Einsatzzweck Planar 0,7 / 50mm

  • Hallo!


    Kürzlich beschäftigte mich das hoch lichtstarke Planar 0,7 / 50mm wieder.


    Es wurde, so steht immer wieder zu lesen, in den 1960er Jahren im Auftrag der NASA für das Apollo-Programm entwickelt.
    Als Anwendungsgebiet wird "die Fotografie der dunklen Seite des Mondes" genannt, oder "die Fotografie der Mondrückseite".


    Nun ist die uns abgewandte Seite des Mondes auch nicht heller oder dunkler als die uns zugewandte Seite, und wahrscheinlich war auch nicht die Fotografie des Erdlichts Zweck der Übung.


    Trotz einiger Recherche konnte ich kein einziges Foto des Mondes, oder einen Forschungsbericht finden, bei dem dieses Objektiv zur Anwendung gekommen wäre.


    Weiß jemand von Euch, wofür diese Optik bei der NASA konkret verwendet wurde?


    Vielen Dank für jede Information!



    Gruß,


    Guntram

  • Ich denke zur Astrometrie von Satelliten. Damit sind sehr kurze Belichtungszeiten möglich. Man könnte damit auch prima jeden Tag einen ziemlich gut durchbelichteten Scan vom Himmel erstellen.

  • hallo Guntram


    Ich erinnere mich an einen Beitrag in Sterne une Weltraum - ich glaub so 1973 über den Flug von Apollo 15.
    Damals hat der im Mondorbit zurückgebliebene Astronaut Bilder von der Nachtseite des Mondes gemacht, hauptsächlich die Sonnenkorona und das Zodiakallicht waren drauf.
    Damals wurde auch bemerkt, daß die Teile des Mondes, die gleichzeitig von der Erde und der Sonne abgewandt waren die dunkelste Ecke war, die der Mensch je erreicht hat.
    Ich selber hab leider diese Nummer nicht mehr. Vielleicht ist in den Apollo Galleries etwas davon zu finden.


    dunkle Grüße
    Felix

  • Hallo,


    Stanley Kubrick hat dieses Objektiv verwendet, um 1975 "Barry Lyndon" zu drehen.


    Dadurch wurden Bilder möglich die "kein einziges Auge auf der Welt jemals zuvor gesehen hat" (Time Magazine)


    Siehe hier:


    https://en.wikipedia.org/wiki/Carl_Zeiss_Planar_50mm_f/0.7


    http://img.timeinc.net/time/ma…s/1975/1101751215_400.jpg



    Eines dieser Objektive ist übrigens inzwischen in Deutschland gelandet, und kann gemietet werden.


    Man vermutet übrigens, aus der AA kommend, das Objektiv müsste eigentlich Riesenlinsen haben.
    Diese Annahme ist erstaunlicherweise völlig falsch.
    Das Objektiv kommt komplett unscheinbar daher.


    http://www.computerbild.de/art…7-Carl-Zeiss-8608735.html


    Ich habe mal irgendwo gelesen, dass f 0.7 die Grenze des technisch möglichen darstellt.
    Ich meine mich zu erinnern, dass das an dem Öffnungswinkel der Strahlen liegt, der nicht mehr weiter zu steigern ist.


    Mfg
    Larry


    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------


    Mit ihr ist zu arbeiten ist einfach. Man braucht kein Drehbuch und keine Regieanweisungen. Es reicht aus, dass ihr Gesicht auf der Leinwand erscheint.
    -Francois Truffaut

  • Ich habe noch etwas dazu gefunden, wie das Objektiv aufgebaut ist.


    Die endgültige Lichtstärke entsteht durch einen nachgeschalteten Focal-Reducer.


    Ich interpretiere dies so, dass ein "direktes" Öffnungsverhältnis von f 0.7 technisch nicht möglich ist.


    http://web.archive.org/web/200…-lens-zeiss-50mm-f07.html


    (Der Link funktioniert nicht in einem Zug. Erst mit dem linken Teil die Wayback Maschine aufrufen, dann den Müll aus der Eingabezeile löschen und dann den rechten Teil des Links in die Wayback-Eingabezeile kopieren. Dann auf "Latest" klicken.)




    Es hat fast 100 Jahre gebraucht, dieses Objektiv zu entwickeln.


