Hi zusammen!
Letzte Nacht wagte ich wieder einen Ausflug, den ich gern mal wieder mit euch teilen möchte.
<font color="green">Prolog</font id="green">
Nach den letzten beiden Ausflügen ohne brauchbare Bedingungen sollte mal wieder ein ergiebige Beobachtungsnacht her. Es war mit Minus 10 Grad zu rechnen. Mich führte es wieder zu meinem Beobachtungsplatz in Geitau, dem Segelflugplatz auf ca. 850 m Höhe ü.NN.
Vorsorglich zog ich mir bereits in der Bahn kurz vor dem Ausstieg in Geitau die schwedische militärgenormte Wollunterhose an. Als ich am Bahnhof ausstieg, klebten sofort meine Nasenflügel zusammen. Ich habe die Erfahrung gemacht, das dies bei mir ziemlich genau bei Minus 13 Grad eintritt. Ein Thermometer hatte ich nicht dabei. Ich denke, da spielte dieses mal noch ein wenig der Temp.schock von warmer Bahn ins Kalte eine Rolle. Es lagen 15 cm Schnee. Auf meinem 20-minütigen Fußweg zum Platz überquerte ich ein kleines Flüsschen, welches sich schon aus der Ferne durch einen enormen Dampfschleier ankündigte. Die Luftfeuchte war mit 80% vorhergesagt. Nebel war sonst nicht zu sehen, nur der Fluss glich einem Dampfbad. In Flussnähe konnte ich noch meinen Atem sehen, je weiter ich mich davon entfernte, umso weniger sah ich meinen Atem.
<font color="green">Am Fuße des Mangfallgebirges</font id="green">
Unter meinen Füßen knirschte der Schnee. Ich war kurz vor 20 Uhr am Platz angekommen. Es war wolkenlos und schön klar. Ein leichter Dunst schien in der Luft zu hängen aber dennoch war es ein sehr schöner Himmel. Lediglich der Weg zum Segelflugplatz war geräumt und bot einen Platz zum Aufstellen des Teleskops. Ich hoffte, dass da keiner mit Auto langkommen und ich mein Geraffel beiseite räumen müssen würde.
Der Aufbau des Reisedobsons musste uhrzeitbedingt im Dunkeln stattfinden. Und noch dazu bei geschätzten Minus 10 Grad. Glücklicherweise habe ich da mittlerweile Routine, sodass das meiste mit angezogenen Handschuhen passieren konnte und nicht weiter kompliziert war. Ich war heilfroh, die Unterhose bereits angezogen zu haben, eine Skihose kam alsbald drüber. Es kam wie es kommen musste, es kam jemand mit dem Auto vorbei und ich musste meine ausgebreitete Isomatte mit den Einzelteilen zwischendurch schnell in Sicherheit aus der Fahrspur bringen. Das Auto hielt an und es stieg jemand aus: „Ko man Dir wos helfa?“ Ich reichte im mit einem Servus die Hand: „Nein Danke! Ich bau hier mein Teleskop auf werd Sterne guckn.“ Der Blick wurde freundlich. „Du bist öfter hier oder?“ Aha, es hielt vor einem Jahr nämlich schon mal einer an und war eher mürrisch unterwegs – der war das wohl. Offenbar nun etwas besser gestimmt. Es wurde mir sinngemäß gute Sicht gewünscht und ich bezog wieder den Posten. Ich habe mich direkt bei einer Hütte deren Funktion ich nicht genau kenne postiert, wo ein paar Bänke standen, auf denen ich meine Sachen ausgebreitet habe, damit die Sachen nicht auf der (praktisch unbefahrenen Zufahrts-)Straße liegen. Der kurze schmale Trampelpfad durch den Schnee zu den Bänken ist auf einer Seite mit hohen Sträuchern bestanden. Ein Strauch hatte es sich für die Nacht zur Aufgabe gemacht, mir möglichst oft die Mütze zu klauen und vom Kopf zu reißen, wenn ich zum Okularkoffer oder meiner Cola wollte.
