BB 19.10.04 - 12" am Stadtrand

  • Hallo,


    ...nachdem ich dazu auserkoren wurde, während des Mütterleins Urlaub auf ihre Katzen aufzupassen, bin ich nun für eine Woche wieder ins alte Heim an den Stadtrand von Bochum gezogen.


    Passenderweise wurde es heute recht spät klar und so hab ich fix den 12" GSO auf die Terasse gestellt und mich vom typischen Vorstadthimmel (vielleicht 4.5mag im Zenith) nicht abhalten lassen ein bißchen Deep-Sky zu versuchen. Ohne allzuviele ernste Ambitionen, aber nach Wochen schlechtem Wetters mußte ein bißchen den Dobson durch die Gegend schubsen einfach sein.


    Die Ausbeute der Nacht:


    Zum Aufwärmen gab's M33 - erstaunlicherweise war sie sogar im 8x50 Sucher indirekt zu erahnen... und somit schnell gefunden. Der Anblick war im Gegensatz zu einem ordentlichen Landhimmel natürlich ernüchternd. Aber, im 12er Nagler war dann doch etwas mehr als nur der Zentralbereich zu sehen. NGC 604 war direkt einfach zu sehen, mit etwas Geduld schälte sich auch der Spiralarm hin zu NGC 604 aus der Lichtsuppe. Etwas schwieriger war der Ansatz auf der gegenüberliegenden Seite, mit etwas Geduld jedoch auch ein kurzes Stück weit indirekt sicher zu sehen. Hier und da war mit Tubuswackeln noch mehr recht undefinierte Struktur zu erahnen. Trotzallem war ich überrascht - ich hätte nicht gedacht, dass unter den Bedingungen überhaupt etwas von der Spiralstruktur sichtbar ist. Mit deutlich mehr Geduld, besserer Dunkeladaption und mehr verschiedenen Vergrößerung wäre bestimmt auch noch ein bißchen mehr herauszuholen gewesen.


    Weiter ging's zu NGC 891. Hui, was eine düstere Spindel unter den Bedingungen. Auf den ersten Blick nur recht groß, dabei schmal und sehr lang - halt wie eine edge-on Galaxie aussehen sollte. Allerdings war die Aufhellung im Zentralbereich nicht wirklich offensichtlich und erst nach ein paar Minuten indirekt deutlich. Überrascht hat mich die Ausdehnung der Galaxie hier - es war nicht nur der Zentralbereich sichtbar, sondern (gemessen am recht hellen Vordergrundstern nahe des Zentrums) deutlich mehr an Länge. Das Staubband blitze hier und da indirekt durch, aber erst nach einigen Minuten war ich mir im Zentralbereich sicher, dass ich es auch tatsächlich sehe und mir nicht nur einbilde. Blickweise schien es auch über die gesamte Länge sichtbar zu sein, das war allerdings nicht sicher zu halten und somit mehr unter "erahnen" zu sortieren.


    Da ich gerade in der Nähe war ging es weiter zu Abell 347 direkt daneben. Mit dem 12er Nagler wurde das Feld abgesucht, eine Galaxie war sofort nicht allzuschwer indirekt zu sehen, zwei weiter deutlich schwieriger. Ich habe mir allerdings nicht die Mühe gemacht, dort allzulange zu verweilen, insofern habe ich auch keine Zeichung gemacht oder mir das Feld genügend eingeprägt um das Gesehene später zu identifizieren. Ich habe mir gerade ein POSS-Bild der Gegend angeschaut und bin mir recht sicher, die gesehenen Galaxien dort samt helleren Feldsternen wiederzuerkennen. Ich muß mir nachher dann noch die Mühe machen und die richtigen NGC-Nummern dem Bild zuordnen.


    Als nächstes stand Hinds variabler Nebel (NGC 1554/ 55) auf dem Programm. Doch zu sehen war... nichts, rein gar kein Hauch von Nebel; was mich auch nicht wundert, nachdem ich andere Beobachtungsberichte dazu ergoogelt habe.


