Hallo Sternfreundinnen und Sternfreunde,
gleich mal vorweg: Den Titel haben mir Timm, Anne und Norman natürlich genehmigt. Es muss heutzutage einfach eine auffällige Verpackung sein, und da bediene ich mich gern den Titeln dieser schönen Berichte [8D]
Ich hoffe, der Inhalt wird dem gerecht. Ich möchte Euch einen kleinen Reise- und Beobachtungsbericht zu meinem Astro-Ausflug vom Mai/Juni dieses Jahres präsentieren. Es würde mich freuen, wenn die vorgestellten Objekte Euer Interesse finden – oder ich Euch zumindest ein wenig unterhalten kann…
Touchdown 5:30, Kaffee auf Hakos um 8:45. Wieder einmal hatte alles prima geklappt. Dank meines mitgebrachten Navi fand ich dieses Mal auch eine schnelle Windhoek-Durchfahrt und der Polo schnurrte wie eine 1 über die anschließenden 130 Kilometer Piste. Es war ein trockenes Frühjahr gewesen, ganz im Gegensatz zu 2011, als selbst auf der Strecke zum Gamsberg einige Reviere noch Wasser führten und die Fahrt im Normalauto ein paar aufregende „Augen zu und schnell durch“ mit sich brachte. Dieses Mal jedoch war weit und breit keine Pfütze mehr zu sehen - und keine einzige Wolke! Das auch sollte so bleiben, sowohl für die Woche auf Hakos als auch für die anschließende 14-tägige Rundreise, zu der ich später meine Familie am Flughafen abholen würde.
Schon beim Frühstück war ich mir sicher, dass dieser Ort wieder die richtige Entscheidung gewesen war. Die Umgebung ist einfach ein Traum: Der Gamsberg, der Blick in die Namib oder das Hakosgebirge, das zu jeder Tageszeit neue Formen im Licht der Sonne bildet. Hier wollte ich sein, hier war ich nun.
Breakfast with a view
Da ich zeitlich leider absolut unflexibel war und kein anderer Sternfreund genau zu diesem Termin konnte, musste ich dieses Mal allein in den „sauren Mietapfel“ für den 24“ Dobson beißen. Wenigstens gab es das 6“ Fernglas dazu, auf das ich in den nächsten Tagen sehr gern zurück griff (als Alternative steht auf Hakos mittlerweile auch ein 16“ Skywatcher-Goto-Dobson).
Ausräumen – Ausruhen – Ausrüstung checken, und schon war die Dämmerung da. Der neue Mond war bereits 3 Tage jung, sodass ich nun jede weitere Nacht etwas später spechteln würde. Aber die Winternächte im Süden sind ja richtig lang…
(Ich berichte nur über Objekte, an denen ich lange verweilte und die ich auch gezeichnet habe. Abgebildet ist nur eine Auswahl, der Rest ist schlichtweg noch nicht digitalisiert. Ich wollte aber nicht ewig mit dem Bericht warten – und dieser soll ja auch nicht zuuu lang werden…)
Nachdem ich mich nach dem ersten Blicken in den Nachthimmel wieder einigermaßen gefangen hatte (daran kann man sich einfach nicht gewöhnen…), stand <b>NGC 2736</b> als erstes Ziel auf meiner Liste. Vor 3 Jahren hatte es irgendwie nicht geklappt, aber nun war der „Pencil“ in Vela fällig. Mit dem 17mm Ethos am Dobson schnell - ein schönes Zeichenobjekt. Der „Bleistift“ ist Teil des Vela SNR, der Name kommt aber wohl doch eher von einer (echten) Schreibfeder. Im O3-Filter zeigen sich schöne Filamente auf seiner Westseite (oben).
NGC 2736 24" Dobson 140x OIII-Filter
Als nächstes schwenkte ich zu <b>IC 2220</b>, einem kleinen, aber feinen Reflexionsnebel in Carina. Im englischen Sprachraum wird der Nebel „Toby Jug“ genannnt, weil seine Ausläufer an ausladenden Henkel traditioneller Bierkrüge („Jugs“) erinnern. Der detailreichste Anblick des Nebels ist ohne Filter bei ca. 300x…
… und nun ab ins Herz von Carina. Ich hatte mir den Schlüssellochkomplex in der Nähe von Eta vorgenommen. Was ich hier sah, war einfach phantastisch und ich fragte mich, warum ich mir dies nicht schon beim letzten Mal im 24-Zöller reingezogen hatte. Dreidimensionale Dunkelnebel schwebten vor hellen Strukturen im Raum. Dazu leuchtende, strahlenförmige Nebel. Ich machte eine erste Skizze und zeichnete anschließend erst einmal ein paar sehr plastisch wirkende Globulen im <b>Carinanebel</b>, in der Nachbarschaft des Sternhaufens <b>Trumpler 14</b>.