Nach einigem Hinundher habe ich es nach einer Stunde geschafft, alles aufgebaut zu haben. Keine Ahnung, warum die Zeit so schnell verging. Wahrscheinlich weil ich zwischendurch einen Spaziergang zum Aufwärmen machen musste. Die Finger wurden in den Augenblicken ohne Handschuh übelst kalt. Beim Aufbau nahm ich die Rotlichtlampe in den Mund und merkte schnell, dass dies auf Dauer keine gute Idee war. Die Kordel war an einer Metallöse befestigt, welche Anstalten machte, an meinem Mund festzukleben. Meine Fangspiegelheizung war noch immer defekt, ich hoffte aber bei 80% Luftfeuchte und mit Streulichthülle mit einem blauen Auge davonzukommen. Ich spazierte nach dem Aufbau erneut eine Runde den schönen langgestreckten Weg Richtung Berge gen Süden und Richtung prankendem Orion ab, um wieder wärmer zu werden. Ich genoss die Ruhe. Es war windstill – Gott sei dank! Die Kollimation stand noch an. Das war im Dunkeln ein ziemliches Gezeter. Die Batterie vom Laser war recht neu. Das hinderte den Laser nicht daran, nach kurzem Anschalten baldmöglichst abzudimmen, sodass eine Justage nicht möglich war. Ein Spaziergang mit dem Laser in der Hosentasche lieferte nach einer weiteren Weile lang genug Licht, dass es endlich etwas wurde. Sobald ich halbwegs brauchbar justiert hatte, fing der FS mit Beschlagen an. Super. Zumindest ich dachte, es wäre beschlagen. Ich setzte zu einem neuerlichen Protestspaziergang an. Danach leuchtete ich auf den FS – es schien der Beschlag punktuellen Kristallen gewichen zu sein, die zwar störten aber eine Beobachtung noch recht gut zuließen. Der Rigel war noch zu justieren. Diese verflixte Justiererei! Der Himmel war dunkel, klar, und es war schon locker 22 Uhr herum. Der Regler vom Rigelfinder ließ sich fast nicht drehen, das Fett war praktisch gefroren und mehr Kleber als alles andere. Ich dachte, gleich hab ich das ganze Ding in der Hand. Die Justage gestaltete sich ähnlich schwierig. Keine Ahnung, wann ich endlich beobachtungsbereit war, es muss wohl gegen halb 12 um Mitternacht gewesen sein.
Das Auto kam ohne Stop zurück. Wieder musste ich meine Isomatte wegzerren und das Scope kurz umstellen. Später merkte ich, auf der Matte lag die Abdeckung für den FS, die das Auto glücklicherweise nicht mit den Reifen erwischt hatte.
<font color="green">Ja, wird’s denn noch was mit den Beobachtungen hier?</font id="green">
Endlich war alles gerichtet und der FS nur mit ein paar Kristallen, vor allem am Rand des FS behangen. Das ganze Teleskop präsentierte sich frühzeitig in einem Kleid aus Eisblumen.
Hier auch gut zu sehen - der Deepskyatlas ist schnee-tauglich :
Ich peilte in die Cassiopeia, um die Nebel <font color="blue">IC 59</font id="blue"> und <font color="blue">63</font id="blue"> zu erhaschen. Beide waren zu erkennen, wo bei mir IC 59 größer vorkam als der andere, obwohl eigentlich umgekehrt im neuen DeepskyAtlas in den Umrissen dargestellt. Immerhin ein Beobachtungserfolg, eindeutig waren beide Nebel zu sehen, das gelang mir kürzlich auf dem Nebelhorn nicht. Ich peilte nebenan auf den Offenen Haufen <font color="blue">NGC 225</font id="blue">, den <font color="blue">„Sailboatcluster“</font id="blue">. Weit verstreute Mitglieder - fand ich unspektakulär.
In der ganzen Fummelei ist der Orion mittlerweile vom Horizontobjekt zum Kulminationsobjekt geworden. Der <font color="blue">Orionnebel</font id="blue"> war im Zentrum sofort grünlich zu erkennen, eine Schwinge war nahe des Zentrums mit einem Rostbraun abgegrenzt. Habe ich so deutlich bisher noch nicht wahrgenommen diese braunrote Färbung...
Das Seeing war leider nicht gut. Die ganze Zeit flackerten alle helleren Sterne. Der Plan war, den neuen Deepskyatlas etwas abzuarbeiten. Leider habe ich meine Rotlichtlampe verloren. Vor dem Verlust rutschte bereits die ganze Platine und das Deckglas Richtung Schnee, als es mir um den Hals hing. Schon nach dem Aufbau habe ich die Lampe erneut vermisst. Dabei blieb es die Nacht über. Ich behalf mir mit dem Display vom Handy. Ein ziemliches Gefriemel.
Das Blättern mit Handschuhen war nervig, ich hatte keinen rechten Bock. Ohne Handschuhe ging´s nur sehr kurzzeitig bzw. ließ einen so erschauern und erstarren, dass ein Beobachten dann danach auch mit Handschuhen nicht wirklich möglich war. Mein früher mehrfach ausgekugelter kleiner Finger der rechten Hand meldete sich ab. „Ich geh dann mal schlafen!“.
Insgesamt fand ich es aber nicht zu kalt, da glücklicherweise kein Wind ging. Nur zum Beobachten war es wegen dem Hantieren mit dem Zubehör grenzwertig. Den Laser konnte man nicht mehr mit bloßen Fingern anfassen. Okulare auch nicht. Ich stand immer wieder unentschlossen in der Gegend herum, die Hände wollten im Warmen bleiben. Ab ca. 1Uhr kam der Komet <font color="blue">Lovejoy</font id="blue"> in verwertbare Höhen und ich erhielt entweder einen Motivationsschub oder hatte mich akklimatisiert. Leider beschlugen jetzt zunehmend die Okulare und wollten in der Jackentasche spazieren geführt werden. Vor dem Beschlagen stellte ich noch einen schönen Schweif von gut einem Grad fest. Mit bloßem Auge war der Komet gut indirekt zu sehen. Im Fernglas zunächst nur mit Schweifansatz. Ich war auf einmal fit fürs Beobachten und in der Lage zum Aufsuchen neuer Objekte.
