Bayerisches Teleskop Meeting in Pfünz

  • Bayerisches Teleskop Meeting in Pfünz


    Das Bayerische Teleskop Meeting sparte nicht mit Superlativen. Auf dem ca. zwei Fußballfelder großem
    Areal drängten sich bundesweit die Sternfreunde hoch über dem Altmühltal bei Pfünz ca. 8 km von
    Eichstätt entfernt, einer äußerst katholischen Gegend - der Astro-Szene jedoch nicht abträglich. Die Ver-
    anstalter, man kann sie gar nicht positiv genug würdigen, gerade weil dies manchen in der Szene gar so
    schwerfällt, hatten nicht nur einen guten Platz sondern mit entsprechender Infrastruktur für die alltägliche
    Verrichtungen bzw. Verpflegung gesorgt. Obwohl die erste Nacht verregnet war, - bei Teleskoptreffen so
    üblich - kamen die Freaks in den nachfolgenden Nächte durchaus auf ihre Kosten. Bayern, das Land der
    Berge, haben manche unter den Freaks sehr wörtlich genommen und deshalb eine Leiter mitgebracht, um
    ihr ca. 4 Meter hohes und größtes Teleskop am Platz zu "besteigen" - entsprechend lang war denn auch
    die Warte-Schlange vor dem 500 kg schweren supergeilen Mega-Dobson.


    Alles Feldküche oder was?



    Am Mittwoch abend rollte ein größerer Transport aus Regensburg an. Wolf-Peter Hartmann, ergrauter
    Astro-Kämpe hatte endlich seinen langjährigen Traum verwirklicht und seinen leicht angewitterten
    800/4000 Lomo-Newton in ein entsprechend hohes und schweres Dobson-Gerüst eingebaut. Zunächst
    hatte es den Anschein, daß er die Feldküche eröffnet mit einem deftigen Bayerischen Schmankerl aus
    der Wurscht-Kuchl der Römerstadt, bis sich dann nach ca. 45 Minuten herausstellte, daß es doch einer
    der großen Licht-Eimer sei, wie sie in der Szene nicht mehr selten sind. Der Aufbau selbst war bereits ein
    High-Tech-Unternehmen, bis alle Seilwinden, Abrollschienen, Stützpunkte installiert und das "Spielzeug",
    auf dem Boden endlich angekommen, zur wahren Größe mutierte.


    Fitness-Programm für späte Tage



    Alle Hände voll zu tun hatten die Regensburger bis nach ca. 45 Minuten unter anfeuerndem Beifall aller
    neugierigen Zuschauer das Ungetüm einsatzbereit war. Der Himmel jedoch verweigerte sich zunächst,
    weshalb der Mega-Dob seinen schwarz-bayerischen Kondom, und später noch einen Regenschutz
    übergestülpt bekam, den er in der folgenden Nacht auch dringend brauchte.


    Leiter zu kurz!



    Einige der Herrschaften genossen die Aussicht auf der beachtlich hohen Mega-Dob-Leiter, bis
    sich spätestens am zweiten Abend im Zenit herausstellte, daß dem stolzen Besitzer tatsächlich noch
    ein paar Zentimeter zum perfekten Glück fehlten, trotz Einlegsohlen und Plateau-Schuhe. Gottseidank
    standen nicht alle Objekte im Zenit, sodaß man sich halt gedulden mußte, bis sich M 13 dem Betrachter
    zuneigte.


    Das isser !



    Der Verfasser tat, was er immer tut, er guckte sich Spiegel an und nutzte die Gelegenheit, sein Konterfei
    in einem 500/2500 Dobson Newton abzulichten.


    Verblüffende Lösungen



    Das Wachspapier, auf dem die schwarze Velour-Folie aufgebracht ist, sollte man tunlichst aufheben!
    Jener stolze Dobson-Besitzer hatte die Idee, die Gleiteigenschaften dieser Folie bei seinem Gerät
    einzubauen, mit Erfolg, wie die Leichtgängigkeit seines Dobsons beweist: Also läuft die Rockerbox
    auf drei Teflon-Pads und eben dieser Wachsfolie, superleicht, wie auch Stathis anerkennend konstatierte.


    Der stolze Besitzer



    Man möge es dem Berichterstatter aus Altergründen nachsehen, wenn er sich zwar die Gesichter merken,
    aber schon bei den Namen etwas Probleme hat. Jedenfalls brauchte sich der junge Mann am anderen
    Ende seines Dobsons über mangelndes Interesse wirklich nicht zu beklagen. So schauen glückliche Stern-
    freunde aus, die mit der Strehl-Diskussion ihren Frieden geschlossen haben.