NGC 3372 - Globulen bei Trumpler 14 (u.l.) 24" Dobson 400x kein Filter
<b>NGC 6334</b>, der Katzenpfotennebel, war leider eine Enttäuschung. Da hatte ich aufgrund bekannter Fotografien mehr erwartet. Auch bei 60 Zentimeter Öffnung zeigte sich nicht viel. Tja, an meiner H-Alpha-Empfindlichkeit muss ich noch arbeiten. Die erkennbaren „Zehenballen“ wurden aber brav dokumentiert…
Mitternacht. Die Frühjahrs-Milchstraße hatte sich mittlerweile in den Horizont gebohrt.
So langsam kam nach dem Flug der letzten Nacht auch die Müdigkeit. Aber da war einfach zu viel zu sehen. <b>NGC 6744</b> im Pfau musste unbedingt noch sein. Die „Pavo-Galaxie“ zählt mit gut 15‘ Durchmesser zu den Größeren am Südhimmel, allerdings mit einer relativ geringen Flächenhelligkeit. Weit über eine Stunde brauche ich, um sie einigermaßen zu zerlegen, dabei deutete ich den Begleiter <b>NGC677a</b> (oben rechts) als Ende eines langen Arms. Ein Bogen in diesem Bereich ist zwar vorhanden, hier aber zumindest überzeichnet. Zeit fürs Bett.
NGC 6744 24" Dobson 180-300x kein Filter
In der Gamsbergregion können auch einige Wildtiere zu beobachten. Vor allem nachts hört man die Hufe der seltenen Bergzebras, die nur noch in wenigen Gebieten Namibias und Südafrikas anzutreffen sind. Mit etwas Glück und etwas Tele kann man sie sich am Tag genauer anschauen.
Nach einem gemütlichen Abendessen - Danke an den Mond - ging es wieder raus. Dieses Mal blieb die Thermo-Unterwäsche gleich mal im Zimmer. Keine Nacht unter 10 Grad Celsius, und das im Winter auf fast 1900 Meter Meereshöhe, das war schon sehr angenehm. Zunächst musste ich unbedingt wieder zum <b>Carina-Nebel</b>, um eine erste detaillierte Zeichnung der Schlüsselloch-Region zu fertigen.
<b>NGC 3347</b>, eine stark elongierte Galaxie in Antlia, hat zwei schöne Spiralarme. Tipp von Uwe - vielen Dank.
Auf zum Altar. <b>NGC 6221</b> ist eine ziemlich verdrehte kleine Balken-Spiralgalaxie im Sternbild Ara. Heller Kern, mehrere Aufhellungen. Nach knapp 45 Minuten verließ ich sie wieder.
NGC 6221 24" Dobson 400x kein Filter
Meinen Plan zur Zeichnung des kompletten <b>Lagunennebels</b> gab ich gleich wieder auf. Zu mächtig, zu wenig Zeit. Aber da war ja schon wieder ein Schlüsselloch - heißt nur anders. Wegen seiner Sanduhr-Form wird der helle Part um den markanten zentralen Dunkelnebel <b>"Hourglass Nebula"</b> genannt. Egal, ich zeichnete ihn.
M8 Hourglass 24" Dobson 400-650x UHC/OIII/kein Filter
In der zweiten Nachthälfte widmete ich mich dann ein paar "dunklen Dingern". <b>Sandqvist-Lindroos 39-42</b> mit ein paar NGCs, darunter dem Kugelsternhaufen <b>NGC 6734</b>. Zudem <b>Barnard 127-129-130</b> in Aquila, sowie weiteren Sandqvist-Lindroos-Nebeln in Lupus - das Meiste davon mit dem 6-Zoll-Ferngläsle.
Ein wenig durch die Gegend streifen. Nur wenige Hundert Meter vom Farmgebäude entfernt kreuzte eine Gruppe Kudus meinen Weg. Der riesige Bulle blieb ruhig, wusste aber sicher auch nicht, was ich gestern beim Abendessen getan hatte...
Die dritte Nacht startete erneut in Carina. Der junge Mond scheint dieser Himmelsgegend überhaupt nichts auszumachen. Dieses Mal fertige ich eine Zeichnung der hellen und teilweise strah-lenförmig verlaufenden Nebel rund um Eta an. Das Zusammenführen der Zeichnungen wird noch einige Arbeit bereiten...
Eher zufällig überfuhr ich anschließend <b>NGC 3676 ff.</b>, den „kleinen Tarantelnebel“ in Carina. Im Milchstraßengewirr meiner Sternkarte war hier so gut wie nichts zu sehen, so zeichnete ich den mir bis dato unbekannten Nebelkomplex einfach mal unter Verwendung eines O3-Filters. Ein späterer Vergleich mit Fotografien zeigte aber auch hier die H-Alpha-Inkompetenz meiner Rezeptoren. Eher dürftig...
<b>IC 4406</b> ist ein lohneswerter kleiner PN in Lupus, der auch als Retinanebel bezeichnet. Ohne Filtereinsatz sah ich eine nicht homogene Kugel mit 2 außen liegenden, sich parallel gegenüberstehenden, leicht gebogenen Balken.