<font color="green">Wenn Start und Endspurt zusammenfallen</font id="green">
Ich schlug im Atlas die Seite mit Orion auf und schaute westlich davon nach Galaxien. Ich schnappte mir ein Ensemble mit <font color="blue">NGC 1726</font id="blue"> und <font color="blue">NGC 1730</font id="blue"> – ein schönes, gut sichtbares Grüppchen, jedoch ohne nennenswerte Details. In der Nähe lag <font color="blue">Arp 259 bzw. Hickson 31 mit NGC 1741A</font id="blue">. Wenn ich richtig lag, sah ich eine recht auffällige große Aufhellung. Welche sich bis zu einem helleren Stern hin erstreckte. Die Form war unregelmäßig oval. Ich versuchte, Strukturen zu isolieren, es gelang mir nicht. Das Seeing war wie gesagt nicht das beste. Ich peilte ein paar weitere Galaxien der Region an aber fand diese nicht so recht. Alsbald tauchte am östlichen Horizont eine gelbliche Aufhellung auf, die in Bewegung war. Partyballon, Flugzeug? Ich hatte meine Brille nicht auf. Dem Abhilfe geschaffen zeigte sich die Mondsichel. Wow. Das ging fix. Als hätte den jemand an der Schnur hochgezogen. Ich dachte wirklich, es ist ein bewegliches Objekt! Das war es also mit Deepsky. In Sekundenschnelle wurde die schneebedeckte Landschaft ins Mondlicht getaucht. Die weißen Gipfel unterstrichen den mittlerweile untergehenden Orion und die hellen Wintersterne. Ein wunderbarer Kontrast! Ich wünschte, ich hätte eine mobile Kamera mit Langzeitbelichtung. Eine traumhafte Szenerie. Diese war das beste der ganzen Beobachtungsnacht. Es huschten mehr und mehr Sternschnuppen über den Himmel. Der Komet war nun trotz Mondlicht fast direkt sichtbar, auch im Fernglas nun mit Schweif von einem Grad - Toll! Das Teleskop stand fast ungenutzt herum. Die letzten beiden male war der Himmel nicht brauchbar, dieses mal zeigte sich das Handicap bei dem Equipment selbst (auch der Rigel beschlug zusehends und machte alles anstrengend in der Auffindung) sowie der schlicht unergonomischen Kälte. Ich hatte mir ein Packen Brote geschmiert, die ich alle bis auf eine wieder mit nach hause schleppte. Mehr oder minder das einzige was ich zu mir nahm, war eine halbe Packung Puffreistafeln von Nippon. Das war zwar pulverig aber noch halbwegs angenehm zu kauen in der Kälte. Die Gurke, welche ich zu den Broten miteingepackt hatte, ließ sich nicht mehr beißen. Ich hätte auch einen Stein hernehmen können. Meine Cola habe ich beizeiten fast aufgetrunken, bevor sie gefror. Bevor die Apfelschorle gefror, nahm ich noch ein paar Schlucke von diesem Frozen Daiquiri - zum Aufwärmen. Der Abbau gestaltete sich zwar ohne Komplikationen aber dauerte aufgrund der Kälte länger als gedacht und so erwischte ich meine erste Bahn trotz Puffer um 5 nicht mehr stressfrei genug. So beschloss ich, noch die Landschaft zu genießen und nahm die nächste Bahn kurz nach 6 Uhr. Am Bahnsteig traf ich die ersten Pendler. Ich wurde von einem jungen Burschen gefragt, ob ich am Berg gezeltet habe, kam ins Gespräch und erfuhr, dass es wohl gerade Minus 11 Grad waren als dieser zu Haus aufs Thermometer schaute.
<font color="green">Epilog</font id="green">
Ja, frisch war´s. Eine ergiebige Beobachungsnacht wurde es also leider schon wieder nicht, obwohl der Himmel wirklich sehr gut war. Ohne Mond wäre die Grenzgröße bestimmt bei 6m8 aufwärts bzw. abwärts gewesen. Für den Kometen hat´s sich gelohnt und die Aktion insgesamt war zumindest mal interessant in Hinblick auf, „was ist denn realistisch noch machbar beim Sterneguckn“. Doof ist´s, dann meine FS-Heizung noch nicht wieder funzt (war zu faul, weil auf dem Berg bisher auch ohne ging). Tja, und andere Handschuhe mit so überklappbarem Fäustling werde ich mal probieren müssen. An- und Ausziehen ist bei solchen Temperaturen keine Option mehr, soviel nehme ich mit. Aber ohne Wind sind Minus 10 auch länger noch gut aushaltbar. Bessere Schuhe bräuchte ich aber noch, die normalen Trekkingstiefel mit zusätzlicher Wolleinlegesohle waren da nicht genug, auch nicht mit dicken Socken.
Das Triple der Beobachtungs-Odysseen ist hiermit vervollständigt.
Der nächste BB wird definitiv mit ausführlichen Objektbeschreibungen gespickt sein. Ich freu mich drauf.
Hauptsache gesund![8D]
CS
Norman