natürlich muss man dazu auch noch die sogenannte AGIS-Lösung (die Astrometric Global Iterative Solution) anwerfen, die aus den 10 hoch 12 Messungen von Gaia einen Sternkatalog mit Positionen, Eigenbewegungen und Parallaxen erzeugt. Besondere Berücksichtigung bekommen später noch die Doppel- und Mehrfachsterne.


    Der erste Katalog wird für 1,1 Milliarden Sterne nur die Positionen enthalten. Für 2 Millionen Sterne werden noch die Eigenbewegungen und Parallaxen gemessen, indem man in die Lösungen noch den Tycho-2-Katalog von Hipparcos mit 2,5 Millionen Sternpositionen aus dem Jahre 1991 einfließen läßt. Diese haben eine typische Genauigkeit von 0.3 Millibogensekunden und noch einmal 0.3 Millibogensekunden systematischer Fehler.


    Das Ziel für den finalen Katalog sind 20-25 Mikrobogensekunden für einen Stern 15. Größe. Wir hoffen natürlich, das am Ende zu erreichen. Da ist noch viel zu tun, aber schon der zweite Gaia-Katalog Ende 2017 wird einen Riesenschritt weiter gehen als der erste. Positionen, Eigenbewegungen und Parallaxen für mehr als 1 Milliarde Sterne.



    Am 14. September um 12:30 Uhr werden die Gaia-Kataloge geöffnet. Am 17. September ist in der Sterne und Weltraum 10/2016 übrigens ein Artikel von Uli Bastian und mir über das erste Datenrelease.


    Viele Infos über das erste Daten-Release (wurde auch schon erwähnt), gibt es auch hier: http://www.cosmos.esa.int/web/gaia/dr1


    Und hier meine Playlist mit interessanten Videos zu Gaia-Mission:

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    Relativ neu sind:

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    (Gaia- Teamwork for a billion stars)
    und
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    (Stellar parallaxes)


    Gerne beantworte ich weitere Fragen, wenn ich mich mal wieder einlogge!


    Viele Grüße
    Stefan
    Astronomisches Rechen-Institut am Zentrum für Astronomie der Uni Heidelberg

  • Hallo Stefan, hallo Tino


    herzlichen Dank für all die Infos direkt aus dem Gaia-Team und herzlichen Glückwunsch zu den ersten in der Pressemitteilung vorgestellten Ergebnissen, bin bei Youtube auf dies Video gestoßen:


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    Eine direkte Frage zu der ersten Ergebnissen, danach liegt der Genauigkeit momentan je nach Helligkeit der Sterne im Bereich 200-700 Mikrobogensekunden, interpretiere ich dies richtig? Wenn ich es richtig verstehe, Gaia wurden Ende 2013 gestartet, wurde diese Messungen über einen recht beträchtlichen Zeitraum (1-2 Jahre?) durchgeführt. Wenn die Genauigkeit im Wesentlichen durch die Photonenstatistik bestimmt wird und die gesamte Projektdauer auf vielleicht 10 Jahre angesetzt ist, wäre eine deutliche Steigerung der Genauigkeit (eine Größenordnung) kaum zu erwarten. Doch dies scheint offensichtlich nicht der Fall zu sein, denn für den finalen Katalog werden ja mehr als 10 mal bessere Werte angepeilt. Was ist die Ursache?


    Schließlich, das optische Konzept der beiden Teleskope, die ja off axis betrieben werden und trotzdem über einen extrem großen Winkelbereich beugungsbegrenzt zu sein scheinen, ist auch sehr interessant und ungewöhnlich, in den Publikation auf der Webseite wird lediglich das Konzept umrissen und auf Artikel in SPIE oder Büchern verwiesen, an die der Laie nicht so ohne weiteres herankommt (oder habe ich etwas übersehen?). Gibt es die entsprechenden Manuskripte auf dem arXiv-Server, oder eine allgemeine Anregung, könnte das Gaia-Team die vielen interessanten Manuskripte dort ablegen?


    Durch das schöne, erste verlinkte Video



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    (Gaia- Teamwork for a billion stars)


    (oder ein ähnliches, das in einem Vortrag gezeigt wurde ) bin ich übrigens auf das sehr interessante Gaia-Projekt aufmerksam geworden.



    Beste Grüße


    Thomas


    p.s. Bin schon auf den Bericht in Sterne und Weltraum gespannt

  • Hallo Thomas,
    nach der einjährigen Messung kann man mit dem Modell noch nicht alle Paramater ausreichend genau bestimmen. So kann man die Eigenbewegung der Sterne noch nicht direkt von der Parallaxe unterscheiden. Dazu werden auch die derzeitigen Gaia-Messungen mit den Messungen von Hipparcos und dem Tycho-Katalog verrechnet, ansonst wäre zum jetzigen Stand eigentlich noch keine Berechnung möglich.
    Das Teleskopdesign ist ein TMA, ein Three-Mirror-Anastigmat. Es werden durch 3 jeweils einzeln optimierte asphärische Spiegel alle Bildfehler für ein riesiges Bildfeld korrigiert. Der Strahlengang ist gefaltet, sodass der Bauraum auch bei der recht langen Brennweite klein ist. Außerdem gibts Vorteile beim Streulicht. Problematisch ist dann natürlich die Herstellung, alles sonderangefertigte Offaxisspiegelsegmente, welche mit speziellen Prüf-CGHs (computergenerierten Hologrammen) gemessen werden müssen.
    Gruß Tino

  • Hallo Tino,


    vielen Dank für die Infos die mir vieles erhellen.


    Nochmal zu dem Teleskopdesign, mit deiner Information, dass es sich um einen Three-Mirror Anastigmat handelt, habe ich nochmal versucht etwas Genaueres über das Teleskop zu ergoogln, doch ohne echtes Ergebnis. Gibt es einen Artikel in dem das optische Konzept ausführlich (auch mit Ray-Tracing?) vorgestellt wird? Off Axis Teleskope wie verschiedene Formen von Schiefspieglern werden ja auch hier im Forum gelegentlich als interesannte Selbstbauprojekte vorgestellt, doch sind dies eher ziemliche Exoten. Ich finde es bemerkenswert, dass ein so komplexer Teleskop-Typ für eine Satelliten-Mission ausgewählt wurde und fände es interessant mehr darüber zu erfahren.


    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Thomas,
    habe das hier auf die schnelle gefunden: https://www.ssl.berkeley.edu/~mlampton/6687-23.pdf
    Man kann auch nach Korsch-Teleskop suchen. Der große Vorteil ist halt das extrem kompakte Design, vielleicht sogar das wichtigste für Weltraummissionen. Für ein 2m-Apertur Teleskop mit f/10, also 20m Brennweite ist die Baulänge nur 3,5m. Das ausreichend korrigierte Bildfeld wäre etwa Apertur/2, hier also 1m. Wenn man das alles Offaxis realisiert, hat man kaum Streulichtprobleme, da man alles durch Baffles blocken kann. Ist halt schwierig herzustellen.
    Gruß Tino

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