Warum im (Hoch-)Gebirge beobachten?

  • Hallo
    seit dieser Woche habe ich nun auch einen 'Wischnewski' und gleich die erste Frage: Hat die Höhe des Beobachtungsstandorts einen Einfluss auf die Himmelsqualität? Wenn ja: welchen und warum?
    Bisher hatte ich immer das Bild 'Tal in Wolken/im Nebel, Berglagen klar' vor Augen, wenn es um diese Frage ging. Nun habe ich im Wischnewski die beiden Formeln zur Extinktion (2.2) und zum Szintillationsrauschen (2.10) gesehen. In 2.2 taucht die Höhe des Beobachtungsstandorts gar nicht auf, wenn ich das richtig sehe, sondern nur die Zenitdistanz eines Sterns. In der dazugehörigen Tabelle 2.2 wird für gelbes Licht im Zenit eine Streuung und Absorption durch Aerosole um 0,03 mag im Hochgebirge und um 0,14 mag bei sehr klarer Luft angegeben. In 2.10 taucht die Höhe H des Beobachtungsstandorts als Exponent von e auf (e hoch -H/8000), so dass der Einfluss nach meinem Verständnis ebenfalls eher gering zu sein scheint.
    Wenn ich diese beiden Gleichungen richtig interpretiere (Geringer Einfluss der Höhe des Beobachtungsstandorts auf die Himmelsqualität) und trotzdem weiter von der Prämisse ausgehe, dass der Himmel im (Hoch-)Gebirge besser ist, stellt sich mir die Frage: Was sind die maßgeblichen Faktoren dafür? Oder ist die Prämisse falsch und im flachen Norden Polens hat man einen ebenso guten Himmel wie auf der Hohen Geba, dem Taubenberg, der Bielerhöhe oder am Hochtor?


    Grüße
    Stefan




    <font color="limegreen">Verschoben von " Allgemeine astronomische Themen" da eher praxisbezogen. Stathis</font id="limegreen">

  • Hallo Stefan,
    so pauschal kann man das leider nicht beantworten. Es gibt auch im Flachland durchaus gute Pläze mit exzelentem Seeing.
    Das prof. Sternwarten gerne auf Bergen stehen hat mehrere Gründe:
    -weniger Wasserdampf in der Atmosphäre über einem (gut für Bepbchtungen im IR)-
    -tendenziell weniger Aerosole und weniger Bewuchs außenrum (Pollen!)
    - tendenziell besseres Seeing (je weniger Luft über einem ist desto weniger machen sich die Störungen in dieser Luft bemerkbar)
    (Es gibt auch Sternwarten bei denen beim der Standortauswahl auf eine möglichst gleichmäßige Luftströmung am Beobachtungsort Wert gelegt wurde)
    - Hoch oben gibts weniger Streulich/ vorhandenes Streulich wird im Besten Fall durch die Wolken UNTER einem abgeschirmt.


    Ich hoffe das hilft ein bisschen beim Verständnis.
    Grüße, Markus

  • Stefan,
    für Hobbyastronomen dürfte ausschlaggebend sein, dass das Hochgebirge nur schwach besiedelt ist und damit die Lichtverschmutzung dort sehr gering ist. Das gilt insb. hier in Mitteleuropa, vermutlich aber auch für die Rocky Mountains in den USA.


    Dass die Luftsäule über einem kleiner ist, dass weniger Wasserdampf die Durchsicht stört etc. sind angenehme Nebenaspekte, die vor allem bei horizontnaher Beobachtung/Fotografie eine umso stärker Rolle spielen. Im Zenit ist der Vorteil für Hobbyastronomen eher gering - so meine Vermutung.


    Beispiel: Milchstraßenband ... in Hochlage wird die bis zum Horizont sichtbar. Auf dem Flachland ist das eher die Ausnahme.

  • Hallo Stefan,


    ich habe das Buch nicht und kann daher deiner Frage nur bedingt folgen.


