(19) Optische Qualität

  • 18. Bericht: Optische Qualität von Spiegeln


    Der Nachweis über die Qualität von Astro-Optiken wurde viele Jahre absichtsvoll von Herstellern, und damit
    notgedrungen von Händlern umgangen, die sich auch nur auf ihr Erfahrungswissen verlassen konnten. Der
    Sternfreund konnte sich also nie sicher sein, welche Qualität ein konkretes Fernrohr besaß und so wurden
    manchmal zu Unrecht Marken "hochgelobt", nur weil es Hersteller und Händler besser als ihre Mitbewerber
    verstanden, sich ins günstigste Licht zu setzen.


    Markus Ludes muß man das Verdienst zurechnen, daß er es mit dem Sterntest und in Verbindung mit dem
    Aberrator-Programm verstand, über diesen Test zu qualitativen Aussagen über eine konkrete Optik zu kommen.
    Lange zuvor hatte aber auch Martin Birkmeier in informativen Webseiten zum Thema Optische Qualität seinen
    Beitrag zur Aufklärung abgeliefert.


    Teleskop Service in München geht mittlerweile noch einen Schritt weiter, indem er seinen Optiken auf Wunsch
    einen fotografischen Sterntest und/oder ein Ronchigramm (20 lp/mm) beifügt, um dem Sternfreund zu einer
    Einschätzung der gekauften Optik zu verhelfen.


    Die kritischen Fragen zur optischen Qualität nehmen trotz dieser Bemühungen eher zu als ab. Auf astronomie.de
    und auf AstroTreff tauchen also immer wieder Sternfreunde auf die mehr oder weniger tiefschürfend die optische
    Qualität beleuchten, dabei natürlich die eine oder andere Marke ins rechte Licht rücken und dabei vergessen
    machen wollen, daß trotz aller Massenware aus Fernost, jedes Teleskop etwas Individuelles ist, also nur bedingt
    mit dem anderen verglichen werden kann.


    Interstellarum hatte im Frühjahr 2002 die Idee, bei mir mit vier 8-Zöller Dobson aufzukreuzen, die sie drei Händlern
    aus den Regalen gefischt hatten. Bis heute ist mir noch unklar, ob der Schwerpunkt dieses Testberichtes wirklich
    auf die optische Qualität dieser Teleskope zielte. Jedenfalls waren auch hier zwei 200/1000 SkyWatcher Newton
    darunter. Siehe Auch Testbericht Nr. 9 auf AstroTreff/Optic-Board:


    http://www.astrotreff.de/boards/topic.asp?TOPIC_ID=1046


    In Astrotreff interessiert sich Sternfreund "Shaft" augenblicklich deshalb für den Qualitätsunterschied zwischen
    "Galaxy"-Spiegel von ICS, GSO-Spiegel von Teleskop Service und Skywatcher aus USA. Dem Mann kann also
    geholfen werden.


    Wobei bei den beiden erstgenannten Spiegeln Karsten Schätte zu berichten weiß, daß sie aus der gleichen
    Quelle kämen. Da es sich bei beiden "Marken" um hochwertige Spiegel handelt, wie mir das im Labor immer
    wieder aufgefallen ist, wäre der Hinweis von Karsten Schätte also zutreffend. Weil ein Vergleich von Spiegeln
    aus dem Hause Sheng eine langweilige Sache wäre, durchsuchte ich deshalb mein Test-Archiv erneut nach
    Ergebnissen von GSO-Spiegeln und Skywatcher-Spiegeln, wie nachfolgend zu sehen ist. Im Web liegen bereits
    genügend Testergebnisse von GSO-Spiegeln, fügen wir noch ein paar hinzu, vielleicht hilft es ja allen.


    http://www.teleskop-service.de…l/8zgsospiegeltesterg.htm


    Eine generelle KLassifizierung verbietet sich trotzdem, dafür müßte ich Serien-Messungen durchführen, wie mir
    vor einiger Zeit drohend ein Händler aus dem nördlichen Teil der Republik deutlich zu machen versuchte, als
    wir den zaghaften Versuch starteten uns mit den Refraktoren etwas genauer zu befassen.


    Ganz allgemein jedoch muß die Tendenz, etwas mehr Licht in das Thema "optische Qualität" zu bringen,
    positiv gewürdigt werden, egal von welcher Seite die Information kommt. Natürlich sollte man sich auf den
    Wahrheitsgehalt verlassen können, weshalb ich die Dokumente immer zugleich dazulege. Die Praxis möge
    dann jeweils das Bild abrunden.


