Exoplaneten so weit das Auge reicht

  • Planeten um andere Sterne sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel


    <b>Ein internationales Astronomenteam, dem auch drei Mitarbeiter der Europäischen Südsternwarte (ESO) angehören, hat mithilfe des Mikrogravitationslinseneffektes ergründet, wie häufig Planeten in unserer Milchstraße vorkommen. Nach ihrer sechs Jahre währenden Suche bei mehreren Millionen Sternen kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Existenz von Planeten um andere Sterne nicht die Ausnahme sondern der Normalfall ist. Die Ergebnisse ihrer Studie erscheinen am 12. Januar 2012 in der Fachzeitschrift Nature.</b>


    Während der vergangenen 16 Jahre haben Astronomen die Existenz von mehr als 700 Exoplaneten bestätigen können [1] und sogar schon damit begonnen, die Spektren (eso1002) und Atmosphären (eso1047) dieser fernen Welten zu erforschen. Natürlich sind solche Untersuchungen einzelner Objekte von unschätzbarem Wert für die Exoplanetenforschung. Eine der entscheidenden Fragen ist aber nach wie vor offen: Wie häufig sind Planeten eigentlich in unserer Milchstraße?


    Der Großteil der heute bekannten Exoplaneten wurde entweder durch die gravitative Anziehungskraft des Planeten auf seinen Mutterstern oder durch die winzige Abschwächung des Sternlichts entdeckt, die zustande kommt, wenn ein Planet auf seiner Umlaufbahn von der Erde aus gesehen direkt vor dem Stern vorbeiläuft. Beide Techniken weisen bevorzugt Planeten nach, die massereicher sind, nur einen geringen Abstand zum Stern haben oder sogar beides. Viele Exoplaneten werden bislang übersehen, da sie unterhalb der Nachweisgrenze dieser Methoden liegen.



    So kann man sich die Sterne der Milchstraße mit ihren Planeten vorstellen. Grafik: ESO/M. Kornmesser


    Ein internationales Astronomenteam, dem auch mehrere Forscher der Arbeitsgruppe von Joachim Wambsganß vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) angehören, hat mit einer völlig anderen Methode nach Exoplaneten gefahndet, die auch solche Planeten nachweisen kann, die einen größeren Abstand zum Stern haben und über einen großen Massebereich verteilt sind. Die Methode nutzt den so genannten Mikrogravitationslinseneffekt.


    Arnaud Cassan, ehemaliger ZAH-Mitarbeiter und inzwischen am Institut d#700;Astrophysique de Paris tätig, ist der Erstautor des Fachartikels in der Zeitschrift Nature, in dem die Ergebnisse der Studie nun präsentiert werden. "Wir haben in den Daten aus sechs Jahren Beobachtungszeit nach Hinweisen auf Mikrogravitationslinsenereignisse von Exoplaneten gesucht. Tatsächlich hat sich dabei herausgestellt, dass Planeten in unserer Milchstraße häufiger vorkommen als Sterne. Außerdem sind kleine Planeten wie die so genannten Supererden oder kühle, neptunähnliche Planeten offenbar zahlreicher als ihre massereicheren großen Brüder", erklärt er. Die Ergebnisse basieren zu einem großen Teil auf Arbeiten, die Cassan während seiner Zeit in Heidelberg durchgeführt hat.


    Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler Daten der Kampagnen PLANET [2] und OGLE [3], in deren Rahmen Exoplaneten über den Effekt nachgewiesen werden, den ihr Gravitationsfeld zusammen mit dem Gravitationsfeld ihres Muttersterns auf das Licht im Hintergrund liegender Sterne ausübt. Stern und Planet wirken dabei wie eine Linse, die die Helligkeit des Hintergrundsterns einige Tage lang verstärkt. Der Verlauf der Helligkeitsänderung hat eine sehr charakteristische Form, dabei ist der Einfluss des Planeten oft nur für einige Stunden messbar.


    Jean-Philippe Beaulieu vom Institut d'Astrophysique de Paris, Leiter der PLANET-Kollaboration, fügt hinzu: "Wir haben die PLANET-Kollaboration eingerichtet, um vielversprechende Mikrogravitationslinsenereignisse mit einem Netzwerk aus Teleskopen verfolgen zu können, die über die ganze Südhalbkugel der Erde verteilt sind – von Australien über Südafrika bis nach Chile. Die Teleskope der ESO haben dabei eine sehr wichtige Rolle gespielt.”


    Die Mikrogravitationslinsen-Methode ist ein besonders nützliches astronomisches Werkzeug, mit dessen Hilfe sich auch Exoplaneten nachweisen lassen, die mit herkömmlichen Methoden nicht aufzuspüren sind. Damit der Effekt überhaupt beobachtbar ist, müssen der als Linse fungierende Stern und der Hintergrundstern allerdings exakt auf einer Sehlinie liegen – und so etwas tritt nur sehr selten auf. Soll bei einem solchen Ereignis auch noch ein Planet um den Linsenstern eine Rolle spielen, muss auch dessen Umlaufbahn genau richtig orientiert sein. “Es ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen: Wir müssen die Helligkeit von ein paar Millionen Sternen mehrmals pro Woche messen, um ein einziges stellares Mikrogravitationslinsenereignis zu beobachten. Und selbst wenn alle so entdeckten Sterne einen Planeten haben, zeigt sich der Planet in weniger als einem Prozent dieser Lichtkurven”, erläutert Wambsganß.


