Hallo Freunde der dünnen Luft,
mittlerweile schießen die Vakuumkammern wie Pilze aus der Erde.
Bei Kurt gibt es kaum noch warme Malzeiten, weil sämtliche Töpfe bis 12" anderweitig verplant wurden[;)]
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=182636
Alles genial einfach gebaut, kein Teil zu wenig - aber auch keines zu viel.
Wie bei Mozart, da kann man auch keine Note weglassen.
Armin hat eine sehr dekorative Glaskuppel für seine 16" Anlage verwendet:
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=192640
Bemerkenswert ist, dass hier sehr verschiedene Pumpen-Konzepte zum Einsatz kommen.
Drehschieber, trocken oder mit Öl, Membran-, Öldiffusions- und Turbopumpe. Alles da, was der Gebrauchtmarkt so zu bieten hat.
Neugierig wie ich bin, habe ich gleich mal in meinem Bastelkeller nachgeschaut, ob da nicht auch was neues "wächst", und war doch einigermaßen erstaunt. Seht selbst:
Hört auf den Namen VV2 - Vakuum-Versuchsfeld II, Codename "Nemo".
Noch ist nicht alles so wie es sein sollte, doch das ist ja der Sinn eines Versuchsfeldes.
Wichtig war mir, dass alles modular aufgebaut wird und die Baugruppen universell verwendet werden können.
Die Glocke hat etwas über D=300mm, es passen Spiegel bis exakt 300mm hinein. Mit etwas Drücken und Schieben vielleicht auch 301mm.
Material ist V2A in 3mm Stärke, es sind Reste einer echten Vakuumanlage mit DN250 und DN300 Normflanschen, welche ich per WIG Brenner in eine sinnvolle Form gebracht habe. Das Fenster ist 19mm Fensterglas - was sonst.[;)]
Universell einsetzbar heisst, alles großzügig zu dimensionieren.
Das geht mit der Pumpe los und war eine harte Nuss...
... denn solche Meisterwerke deutscher Ingenieurskunst verlassen die Produktionshallen und Forschungsinstitute nicht freiwillig, sondern erst nachdem irgendetwas klappert, rasselt oder anderweitig das zeitliche gesegnet hat.
Wie hier in diesem Fall die Dichtung zwischen Motor und Pumpenblock.
Jetzt schnurrt sie wieder wie ein Uhrwerk, oder besser wie ein oller 4-Zylinder.
Denn das Teil ist tatsächlich eine dreistufige Kolbenpumpe mit vier Zylindern, komplett ölfrei/trockenlaufend und mit beindruckenden Daten:
Saugvermögen: 40 m^3/h oder 11 l/s
Enddruck: 4x10^-2 mBar
Für die paar Liter Luft in der Kammer ist das nicht nötig, aber die Pumpe bekommt später etwas im Kubikmeterbereich zum Fraß vorgeworfen. So der Plan.
Weiter geht's mit der Grundplatte (Alu 24mm) und den Stromdurchführungen:
Dicke unten: 19mm
Dicke oben: 40mm
Material: Alu 6060
Messingschraube für die Kabelklemmung
Klemmplatten und Schrauben aus Wolfram für den Heizdraht.
Teflon + Tesa für die Isolation zur Grundplatte.
Die Besonderheit ist hier die Dichtung von oben.
Damit hat man im Inneren der Anlage ordentlich Dicke zur Verfügung.
Im Gegenzug braucht es eine gewisse Vorspannung von der Unterseite, weil der Luftdruck in die "falsche" Richtung wirkt.
Die Ansicht von oben zeigt noch eine Stromdurchführung in der Mitte, zwei Pole sind für die Glimmeinrichtung vorgesehen, der Rest steht zur freien Verfügung.
Die Stromversorgung für den Heizdraht übernimmt dieser Trafo (250v ---> 3V) mit "flexibler" Sekundärwicklung, hier exakt eine Windung, zusammen mit einem Stelltrafo (240V ---> 0-250V, die Kiste rechts auf Bild 1)
Zur Strommessung dient der braune Kasten links im Bild. Das ist ein Stromwandler 1:500, das heisst der Anzeige 400mA entsprechen 200A.
Im Moment reichen die 50mm^2 Querschnitt dieser gelb-grünen Leitung aus. Die Farbwahl ist reiner Zufall[;)]
Vor dem ersten Probelauf galt es noch ein kleines Leck zu finden.
Und wie es Murphy so will, war die lange Naht auf 1m Länge auf Anhieb dicht, dafür hatte ein kurzer Flansch ein winziges Loch.
Man findet solche Stellen mit Aceton und einem Wattetupfer, das Pirani Messgerät schlägt dann mehr oder weniger weit aus.
Für Gummidichtungen ist dieses Verfahren nur im Notfall zu empfehlen, für Schweissnähte ist es dagegen super.
In diesem Fall konnte ich das Leck auf +/- 1cm lokalisieren!
So, jetzt aber Feuer frei für die erste Bedampfung!
Gleich mal was dickes auflegen, 2,4mm Wolframdraht (halbe WIG Elektrode) und reichlich Aludraht.
Normalerweis kommt der Spiegel kopfüber, hängend in die Kammer.
Aber zum Test bietet es sich an, die Glasplatte einfach zwischen Verdampfer und Sichtfenster zu stellen.
Braucht man hinterher weniger putzen.
Die nächsten Bilder enstanden innerhalb weniger Sekunden...
... wobei zwischem dem letzten und dem vorletztem Bild exakt 13s liegen.
Das Ampermeter zeigte 200A.
Das Alu war etwas reichlich, ein Tropfen löste sich, aber dazu ist es ja da, das VV2 "Nemo"[;)]
Der erste Spiegel:
So, das war's erstmal aus dem Bastelkeller.
Zum Aufbau der Anlage und den vielen Ventilen schreibe ich später, auch zu Risiken und Nebenwirkungen von Fehlbedienungen.[xx(]
Um es vorweg zu nehmen: dieser klassische Setup mit Gate-Valve zwischen Pumpe und Kammer ist nur eine zeitsparende Maßnahme, denn die Difussionspumpe kann zwischen den Versuchen heiss bleiben.
Gerade richtig für ein Versuchsfeld - ansonsten entbehrlich und reiner Luxus.
Viele Grüße
Kai