Test eines Skywatcher Esprit 120 APO
Am 28.4.2012 hatten wir endlich wieder einmal gute Bedingungen. Die Sonne zeigte uns 6 Fleckengruppen, 4 davon beeindruckend groß.
Also entschlossen sich Uwe und ich, den Skywatcher Esprit 120 einmal auf Herz und Nieren am Stern zu testen. Uwe hatte ihn schon bei sich getestet und war überzeugt, er hält mit seinem LZOZ 115mm sehr gut mit. Nun habe ich einen Explore Scientific ED-127, also einen Halb-APO. Wie würde er sich gegenüber dem Voll APO schlagen? Vom Preis her unterscheiden sich die beiden Geräte in voller Ausstattung samt Koffer etc. um satte € 1200. Schon mal ein Wort. Kann der Esprit auch entsprechend mehr?
Das Äußere:
Der Esprit kommt bullig daher, im weißen, wohl sehr massiven Alugehäuse. Sein Gesamtgewicht beträgt satte 11,4 kg, - nichts mehr für eine HEQ-5pro, zumindest nicht mehr fotografisch. Dagegen ist mein 127mm ED im Carbontubus ein Leichtgewicht, nur 6,5 kg bringt er auf die Waage, obwohl der Dreilinser wesentlich länger und (von der Optik her) dicker ist.
Der Esprit macht verarbeitungsmäßig einen sehr guten Eindruck. Alles sitzt, nichts wackelt und die gesamte Ausführung des Gehäuses ist sehr massiv ausgelegt. Daher auch sein extremes Gewicht, das manchem mit seiner vorhandenen Montierung zu schaffen machen würde. Unter einer EQ-6 geht da nichts!
Der 2,5“ Okularauszug läuft gut, doch schon die anderen, die ihn in „der Mangel“ hatten, bemängelten den Auszug. Er ist eben, wie auch der meines ES-127ED ein Chinaprodukt. Die können schon viel, die Chinesen, nur Auszüge, das können sie nicht!
Ergo wird der Esprit mit einem FT-Auszug ausgestattet werden. Das Gerät stammt von Ralf Mündlein, besser bekannt unter „Astro Theke“ in Lindelbach bei Würzburg.
Die Koffer unterscheiden sich gewaltig. Der des ES-127ED würde jedem Hardrock-Musiker zur Ehre gereichen, die "WHO" hätten ihn an den Boxen jedenfalls auch in ihren besten Tagen nicht zertrümmern können (für die älteren hier...), im Gegensatz dazu ist der Esprit-Koffer eine ganz normeler, auch von den FH-Optiken her bekannter Koffer minderer Qualität. Zudem stinkt er entsetzlich!
Beide Refraktoren kamen nun auf eine Doppelbefestigung und gemeinsam auf die EQ-6pro, die derzeit fest montiert auf einer 250kg Säule in der Sternwarte steht. Meine WAM steht derzeit leider mit einem Wackelkontakt der Steuerung im Keller. – Also auch ein Test für die Brauchbarkeit der EQ6, die ja mit einem Teleskopgewicht von 20kg angegeben wird. Hier wird sie insgesamt (mit Okularen und Sucher) mit 19 kg belastet, dürfte wohl an ihre Leistungsgrenze stoßen.
Nun zum optischen visuellen Test: Bedingungen: fast Halbmond, seeing mäßig, teilweise aber brauchbar, fst 4,8, Zirren.
Erster Sterntest an Regulus.
Esprit 120: intrafocal sehr neutral mit leicht bläulichem äußeren Beugungsring, extrafocal zeigt er außen einen leichten, schwachen rötlichen ring, innen relativ deutlich blau/lila
ES-127 ED: intrafocal neutral, äußerer Ring ins gelbliche gehend, extrafocal zeigt er 3 lilafarbige Beugungsringe, focal waren beide gleich.
Saturn und Mars lohnten kaum, Mars war etwas besser, in beiden Geräten die Polkappe und die große Syrte gut zu erkennen. Unterschiede in den Refraktoren konnten keine ausgemacht werden.
