Wie „deep“ ist der Fernglas-„sky“?

  • Zugegeben, eine etwas blöde Überschrift. Aber wenn man so richtig tief ins Universum schaut und manchmal mehr sieht als erwartet, dann macht das einfach unheimlich viel Spaß – und wenn das mit so einem kleinen Ding passiert, das man freihändig vor den Augen hält, umso mehr!


    Über Ostern war wieder einmal Familienbesuch im Spreewald dran, auch diesmal versprach der klare blaue Himmel einiges – allerdings war der Mond noch ganz schön voll am Gründonnerstag und Karfreitag. Karsamstag ließ ich sogar das traditionelle Osterfeuer sausen und wurde mit einem 6,0mag-Himmel in Ursa Major belohnt.


    Dabei hatte ich „nur“ mein Jenoptem 10x50 ohne Stativ und das 20-60x80er TS-Spektiv.


    Los ging es mit dem Löwen:


    Regulus zeigte im FG seinen schwachen Begleiter relativ leicht. Mit dem Ziel, irgendwann alle Messierobjekte im 10x50 beobachtet zu haben, ging es los mit dem Leo-Quartett (M 65 und M 66 sind schon selbst im 8x30 „abgehakt“).
    Frühere Versuche unter etwas schlechterem Himmel waren sämtlich fehlgeschlagen, es sollte also schwer werden. Trotzdem sah ich M 105 und NGC 3384 zumindest indirekt eindeutig als zwei Nebelchen, wenn auch schwach. Bei M 96 dauerte es mehrere Anläufe, bis ich die Galaxie immer wieder blickweise erkennen konnte. Nur bei M 95 bin ich mir unsicher: waren es wirklich Photonen, die etliche Jahre zu mir gereist sind – oder nur Einbildung? Im Laufe des Abends habe ich immer wieder nachgesehen, aber eine eindeutige Sichtung gelang mir nicht! Ebenso wenig wie bei der dritten Galaxie des Leo-Tripletts, NGC 3628.


    Nach dieser Anstrengung wollte ich etwas leichtbekömmliches zu mir nehmen und schaute mal nach Westen zu den sich langsam verabschiedenden Wintersternbildern. Obwohl der Fuhrmann nicht mehr allzu hoch stand, zeigten sich die drei Messierhaufen wunderbar klar, M 38 mit etlichen Sternketten. War das daneben nicht sogar NGC 1907? Richtig, selbst im kleinen 50er ein eindeutig auszumachendes „Gegriesel“. Zeit, um einmal das Spektiv zur Hand zu nehmen. Na ja, 45 Grad Einblick sind ja o.k., aber der fehlende Sucher macht die Sache wirklich kompliziert. Trotzdem kam ich irgendwie in die Region und muss enttäuscht sagen, dass ich nicht soooo viel mehr sah als im FG. Es stimmt schon, was olle Harrington in seinem Fernglasbuch schrieb, dass die zweiäugige Beobachtung 40 Prozent mehr Wahrnehmung bringt – und da sind wir schon bei 70 mm Öffnung, auch wenn das vielleicht wie eine Milchmädchenrechnung aussieht.
    Also, NGC 1907 sah nicht allzu spektakulär aus im Spektiv, dafür glaube ich, damit den Nebel NGC 1931 bei 40fach leicht flächig wahrgenommen zu haben – im 10x50 nix zu sehen davon.


    Weiter ging es mit dem 10x50 im Luchs, dort gibt es ja eine relativ helle Galaxie namens NGC 2683. Hmm, relativ... ich habe mich ganz schön abgequält, bis ich mit dem indirekten Sehen etwas von ihr erhaschen konnte. Etwas irritierte mich ein Nebelfleckchen südlich davon – in CdC gibt es 3 Sternchen etwa 9-11 mag auf einem „Haufen“, vielleicht waren es die??


