D. Roths Abneigung gegenü. obstruierten Systemen

  • Hallo Leute,


    das ist ein interessanter Thread!




    Ich besitze ebenfalls das <i>Taschenbuch für Planetenbeobachter, 2. Auflage, 1983</i> und möchte mal einen kleinen Überblick über die Aussagen aus dem Abschnitt das <i>Fernrohr</i> machen.




    Es beginnt damit


    <i>Die Planetenbeobachtung verlangt ein Instrument hoher Bilddefinition, auch noch bei mittleren und hohen Vergrößerungen. Da das Beobachten nur Freude macht, wenn das Fernrohr optisch in der Lage ist, eine wenigstens 100fache Vergrößerung zu erbringen, ist die unterste Grenze hinsichtlich der Größe der Zweizöller. Grundsätzlich eignen sich alle astronomischen Fernrohre, egal ob Linsenfernrohr (Refraktor) oder Spiegelfernrohr (Reflektor), für die Mond und Planetenbeobachtung. Wegen der Verwendung von mittleren und hohen Vergrößerungen und der dabei angestrebten Bilddefinition beachte man bei der Wahl der Instrumente:
    <ul><li> eine möglichst lange Brennweite (f = 1:15 bis 1:20) </li><li> keine silhouettierte Spiegeloptik.</li></ul></i>
    Nach einer noch neutralen Einleitung werden hier also Spiegelfernrohre mit Obstruktion so ziemlich ausgeschlossen.


    <i>Lange Brennweiten erlauben die Verwendung langbrennweitiger Okulare, mit denen man besser unter einer bestimmten Vergrößerung beobachtet als wenn diese Vergrößerung mit einem kurzbrennweitigen Okular erzielt werden müsste. Ganz allgemein gilt, dass bei langen Brennweiten alle an der Bildentstehung beteiligten optischen Flächen weniger gekrümmt sind und demzufolge einfachere Optik genügt (z.B. Kugelspiegel anstelle von Parabolspiegel).</i>


    weiter ist zu lesen


    <i>Alle Spiegelfernrohre nach Newton und Cassegrain und auch das Spiegel-Linsen-Fernrohr nach Maksutow weisen als Folge der im Strahlengang befindlichen Fangspiegel eine Silhouettierung auf. Bei Newton und Cassegrain kommen noch die Streben der Fangspiegelhalterung hinzu, die bei Maksutow entfallen, da hier der Fangspiegel als kreisrunder Aluminiumfleck auf die Rückseite der Miniskuslinse aufgedampft ist.</i>


    und jetzt kommt's!


    <i>Jede silhouettierte Spiegeloptik hat, um mit Anton Kutter zu sprechen, eine "gebremste Definition". Es liegen Versuche von bekannten Physikern vor, die darauf hinweisen, dass der Fangspiegel und seine Halterung die Bilddefinition eines Instruments - je nach Größe - auf ungefähr 50% des Wertes sinken lassen, den die gegebene Spiegelöffnung an sich bringen müsste. (...) Um die Nachteile der Silhouettierung auszugleichen, wird man größere Öffnungen wählen. (...) Die Faustregel, dass man einem Newton oder Cassegrain den doppelten Hauptspiegeldurchmesser geben muss, um die Definition wie an einem Refraktor zu bekommen, bestätigt sich immer wieder. </i>



    Dann werden leider nur
    <ul><li> der Refraktor </li><li> der Coude-Refraktor </li><li> der Schiefspiegler </li> <li> und das Horizontal-Spiegelteleskop </li></ul> beschrieben. Auch das Schupmann Medial wird kurz erwähnt. Das finde ich wirklich schade.


    So richtig werden die Gründe der Abneigung gegen obstruierte Systeme nicht klar. Es ist nicht ersichtlich, ob die optische Leistung damals wirklich so war oder ob die oben aufgelisteten Teleskoptypen bevorzugt wurden, vielleicht auch aus eigener Vorliebe. Das ist natürlich nur reine Vermutung.





    beste Grüße,
    Christian

  • Hi Christian,


    wundert mich ehrlich gesagt eigentlich nicht. Auflage 1983, also über 30 (autsch [:D] <s>40</s>) Jahre her. Der Autor beschreibt nicht die Zunkunft sonders schreibt über die vorliegende und damit noch ältere Erfahrung.


    Was gab es damals alles? Refraktoren als Achromaten- mussten ein langsames Öffnungsverhalten haben um farbrein zu sein.


    Refraktoren, besonders Newton- da wird der einfachere Spiegel wegen der einfacheren Herstellung erwähnt ( Kugelspiegel anstelle von Parabolspiegel). Das ein sphärischer Spiegel ein schlechteres Ergebnis liefert ist auch klar.


