Hallo zusammen,
nachdem ich seit kurzem stolzer Besitzer eines 16" Gitterrohrdobson aus dem Hause Christian Busch/Spacewalk Telescopes bin, hier einmal ein lange überfälliger Bericht vom First Light - das, ganz dem berühmten Fluch entsprechend, 16 Wochen auf sich warten ließ ...
Im Technikforum habe ich auch ein kleines Review zum Teleskop an sich geschrieben.
Nun aber:
<u>First Light</u>
<b>19./20.2.2015</b>
22:30 - 3:00 Uhr
Parkplatz Hohloh, Nordschwarzwald, 950 m ü. NHN
Temperatur: -1°C
Transparenz im Zenit gut, am Horizont sehr dunstig
GG in UMi 6,0 mag, Bortle 4-5
Seeing schlecht, Pickering 3, Antoniadi IV
<b>16" Spacewalk Telescopes Infinity Dobson</b> (400/1800, f/4,5)
31 mm Nagler
20 mm Williams SWA
16 mm TS Edge-On FF
12 mm TS Edge-On FF
10 mm Ethos
7 mm Celestron X-CEL
5 mm Celestron X-CEL
Astronomik UHC + [OIII]-Filter
Der Aufbau des Dobs ging auch im Halbdunkel zügig. Danach noch kurz ein paar Trockenübungen: Ja, auch hier dreht und neigt sich alles noch genauso feinfühlig wie zuhause. Klasse.
Für die ersten Photonen (nach der Justage und dem Einrichten des Telrads) auf dem neuen Spiegel wollte ich nicht gleich nach Herausforderungen suchen, sondern ein paar schöne Standardobjekte genießen und die Unterschiede zum bisherigen 8-Zöller sehen.
Also erst einmal das Übersichtsoku rein und ... oh Schreck, für meine kurzsichtigen Augen liegt der Fokus knapp einen Millimeter zu weit innen. Das Problem habe ich später durch Hochsetzen des Hauptspiegels gelöst, aber für dieses Mal dann eben mit Brille. Geht beim Nagler ja ganz gut.
23:00 Uhr
Erstes Ziel, weil er gerade so schön hoch stand: <b>M 42/43</b>, Orionnebel. Er füllte selbst bei "Übersichtsvergrößerung", die bei 16" und f/4,5 mit 31 mm gerade mal knapp 1,5° GF hergibt, fast das Okular. Unbeschreibliche Detailfülle in den Nebelfilamenten, hätte ich das zeichnen wollen, hätte es mehrere Stunden gebraucht.
Bei 180 x dann ein Eintauchen in die Zentralregion, das Trapez natürlich klar getrennt, auch wenn sich hier das sehr schlechte Seeing bemerkbar machte, die Strukturen wieder unbeschreiblich. Dass der UHC-Filter den Eindruck noch überwältigender machte, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Wahrhaft würdige erste Photonen und ein sehr deutlicher Abstand zu allen Beobachtungen im alten 8"-Skywatcher.
Der Dobson macht eine gute Figur, das Nachschubsen geht ganz intuitiv, es ist sogar noch viel schneller und praktischer als mit der motorisierten parallaktischen Montierung. [8D]
23:30 Uhr
Ein Blick zu <b>h + chi Per</b>. Was früher als kompakter Doppelsternhaufen sofort auffiel, zeigt sich hier schon bei der Übersichtsvergrößerung 58 x plötzlich ziemlich locker und gar nicht mehr so eindrücklich. Tatsächlich ist die Grenzgröße des 16-Zöllers offensichtlich so hoch, dass h + #967; beinahe in einem Sternenmeer ertrinken.
23:40 Uhr
Gleicher Eindruck bei <b>M 35</b>: Ein großer, lockerer Verbund, der sich aber nicht mehr so richtig vom Hintergrund abheben kann. Dagegen wunderschön der silbrig glitzernde Sternenstaub des unmittelbar südwestlich gelegenen OC <b>NGC 2158</b>.
23:50 Uhr
Nun sollten auch einmal ein paar Galaxien aufs Programm. Also hinüber in den Löwen und das <b>Leo-Triplett</b> eingestellt. Bei 58 x standen alle drei Gx wunderbar im Gesichtsfeld, bei <b>M 66</b> ließen sich schon direkt Strukturen im Halo ausmachen, <b>M 65</b> zeigte indirekt auch eine Verdunklung darin. <b>NGC 3628</b> ein schönes, zartes Band den beiden gegenüber. Alles viel einfacher sichtbar als im Achtzöller, aber ich hatte den Eindruck, bei noch besserer Transparenz und dunklerem Himmel ginge da viel mehr. Habe mir das höhere Vergrößern auch vorerst verkniffen, es dafür aber ...
0:15 Uhr
... woanders ausprobiert. Wenn das Triplett schon so hübsch ist, kann man ja auch einmal <b>M 51</b>, die "Whirlpool"-Galaxie, versuchen.