    Meinst du mit Formel 2.2 diese hier:
    http://www.asterism.org/tutorials/tut28-1.htm
    Die gibt nur die Extinktion in Abhängigkeit der Zenitdistanz wider (Stichwort "Airmass")


    Die Abhängigkeit von der Meereshöhe ist hier gezeigt:
    http://www.icq.eps.harvard.edu/ICQExtinct.html

    Code
    Meereshöhe  Extinktion im Zenit
        0 m        0,28 mag
      500 m        0,24 mag
    1.000 m        0,21 mag
    2.000 m        0,16 mag
    3.000 m        0,13 mag


    Für die Sternwarte auf dem Roque de los Muchachos, La Palma bei 2.400 m Höhe wird für grünes Licht im Zenit laut diesem Link ein Extinktionswert von 0,12 mag angegeben:
    https://www.ing.iac.es/Astrono…al/obs_guide/node293.html


    Demnach ist der Unterschied zwischen Meereshöhe und Hochgebirge im Zenit wirklich nur 0,15 mag? Das erscheint mir auch sehr wenig. In der Praxis wirkt der Unterschied viel stärker. Vielleicht gelten diese Werte nur bei sehr klarer trockener Luft? Wenn ich auf dem Berg stehe und auf die braune Suppe im Tal runtergucke, wundere ich mich, dass man von da unten überhaupt noch Sterne sieht.

  • Hallo,
    nach allem was man liest, dürfte der Unterschied im Zenit tatsächlich minimal sein; aber selbst bei einer Zenitdistanz von 70 Grad sollte der Unterschied im Durchschnitt nur 0,43 mag betragen.
    Ein Erklärungsansatz für die wahrgenommenen Unterschiede dürfte dann wohl in dem grundsätzlich höhenunabhängigen unterschiedlichen Ausmaß des Störlichts liegen. Oder die in den Tabellen verwendeten Mittelwerte für die Extinktion sind für unsere Situation nicht repräsentativ und/oder mit einer grossen räumlichen uns zeitlichen Varianz verbunden, wie es auch in dem einen Link von Stathis http://www.noao.edu/education/gsmt/seeing
    beschrieben wird.
    Oder es liegt auch ein bisschen mit daran, dass Berge den ganz schlechten Teil des Himmels, den in Horizontnähe, einfach'ausblenden'...
    Gruß
    Stefan



    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Stathis</i>
    <br />Hallo Stefan,


    ich habe das Buch nicht und kann daher deiner Frage nur bedingt folgen.


    Meinst du mit Formel 2.2 diese hier:
    http://www.asterism.org/tutorials/tut28-1.htm
    Die gibt nur die Extinktion in Abhängigkeit der Zenitdistanz wider (Stichwort "Airmass")


    Die Abhängigkeit von der Meereshöhe ist hier gezeigt:
    http://www.icq.eps.harvard.edu/ICQExtinct.html

    Code
    Meereshöhe  Extinktion im Zenit
        0 m        0,28 mag
      500 m        0,24 mag
    1.000 m        0,21 mag
    2.000 m        0,16 mag
    3.000 m        0,13 mag


    Für die Sternwarte auf dem Roque de los Muchachos, La Palma bei 2.400 m Höhe wird für grünes Licht im Zenit laut diesem Link ein Extinktionswert von 0,12 mag angegeben:
    https://www.ing.iac.es/Astrono…al/obs_guide/node293.html


    Demnach ist der Unterschied zwischen Meereshöhe und Hochgebirge im Zenit wirklich nur 0,15 mag? Das erscheint mir auch sehr wenig. In der Praxis wirkt der Unterschied viel stärker. Vielleicht gelten diese Werte nur bei sehr klarer trockener Luft? Wenn ich auf dem Berg stehe und auf die braune Suppe im Tal runtergucke, wundere ich mich, dass man von da unten überhaupt noch Sterne sieht.



    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">

  • Hallo Stefan, hallo Kalle,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wasserdampf die Durchsicht stört etc. sind angenehme Nebenaspekte<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Die feuchte Luft ist zumindest hierzulande das Hauptübel.


    Zur Illustration einmal zwei Fotos. Auf dem Ersten ist schön ersichtlich wie sich die Lichtverschmutzung auf den Wasserdampf auswirkt. Das verrückte ist nun, wenn du selbst in der braunen Suppe sitzt und noch oben schaust, denkst du was für ein geiler Himmel. Erst auf einer Langzeitaufnahme bleibt der Hintergrund nicht schön schwarz.


    Das zweite Foto ist vom selben Ort entstanden wie das vorherige, also doch eine ordentliche Portion Lichtverschmutzung. Dank der trockenen Luft aber nicht so gravierend. Bilddaten: Fotoobjektiv 135/f2.0, Belichtungszeit 4sek. iso6400, etwas verkleinert und zugeschnitten, ansonsten keine Kalibrierung oder Bildbearbeitung.