    Aus diesem Grund ist der Nachweis von Exoplaneten über den Mikrogravitationslinseneffekt alles andere als einfach. Dennoch gelang es, mit den Daten der sechsjährigen Beobachtungskampagnen von PLANET und OGLE gleich drei Planeten nachzuweisen: eine Supererde [4] und jeweils einen Planeten mit Massen vergleichbar zu denen von Jupiter und Neptun. Bezogen auf die Rate von Mikrogravitationslinsenereignissen insgesamt ist das eine reiche Ausbeute. Entweder hatten die Astronomen mit den drei Planeten ungeheures Glück oder aber Planeten sind in unserer Milchstraße so häufig, dass eine solch hohe Anzahl an Detektionen unvermeidlich war [5].


    Das Forscherteam kombinierte die Daten der drei gefundenen Planeten mit denen von sieben weiteren Exoplaneten, die ebenfalls über den Mikrogravitationslinseneffekt entdeckt worden waren, und mit der großen Zahl von Sternen, bei denen während der sechs Jahre kein solches Ereignis nachgewiesen werden konnte. Diese (um Größenordnungen zahlreicheren!) Nicht-Detektionen sind für die statistische Analyse genauso wichtig wie die entdeckten Planeten. Aus diesen Berechnungen lässt sich darauf schließen, dass in etwa jeder sechste Stern von einem Planeten mit ungefähr einer Jupitermasse umkreist werden dürfte. Etwa die Hälfte aller Sterne sollten Planeten mit einer Neptunmasse haben, und zwei Drittel Begleiter von der Größe einer Supererde. Die Studie erfasst Planeten, deren Abstände von ihrem Stern 75 Millionen bis 1,5 Milliarden Kilometer betragen (das entspricht in unserem Sonnensystem dem Bereich von der Venus bis zum Saturn) und deren Massen von fünf Erdmassen bis zur zehnfachen Jupitermasse reichen.


    Die Resultate deuten klar darauf hin, dass Sterne durchschnittlich von mehr als einem Planeten begleitet werden. Planeten um andere Sterne sind nicht länger die Ausnahme, sondern die Regel. “Früher ging man davon aus, dass die Erde in unserer Heimatgalaxie einzigartig sein könnte. Jetzt sieht es eher danach aus, als gäbe es in der Milchstraße Milliarden von Planeten mit einer Masse ähnlich der der Erde”, schließt Daniel Kubas, der Zweitautor des Fachartikels.
    Endnoten


    [1] Der Kepler-Satellit hat große Mengen an Exoplanetenkandidaten entdeckt, die in dieser Zahl nicht enthalten sind.


    [2] PLANET steht für „Probing Lensing Anomalies NETwork“. Über die Hälfte der Daten der PLANET-Durchmusterung aus dieser Studie stammen vom dänischen 1,54-Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO.


    [3] OGLE steht für „Optical Gravitational Lensing Experiment“.


    [4] Eine Supererde hat eine Masse zwischen zwei und zehn Erdmassen. Insgesamt hat man bis heute 12 Exoplaneten mit Hilfe der Mikrogravitationslinsenmethode entdeckt.


    [5] Die Astronomen haben mehrere Millionen Sterne auf Mikrogravitationslinsenereignisse hin untersucht. Solche Ereignisse sind so selten, dass von 2002 bis 2007 nur 3247 davon beobachtet wurden. Die statistische Analyse basiert auf einem repräsentativen Datensatz von Detektionen und Nicht-Detektionen aus 440 Lichtkurven.


    Mehr Infos, weitere Bilder und ein Video gibt es auf den deutschen Seiten des ESO Science Outreach Network (ESON) unter: http://www.eso.org/public/germany/news/eso1204

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Planeten um andere Sterne sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Caro,


    wie verhält es sich denn mit der (tatsächlichen oder vermuteten) Masse dieser Planeten. Wurde diese schon einmal in Berechnungen in Bezug auf die Masse des Universums berücksichtigt?

  • Hallo Max,


    überleg mal: Die Masse des Jupiter beträgt gerade mal ein Tausendstel der Sonnenmasse - und die der Erde nur ca. drei Tausendstel der Jupitermasse.


    Wenn du darauf abzielst, mit den Planeten den Anteil an "normaler", baryonischer Materie gegen Dunkle Materie und Dunkle energie abzugrenzen, mußt du außerdem noch bedenken, daß der Großteil der baryonischen Materie gar nicht in Form von Sternen sondern als Intergalaktische Materie vorliegt.


    Schau dir dazu auch mal http://www.scilogs.de/wblogs/b…versum-inhaltsverzeichnis an


    Diese Planeten machen in Bezug auf die Gesamtmasse des Universums den Kohl definitiv nicht fett [;)]


    Viele Grüße,
    Caro

  • Hallo Caro,


    vielen Dank für die rasche Antwort. Da hast Du natürlich recht, auch wenn man davon ausgeht, dass es mindestens 100 Milliarden Planeten (so zumindest hier http://hubblesite.org/newscent…eases/2012/07/nachzulesen) alleine in unserer Galaxie gibt.
    Wenn man richtig überlegt ;) dürften Planeten auch dann "das Kraut nicht fett" machen, wenn Riesen-Sterne vom Kaliber eines VY Canis Majoris mit 30-40 facher Sonnenmasse auch Riesen-Planeten haben würden, das Verhältnis der Planetenmasse zur Masse des Muttersterns aber so wie in unserem Sonnensystem wäre.


    Edit:Rechtschreibfehler

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!