Geheimnis um Plutos Dünen enthüllt

  • <b>Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Geografie, Physik und Planetenwissenschaften beschreibt in „Science“ ihre Untersuchung von Bildern der Oberfläche des Zwergplaneten Pluto, die im Juli 2015 von der NASA-Sonde New Horizons aufgenommen worden waren. Die Bilder zeigen, dass sich eine Reihe von Dünen über ein über ein fast 75 Kilometer langes Gebiet von der Grenze der „Sputnik Planitia“, einer herzförmigen Eisebene, bis zu einem Gebirgszug auf Pluto erstrecken. </b>


    „Wir wollten erklären, warum Dünen auf dem Pluto vorkommen“, sagt Dr. Eric Parteli von der Universität zu Köln. Zunächst analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die räumliche Anordnung der Dünen und nahe gelegener Windverwehungen und erstellten spektrale und numerische Modelle. Daraus schlossen sie, dass sich sandkorngroße Methankörner durch die Sublimation von Stickstoff aus dem Boden lösen und ablagern. Dabei geht der Stickstoff vom festen direkt in den gasförmigen Zustand über.


    Parteli berechnete, wie sich die Dünen auf Pluto bewegen: „Wir untersuchten den Sandtransport unter solch extremen Bedingungen, wie sie auf Pluto herrschen.“ Verantwortlich für die Dünenbewegung ist die sogenannte Saltation der Sandkörner. Dabei übertragen die angeschobenen Körner hüpfend ihren Impuls auf andere, auf dem Boden liegende Körner. „Die Einschläge der Körner in Saltation setzen neue Teilchen in Bewegung“, so der Geowissenschaftler und Physiker. Dieser Mechanismus verursacht ein für die Dünenbewegung ausschlaggebendes Systemverhalten, das man Hysterese nennt. „Wenn der Sandtransport einmal begonnen hat, kann er mit Hilfe der Saltation aufrecht erhalten bleiben.“


    Auf Pluto ist die Atmosphäre eine Million Mal dünner und die Schwerkraft etwa zwanzig Mal geringer als auf der Erde. Genau diese extremen Bedingungen unterstützen die Saltation auf dem Kleinplaneten. „Bei dünner Luft, wie auf Pluto, ist Hysterese viel stärker ausgeprägt als auf der Erde“, sagt Parteli. „Durch die geringere Schwerkraft und den verschwindenden Luftwiderstand können Sandkörner viel leichter in Saltation bleiben.“


    Das Anschieben einer Bewegung kostet mehr Kraft, als die Bewegung zu erhalten, wie jeder Autofahrer weiß: Während die Dünen im 1. Gang anfahren, brauchen sie mehr Schub als wenn sie danach im 4. Gang über die Oberfläche gleiten. Auf der Erde reichen für den Erhalt der Saltation Winde aus, die 20 Prozent schwächer als die Initialwinde sind. Doch durch die wesentlich geringere Schwerkraft des Pluto und den extrem niedrigen atmosphärischen Druck reicht hier weniger: Die Methankörner werden durch Winde zwischen 30 und 40 km/h transportiert. „Die Geschwindigkeit der Erhaltungswinde kann auf Pluto hundertmal kleiner sein als die Anfangsgeschwindigkeit“, erklärt Parteli.


    Das Forschungsteam zeigte auch, dass neben dem Wind noch weitere Mechanismen für den Transportbeginn relevant sind. „Wahrscheinlich spielen die durch die Sonneneinstrahlung herbeigeführten Temperaturgradienten in der granularen Eisschicht eine wichtige Rolle für den Saltationsbeginn auf Pluto“, sagt Parteli. „Im Inneren des Bodens entsteht ein Überdruck, wodurch Partikel an die freie Luft emittiert werden können, um sich anschließend durch Saltation zu bewegen.“ Die ermittelte Windgeschwindigkeit und die Dünengröße erlaubte den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen Rückschlüsse auf eine wahrscheinliche Korngröße von 200 bis 300 Mikrometern auf dem Kleinplaneten. „Die Sandkörner unterscheiden sich in ihrer Größe also nicht von denen auf der Erde“, resümiert Parteli.


    Das Grenzgebiet zwischen Eisebene und Gebirgskette bietet perfekte Bedingungen für die Entstehung solch regelmäßiger Landschaftsformationen. Die Forscherinnen und Forscher vermuten, dass sich die Eigenschaften der Dünen durch ihre ungestörte Morphologie und ihre Interaktion mit dem Untergrund aus Gletschereis innerhalb der letzten 500.000 Jahre herausgebildet haben – vielleicht sogar vor sehr viel kürzerer Zeit.


    Dr. Matt Telfer, Geograf an der University of Plymouth und Erstautor des Artikels, sagt: „Wir wussten, dass jeder Himmelskörper im Sonnensystem mit Atmosphäre und einer felsigen Oberfläche Dünen hat. Aber wir wussten nicht, was wir auf Pluto finden würden. Es hat sich gezeigt, dass sich auch hier Dünen bilden, obwohl es nur so wenig Atmosphäre gibt und die Oberflächentemperatur nur ca. minus 230 Grad beträgt. Die Daten von New Horizons haben uns eine Fülle neuer Details geliefert, aber es war nicht leicht herauszufinden, wie der Nachschub an Sedimenten funktioniert und die lockere Oberfläche und der nötige Wind entstehen, die für die Dünen notwendig sind. Die Erkenntnisse sind ein neues Puzzlestück, um diesen vielfältigen und weit entfernten Himmelskörper zu verstehen. Sie ermöglichen ein grundsätzlicheres Verständnis der geologischen Prozesse, die ihn beeinflussen.“


    Dr. Jani Radebaugh, Geologin an der Brigham Young Universität, ergänzt: „Als ich die Bilder von New Horizons das erste Mal sah, dachte ich sofort, dass das Dünen sein müssen. Aber es war sehr überraschend, weil wir wissen, dass es dort so wenig Atmosphäre gibt. Obwohl er dreißigmal so weit von der Sonne entfernt ist wie die Erde, hat Pluto doch erdähnliche Eigenschaften. Wir haben uns bisher darauf konzentriert, was in unserer Nähe liegt, aber es gibt auch eine Fülle von Erkenntnissen in den Weiten des Sonnensystems.“


    Das Team will nun die Entstehungsgeschichte der Pluto-Dünen mittels Computersimulationen untersuchen. „Diese Forschung ist wichtig für unser Verständnis der Rolle des Windes in der Geologie des Pluto“, sagt Parteli.


    Weitere Infos auf den Seiten der Uni Köln unter https://www.portal.uni-koeln.de/9015.html?&tx_news_pi1[news]=4917&tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=ccb95ad6d2d885309f35f44c8b198393

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