    Okulare werden auch angesprochen- wieder der Hinweis auf lange Brennweite- damals gab es die ganzen heute erhältlichen guten Okularkonstruktionen überwiegend nicht, geschweige denn die heutigen Beschichtungen.


    Was hätte der Autor wohl geschrieben, wenn er einen der heute erhältlichen günstigen 12" oder 16" Newton zum Vergleich zu Verfügung gehabt hätte? [:D]


    Gruß
    Stefan

  • Hi Stefan,
    1983 sind noch keine 40 Jahre her[;)].
    Einen Grund vermute ich auch noch dahingehend,daß Refraktoren,grade von Markenherstellern,meist eine sehr gute Qualität hatten und es keine so große Anzahl von Billigteilen gab.Auch Paul Ahnert schrieb noch,daß man Spiegel 1/3 bis doppelt so groß machen sollte,gegenüber Linsen.
    Gruß Armin

  • Hallo Christian


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Die Faustregel, dass man einem Newton oder Cassegrain den doppelten Hauptspiegeldurchmesser geben muss, um die Definition wie an einem Refraktor zu bekommen, bestätigt sich immer wieder.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    das stimmt doch so auch in etwa, in bezug auf einen 2" Refraktor auf alle Fälle, vergleiche den doch mal mit einem 4" Newton, wenns geht Spiegelträger Fensterglas und nur Kugelspiegel, eben das was man zu der Zeit als 114/900mm Newton angeboten bekam.


    Deswegen auch mein Einwand einem 16"er eine Offaxisblende zu verpassen, die wäre dann ja kleiner als 50%, das kann im Umkehrschluß nicht besser sein.


    Anders gesehen, für den Preis eines 100mm Evostar, bekommt man einen 250-300mm Newton, garantiert Farbrein, und der kann mehr wie Planeten.
    Interessant ist das bei 12" bei Newtons mit der Preisgünstigkeit aufhöhrt, im Vergleich zu einem 100mm Eqinox müsste man für den Preis theoretisch schon 14" bekommen, ist aber nicht weil mit Volltubus in der Größe erst mal Schluß ist und über 12" auch schon recht exotisch ist.
    Wenn es jetzt zu den 30000€ Edelapos geht finden auch die ihre spiegeligen Gegenspieler dann eben als Hypergraph oder ähnliches, die gehen dann auch noch bis fast 600mm Durchmesser und da geht dem Glas für Apos langsam die Luft aus.


    Aber es geht eben auch nach Vorliebe,
    nun gut meine Spiegel sind alle selbst geschliffen, so wie ich sie wollte mit von mir selbst festgelegter Qualität.


    Nun schleif sich doch mal jemand einen Apo , die Linsen genau mit den richtigen Radien :) (beim Newton sind +-3mm Schnuppe) und zentriere die 3 Linsen :) und bitte im richtigem Abstand :) und nicht verkippen :) und dann noch gerade ins Rohr einbauen :) ist ein bisschen viel verlangt was? aber genau das wird auf dem optischen Prüfstand bei Massenware auch rauskommen, für Feinjustage ist da sicher keine Zeit. vermutlich werden die Linsen in die Fassung geworfen und das war es, braucht schon ein gutmütiges Design um das zu verzeihen.


    Gruß Frank

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: JSchmoll</i>
    <br />Eine andere lustige Lehrmeinung ist auch, dass Refraktoren zwar vier zu bearbeitende Oberflaechen haben, aber jede dieser nur 1/4 so praezise sein muss weil sich der Fehler ja auf vier Oberflaechen verteile. Diese Zote habe ich bereits des Oefteren gelesen ! Der Tropfen Wahrheit ist, dass eine Glasluftflaeche bei Refraktion nicht so "hart" reagiert wie eine Reflexionsflaeche. Das kann man sich an einer geneigten Glasflaeche klarmachen, die den Strahl nach Snellius'schem Brechungsgesetz ein wenig verkippt, waehrend die Reflexion im zweifachen Kippwinkel verlaeuft. Offenbar wurde dieser Sachverhalt von irgendwem falsch interpretiert und die Geschichte von den vier Flaechen, unter denen sich ein Formfehler irgendwie aufteile, machte die Runde.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Jürgen,
    Es geht dabei nicht um die 4 Flächen, es sind zwei Faktoren die eine Rolle spielen. Erstens: Beim Spiegel geht jeder Oberflächenehler dadurch doppelt ein, dass das jeder Lichtstrahl den Fehler verdoppelt (Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel). zweitens: Bei einer Glas /Luft Fläche wirkt die Refraktion. Der Brechungsindex liegt so um 1,5, d.h. der Betrag eines Oberflächenfehlers wird im Ergebnis halbiert. Zusammengenommen kommt dabei raus dass eine Fläche im Reflektor 4 mal so genau sein muss wie im Refraktor. Ich hab noch mal nachgerechnet, bei einem Oberflächenfehler von 1° kommt beim Spiegel ein Ausfallswinkel von 2° und beim Refraktor von Ca.0,65° bei einem Brechungsindex von 1,5 raus. (Ist nur etwa 3 mal so groß)