    Astro-Händler sind ganz normale Menschen



    Weil Astro-Händler in der Regel Telefon-Dienst rund um die Uhr haben, konnte man zu Beginn gerade
    erst einen dieser Spezies entdecken. Der arglosen Betrachter stellt fest, es sind genauso normale
    Menschen, wie alle übrigen Sternfreunde. Wie kam es dann, daß auf'm anderen Board gar manche von
    ihnen aufs Höchste angefeindet wurden?


    Prominenz war auch da !



    Was wäre die deutsche Spiegelschleifer-Szene ohne die beiden ! Der Linke, Martin Trittelvitz, Berlin,
    der in SuW-Verlag ein umfassendes Werk für die Spiegelschleifer veröffentlicht hat, der rechte, etwas
    kleinere Stathis Kafalis, München, der auch vor großen Spiegel-Durchmessern keine Angst hat, und
    die Qualität des französischen Optik-Guru Verneth in jedem Falle einstellt, obwohl er nicht nach der
    Caustik-Methode mißt. Zu rühmen sind seine äußerst glatten Oberflächen, bei der Justage seiner
    Newtons jedoch, sollte er auch den Fangspiegel justieren, um alles aus den Spiegeln rauszuholen,
    was er selbst hineinpoliert hat an Qualität


    Wie wesentlich glatte Oberflächen sein müssen, konnte der Verfasser eingehend am 308/1465
    Newton-Spiegel von Kurt Schreckling studieren. Genau diesen Spiegel hatte er noch gut im
    Gedächtnis, der auf der optischen Bank ein Höchstmaß an Kontrast und Auflösung geboten hatte.
    Was leistet ein solcher Spiegel in der Praxis? 500-600-fache Vergrößerung ist für einen solchen
    Spiegel kein Problem - toll! Auch sieht man sehr schön die Beugungs-Ringe - auch keine Selbst-
    verständlichkeit. Die Epsilon Lyrae Sterne waren exakt getrennt und breiter schwarzer Himmel
    dazwischen, das Streulicht auf ein Minimum reduziert. Spätestens jetzt hatte ich den Beweis, wie
    wichtig glatte Flächen sind. Vorteilhaft wirkte sich auch der geschlossene gut isolierte Voll-Tubus
    von Kurt aus, der das Tubus-Seeing fast auf Null brachte, während bei den großen Dobsons allein
    die Körperwärme für kräftige Luft-Wallungen sorgte. Den Kurt Schreckling kann man sich im 10.ten
    Labor-Bericht anschauen.
    http://www.astrotreff.de/class…TOPIC=1054&FORUM=37&CAT=2


    Ein Newton - klein und handlich!



    Sein 600-Dobson, zeigte uns Stathis, läßt sich mühelos in einem Kleinwagen unterbringen, den ihm ein
    Gönner unlängst geschenkt hat. So reist er also nicht mehr mit dem Fahrrad an, den Dobson auf dem
    Rücken. Wie dieses Hobby ohne Auto zu bewerkstelligen sei, kann uns eigentlich nur Stathis erklären.


    Schleifen stärkt die Glieder



    Drehungen sind auch auf diese Art zu realisieren: Die Rockerbox und das Untergestellt. Auf diesem Foto
    wird endlich klar, daß Spiegelschleifen ins Fitness-Programm von Stathis gehört, beachtet man die
    Muskel-Packete an Arm und Bein des Gladiatoren - vermutlich bei geöffnetem Fenster in irgendeiner
    Münchner Parklandschaft.
    Daß Stathis mit wesentlich kleineren Tools schleift, und trotzdem keinen Astigmatismus produziert,
    und das alles ohne Maschinen-Einsatz läßt den Respekt vor Stathis Kafalis noch steigern - wie sagte
    Feinoptiker Alois Ortner: Euch kann ich nichts mehr beibringen, ihr wißt doch schon alles.


    Der Trick mit der Wäscheklammer



    Den pfiffigsten Lösungen begegnet man auf solchen AstroTreffen! Da hat ein Sternfreund aus Lichtenfels
    einen Dobson aus seinem C8 gemacht. Und damit er sich nicht den Hals verrenkt im Zenit, hat er das
    gute Teil seitlich angebohrt und führt den Strahlengang seitlich über die Horizontal-Achse heraus. Ein
    ellyptischer Fangspiegel löst das Problem. Mittels Gewindestange läßt sich die Einheit auch noch fein
    aussteuern. Die Federkraft zweier Wäscheklammern drückt die Gewindestange bei Bedarf an einen
    dicken Zylinder, der aus einer Spanholz-Platte hergestellt wurde: Damit pirscht er sich zartfühlend an
    das erwünschte Objekt heran.


    Überdimensionierter Feldstecher



    Nicht der Eisverkäufer war an diesem sonnigen Tag unterwegs, sondern ein Sternfreund mit einem
    Real-Bino, also zwei 500-er Newton-Spiegel oder ein etwas zu groß geratener Feldstecher. Zwar noch
    nicht ganz fertiggestellt, beeindruckte dieser Zwillings-Dob bereits bei diesem Treffen den neugierigen
    Zuschauer.


