Ein Stern auf der Durchreise

  • <b>Andrea Kunder, Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), hat mit ihrem Team die Geschwindigkeiten von rund 100 RR Lyrae-Sternen im Zentrum unserer Milchstraße untersucht und dabei völlig unerwartet einen Stern entdeckt, dessen Geschwindigkeit fast 500 km/s beträgt. Da alle RR Lyrae-Sterne pulsieren und die gleiche Leuchtkraft haben, konnte das Team sowohl die exakte Entfernung als auch den Orbit des Sterns für die letzten eine Milliarde Jahre rekonstruieren. Das Ergebnis fällt klar aus: Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem Stern um einen Passanten aus dem Außenbereich unserer Milchstraße, dem sogenannten Halo, der aktuell durch den Zentralbereich hindurchrast, den Bulge. </b>


    „Der Stern mit dem Katalognamen MACHO 176.18833.411 hat die höchste Geschwindigkeit, die wir je bei einem RR Lyrae-Stern im Bulge messen konnten. Mit einer Geschwindigkeit von 482 km/s bewegt er sich knapp unterhalb der Fluchtgeschwindigkeit, die ihn aus der Galaxie hinaus schleudern würde”, so Andrea Kunder. Sterne mit so hoher Geschwindigkeit sind sehr selten nahe des galaktischen Zentralbereichs zu finden. Da es sich bei dem jetzt entdeckten Stern um einen RR Lyrae-Vertreter handelt war es den Wissenschaftlern möglich, seinen Orbit detailliert zu berechnen. Sie fanden dabei heraus, dass die Bahnbewegung des Sterns nicht auf den Bulge begrenzt ist, sondern sich bis weit in die Außenbereiche erstreckt, dem Halo der Milchstraße.



    Die berechnete Bewegung des Sterns (blau) über die letzten eine Milliarde Jahre. Der Stern (rot) wurde nahe dem galaktischen Zentrum (mittig) entdeckt, bewegt sich aber anders als unsere Sonne (gelb) mit rasender Geschwindigkeit weit über die Scheibe der Milchstraße hinaus. Allein durch die Schwerkraft wird er immer wieder ins Zentrum zurückgezogen. Illustration: AIP / J. Fohlmeister, A. Kunder


    Dank dieser Entdeckung wird es zukünftig einfacher werden, alte Bulge-Sterne von solchen in anderen Regionen der Milchstraße zu unterscheiden. Auch im Bulge muss damit gerechnet werden, Sterne aus den Außenbereichen zu finden. Solche durchziehenden Sterne könnten fälschlicherweise für ursprüngliche Bulge-Sterne gehalten werden. Dass der jetzt entdeckte Stern ein Einzelfall ist, gilt als äußerst unwahrscheinlich.


    *RR Lyrae-Sterne sind veränderliche Sterne, die in der Astronomie als sogenannte „Standardkerzen“ dienen mit denen galaktische Entfernungen gemessen werden können. Der erste dieser Sterne wurde imSternbild Leier entdeckt. Bis heute wurden über 38.000 RR Lyrae-Sterne identifiziert.


    Weitere Infos auf den Seiten des AIP unter http://www.aip.de/de/aktuelles/presse/bulge

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