Hallo Leute,
vor einiger Zeit beschloß ich als weitere Übung noch einen dünnen Floatglas-Spiegel zu schleifen, bevor es mit dem 18" f/4,5 Ernst wird.
Das soll mal ein superleichtes Reisescope werden.
Ein Rest 10 mm Glasplatte (schön spannungsarm) war vorhanden.
Ich entschied mich für 180 mm Spiegeldurchmesser. Größer habe ich mich nicht getraut, und kleiner wollte ich nicht, damit das Teil auch was zeigt.
Das Dickenverhältnis ist immerhin 18:1. Alte Hasen hätten mich noch vor kurzer Zeit für komplett verrückt gehalten, sowas zu versuchen. Aber so schlimm war es dann gar nicht.
Vor zwei Wochen habe ich dann zwei Scheiben mit 180 mm Durchmesser aus der Glasplatte herausgetrennt. Das Ganze lief als Vorführung beim Münchner Spiegelschleifkurs.
Nach Weihnachten ging's dann zur Sache: Tool gebaut, Utensilien zurechtgelegt, Tool und Spiegelrohlinge mit Diamantscheibe leicht vorgeformt, dann mit Karbo 80 ausgehöhlt. Per Taschenlampe wurde die Brennweite grob auf knapp 1 m gebracht.
Dann ging es mit dem Feinschliff weiter. Schließlich betrug die Brennweite wie gewünscht ca. 950 mm.
Spaßeshalber wurden gleich beide Glasscheiben immer abwechselnd bearbeitet, beim Feinschliff sogar innerhalb der Chargen.
Beim 80er Karbo wurde nur MOT gearbeitet, danach abwechselnd MOT/TOT.
Die Körnungen wurden nur so lange wie unbedingt nötig geschliffen, bis auf das 320er.
Der Feinschliff ging bis herunter zu 5 µm Microgrit, um Polierzeit zu sparen.
Pechhaut auf das Tool gießen und anpassen war reine Formsache.
Auch beim Polieren wurde an beiden Spiegeln abwechselnd gearbeitet.
Dadurch haben sie praktisch identische Brennweiten.
Beim Auspolieren habe ich immer reichlich Ceri HPC verwendet. Wasser nur sparsam, aber immer gerade genug.
Bereits beim Auspolieren habe ich die Form der Spiegel mit einem 3-Zonen-Focaulttest gemessen.
Natürlich gibt es beim Bearbeiten einer so dünnen Glasscheibe ein paar Kleinigkeiten zu beachten. Beim MOT Polieren habe ich zum Beispiel eine dünne Hartschaum-Scheibe auf den Spiegel gelegt, damit die Handwärme den Spiegel nicht verformt. Ohne diese Maßnahme war die Form nicht passend zu bekommen.
Parabolisiert wurden die Spiegel dann nacheinander mit dem Fullsize-Poliertool. Die Pechhaut habe ich jeweils individuell warmgepreßt.
Zum Parabolisieren kam eine 5-Zonen-Maske zum Einsatz.
Der Spiegel B bekam ziemlich schnell eine gute Parabel.
FigureXP zeigt sehr gute Werte:
Daher war ich auf den Sterntest sehr gespannt. Ein provisorisches Teleskop mußte her.
Was ich kaum zu hoffen wagte: Gestern abend wurde der Himmel irgendwann klar, und das Seeing war auch hervorragend. Also 'raus mit den Gerätschaften zum Auskühlen.
Zunächst zeigte der Spiegel noch deutlich Asti, der dann aber nach Änderung des provisorischen Spiegelhalters nicht mehr in Erscheinung trat.
Bei der Begutachtung der Beugungsscheibchen mit 3,4 mm Brennweite (6,7 mm Plössl und 2x Barlow) war ich angenehm überrascht: extrafokal und intrafokal praktisch gleich!!
Damit ist dies mein bisher bester Spiegel! Wenn das Teleskop ebenfalls brauchbar wird, ist mindestens 350fache Vergrößerung möglich!
Der zweite Spiegel ist bisher laut Focault-Test nicht ganz so gut. An dem werde ich bei Gelegenheit weiter arbeiten.
Hier der Testaufbau; der Hut ist vom 6" f/5 Teleskop:
Und so sieht die provisorische Spiegelzelle aus:
Die Spiegel-Lagerplatte ist ganz normal mit drei Schrauben auf der Rückseite justierbar.
Die drei Halteklammern aus 0,5 mm V2A-Blech mußte ich erst noch zurechtbiegen und dünne Schaumstoff-Streifen dazwischen legen, um den Asti loszuwerden.
Gruß,
Martin