Guten Abend,
das Thema Streulicht und Oberflächenrauhigkeit ist ein Dauerbrenner.
Das Problem ist, dass dahinter eine komplexe Mathematik und Physik steckt.
Solche abstrakten Modelle sind nicht jedermanns Sache weil dadurch der Eindruck ensteht, man könnte alles und jedes damit beweisen.
Ich habe etwas gegrübelt, ob es einen Weg gibt, der allein mit einem Taschenrechner mit + - * und / auskommt.
Nun gut, an einer Stelle wird der Sinus gebraucht. Aber wirklich nur einmal - ich schwöre :o)
<b>Wo fangen wir an?</b>
Am besten damit:
Das ist das Bild eines Sterns im Teleskop. Ein perfektes Teleskop im Weltraum - ein Space Dobson oder APO.
Der helle Punkt in der Mitte heißt <b>Airy Disk</b> oder <b>Beugungsscheibchen</b>. Er hat einen durchaus stattlichen Durchmesser von circa 2.5 Bogensekunden für ein 100mm Teleskop.
Die vielen Ringe rundherum sind die Beugungsringe. Es gibt sehr viele davon und sie werden nach außen hin schwächer.
Hier in der 3D Ansicht. Man sieht gut die echten Verhältnisse von Airy Disk und den Ringen. Aussen beginnen sich Rundungsfehler auszubreiten. Die Intensitäten sind schon sehr klein.
Der große Durchmesser der Airy Disk und diese Ringe entstehen durch <b>Beugung</b> des Lichtes am Rand des Objektivs und sind der Grund dafür, dass selbst ein perfektes Teleskop nicht beliebig hoch vergrößern kann.
Irgendwann wird das Bild unscharf. Das wäre nicht der Fall, wenn die Abbildung ein echter Punkt im mathematischen Sinne wäre. Dann wären 1000x, 10000x oder Vergrößerungen von 1 Million mit einem 100mm Röhrchen kein Problem.
Abgesehen vom etwas dunklen Bild - scharf und kontrastreich wäre es jedenfalls immer noch!
Da man den Rand einer Optik nicht "beseitigen" kann, hilft es nur, die Öffnung vergrößern. Dann kommt der Rand wenigstens ein Stück nach außen. Mit diesem "Trick" kann man die unvermeidliche Airy Diks und die Ringe kleiner machen.
<b>Doppelte</b> Öffnung sorgt für den <b>halben</b> Durchmesser der Airy Disk!
Die Ringe rutschen passend dazu näher zusammen und sorgen dafür, dass nicht nur die <b>Auflösung</b> für kleine Objekt sondern auch der <b>Kontrast</b> weiter draußen (große Objekte) besser wird.
In der Praxis kann man die vielen Ringe leider nicht einzeln sehen. Das geht nur mit absolut einfarbigen Licht wie einer Laserdiode <b>ohne</b> Optik. Die Ringe sind für verschiedene Farben leicht unterschiedlich groß und damit verwischen sie. Zu einem mehr oder weniger sichtbaren, diffusen Halo, etwa so:
Mit sehr hoher Vergrößerung (0,5mm AP oder kleiner) ergibt sich in einem kleinen Teleskop etwa so ein Bild eines hellen Sternes (Ausprobieren und ggf Ablenden auf 20-40mm wegen Seeing!)
<b>Jetzt kommt der erste wichtige Punkt:</b>
<b>Beugung</b> ist absolut <b>unvermeidlich</b> und im Schatten dieser Imperfektion ist Platz für <b>Toleranzen</b>!
Ein Beispiel:
Wenn ein Schraubenhersteller weiß, das die Muttern eines Zulieferes 1/10mm im Durchmesser schwanken, dann macht es keinen Sinn die eigenen Schrauben auf Nanometer zu fräsen. Mit einem 1/100mm Untermaß gibt es nie ein Problem.
Der <b>begrenzende</b> Faktor wäre die Mutter!
Das spart <b>Geld</b> bei der Schraubenfertigung.
(Astrofotografen wissen das schon lange, einige Kombinationen von DIN Schrauben und Zollgewinden sollen besser als Schweißverbindungen halten, munkelt man)
Genauso ist es mit der <b>Beugung</b>.
Ein paar ganz kleine Fehler darf eine Optik haben, solange die <b>Beugung</b> der <b>begrenzende</b> Faktor bleibt.
Das spart Geld und wenn man es geschickt macht, merkt man nichts davon.
(Nebenbei: Im Zweifelsfall ist das Geld in einer größeren Optik besser angelegt als in einer noch perfekteren. Ausnahmen später, ja es gibt sie!)
<b>Genug der Vorrede, wir wollen rechnen!</b>
Heute nur die Vorarbeiten für ein kleines Teleskop mit 100mm Öffnung.
Der Weg ist steinig und hart.
Wir wollen wissen, wieviel <b>Energie</b> in den <b>Ringen</b> steckt!
Vielleicht kann man darin etwas <b>Streulicht</b> unterstreuen, ohne dass man das merkt?
In der ersten Spalte der Excel Tabelle steht die Ringnummer.
Nr.1 beginnt genau am dunklen Zwischenraum zwischen Airy Disk und 1. hellen Ring.
Die seltsam verdoppelte Anordnung ist <b>Absicht</b>!
Später werden wir sinnvolle Gruppen bilden!
In Spalte 2 kommen die Abstände der Ringe hinein. Also deren <b>Radius</b>.
Damit man sich ein Bild vom Anblick im Okular machen kann.
<b>Wie weit aussen liegen diese Ringe?</b>
Das steht hier in der Tabelle, welche die relevanten Werte der Airy Disk bis zum 100.Ring auflistet:
http://home.strw.leidenuniv.nl…se/2006/07/11/airy_rings/
Der Radius steht dort in Spalte 2, aber <b>allgemein genormt</b> und wir müssen für 100mm umrechnen.
Oben schrieb ich, dass dessen Airy Disk einen Durchmesser von ca. 2.5" hat.
Radius also ca 1.25" - in der Tabelle steht 1.22*Pi.
Wenn man sinnvoll rundet stimmen die Verhältnisse!
Man könnte auch 2-3mm mehr Öffnung als Beispiel nehmen, dann passt es ebenfalls. Das soll uns nicht aufhalten.
(Zufall? Nein, deshalb wählte ich zunächst diese 100mm Öffnung)
Bis zum 4.Ring passt es nicht so recht (die fette Airy Disk braucht zuviel Platz) aber dann wird es immer besser.
Der 100. Ring liegt fast passgenau bei 100*pi. Also umgerechnet bei einem Winkelabstand zur Airy Disk von 100".
Deshalb können wir in die zweite Spalte einfach dieselben Zahlen schreiben.
Im letzten Schritt für heute tragen wir die Energie ein, die jeweils bis zu einem bestimmten Ring <b>eingeschlossen</b> ist.
Das ist die <b>Encircled Energy</b>. Spalte "EnclE" in meinem Link von oben.
Beispiele:
Innerhalb vom 1. Dark-Ring liegt ein Anteil von 0.8377, also knappp 84%. Das ist der Energieanteil der Airy diks!
Innerhalb vom 4. Dark-Ring liegt ein Anteil von 0.9523, also gut 95%. Das ist der Energieanteil der Airy diks und der ersten drei hellen Ringe in Summe.
Leider ist diese Tabelle beim 100.Ring zu Ende.
Morgen schreiben wir die Energien für die ersten Gruppen auf.
Dann wird sich dieses Problem elegant klären.
Viele Grüße
Kai