    Auf meiner Messierliste fehlen auch noch M 104 und M 68. Bei letzterem hatte ich keine Chance, nur Horizontsuppe. Der Himmelshintergrund war auch recht grau bei M 104, aber sowohl das Aufsuchen ging mit dem Karkoschka wunderbar einfach – und die direkt als O-W elongierte Spindel sichtbare Galaxie machte einfach Freude. Toll!
    Apropos Spindel, NGC 3115 im Sternbild Sex – so heißt es zumindest abgekürzt – war ja auch um die Ecke. Die ging allerdings nicht so einfach, d.h. ich musste immer wieder probieren, indirekt gucken, Luft anhalten, hyperventilieren die Augen mal zu Erholungszwecken schließen, bis ich sie sicher gesehen hatte.


    Nach diesem „Training“ legte ich mich noch auf die Isomatte, um wieder einmal M 108 und M 109 zu versuchen, wieder einmal vergeblich. So langsam ging der Mond auf, aber mit M 96 und 105, NGC 2683 und 3115 hatte ich doch mehr gesehen, als ich erwarten konnte.


    Nur zwei Tage später saß ich in meinem Vorort von Dresden wieder einmal vor der Haustür, um mich über die Straßenlaternen zu ärgern – und über den schwachen 5,5mag-Himmel.
    Aber dafür hatte ich ein Stativ für mein 10x50 und statt des Spektivs einen 80/400er Refraktor, mit Peilsucher!


    Mir fehlten für mein Messierprojekt noch ein paar Galaxien aus dem Virgohaufen, also hinein in die jungfräulichen Jagdgründe! Am großen T war nichts zu holen, was mich bei M 98 nicht überraschte bei dem Himmel, aber M 100 und M 99 hatte ich schon öfter im 10x50 gesehen und konnte nun davon ausgehen, dass nicht viel wird in dieser Nacht.
    Wenigstens zeigte sich M 87 sogar direkt.
    Das Stativ sollte seinen besonderen Zweck erfüllen, weil ich etliche Male über M 84 bzw. M 86 gestolpert bin, aber nicht sicher sagen konnte, welche es war. Nun also gaaanz langsam – und mit viel Mühe, denn bei dem Himmel musste ich alle meine Beobachtungskunst aufbieten, bis ich beide eindeutig, wenn auch natürlich nur schwach indirekt gesehen hatte. M 84 kam mir dabei größer vor, M 86 fast punktförmig – wahrscheinlich hat sie einen helleren Kern. Nördlich davon bemerkte ich einen schwachen Stern, der bei CdC mit einer visuellen Helligkeit von 10,19 mag angegeben wird. Erstaunlich, wie ich finde.


    Jedenfalls konnte ich auch nach dieser Nacht zwei weitere Messierobjekte in meine Liste eintragen: immerhin schon 90 von 110 mit dem 10x50 gesehen, meist unter mittelmäßigem Himmel. Es fehlen halt die üblichen Verdächtigen: sehr südliche und sehr schwache Objekte wie eben M 108, 109, 98, 91 oder M 74 und M 76 usw.


    Ich probierte dann zwar noch M 89, M 90 und M 58, aber die waren alle nicht zu sehen und zeigten sich erst in der kurzen Nachlese im 80/400er.


    Leider konnte ich den guten Himmel der zwei folgenden Nächte wegen diverser Abendveranstaltungen nicht nutzen, schade – denn zum Wochenende sind Wolken angesagt...

  • Hallo Kay,


    Von wegen Astrominimalist, hat maximalen Spaß gemacht Deinen Bericht zu lesen. Berichte mit minimaler Vergrößerung, also mit Fernglas oder ganz ohne Optik sind ja sehr wenig vertreten. Dabei finde ich, daß dies gerade für Anfänger sehr hilfreich sein kann. Ein Fernglas liegt meistens eh irgendwo rum und man kann damit den Himmel viel besser kennenlernen anstatt gleich auf einen 8 oder 10Zöller zu schielen, der bei bleibenden Interesse immer noch erworben werden kann.


    Übrigens, guter Tipp von Dir, werde mal sehen, was ich mit dem Fernglas im Virgogetümmel alles so finden kann.


    Das Fernglas, das oftmals unterschätzte Astrogerät.


    Klaren Himmel
    Rudi

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