Ein BB, den es gar nicht gibt ...

  • Die aktuell anhaltende Schönwetterkatastrophe beschert uns ja einen Beo-Abend nach dem anderen. Freitag noch Treff mit DaRestem in der Egge und gestern Fernglasspechteln mit vertigo in BIELEFELD (sic!, Bi gibt es schliesslich nicht), naja, am äussersten Rand davon.
    Saukalt, zz (ziemlich zugig) - also erst ein zwei Tees und einen Schnack, dann gings los. Der Himmel war recht gut, trockene Luft und entsprechend wenig Streulicht und eine ordentliche Transparenz. Für die großstadtnahe Lage sogar sehr gut. h+X freisichtig zu sehen, ebenso M44, die beiden Asellus-Sterne und auch der Fuhrmann zeigte mehr als nur den 'Ring'. Die Milchstrasse erschien ansatzweise im Zenit und ich hatte leider mein SQM nicht dabei.
    Neben den FG (gleich mehr dazu) hatte Andreas (vertigo) seinen Astro Pro 102mm ED rausgestellt und spasseshalber zum Einstieg auch auf hatschi gehalten. Im 31er Nagler bei ca. 25x haut es einen aus den Socken - ein riesiges Feld mit nadelpunktfeinen Sternen. Auch die roten Sterne zeigten artig ihre Farbe. Absolut krass.
    Aber der eigentliche 'Zweck' unseres Treffs war ja das Einspechteln von Andreas' neuem Spielzeug, einem 7x50 FMTR. 7,5° Feld steht drauf und tatsächlich passen Orion-Gürtel und das Feld um den Orionnebel komplett ins Okular, mit 'Luft drum herum'. Ein Schwenk in den Fuhrmann bringt alle drei Ms in Sicht. Ein wunderbares Feld. Das Glas ist wirklich klasse und gerade solche Ansichten bleiben eindrücklich im Gedächtnis haften.
    Wechsel zu meinem 10x50 mit 6,5° Feld. Die drei OC passen nun nicht mehr gemeinsam ins Feld, dafür werden die beiden Haufen im Inneren des Fuhrmann-Ringes 'angelöst', das heist in der bauschigen Fläche blinken immer wieder Sterne auf, einige kann ich direkt halten, lediglich M37 ist zickig und bleibt michig.
    Etwas oberhalb von Elnath liegt das Sternenfeld von NGC1893 und 'rechts' daneben die schon freisichtig diffus erkennbare Kette aus 16,17,18,19-Aur. Die in diesem Bereich stehenden Nebel sind natürlich nicht zu sehen, aber die Sternfelder bieten einen grandiosen Blick. Weiter geht es zu Starfish (M38) und Pinwheel (M36) beide werden bei 10x granular und einzelne Sterne blitzen auf, im 7x50 bleiben die Sternhaufen gemottelt-nebulös. Im 10x70 wird es dann richtig genial, die Sternhaufen zeigen noch mehr von ihrer Größe, durch das Mehr an gesammeltem Licht werden in den OC blitzen noch mehr Sterne auf.
    h+X werden erscheinen brillant, zwei reiche Sternhaufen vor dem Hintergrund der Michstrasse. Ich wandere etwas weiter zur Kassiopeia und werfe lange Blicke auf M109103, NGC663 und 559. Die Eule NGC457 habe ich leider vergessen ...
    Eigentlich wollte ich noch auf Carolines Rose (NGC7789) los, aber der OC verschwand schon in den Bäumen. Die Fülle an Sternhaufen in der Cass finde ich immer wieder einmalig. Manche lassen sich im FG auflösen, manche nicht - ein interessantes Wechselspiel.
    Ebenfalls interessant war das FG-Paar aus Andreas' 10x70FMT und meinem 16x70. Hier zeigte sich z.B. M35 schön aufgelöst, aber das 10x70 zeigt den direkt daneben liegenden NGC2158 nur soeben, während der OC im 16x70 deutlich sichtbar, aber natürlich nicht aufgelöst wurde.
    Im M42 zeigten beide Gläser den Nebel mit weit ausladenden Schwingen und auch die Zentralregion war gut abgegrenzt. Das Trapez hingegen blieb im 10x70 ein 'dicker Stern', während das 16x70 es in drei Sterne zerlegte.
    Natürlich haben wir auch die eine oder andere Galaxie, allerdings aufgrund der Stadtnähe nur mit sehr mäßigem Erfolg. M81/82 haben wir ausgelassen, da die Gxen im Zenit standen (Isch 'ab Rücken!), also auf zu M51. Der blieb in allen Gläsern ein einzelner Blob, M101 hat Andreas nur im ED erlegen können. Das Leo-Triplett zeigte im 16x70 nur die beiden Ms als elongierte Flecken. Die zweite 3er-Gruppe im Löwen (M105, M95 und 96) blieb nahezu unsichtbar, selbst NGC2905 war nur zu erahnen.