    Einige Web-Adressen zum Thema Optische Qualität:


    http://www.intercon-spacetec.com/grundlagen/#opt_qual
    http://www.kis.uni-freiburg.de…au/SuhlMai2000/sld018.htm
    http://www.teleskop-service.de…spaket/leistungspaket.htm


    1. Fall 250/1250 GSO-Newton-Spiegel
    ============================


    Typische Justier-Koma



    Wenn ein Newton perfekt retouchiert wurde dann ergibt das beim Interferogramm lineare Streifen, die zueinander
    gleiche Abstände haben. S-förmige Verformung, bauchige, oder kissenförmige Verformung oder ansteigende
    Streifenabstände deuten auf eine Justier-Koma hin, die mit dem Prüfling Newton nichts zu tun haben und demzu-
    folge weggerechnet werden können. In der 3-D-Darstellung wird die Justierkoma in diesem Beispiel deutlich sicht-
    bar, obwohl sie im übernächsten Interferogramm-Bild fast nicht erkennbar ist. In diesem Ergebnis steckt also noch
    die Justierkoma drin: Der Spiegel ist also sogar besser.


    Wie groß in Lambda Peak to Valley ist der Fehler?



    Bei ca. 90% erkennt man eine flache Zone. Wie groß die wiederum ist, erkennt man am nächsten und übernächsten
    Bild. Über das Interferogramm kommt man etwa auf den Wert von L/10 PV Wellenfront, also verschwindend gering,
    aber über Foucault und Phasenkontrast eindeutig erkennbar, auch über den Sterntest eindeutig erkennbar. Da der
    Sterntest in erster Linie ein qualitativer Test ist, taugt er nur bedingt für quantitative Wertbestimmungen, ebenso-
    wenig wie das Ronchi-Gitter.


    Korrektur und Glätte: sehr gut !



    Zweierlei sieht man bei Ronchi: Die Korrektur der Parabel, wenn die Streifen streng parallel sind und damit zugleich
    auch alle Zonen und deren Orientierung bzw. das Profil, besonders auch an den dünneren Beugungslinien dazwischen,
    und an der gleichmäßigen Ausleuchtung der hellen Streifen, daß der Spiegel glatt sein muß.



    2. Fall 250/1255 GSO-Newton-Spiegel
    ============================


    96% oder 98% - das ist die Frage




    Liebend gerne würde ich beide Beispiele als Teleskope nebeneinanderstellen, um auszuprobieren, ob man am
    Himmel überhaupt einen Unterschied bemerkt. Im Labor ginge das über meinen Spalt-Test, dessen Strukturen
    ich bis 1 Micron genau kenne und unter hoher Vergrößerung anschaue und fotografiere, frei von allen störenden
    Einflüssen draußen am Himmel. Nur es lagen ca. 6 Monate zwischen dem 1. und 2. GSO-Testbeispiel.


    Frei von Zonen



    Ein besonders edles Teil und sehr glatt im Foucault-Test


    Das Interferogramm nahezu perfekt



    Ronchigramm intrafokal 10 lp/mm




    3. Fall 200/1000 Skywatcher-Newton-Spiegel
    =================================


    Erheblich über 80% Strehl



    Der PV wave Wert entsteht in erster Linie über die Abweichung der Mitte. Wie am Himmel auch wird der Fehler
    auch bei der Auswertung "fokussiert". Weil aber der Flächenanteil relativ gering ist, kommt trotzdem ein Strehl
    von 0.88 heraus.


    Rand OK, Mitte zu tief!



    Die Mittenabweichung dürfte bei ca. L/4 PV wave liegen. Diese Abweichung würde man im Sterntest bereits
    deutlich intra/extra-fokal erkennen - nur die Gewichtung hinsichtlich Strehl ist über den Sterntest unmöglich.


    Foucault/Phasenkontrast



    Bei diesem Test erkennt man die Topografie und die Feinstruktur der Fläche. Verglichen mit dem Preis, den
    ein Skywatcher-Tubus kostet, ist die Optik dazu passend erstklassig. Preis und Qualität müssen schon richtig
    ins Verhältnis gesetzt werden, die Bereitschaft, für höchste Ansprüche auch etwas mehr zu berappen, ist in
    unserem Land etwas unterentwickelt.


    Ronchi 10 lp/mm intrafokal



    Diese in Autokollimation gegen einen ca. L/12 PV wave genauen 400 mm Planspiegel ist notwendigerweise
    aussagekräftiger, als die mit einfacher Genauigkeit erzielte Ronchi-Gitteraufnahme, wie sie Andrreas Murner
    erstellt mit einem Stern im Unendlichen. Interferogramm, Phasenkontrast und Ronchi-Gitteraufnahme entsprechen
    sich gegenseitig.


    Tendenz stimmt, einfache gegen doppelte Genauigkeit



    Die in einfacher Genauigkeit gewonnenen Ergebnisse einer Ronchi-Gitter-Aufnahme von Andreas Murner beim
    gleichen Spiegel, zeigt den Unterschied: Murner mißt die Situation am Himmel mit einem künstlichen Stern
    im Unendlichen, die bei mir in Autokollimation gewonnene Aufnahme geht mit zweifacher "Gemeinheit" durch
    die Optik, und macht jeden Fehler doppelt gut sichtbar. Also auch Foucault, Ronchi, Phasenkontrast, Spalttest,
    künstlicher Stern etc.