    Gott mit Dir, Du Land der Lederhosen und Laptops bzw. High-Tech-Geräte, das BTM hatte es eindrucks-
    voll unter Beweis gestellt, der Zuspruch war jedenfalls gewaltig. Viel zu früh mußte der Berichterstatter
    wieder heimfahren zu Weib und Kind.


    Wolfgang Rohr





    http://rohr.aiax.de




    Bearbeitet von: Rohr am: 09/09/2002 18:47:16

  • Hallo Wolfgang,


    einen super Bericht hast Du hier abgeliefert, hab auch von anderer Seite bisher nur Gutes über das diesjährige BTM gehört.


    Naja, für mich lag das IHT praktisch vor der "Haustür" und bis zum ITT in Kärnten ist's ja auch nur noch wenige Tage hin <img src="http://www.astrotreff.de/images/icon_Smile_cool.gif" border=0> ... das mildert die Betrübnis, nicht zeitgleich auf mehreren Treffen sein zu können.


    Sternfreundliche Gruesse


    Matthias
    IHT-Bericht: http://www.astrotreff.de/boards/topic.asp?TOPIC_ID=1108

  • Hallo Wolfgang,
    Herzlichen Dank für den schönen Bericht. Ich habe das heurige BTM wirklich genossen. Es waren so viele außergewöhnliche Astronomen und Geräte beisammen, wie man es sicher ganz selten findet. Schade, daß das Treffen im nächsten Jahr ausfallen soll. Vielleicht gibt es doch jemand, der die Mühen auf sich nimmt. In diesem Zusammenhang auch vielen Dank an den Uli, dessen Einsatz das alles erst ermöglicht hat.
    Ich hab noch nicht begriffen wie man Fotos einbindet, sonst hätte ich auch noch ein paar dazugetan.
    Grüße Martin



    "Denken Sie daran: Diejenigen, die über sich selbst lachen können, werden am ehesten ernst genommen!" Prof. Harald Lesch


    Homepage: http://marty.t.bei.t-online.de
    mailto:Marty.T@t-online.de
    Tel. +49 / (0)30 /216 59 20

  • Hallo Marty,


    eine kleine Einleitung zum Einbinden von Bildern findest Du hier (und in den nachfolgenden Abschnitten):
    http://www.astrotreff.de/boards/faq.asp#hyperlink


    Weitere Infos gebe ich Dir, wenn gewünscht, gern per Mail (Matthias@Astrotreff.de) oder in der Foren FAQ unter
    http://www.astrotreff.de/boards/forum.asp?FORUM_ID=3


    Gruesse - Matthias

  • Was für ein herzhafter Bericht!


    Viel wichtiger, als die Teleskope werden für mich immer mehr all die Leute, die ich da treffe. Es war eine sehr angenehme, relaxte und perfekt ausgeglichene Atmosphäre. Genau so relaxt und perfekt wie der Blick durch Kurt's 12" Quarzmonster (so eine scharfe Scherbe habe ich bisher äußerst selten gesehen!). Ich für meinen Teil steige für einen Omega Nebel Lichtschwall auch gerne 4 Meter die Leiter hoch.


    Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Wolf Peter Hartmann, der trotz all der gesundheitlichen Rückschläge in der Vergangenheit es nicht gescheut hat, 750 Kilo Material vorzufahren und uns mit weitgereisten Photonen vollzupumpen. Der Kerl rannte wie ein 20- Jahriger die Leiter hoch. ATM-ing als Verjüngungskur?


    Danke Uli für die Organisation. Es wäre ein herber Verust, wenn das BTM nicht mehr wäre.

  • Lieber Wolfgang, DANKE fuer diese schoenen Eindruecke. Es gibt also doch noch welche in Deutschland, die mit der deutschen Sprache umgehen koennen - humorvoll und geschliffen formuliert . Auch freut es mich, dass Du nicht zu denen gehoerst, die mit "hi" und sonstigen - den amerikanischen entlehnten - Ausdruecken hausieren gehst, um wer weiss wie auch immer "in" zu sein. Diese Anbiederei so mancher Deutscher an die angelsaechsische Kultur macht mich ganz krank; uebrigens verlangt kein einziger Amerikaner so etwas.
    Schade, dass ich nicht kommen konnte, mich haette schon einmal ein Blick durch Kurts und Stathis Spiegel gereizt um zu sehen, ob sie wirklich mehr hergeben als mein 400er. Das 500er Bino muss, wenn's denn mal funktioniert, mit Sicherheit ueberwaeltigende Bilder hergeben und kann es dann auch sicher mit einem 800er aufnehmen. Nochmals Gratulation fuer Deinen wunderschoenen Bericht. Gruss Rolf

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!