Was ist ein "schnelles Newton?"

  • Hallo,
    was meint eigentlich jemand, der sagt, er habe ein "schnelles Newton"? Mein Newton wird nur schnell, wenn ich ihm einen kräftigen Schubs gebe;)


    Vielen Dank für Eure Antwort
    Sönke

  • Hi,


    schnell kommt aus der Fotografie und bedeutet: Viel Öffnung pro Brennweite. Die schnellsten Newtons sind so um f/4, was für eine Teleobjektiv heute eher langsam wäre :)

  • Hallo, nochmal!
    Da muss man etwas genauer sein. Allgemein wird ein Teleskop als schnell bezeichnet, wenn auf Grund der großen Öffnung mehr Licht (Photonen) gesammelt wird und dadurch bei gleicher Vergrößerung mehr Photonen pro Fläche Film/CCD ankommen. Dadurch erreicht man schneller ein gewisses Maß an Belichtung. Da Newtons oft sehr große Öffnungen haben, werden diese oft auch als schnell bezeichnet, Refraktoren können aber ebenso schnell sein, haben dann aber oft grausame Farbschleier (die beim Newton entfallen, der leidet wiederum am Koma).


    Jetzt kommt aber was Wichtiges: Wie oben erwähnt, geht es um die gleiche Vergrößerung. Die f-Zahl berücksichtigt aber nur das Verhältnis Öffnung zu Brennweite! Werden die selben Okulare verwendet, ist das Gerät mit der geringeren f-Zahl tatsächlich auch schneller. Da hat man dann aber eventuell unterschiedlichen Vergrößerungen. Beispiel:


    Mein Newton hat 200mm Öffnung und 880mm Brennweite. Dadurch ergibt sich ein f-Wert von 880/200=4,4.
    Nehmen wir ein Gerät der selben Öffnung und 1320mm Brennweite. Dieses Ding hat dann einen f-Wert von 1320/200=6,6.
    Daher wird mein Newton als schneller bezeichnet. Wenn man aber an beide das selbe Okular anbringt, sagen wir mal 20mm, hat man unterschiedliche Vergrößerungen, nämlich 880/20=44 fach bei meinem und 1320/20=66 fach beim langen, langsamen Newton.


    Meiner Meinung nach sollte man fair sein und gleiche Vergrößerungen betrachten, da man ja speziell bei Deep Sky gewisse Vergrößerungen nicht überschreiten will (weil sonst das Objekt nicht mehr draufpasst). Um auch beim 1320er 44 fache Vergrößerung zu erzielen braucht man ein 30mm Okular. Dieses um Faktor 1,5 längere Okular verkürzt die Belichtungszeit um den selben Faktor, die beiden Geräte brauchen daher gleich lang, um die selbe Belichtung zu erzielen.


    Kann man sich intuitiv so vorstellen: Durch die Öffnung kommt eine gewisse Menge an Photonen. Die wird durch die Vergrößerung auf eine gewisse Fläche "aufgedünnt". Da beide oben genannten Rohre die gleiche Öffnung haben, haben sie bei gleicher Vergrößerung auch die gleiche Belichtungszeit.


    Ich brauch aber beim langen Newton ein entsprechend längeres Okular, wodurch es gewisse Probleme mit der Vergleichbarkeit gibt. Auch haben schnellere Newtons tatsächlich mehr Probleme mit Koma (Das Verhältnis entspricht den Quadraten der f-Werte), haben aber andere Vorteile (meines Wissens nach haben sie es leichter Punkte exakt abzubilden, kann mich aber irren. Dafür brauchen sie bessere Okulare usw.).


    Kurz gesagt: Der f-Wert ist ein ganz schneller, ganz grober Vergleichswert.


    So und ganz unten steht: Ich bin auch ein ganz blutiger Anfänger, hab mir das oben Geschriebene aber bestätigen lassen (müsste irgendwo zu finden sein, such mal nach Postings von mir, sind nicht so viele) :)


    Beste Grüße,
    Günther

  • Hi Defferl,


    zu dem Thema gäbe es natürlich noch viel mehr zu sagen. Aber der Begriff "schnell" kommt eben aus der Fotografie. Und dort hat man dann natürlich die gleiche Vergrösserung, weil man dort ja nicht von Öffnung redet, sondern von Brennweite, also:


    Ein Objektiv


    500 mm f/8 ist langsam gegenüber einem
    500 mm f/4


    bei gleichem Abbildungsmasstab.


    Fair ist das allemal. Und fotografisch nicht grob, sonder extrem präzise.


    Von Okularen zu reden macht dann aber überhaupt keinen Sinn mehr, weil der Begriff NUR für die Fotografie Sinn macht. Als Masszahl für die nötige Belichtungszeit.


    Wenn du nun auch noch das Koma eines Newtonspiegels ins Spiel bringen willst: Koma sagt, dass es ein schneller Newton schwer hat Punkte als Punkte ab zu bilden. Weil Koma ist ja ein Abbildungsfehler. Also ist es gerade umgekehrt. Aber auch nur "nicht auf Achse".


    Visuell gesehen ist der Unterschied zwischen f/8 und f/4, dass ein f/4 die kleinere Airydisk hat. Falls er durch sonst nichts begrenzt würde hätte er also die kleinere Sternabbildung.

  • Hallo Sönke und Tom :)
    Besten Dank für die Erläuterungen bez. Punktabbildung! Das musste tatsächlich noch besser herausgearbeitet werden. Da ich an sich aus der Fotografie komm, ist mir der Unterschied auch klar, hab' mich aber offenbar ettliche Male nicht exakt genug oder korrekt ausgedrückt (siehe Koma ...).


    Ich persönlich hab' ein ziemliches Problem mit der f-Zahl in der Teleskopie, da sich der Wert ja nur auf den Hauptspiegel/linse und nicht auch auf das Okular bezieht. In der Fotografie gibt's ja nichts Vergleichbares. Wenn ich aber jetzt mal praktisch (Deep Sky) betrachte, hab' ich das Problem, dass ich nicht einen spez. Abbildungsmaßstab brauche, sondern eine spezielle Vergrößerung (okay, auch nicht genau, ich brauch das gleiche Bild, sprich, etwa M-31 drauf).


    Meiner Meinung nach sollte man bei Teleskopen wesentlich weniger Wert auf die f-Zahl legen als beim Fotografieren, da ja noch ein Aspekt dazukommt, ohne den der f-Wert aussagelos ist (bezüglich Belichtungszeit!! Und dafür wird er ja oft hergenommen). Daher hab' ich auch geschrieben, dass es nur eine grobe Maßzahl ist. Offenbar gibt es immer wieder Menschen, die denken, dass ein schnelleres Gerät die gleichen Objekte immer schneller belichtet. Und das wollte ich einfach mal als falsch hinstellen! Hier kann man einfach nicht die fotografischen Erfahrungen eins zu eins übernehmen.


    Beste Grüße und Dank noch mal für die Korrekturen und Ergänzungen,
    Günther :)

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