Und schau an, unübersehbar springt sie einem bereits bei 58 x entgegen. Bei 150 x ist sie ein echter Genuss: die Spiralarme sind einfach und deutlich direkt zu sehen, der Übergang zum "Anhängsel" <b>NGC 5195</b> ist fein gezeichnet. Wunderbar.
Mir fällt auf: Ich mag das langsame Wandern von Objekten durchs Okular, besonders, wenn man das Blickfeld so einstellt, dass sie langsam am Rand erscheinen und dann gemächlich hindurchziehen.
Es erinnert mich immer wieder daran, dass wir ständig in Bewegung sind, darum alles unaufhaltsam an uns vorüberzieht.
Und wem es gefällt, der darf das auch gerne als Metapher für das Leben deuten. [;)]
0:45 Uhr
Schweren Herzens von der Galaxie getrennt und <b>Jupiter</b> aufgesucht. Zwischen 0:48 und 0:54 Uhr sollte hier Ganymed Io bedecken und kurz darauf verfinstern. Das geriet aber zur herben Enttäuschung. Bei 257 x waren die beiden Trabanten nur noch unregelmäßige Blobs, auch bei 180 x nicht viel besser. Das Seeing schien heute nicht recht zu wollen, und so wurde die Bedeckung ein Ineinanderschmelzen kleiner, unförmiger Klopse. Schade!
1:00 Uhr
Beobachtungspause und erstmal Kekse und nen heißen Tee auf unsern Juppi.
1:20 Uhr
Und weiter: nach GN, OC und Gx fehlt eindeutig noch ein GC.
Also ein weiteres Paradeobjekt aufs Korn genommen: <b>M 13</b>. Dieser Anblick entschädigte dann in der ersten Sekunde für die Bedeckungsfrustration. Schon mit 8 Zoll habe ich ihn mir immer gerne angeschaut und mich darüber gefreut, wieviel sich auflösen ließ.
Mit dem neuen Dob aber schien einen die Sternenflut, die da aus dem Okular sprühte, förmlich zu überrollen. Schamlos vergrößerte ich auf 360 x, und was damals immer ein recht dunkles, leicht matschiges Bild ergab, tat dem Herkuleshaufen hier keinen Schaden: bis knapp ins Zentrum in hunderte und aberhunderte Punkte aufgelöst bot er einen mächtigen, okularfüllenden Anblick. Hier stand ich lange und sah vermutlich mit offenem Mund ziemlich blöde aus, bis mir dann einfiel, dass das Hineinatmen in den Tubus das Seeing auch nicht unbedingt verbessern würde ...
2:00 Uhr
Enthusiasmiert von diesem Erfolg also gleich den Abstecher zum GC <b>M 92</b>, sozusagen um die Ecke. Dieser "kleine Bruder" von M 13 fiel bei mir nach der Beobachtung von ersterem unfairerweise immer in die Kategorie "auch ganz nett". Heute allerdings nicht - mit dieser Öffnung konnte er bei 257 x ebenfalls seinen großen Reichtum und seine deutlich andere, viel gedrängtere Physiognomie eindrücklich zeigen.
2:30 Uhr
Eine Objektklasse fehlte noch (PN) und auch hier sollte es das Paradeobjekt sein: <b>M 57</b>, der Ringnebel. Wieder erwies sich 257 x als die beste Vergrößerung, darüber hinaus setzte das Seeing Grenzen. Der schöne Nebel wirkte plötzlich viel weniger kompakt als im Achtzöller, eher als faseriger Rauchring, den man scheinbar beim langsamem Verwehen zusehen konnte. Seltsamerweise gefiel er mir ohne Filter eigentlich immer schon besser als mit, heute besonders, wie er Mal um Mal träge durchs Okular glitt und der Dobson jedesmal gutmütig mit einem sanften Schubs dazu bewegt werden konnte, ihn wieder einzufangen. Verwegen spähte ich nach dem Zentralstern, aber der wollte sich unter diesen Bedingungen nicht entdecken lassen.
3:00 Uhr
<b>Saturn</b> war schon deutlich über den Horizont gestiegen, aber ein Schwenk zu ihm hin offenbarte, dass er dessen Dunst noch nicht entkommen war. Mehr als ein matschiger Fleck mit Ohren und riesigem Halo war dort heute nicht zu holen.
3:10 Uhr
Als letztes Objekt suche ich immer meinen Lieblingsstern auf, sofern man ihn denn sehen kann. (Um welchen es sich handelt, ist nicht schwer zu erraten, denke ich. [:D] )
Wie gewohnt funkelte er mir freundlich blau-golden entgegen. Ja, alter Junge, zumindest auf dich ist Verlass. [:)]
3:20 Uhr
Abbauen, rein ins Auto und auf den Heimweg. Kein Radio dieses Mal, nur die leise dahinziehende Straße und im Kopf die schönen Bilder der letzten Stunden.
Ein beeindruckendes First Light.
Viele Grüße und hoffentlich endlich wieder mehr CS
Tobi