Ein Blick nach oben kurz vor Mitternacht. Das Zentrum der Michstraße war schon fast im Zenit.
Es war an der Zeit, mit meinem "Projekt" zu beginnen, der Zeichnung des <b>Pfeifennebels</b> am Fernglas. "Pipe Nebula" ist wie der Kohlensack alles andere als eine homogene Nebelstruktur. Ich hatte die Zeichnung sorgfältig vorbereitet und mir mehrere Stern-Vorlagen hierzu aus Guide ausgedruckt. Bei einer Ausdehnung von gut 20 Quadratgrad war es für mich unmöglich, die Dimensionierungen richtig zu erfassen. Der Pfeifennebel beherbergt mindestens 25 einzelne Barnard-Nebel, zumindest so viele würde ich heute und morgen Nacht dokumentieren. Nach knapp 2 Stunden waren Relaxen und ein wenig Freiauge-Spechteln angesagt.
Seit bestimmt 4 Jahren versuchte ich nun schon, den <b>Helix-Nebel</b> zu zeichnen. Mehrere Entwürfe hatte ich bereits, aber nie war ich zufrieden. Nun war er fällig. Das Auffinden, knapp 60 Grad über Horizont, war völlig problemlos. Was ein Trümmer – so hatte ich ihn noch nie gesehen. Mit O3 ging es an die "Arbeit". Die Hintergrundgalaxie und Deep-Sky-Herausforderung 2MASX habe ich dabei nicht gesehen, aber das war nur Nebensache. Seelig und hundemüde räumte ich danach meinen Kram zusammen und ging ins Bett....
NGC 7293 24" Dobson 140-180x OIII-Filter
Am Nachmittag machte ich mich auf den Weg zum Gamsberg, um dort den Sonnenuntergang zu erleben. Die Bergregion im Licht der untergehenden Sonne und der weite Blick in die Namib nach Sonnenuntergang... wunderschön!
Herr Winterkorn, über den Erwerb der Bildrechte lässt sich verhandeln!
Gleich nach Monduntergang gegen 22:30 zeichnete ich einen schönen Dunkelkomplex in Circinus, bestehend aus <b>Sandqvist 169-172 und Bernes 145</b>. Anschließend ging es wieder
zum Pfeifennebel. Nach etwa 2 Stunden hatte ich mein „Fransenwerk“ vollendet - oder besser gesagt beschlossen, hier aufzuhören.
Pfeifennebel 150mm-Fernglas 25x (Version mit Angabe der Barnard-Nummern und KSH (gelb))
Als Betthupferl gedacht, dann aber doch sehr ausgiebig war mein Fernglas-Besuch beim Dun-kelnebel <b>Barnard 289</b> im Grenzgebiet zwischen Scorpius und Sagittarius. B289 ist nur eine von mehreren Dunkelnebeln in dieser Region, die (zumindest im Fernglas) einen Bogen zu bilden scheinen. Wenn die Zeichnung digitalisiert ist, werde ich die Region <b>„Mannoff’s Arch of Darkness“</b> nennen [8D]
In der fünften Nacht ging der Mond erst nach 23 Uhr unter. Nach einem Warmup mit <b>Barnard 92 und 93</b> am Nordrand der kleinen Sagittariuswolke war die Zeit des Aufschiebens vorbei. Die zentrale Dunkelstruktur im <b>Lagunennebel</b> war an der Reihe. Wie auch beim Carinanebel verhelfen sehr helle Hintergrundnebel den stark strukturierten Dunkelwolken einen dreidimensionalen Charakter. Am Nordrand der Struktur stehen zwei schöne Globulen, die Intensivere der beiden hat sogar eine Barnard-Nummer (88). Etwa 90 Minuten verblieb ich hier.
Messier 8 Zentrum 24" Dobson 300x UHC/OIII/kein Feilter
(Ausschnitt ohne Berücksichtigung außenliegender Strukturen. Der helle Hintergrund wurde nachträglich anhand der dokumentierten Eindrücke eingefügt, die schwächeren Dunkelstrukturen sind in ihrer Detaillierung recht wage)
Nach einer längeren Pause zeichnete ich noch den Nebel um den Sternhaufen <b>NGC 346</b> in der Kleinen Magellanischen Wolke. Grundsätzlich sind Mai/Juni nicht die beste Zeit zur Beobachtung der beiden "Mags", obwohl diese vor interessanten Objekten nur so strotzen. Tja, da muss ich halt noch einmal wiederkommen [8D]
Nacht 6. Monduntergang erst um Mitternacht und … sehr starker Wind. Ich versicherte mich, dass die aufgestellten Geräte nicht umstürzen konnten und .. schlief mich einmal richtig aus. Am nächsten Tag ging es gemütlich zurück nach Windhoek. Einkauf, Autotausch (VW Polo - Toyota Hilux), Übernachtung in Flughafennähe. Mit dem „Family-Touchdown“ um 5:30 begann ein genial grandioses „Namibia Teil 2“. Aber <b>das</b> ist eine andere Geschichte…
Bis denne und Clear Skies
Rainer