    Falls nicht asphährische Linsen bisher noch verschlossene Türen öffnen sollten,
    wird es wohl für alle Zeiten bei diesen 10 Unikaten bleiben.


    Mfg
    Larry

  • Hi Larry, Gert,
    warum sollte es nicht lichtstärker gehen als 0,7 oder 0,5? Mit dem Design einer Schmidt-Kamera geht natürlich nicht mehr als 0,5, denn da liegt der Brennpunkt in einer Ebene mit der Öffnung. Für noch mehr Lichtstärke müsste man dann nochmal eine Optik mit einem Gesichtsfeld von mehr als 180° dort haben - ...andererseits wenn man im Brennpunkt den Film in einen Diarahmen spannt, dann kann der ja von beiden Seiten belichtet werden.
    Bei einer Linsenoptik geht es immer um ein Design mit mehr als einer Linse - ob man da jetzt den Reducer als zum Objektivgehörig bezeichnet oder nicht ist da eher ein technisches Detail, das ggf. für die Konstrukteure wichtig ist aber nicht für die Berechnung der Brennweite.
    DS, Holger

  • Hallo Holger,


    ich glaube -ich bin mir aber nicht sicher- dass es mit dem Öffnungswinkel der einfallenden oder durchgehenden Strahlenkegel zusammenhängt.


    Ab einer bestimmten Schiefe tritt keine Brechung an der Linse mehr auf, sondern Totalreflexion. Das Licht verlässt dann nicht mehr die Linse.


    Klar ist jedenfalls, dass die Beherrschung der Aberrationen bei grossen Öffnungsvehältnissen zunehmend schwierig wird.


    Die erhöhten Ansprüche in Bezug auf die Qualität der Okulare bei kurzbrennweitigen Dobsons ist ja allgemein bekannt.


    Und das hängt nun mit Sicherheit mit dem Öffnungswinkel des Strahlenkegels zusammen.


    MfG
    Larry

  • > Bei einer Linsenoptik geht es immer um ein Design mit mehr als einer Linse - ob man da jetzt den Reducer als zum Objektivgehörig bezeichnet oder nicht ist da eher ein technisches Detail, das ggf. für die Konstrukteure wichtig ist aber nicht für die Berechnung der Brennweite <



    Holger, ich meine folgendes:


    Ein "direktes" f/6.3 Schmidt Cassegrain ist technisch eine Optik mit von vorneherein völlig anderen Ansprüchen, als ein f/10 Schmidt Cassegrain mit 6.3 Focal Reducer.


    Das ist keineswegs ein technisches Detail, sondern ein anderes Teleskop; und entscheidet in der Praxis über Baubarkeit oder nicht.


    Meade hat es versucht, und ist gescheitert.



    MfG
    Larry

  • Larry,
    kein Widerspruch...dass das ein technisch möglicherweise derzeit unlösbares Problem ist, ein prinzipielles ist es IMHO nur im Rahmen eines bestimmten Designs, Du erwähnst ja schon, das Beispiel mit dem SC...oder die Schmidt-Kamera mit F/0,5.
    Totalreflexion bei Glas (welches?) tritt bei 41° auf - das entspräche einem Öffnungskegel mit f/0.57, wenn es sich um eine konvex-plane-Linse handelte, wäre da tatsächlich die Grenze. Bei Glas mit einem derzeit wohl minimalen Brechungsindex von 1,45 wäre der Winkel 43,6° und das dazu entsprechende Öffnungsverhältnis f/0.52.
    Ein komplexeres Design, die Kombination mit Reducern/Extendern usw. oder andere Materialien erlaubt sicher, diese Grenze zu überwinden - so wie man es ja auch geschafft hat, Objektive mit mehr als 180° Gesichtsfeld zu konstruieren...
    DS, Holger

  • Hallo allerseits,


    Es gab ja nicht nur in der Raumfahrt (und vermutlich beim Militär?) Bedarf an solchen Objektiven.
    Der erste "Available-Light-Hype" in der Fotografie kam wohl mit der Einführung der Leica-Kleinbildkameras in den 1920er Jahren. Endlich konnte man "aus der Hüfte" ohne Blitzlichtpulver auch bei schlechten Lichtverhältnissen fotografieren. Ich glaube, damals war die größtmögliche Blende f/1,5.