    Fazit: Alle drei Spiegel sind hochwertige Spiegel. Ob deshalb eine Diskussion um ein paar Prozent mehr oder
    weniger Strehl sinnvoll sind, mag der Leser selbst beantworten, je nach Mentalität.


    Fröhliches Beobachten


    Euer Wolfgang Rohr




    http://rohr.aiax.de


    Bearbeitet von: Rohr am: 31/10/2002 20:42:22

  • <BLOCKQUOTE id=quote><font size=1 face="Verdana, Arial, Helvetica" id=quote>Zitat:<hr height=1 noshade id=quote>
    Die in einfacher Genauigkeit gewonnenen Ergebnisse einer Ronchi-Gitter-Aufnahme von Andreas Murner beim
    gleichen Spiegel, zeigt den Unterschied: Murner mißt die Situation am Himmel mit einem künstlichen Stern
    im Unendlichen, die bei mir in Autokollimation gewonnene Aufnahme geht mit zweifacher "Gemeinheit" durch
    die Optik, und macht jeden Fehler doppelt gut sichtbar.
    <hr height=1 noshade id=quote></BLOCKQUOTE id=quote></font id=quote><font face="Verdana, Arial, Helvetica" size=2 id=quote>
    Auch im einfachen Durchgang sieht man Deviationen besser wenn man wenige Linien auf dem Spiegel abbildet. Das gezeigte Beispiel zeigt etwa 16 Linien, drei oder vier Linien zeigen Zonen und TDE wesentlich deutlicher. Es kommt natürlich auch auf die Liniendichte des Gitters an.
    Grüße Martin




    Homepage: http://marty.t.bei.t-online.de
    mailto:Marty.T@t-online.de
    Tel. +49 / (0)30 /216 59 20

  • Das lässt die Frage aufkommen, ob die sonstigen verbauten, mechanisch, optischen Bauteile in der Lage sind das individuell
    aufgezeigte hohe Leistungsvermögen ohne
    nennenswerte Verluste ständig am Okular bereitzustellen.
    Und wo steckt dann der Gewinn an Abbildungsgüte bei SpiegelGeräten der absoluten Spitzenklasse.


    U.Hennecke

  • ====================================================================


    Und wo steckt dann der Gewinn an Abbildungsgüte bei SpiegelGeräten der absoluten Spitzenklasse.


    ====================================================================


    Ab eines Strehls von 0.90 wird die Sache psychologisch. Im Labor läßt
    sich der Nachweis ja mit Mühe noch führen an meiner Spaltabbildung.
    Wobei hier weniger der Strehl sondern mehr Strehl+Glätte eine Rolle
    spielen, also über den Strehl allein nicht beantwortet werden kann.


    Die Spiegel, die in der Praxis ihre "Reifeprüfung" bestanden haben,
    kenne ich vom Labor - es ist also gar nicht tragisch, wenn ein
    Spiegel keine 1.01 Strehl hat, wie sich manche wünschen möchten, wenn
    es rechnerisch nur möglich wäre.


    Wolfgang Rohr





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    http://rohr.aiax.de

  • Da hab' ich doch direkt noch ein paar Fragen zu ;)
    Gehen wir ruhig mal in jeder Beziehung vom absoluten Perfektionismus aus.
    1)
    Ist das vorletzte und das letzte Bild vom gleichen Spiegel ?
    Wie schätzt du das letzte Bild ein (egal ob der Spiegel jetzt 100 oder 1000 Euro kostet) ?
    2)
    Welche Angabe/Wert zum Lambda Peak to Valley ist maximal möglich ?

  • Hallo Shaft,


    das vorletzte und letzte Bild sind zwei Ronchi-Gitter-Aufnahmen.
    Das "Rote" ist mit einem Dioden-Laser ohne Koll-Optik bei 20 lp/mm
    intrafokal mittels Stern im Unendlichen hergestellt und hat
    leider zuviele Linien.


    Das andere habe ich mit einem 10 lp/mm in Autokollimation erstellt
    ebenfalls intrafokal, am gleichen Skywatcher Spiegel erstellt,
    allerdings mit weniger Streifen. Dadurch wird die Messung deut-
    licher. Wer aber beide Ronchi-Bilder vergleicht, wird erkennen,
    daß in beiden die Zonen erkennbar sind,l auch im "Roten" Bild,
    man muß nur ganz genau hinschaun, bzw. wissen, wie es um die
    Genauigkeit von Ronchi-Bildern steht.


    Wolfgang Rohr





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