    Bei mir machen die gegenüber dem 800 Höhenmeter tieferen Tal etwa 1mag aus. Fahre ich hingegen nochmals 1000m ins Hochgebirge ist der Zugewinn nochmals etwa 0.5mag (Dort herrscht dann wirklich deutlich weniger Lichtverschmutzung)




    Gruss
    Jürg

  • Hallo Zusammen,


    grau ist alle Theorie. Man kann eine schöne Höhenformel entwickeln, ohne z.B. die Höhe der Wolken zu berücksichtigen etc.


    Die Erfahrung zeigt, dass bei anständigem Wetter ein Ausflug ins Hochgebirge immer lohnt.


    Da kann ich nur das Motto des Users Holger = "Cleo" zitieren:
    "Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie."


    Gruß & CS Franjo

  • Hallo,
    die Erfahrung habe ich ja auch.
    Allerdings könnte da auch der Selektionseffekt eine Rolle spielen: wenn ich bei richtig gutem Wetter häufiger in die Berge fahre (es soll sich ja auch lohnen) , kann natürlich der Eindruck entstehen, dort seien die Bedingungen prinzipiell besser als zuhause im - stärker ausgeleuchteten - Flachland, in dem ich aber -aufgrund des geringeren Aufwandes - häufiger beobachte.
    Gruß von einem, dessen Beobachtugsplatz meist nicht höher als 50m ist....


    Stefan




    auch ve<blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: FrG</i>
    <br />Hallo Zusammen,


    grau ist alle Theorie. Man kann eine schöne Höhenformel entwickeln, ohne z.B. die Höhe der Wolken zu berücksichtigen etc.


    Die Erfahrung zeigt, dass bei anständigem Wetter ein Ausflug ins Hochgebirge immer lohnt.


    Da kann ich nur das Motto des Users Holger = "Cleo" zitieren:
    "Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie."


    Gruß & CS Franjo



    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">

  • Hallo,
    aus der Praxis: Domizil auf 125mm ggü. Oberharz auf 821m = Reichweitengewinn +1mag (Fernglasbeob.). Oder noch besser: in einem Bino 15x50 +1,5mag Gewinn auf La Palma auf 700 m Höhe.


    Gruß Guenther

  • Stathis -
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Demnach ist der Unterschied zwischen Meereshöhe und Hochgebirge im Zenit wirklich nur 0,15 mag? Das erscheint mir auch sehr wenig. In der Praxis wirkt der Unterschied viel stärker. Vielleicht gelten diese Werte nur bei sehr klarer trockener Luft? Wenn ich auf dem Berg stehe und auf die braune Suppe im Tal runtergucke, wundere ich mich, dass man von da unten überhaupt noch Sterne sieht.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das berückssichtigt nicht die Aufhellung des Himmels (also Streulicht) durch künstliche Lichtquellen. Für die Sichtbarkeit von schwachen Sternen ist ja nicht nur deren ankommendes Licht entscheidend, sondern in größerem Maße der Kontrast. Das kann man recht eindrucksvoll auf dem Meer beobachten, wo bei Beobachtungshöhe = Meereshöhe trotzdem noch recht große Reichweiten erzielt werden. Selbst dann, wenn es noch ein wenig diesig ist. Die Formel berücksichtigt auch nicht den Einfluss von Wasserdampf, der schon bei geringen Mengen für eine Reduzierung des Kontrastes sorgt, insbesondere natürlich dort, wo Streulichquellen vorhanden sind. Und die Streuung ist natürlich in geringerer Höhe deutlich stärker.


    Gruß


    ullrich

  • Hallo, Jürgen und Ullrich,
    Eure Aussagen bzw Bilder haben das gut illustriert: es geht tatsächlich um die Lichtverschmutzung, die sich grob ergibt als Produkt aus abgestrahlter Lichtmenge und der Dreckmenge (Aerosole...) in der Luft. Diese wird in der Formel nicht explizit abgebildet. Allerdings dient die Formel streng genommen ja wohl auch nur zur Berechnung der Extinktion des Sternlichts und nicht zur Berechnung der Kontrastverhältnisse am Himmel. Der Wasserdampfgehalt der Luft wird also wahrscheinlich nur insoweit relevant, als er das Sternlicht selbst reduziert.
    Grüsse von der Berliner Fahrradsternfahrt


    Stefan

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