    Noch was, Bei der Korrektur eines Refraktorobjektives macht man das nicht mit allen 4 Flächen, sondern man korrigiert am Schluss eine einzelne Fläche bis die Abbildung stimmt. So gesehen wird doch ein Fehler von mehreren Flächen duch die entgegengesetzte Korrektur einer einzelnen ausgeglichen.
    Grüße marty

  • Hallo Stefan,


    ich vermute ebenfalls stark, dass diese Einschätzung D.Roths auf die damals zur Verfügung stehenden Geräte zurückgeht. Es gab wohl noch nicht so viele gute und vor allem große Spiegel. Vor allem die Erfindung der Dobsonmontierung und der damit verbundenen Möglichkeit des Einsatzes großer Newtonspiegeloptik ist wohl ein Meilenstein gewesen. Sozusagen der Siegeszug großer Spiegel, die dem Amateur bezahlbar und in guter Qualität zur Verfügung stehen. Durchaus eine moderne Entwicklung unserer Generation, die da abgelaufen ist.



    Im Grunde ist es aber wirklich leicht, sich Fallbeispiele zu denken, in denen die 50%-Regel tatsächlich zutrifft und das auch heute noch bezüglich kleinerer Öffnungen, die man mit Refraktoren vergleichen kann.


    Vergleichen wir mal einen 6 Zoll Refraktor, einen Vollapo, mit einem 12 Zoll Newton. Wir unterstellen dem Refraktor vollständige Perfektion. Nun verliert der Spiegel einen Teil seiner Kontrastübertragung durch Obstruktion. Er liegt dann grob bei 9 bis 10 Zoll. Hat der Spiegel nun noch einen leichten Kugelgestaltsfehler von 1/6 Lambda, verliert er weiter an Kontrast in dem für Planeten wichtigen (nicht ausschließlich wichtigen) Bereich. Nun ist der Spiegel auch noch in einem etwas engen Metalltubus eingebaut ohne eine Belüftung. Dann haben wir die Situation, dass der Spiegel, wenn überhaupt, nur die Leistung des 6 Zoll APOs bringt. Das ist eine ähnliche Situation wie beim Vergleich von Frank mit den 2 Zoll Refraktor und 4 Zoll (Kugel-)Spiegel.






    beste Grüße,
    Christian

  • Hi Christian,


    heute lautet die Faustregel doch wohl eher- Newton gegebener Öffnung abzüglich Obstruktion bringt die Leistung der daraus errechnete Öffnung eines gängigen Refraktors (halbwegs gleiche Qualität vorausgesetzt).


    Das ein High End APO so nicht ganz zu schlagen sein wird ist klar, aber gegen den kann man dann auch den thermisch perfekt gebauten Newton mit perfektem Spiegel und kleiner Obstruktion zum Vergleich hinstellen- dann trifft die Rechnung wohl wieder zu.


    Das war vor 1983 so kaum der Fall da damals wohl die Spiegel bei weitem nicht so gut waren bzw. in den günstigen Newtons vermutlich überwiegend Kugelspiegel verbaut waren. Zwar damals noch recht langsame, aber eine Sphäre kann nicht perfekt abbilden, auch bei f/10 nicht.


    Gruß
    stefan

  • Hallo,


    zu Stefans letzter Bemerkung zu den möglicherweise minderen Fertigungsqualitäten von Reflektoren um 1980 könnte man für heute hinzufügen, das um 2010 (von Edel-APO´s abgesehen) den Spiegeln gegenüber anscheinend nur noch minderwertig gefertigte Achromaten und auch ED´s in z. b. nicht mehr justierbaren Fassungen angeboten werden. Meine geliebten langen Achros und der Halbapo sind jüngstenfalls von 1980 und die ziehe ich meinen größeren Spiegeln an Planeten aus praktischer Erfahrung immer noch vor. Manch heute kommerziell auf den Markt geworfener Refraktor könnte einem schon den Spaß verderben.


    Grüße,


    Hubertus

  • Hallo Stefan,


    mein Beispiel war als möglicher Fall zu verstehen bei dem ein Spiegelteleskop der Leistung eines halb so großen Refraktor entsprechen kann, dass also so ein Fall vorkommen kann. Das bedeutet ja nicht dass das so sein muss. Du sprichst die Regel mit dem Kontrastdurchmesser an. Da muss man vorsichtig sein, denn die gilt nur für einen bestimmten Frequenzbereich der MTF nicht für alle, darf also nicht generalisiert werden. H.Suiter gibt im Star Testing diese Regel auch nur in Form einer Ungleichung an: D_effectiv &gt;= D_apertur - D_obstr.




    Gruß
    Christian

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