    Ich frage mich, wie groß bei dem Zeiss-Objektiv das nutzbare Bildfeld und er Abstand der hinteren Linse von der Bildebene sind.
    Ich bin mir sicher, das Objektiv kann auf keinen Fall an einer SLR-Kamera mit Klappspiegel verwendet werden. Vielleicht genügt das Bildfeld auch nur für 16mm Film.


    Wir haben in der Firma noch ein altes Fujinon TV 50mm f/0,7 rumliegen. Das Teil hat C-Mount, und die hintere Linse ragt 14mm in den C-Mount Anschluß rein. Da bleiben nur gut 3,5mm bis zur Bildebene. Wie es aussieht, dürfte der Aufbau ähnlich dem des Zeiss-Objektivs sein. Leider habe ich diesen Thread erst heute gesehen, sonst hätte ich euch am Wochenende eine Röntgenaufnahme davon präsentieren können.


    Das Objektiv wurde früher an 1" Röhrenkameras verwendet, die ja ein ähnliches Bildfeld haben wie der 16mm Film.


    Ich glaube, wir haben heute keine einzige Kamera, an die dieses Objektiv noch passt. Und selbst wenn, das "TV" im Namen gibt einen Anhaltspunkt für die erzielbare Auflösung. Pixelgrößen unter 25µm dürften an diesem Glasklotz nicht viel Sinn machen. Also gerade mal Standard-VGA-Auflösung über das volle Bildfeld.
    Das Schneider 25mm f/0,95 kenne ich viel besser, das gibts sogar noch neu zu kaufen. Auch diese Linse ist für C-Mount, und bei voller Öffnung hat es ziemliche Bildfeldwölbung und reduzierten Kontrast, außerdem merkliche Verzeichnung.
    Mein Eindruck ist, dass seit Einführung des computeroptimierten Optikdesigns niemand mehr ernsthaft versucht hat, so lichtstarke Optiken zu entwickeln. Alle existierenden Designs scheinen weit älter als 30 Jahre zu sein.


    Gruß,
    Martin

  • Hallo Martin,



    > Vielleicht genügt das Bildfeld auch nur für 16mm Film.



    Völlig Unmöglich.


    Barry Lyndon ist mindestens in 35 mm gedreht.


    16mm auf der Kinoleinwand geht nicht wegen der Vergrösserung, das siehst Du.


    Die nächste Etage wären dann 60mm.


    Mfg
    Larry

  • > Ich frage mich, wie groß bei dem Zeiss-Objektiv das nutzbare Bildfeld und er Abstand der hinteren Linse von der Bildebene sind. <



    Hallo Martin,


    Ich habe es gefunden.


    1) Der Bildkreis ist 27 mm.


    Siehe hier:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Planar_(Objektiv)


    (Auf der Wiki Seite "Objektiv" anklicken)



    Das ist weit über 16mm Filmformat ( =12,7mm Diagonale)


    und ganz knapp bei Standard 35mm Filmformat (Academy Format):


    22mm x 16mm Framegrösse(1:1.3); ich errechne damit eine Diagonale von 27,2mm


    Klar ist, dass Kubrick das Objektiv an eine 35mm Kamera anbauen liess, denn das steht da.


    Er hat dann einen 35mm Weitwinkelvorsatz an das Objektiv angebracht.


    Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob das die Grösse des Bildkreises verändert.




    2) Der Abstand der Hinterlinse von der Filmebene beträgt 4mm.


    Siehe hier:


    http://www.visual-memory.co.uk/sk/ac/len/page1.htm


    Wenn man liest, was Kubrick sich da bauen liess, bleibt einem fast der Atem weg.



    Mfg
    Larry

  • Hallo alle zusammen.


    Neulich ist mir so ein Gedanke gekommen. Es gibt ja mittlerweile diese Metabones Speedbooster zu kaufen, zum Beispiel für 35mm KB auf MicroFourThirds.
    Wenn ich mir da den Speed Booster XL 0.64x kaufe und ein 50mm F/1.2 dranhänge, dann bekomme ich ein 32mm F/0.8 an MFT.
    Das hat ja schon fast die Lichtstärke des Zeiss Objektives [:D].