    Natürlich durfte im Stier M1, der Krebsnebel nicht fehlen. Im 12er Nagler ohne Filter war er ordentlich hell, direkt erschien er oval mit leichter Aufhellung zur Mitte, indirekt schien dem Oval eine schwaches aber dafür sehr zackiges S oder eher Z überlagert zu sein. Mit etwas Geduld waren auch im Nebel Helligkeitsunterschiede zu sehen. Der OIII-Filter verstärkte den Eindruck noch ein wenig, auch bekam der Nebel eine unaufgelöste klumpige Helligkeitsverteilung (im englischen nennt man das dann mottled oder grainy texture). Ein Teil des "S" erschien nun deutlich kontrastreicher als der Rest.


    Von Westen ziehen nun immer schneller Wolken auf, da wird dann noch schnell M42 eingestellt. Und, wie erwartet, ein schöner Abschluß. Was soll ich sagen? Schon ohne Filter ein Genuss, mit OIII-Filter eine Wucht. Selbst unter den mäßigen Bedingungen hier macht es keinen Sinn, all das gesehene Detail beschreiben zu wollen. Das Seeing war nicht das allerschlimmste und es war gleichermaßen genial bei fast 400x im Zentrum rumzukurven wie bei 125x ein tolles und äußerst detailreiches (fast-)Gesamtbild zu sehen.


    Das Fazit: zwiegespalten. Einerseits merkt man den Verlust an Dunkelheit enorm. Andererseits haben mich gerade Objekte wie M33 und NGC 891 schwer überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dort (vorallem innerhalb der kurzen Zeit die ich nur bei den Objekten verbracht habe) wirklich Struktur vorzufinden.


    Also, laßt euch nix einreden Leute, man kann auch aus der Stadt heraus Deep-Sky machen. Das mußte ich früher notgedrungen fast immer tun, und heute stelle ich fest, dass es zwar kein Vergleich zu einem besseren Himmel ist, aber trotzdem viel Spaß macht.




    Cheers
    Andreas

  • faelup: am Ende eines Postings immer das gleiche stehen zu haben ist ja eigentlich albern, außer vielleicht man zitiert jemanden, der am Ende jeder Rede das gleiche gesagt hat [;)]


    Nun aber: Teil 2


    Selbe Bedingungen, selber Standort.


    Zum Aufwärmen gab's M57, M15 und M31 - vor allem für die Freundin, die auch "mal durchschauen" wollte und danach wenig beeindruckt ins Bett gegangen ist [:D]
    Teil 2 der Aufwärmphase war dann der Cirrusnebel, der natürlich vom Vorstadthimmel nicht wirklich profitiert. Ohne Filter war dann im 30mm TS und im 12er Nagler rein gar nichts zu sehen, mit OIII-Filter schlängelte sich dann das Band von 52 Cyg mehr schlecht als recht herunter. Vom Teil auf der anderen Seite des Sterns war rein gar nichts so sehen.


    Erstes "richtiges" Objekt des Abends war NGC 7662 in der Andromeda, ein PN den ich als recht intensiv in der Farbe in Erinnerung habe. Und so was es auch, nach einer elenden Stocherei im Zenith war er dann endlich im Feld - hell und von einer recht kräftigen grün-blauen Farbe. Bereits im 12er Nagler bei 125x deutete sich in der runden, ganz leicht ovalen Form ein kreisrunder, kleiner dunklerer Bereich im Zentrum an, bei 375x im 4er Plössl war's dann deutlicher. Mehr Detail konnte ich leider nicht ausmachen, definitiv jedoch hätte das Teil noch mehr Vergrößerung vertragen können. Zudem war die Nachführung mit der GSO-Montierung und dem 4er Plössl im Zenith mehr Arbeit als alles andere - halbwegs entspannte Beobachtung war damit leider nicht drin. Der OIII-Filter hat außer einer Konstraststeigerung nicht viel gebracht.


    Direkt in der Nähe befand sich UGC 12588, mit 13.1(v)mag und vorallem recht geringer Flächenhelligkeit bei den Bedingungen kein ganz einfacher Kandidat. Aber das wußte ich da noch nicht, denn ich hab das Teil einfach in der Uranometria gesehen und bin drauflos. Tatsächlich habe ich eine verhältnismäßig große, runde und strukturlose Aufhellung indirekt erahnt - wie sich im Nachhinein bei der Kontrolle mittels POSS-Bild herausstellt, auch an genau der richtigen Stelle. Fein. Was ich allerdings nicht im Atlas esehen habe, war NGC 7640 ebenfalls in der Nähe und wesentlich heller - nun ja, das nächste Mal.