M81/82: in beiden Geräten sehr deutlich und kontrastreich, hier glänzte der Esprit mit etwas mehr Kontrast. NGC 3077 war ebenfalls deutlich in beiden Refraktoren zu sehen, im Esprit konnte ich sie leichter lokalisieren. Dies wiederholte sich auch an M13. Auf gleiche Vergrößerung gebracht (ca. 170x), hob sich M13 im Esprit einen Deut besser vom Hintergrund ab und zeigte etwas mehr Sterne aufgrund des besseren Kontrastes.
Nun rüber in den Virgohaufen. M64 war unser Ziel. Da beide Refraktoren noch nicht 100% in die gleiche Richtung schauten, war sie im einen mittig, im anderen am Rand. Da entdeckte Uwe durch Zufall einen wunderschönen und offensichtlich schwierigen Doppelstern. Da wir ihn beide nicht kannten, dachte ich gleich an ein nicht gebundenes, zufälliges „Paar“, also kein physikalischer Doppelstern, was sich auch später herausstellte. Die hellere Komponente ist ein K-0 Stern mit einer Magnitude von 6,6, leicht orangenfarben (SAO-100332), die schwache Komponente ein Stern der Klasse B9IV mit einer Magnitude von 10,78. Da beide sehr eng stehen (ca. 6“ geschätzt ein schönes Paar zum Test. Beide Refraktoren bestanden ihn mit Bravour, auch was die Farbgebung der beiden Komponenten anbelangt.
An anderen Objekten stellten wir immer wieder das gleiche fest. Ein letzter Test an Saturn ließ uns dann doch diese „Testreihe“ beenden, Saturn war grausig anzuschauen – in beiden.
Zu bemängeln ist der Okularauszug, der zwar sauber und professionell aussieht und sehr massiv gebaut ist, leider aber Temperaturschwankungen nicht gut verträgt. Im Laufe der Nacht wurde er immer ruckeliger und fester, man hätte ihn von Stunde zu Stunde leichter einstellen müssen. Dies hatten auch schon andere ähnlich festgestellt.
In der Summe muß man dem Esprit 120 aber eine sehr gute optische Qualität zusprechen, er ist auch für Deep Sky sehr gut geeignet. Nicht zum System wollte die Vixen-Level Prismenschiene passen, sie ist ein Nachbau der Uraltschiene von Vixen. Als wir den Refraktor neben dem meinen plazierten, schauten die Geräte in verschiedene Richtungen. Ein Umbau auf eine bessere Schiene aus meinem Fundus behob dieses Problem.
Nicht zufriedenstellend ist die Klemmung am Auszug. Minischräubchen lassen eine Drehung des Zenitspiegels kaum zu, mit Handschuhen im Winter geht da garnichts. Irgendwie sitzen da am Ende des Tubus noch drei silberfarbene Hebelchen, die wohl als Drehung des Auszugs gedacht sind. Wir haben es nicht versucht, da dies ja ein Testgerät ist und wir nicht wussten, ob die Schrauben tatsächlich dafür da sind. Wir bekamen sie jedenfalls nicht auf.
Wie ist nun meine Meinung?
Wer auf absolute Perfektion Wert legt würde wohl doch eher zum TMB oder Takahashi tendieren. Aber für seinen Preis ist der Esprit ein feines und scharfes Gerät, das sicherlich Freude macht, wäre da nicht das Gewicht. Ein 120mm Refraktor ist ja nun weniger ein stationäres Gerät, man möchte es gerne mal mitnehmen. Aber bei 11,5 kg Eigengewicht und der Notwendigkeit mindestens einer EQ-6 ist dies schon mehr ein stationäres Gerät. Mir persönlich wäre er zu schwer für einen 120er Refraktor, schon wenn ich bedenke, daß mein 127mm ED nur 6,5kg auf die Waage bringt.
Der Explore Scientific ED-127 jedenfalls hat gegen den Esprit nicht schlecht abgeschnitten, soooo viel schlechter ist er nun auch wieder nicht, was mich natürlich beruhigt.
Ich denke, daß Skywatcher hier noch nachbessern wird (oder muß), will man ganz oben mitspielen. Aber die Anfänge sind gemacht und ich denke, die nächste Serie wird noch einige kleine Verbesserungen aufweisen.
Winfried