    Wir konnten die Beobachtungszeit (21:00 - 00:00) prima nutzen und haben natürlich noch viel mehr Objekte gesehen. Ich habe nur die prägnantesten Eindrücke wiedergegeben, da vieles doch der Lichtsuppe der nahen Stadt zum Opfer fiel. Insbesondere dürfte das das Potential von Andreas' 7x50 und 10x70 beschnitten haben, während mein 10x50 und 16x70 mit ihren moderaten AP sozusagen auf Stadtrandbeobachtung ausgelegt sind. Ich hoffe, dass Andreas die beiden Gläser beim nächsten Treff mal mit in die Egge bringt.
    Ich hatte zum ersten Mal die Möglichkeit an einem Abend durch die 4 verschiedenen FMT-Optiken zu schauen. Das 7x50 und das 10x70 kannte ich bisher nur aus der Theorie.
    Vielleicht daher noch ein paar Worte zu meinen praktischen Beobachtungseindrücken...
    7x50 und 10x50 lassen sich gut freihand einsetzen, das 10x70 geht noch kurze Zeit aber spätestens das 16x70 gehört zwinged auf ein Stativ.
    Der Einblick ist bei allen 4 Gläsern entspannt, lediglich das 16x70 erfordert es sehr nah an die Okulare heran zu gehen, was bei hoch stehenden Objekten schon mal zu Verrenkungen führt.
    Das Bildfeld ist bei allen FG untadelig, das 16x70 ist m.E. im äusseren Drittel etwas (aber wirklich nur minimal) weniger definiert als die anderen drei.
    Die unterschiedlichen Okularkonstzruktionen bedingen natürlich ein unterschiedliches Einblickverhalten oder auch eine unterschiedliche Wahrnehmung.


    7x50
    Das 7x50 hat ein riesiges Gesichtsfeld, aber die Okulare haben schätzungsweise nur ca. 50-55° sGF. So wird das sehr brillante Bild nur auf einer sehr begrenzten Fläche abgebildet, im Vergleich zu den anderen FG der Serie hat es geradezu einen Tunnelblick. Das Bildfeld und die Sternabbildung ist dafür tadellos, detailreich und absolut randscharf.


    10x50
    Das 10x50 ist, wie ich finde, das komfortabelste der Fujis. Der Augenabstand ist sehr angenehm und die Abbildung bis auf die äussersten paar % tadellos scharf. Im Vergleich zum 7x50 überwältigt einen das riesige Feld (6,5°) geradezu. Die Okulare haben ca. 70° sGF und entsprechend ist der schwarze 'Trauerrand' wirklich nur soeben am Rand zu sehen.


    10x70
    Dies ist wohl das ,zweitkomfortabelste‘ Fernglas der 4.Es bietet einen sehr gutes Einblickverhalten mit gutem Augenabstand und Okulare mit wohl nicht ganz 60° sGF (auch hier wieder geschätzt). Das Bild zeigt eine definierte Sternabbildung bis zum Rand.
    Es ist freihändig noch ganz gut zu bändigen, das Gewicht von 2kg zieht auf die Dauer aber ganz schön nach unten. Im Vergleich zum 10x50 zeigt das Glas deutlich mehr von schwächeren Objekten. Es verlangt bei einer AP von 7mm aber einen dunklen Himmel.
    Wenn ich nicht schon das 10x50 hätte, wäre dieses Glas trotz des kleineren Feldes mein Favorit.


    16x70
    Was im Vergleich zu den anderen Gläsern zuerst auffällt ist, dass man die Augen fast ans Okular quetschen muss. Danach liefert das FG aber spektakuläre Bilder. Das sGF der Okulare liegt geschätzt bei etwas über 60°, das Feld am Himmel beträgt 4°, womit die beiden Asellusse und M44 gemeinsam ins Feld passen. Freihändige Beobachtung geht sozusagen gar nicht, mit aufgestützten Ellenbogen leidlich und erst auf einem Stativ zeigt das Glas was es kann. So standen h+X schön aufgelöst gemeinsam im Okular und auch die orangen Sterne im Haufen zeigen ihre Farbe.
    OH mit diesem Glas zu beobachten macht richtig Spass.