    Weiter ging's zu M76 im Perseus. Ein wahres Prachtobjekt, diesmal leider ohne Farbe. Bereits ohne Filter waren Details auszumachen: der PN zeigte sich als dicker kurzer Balken, die beiden kurzen Seiten deutlich heller, wobei der Ostteil deutlich heller erschien als der Westteil. Hier habe ich mich wirklich geärgert, keine Zeichenutensilien mitgenommen zu haben. Mit OIII und Vergrößerungen zwischen 125x und 167x kamen dann weitere Details hinzu. Sofort indirekt sichtbar waren zwei Sicheln oder gebogene Striche, die jeweils an einem Ende der Balkenkurzseiten vom PN weg führten, wobei die nördliche heller war als die südlicher. Insgesamt ein wenig wie ein "Z". Außerdem erschienen indirekt sehr diffuse Ohren, fast wie bei M27 und viel, viel schwächer. Noch deutlich schwieriger, aber über 50% der Zeit indirekt zu sehen waren an den Enden der Ohren halbmondförmige Dunkelbereiche, deren "gerade" Seite jeweils in Richtung des PN-Zentrums zeigten. Irre, wie das Objekt auf den OIII reagiert.


    Danach wollte ich mich eigentlich ein wenig in der Cassiopeia tummeln, aber ein Großteil war leider schon hinterm Hausdach verschwunden und außerdem war es (besonders mit dem jetzigen Zustand der GSO-Montierung) doch etwas arg mühsam und äußerst schlecht für den Nacken dort rumzustochern. Probiert habe ich IC 59 und IC 63, allerdings war davon überhaupt nichts zu sehen, weder mit noch ohne Filter. Auch von NGC 281 war nichts zu sehen. Wobei ich mir da nicht ganz sicher war überhaupt an der richtigen Stelle zu sein, denn Objekte mitten im "dobsonian hole" mir arg verrenktem Nacken und Auge am Sucher zu finden ist nicht das einfachste von der Welt.


    Es ging wieder zurück in Richtung Perseus, diesmal zu Abell 426 nahe Algol. Das Feld war schnell gefunden und bei 125x waren zu sehen: NGC 1275 war einfach zu erkennen, allerdings war es doch recht schwierig, sie direkt zu sehen. Dafür war sie verhältnismäßig groß, rund und mit deutlicher Aufhellung zur Mitte. Der Rest war schwieriger bis sehr schwer. NGC 1272 war auch noch recht schnell indirekt gefunden, blieb aber rund und strukturlos, eine leicht Aufhellung zu Mitte war zwar zu sehen, aber bei weitem nicht so deutlich wie bei NGC 1275. Auch war sie deutlich kleiner. NGC 1277/78 nahe an NGC 1275 war zunächst (und das alles andere als einfach) als eine schwache, deutlich ovale Aufhellung zu sehen. Nach einigen Minuten zeigte sich jedoch, dass es zwei Galaxien waren, wobei die zu NGC 1275 hin gelegene einen Tick größer erschien. NGC 1270, 1267 und 1268 waren im Dreieck angeordnet indirekt zu erahnen. Nicht definitiv gesehen habe ich NGC 1274 und NGC 1273, ich war allerdings auch ohne Aufsuchkarte unterwegs (die Identifizierungen habe ich gerade im Nachhinein gemacht - solange die Erinnerung noch frisch ist [;)]). Es gab einige Sterne, bei denen ich mir nicht sicher war, ob es jetzt wirklich Sterne sind oder stellar erscheinende Galaxien, aber das war bei 125x oder 167x nicht definitiv zu entschieden, und bei 375x war zu gut wie nichts mehr zu sehen. Ein Okular dazwischen wäre prima gewesen, aber nun ja. Definitiv aber ist Abell 426 ein Objekt auf das ich mich mit dem 12-Zöller unter dunklem Himmel mal so richtig freue.


    Jo, das war's dann auch, danach war Schluß mit lustig, es zog sich zu. Leider, denn eigentlich hatte ich noch einige PNs im Visier. Und immer noch bin ich erstaunt, was man mit 12" Öffnung unter Vorstadtbedingungen sehen kann. Grenzgröße habe ich keine bestimmt, in den Plejaden waren 6 Sterne mit bloßem Auge zu sehen. Was allerdings nichts heißen muß, denn ich brauche dringend eine neue Brille und am Teleskop nutze ich die nicht [;)]



    Cheers
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    schöne Berichte!