    Hat sowas jemand sowas schonmal probiert? Das wäre sicherlich lecker für Videos...
    Eine Olympus E-M10 habe ich rumliegen, aber der Adapter + Objektiv sind schon ganz schön teuer. Das würde ich erst ins Auge fassen, wenn ich weiß das es sich lohnt.


    Grüße

  • Hallo Felix (bachmaier)!


    Vielen Dank für deine Anregung. Die Sonnenkorona und Aufhellungen durch Staub in der lunaren Morgendämmerungen sind denkbare Anwendungen für ein extrem lichtstarkes Objektiv. Dabei würde eine nicht ganz rasiermesserscharfe Bildwiedergabe nicht stören.
    Denkbar wäre auch, dass das Objektiv an eine empfindliche Röhrenkamera angeschlossen wurde. Für die TV-Kameras der Ranger-Sonden verwendete die NASA unter anderem ein f/0,95 Objekiv. Vielleicht wurde es zur Abbildung von Spektren verwendet.


    Jedenfalls hat sich bisher kein eindeutiger Einsatzzweck ergeben.




    Gruß,


    Guntram

  • Hi,


    wie Martin schon erwähnt hat- so ungewöhnlich sind so schnelle Objekte eigentlich nicht. Lediglich im Konsumerbereich kaum bekannt.


    Ich habe ein Objektiv von Rodenstock in meinen Beständen, TV-Helicon, 42mm mit f/0,75. Stammt wie das von Martin erwähnte Fujinon auch aus dem Bereich Röntgengeräte. Diente als Optik, um das Abbild am Ausgang des Bildverstärker mit einer Röhrenkamera aufzunehmen.


    Heute sind solche Optiken wohl obsolet- im Bereich Röntgen gibt es inzwischen hoch auflösende und empfindliche digitale Bildempfänger (vom Prinzip große CCD-Kameras mit bis zu 30x40<b>cm </b>Sensorfläche) und im Fotobereich arbeitet auch niemand mehr mit Filmen. Früher waren 50 oder 100 ASA (=ISO) der gängige Wert, für meinen Keniaurlaub nutzte ich Filme mit 400 ASA (die waren aber schon grobkörniger).


    Heute dreht der Nutzer halt mal an der Einstellung und schraubt die ISO-Werte schnell mal auf 1600 hoch- früher steckte der Film fix drin- Einstellung ändern ging halt nicht. Auch Blitzgeräte sind inzwischen besser, früher war man mit Leitzahl 15 schon gut bedient, heute kriegt man einen noch bezahlbaren Blitz auch mit Leitzahl 60 und mehr.


    Habe heute mal kurz gebastelt. Eine kleine CMOS-Kamera von IDS an das Objekt angebaut. Da das eigentliche Objektiv noch in einem runden, hinten teilweise geschlossenem Gehäuse steckt, ging das recht einfach. 4 Aluwinkel mit Heißkleber an der Kamera befestigt und diese dann hinten auf der Fläche aufgeklebt. Dadurch kann ich das Objekt über das verbindende Feingewinde fokusieren. Der Kamerachip (bzw. der davor sitzende Filter) hat einen Abstand von ca. 0,5mm von der kameraseitigen Linse, also viel Luft ist nicht mehr für die Einstellung unendlich, jetzt am Tag mal probiert hab ich auf ca. 80m entfernt eine scharfe Abbildung. Sollte es nicht ausreichen muss ich den vor dem Chip sitzenden Filter entfernen, dann hätte ich ca. 1,5mm mehr Weg nach innen.


    Daten des Objektivs nochmals- 56/42- also f/0,75 [8D]




    So, noch ein wenig gespielt- ein Bild am späten Nachmittag augenommen- Belichtungszeit ca. 1ms



    Und annähernd gleicher Ausschnitt vorhin gegen 22:25. Per freiem Auge fast stockdunkel, Hausdach noch gegen den etwas helleren Himmel erkennbar, aber sonst keine Details (bis auf mein altes Treibhaus im Vordergrund, da fällt etwas Licht einer Straßenlampe durch die Büsche hindurch drauf)- Belichtungszeit hier knapp über 700ms, Gain und Verstärkung etwas hochgezogen



    Gruß
    Stefan

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!