    Tja, soweit meine Eindrücke. Ich hoffe, ich habe euch nicht zu sehr gelangweilt, aber wann hat man schon mal 4 unterschiedliche FMTs beieinander und kann sie ausgiebig vergleichen.
    Jedenfalls war es ein echt schöner Spechtelabend mit vielen neuen Eindrücken.


    Heute bezieht es sich langsam und der hiesige Himmel gibt nicht mehr viel her. Nach der langen Schlechtwetterpause gab die letzte Zeit jedenfalls endlich wieder ausführliche Gelegenheit zum Spechteln.


    CS
    Andreas


    .... der dringend mal wieder pennen sollte



    PS: Es ist etwas verwirrend, aber wir heissen nun mal beide Andreas ;)

  • Hallo,
    habe eben die interessanten Vergleiche der verschiedenen Binos gelesen. Ein 16x70 Bino gehört einfach auf ein Stativ und hebt sich auch bei den verschiedenen Objekten eindeutig hervor.
    Habe dieser Abende einmal die Russentonne mit 100 mm Öffnung und 42fach (Zoom-Vorsatz 8-24 mm) mit meinem 25x100 Bino auf Stativ bei den Plejaden angesetzt.
    Erst bei 63fach habe ich eindeutig wenig mehr Einzelheiten (Einzelsterne) erkennen können.
    Binokulare Beobachtung erhöht die Sicherheit im Erkennen von Einzelheiten (bei gleichem Objektiv-Durchmesser)ggü. monokular.
    Deshalb waren auch die Überlegungen vor über 10 Jahren: ich wollte die Reichweite ggü. dem 25x100 eindeutig erhöhen. Da war der Schnäppchenkauf des 12,5" Dobson eine echte Bereicherung. (Etliche wissen, daß die Geräte für die Veränderlichen zum Einsatz kommen).
    Hatte vor etlichen Jahren einmal den Tordalk 11x80 ggü. meinem alten 30x80 Bino verglichen.
    Eine hohe Lichtstärke täuscht eine Leistung dar. Jedoch war z.B. der Ringnebel in der Leier kaum zu erkennen. Hingegen im 30x80 "nicht so hell" aber deutlich als Fleck!
    Was ich dieser Tage trotz wirklich klaren blauen Himmel vermißt habe, daß die Reichweite im Dobson selbst bei 305fach nicht unter 14mag ging. Wiederum jedoch waren z.B. die Sterne im Trapezbereich wie ausgestanzt im Gesichtsfeld, kein Flimmern. Mit bloßem Auge waren bestenfalls nur 5,5mag erreichbar.


    Gruß
    Guenther

  • Hi Andreas,


    du hast den Spechtelabend sehr schön beschrieben, mehr kann ich da gar nicht hinzufügen!


    Der Fernglasvergleich hat mir auch unglaublich gut gefallen!
    Alle 4 Fujis sind absolut Klasse, wobei dein 10x50 immer noch mein Favorit ist.[:p][;)][:D]


    CS,
    Andreas

  • Hallo,


    ein toller und sehr sehr interessanter Bericht. Klar, 16x70 geht nimmer Freihändig. Mein 20x80 geht freihändig auch nur im Liegestuhl, ansonsten: Stativ.


    Viele Grüße


    Markus



    ____________________________________________________


    Quidquid agis, agas prudenter et respice finem!
    ____________________________________________________


    DANUBIA - OBSERVATORIUM


    Markus A. R. Langlotz
    Dr.-Bruno-Sahliger-Str. 8
    D-93096 Köfering


    Die Astroseite: http://www.N-T-L.de
    Die Starfinderseite: http://starfinder.N-T-L.de
    Die Mailadresse: ntl.observatory (at) freenet.de

  • Hi!


    Schön, das euch der Bericht gefallen hat! Ich hoffe, dass wir das Treffen in der Egge mal wiederholen können. Ich würde zpeziell das 10x70 gerne mal unter dunklem Himmel ausreizen.
    Das FG ist echt genial, irgendwie kreisen meine Gedanken schon ...
    Allerdings würde mich auch das 100er APM-Bino reizen ... [:p] Dummerweise ist mein Portemonnaie aktuell intensiv zwiebelig.
    X wie der Chemiker sagt, tränenreizend eben [;)]


    CdS
    Andreas

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