    Ich klau dir jetzt die Objekte aus deinem Bericht, einen Ausdruck des Postings nehme ich beim nächsten Spechteln mit! Da passt es gut, das ich einen OIII-Filter neu zuhaus habe. Muss nur noch der Himmel mitspielen. [:(]


    Gruß
    Carsten

  • Nur mal was über den guten, alten Cato. Der hat diesen Satz gar nicht gesagt.


    Zitat aus: http://www.st-klemens.ch/lit_ges1.htm#1.4.2 im Punkt 1.5:


    „Die spätere Überlieferung schreibt ihm, dem unversöhnlichen Gegner Karthagos, zu, er habe jede seiner Reden vor dem Senat mit dem Satz beendet:
    Ceterum censeo Carthaginem esse delendam.
    ("Im übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago vernichtet werden muss.")
    Wenn dieser Ausspruch in seiner pointierten Form auch eine Schöpfung späterer Zeit ist, so charakterisiert er doch sehr treffend die Hartnäckigkeit, mit der Cato auch als Redner seine politischen Ziele verfolgte.“


    Also beende ich ganz passend mit: „Abyssus abyssum invocat.“ [^]



    PS: Das heißt: „Ein Fehler zieht den anderen nach sich.“ [;)]

  • Die wenigsten Leute haben die Zitate, die man ihnen in den Mund legt auch wirklich gesagt [;)]
    Darum ging's auch gar nicht... hey Leute, anstatt sich über Signaturen den Kopf zu zerbrechen lieber rausgehen und beobachten [:D]


    Carsten: besonders würde mich interessieren, was Du so an M76 siehst; und vorallem, wie sich der Baader OIII daran so macht. Den hatte ich nämlich hier vor ein paar Wochen und wieder zurückgeschickt.



    Cheers
    Andreas

  • Hi rootprompt,


    ich hatte gestern zusammen mit Ussy mal M76 reingenommen. Ich/wir können deine Beobachtung leider nicht komplett replizieren, dazu waren die Bedingungen nicht gut genug. Ich habe hochvergrößert bis auf 320-fach (5mm Radian), was das Bild sehr abdunkelte, aber die Strukturen im "oberen" Teil deutlicher werden ließ.


    <b>Folgende Beobachtungen sind leider mit nur wenig praktischem Wert für die Aussage zur Beurteilung vom Baader-OIII-Filter.</b>
    Grund: Der Mond schien doch schon helle, und die Hoflaternen waren noch an. An eine gescheite Dunkeladaption war also nicht zu denken. Man merkte förmlich, wie der Nebel bei längerer Beobachtung am Okular gestalt annahm...


    ... aber egal, dieses ist ja immer noch ein Beobachtungsbericht!


    Instrument: 12" Orion
    Vergrößerung: 320-fach, 5mm Radian (aus Zeitmangel nur diese)
    Himmel: grob geschätze 4m5
    Seeing: so um 5 (Pickering)
    Laune: gut - sehr gut
    Alkohol: 0,0 Promille
    Alkohol-Vorrat: Single-Malt, Bier
    Was hat das damit zu tun?!? [:o)]


    ohne Filter: Der Nebel war trotz Himmelsaufhellung gut zu sehen. Die "Z-Form" war aber nur schwer bei indirektem sichtbar, ohne Struktur.


    UHC-Filter: fast schon zu dunkel bei der Vergrößerung, aber mehr Strukturen im Nebel. Die Balken-Form trat nun hervor.


    Oiii-Filter: eigentlich für meinen Geschmack viel zu dunkel, die Strukturen traten aber deutlicher hervor. Die Form war nun mühelos zu erkennen, und man konnte hellere Bereiche unterscheiden.


    Den schönsten Eindruck bei der Vergrößerung hatte der UHC-Filter geliefert, wenn auch nicht so Detailreich.


    Von den Ohren habe ich leider nix gesehen. Vielleicht schau ich heute nochmal drauf, wenn der Mond weg ist, die Laternen aus sind, und die Wolken da bleiben, wo der Pfeffer wächst.


    Grüße
    Carsten

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