spätsommerlicher Beobachtungsspaß

  • Hallo Leute,


    anbei mein - schon etwas verspäteter - BB von 27. auf 28. August ...


    Ort des Geschehens wie beim letzten Mal die Hohe Dirn im oberösterreichischen Ennstal auf ca. 850m Seehöhe. Die Bedingungen sind anfangs OK, aber nicht berauschend - es ist relativ dunstig, und Richtung S ziehen noch letzte Quellwolkenreste durch und verhindern fürs erste den Blick auf die südlich gelegenen Milchstraßenfelder Richtung Schütze, Schild und Adler [}:)]. Schon zu diesem Zeitpunkt ist M 13 allerdings schon recht einfach mit direktem Sehen zu erkennen, was auf eine gute Tranparenz zumindest im zenitnahen (oder horizontfernen) Bereich schließen lässt.


    Aufgrund der Wolkenfelder fällt mein Plan, zuerst den Milchstraßenobjekten im Schützen einen Besuch abzustatten und mich erst dann in die unendlichen Weiten des Universums zu begeben, klarerweise fürs erste einmal ins Wasser ... Nachdem die Bedingungen in Zenitnähe allerdings - wie erwähnt - recht gut sind, beschließe ich, zunächst mal dem Drachen einen Besuch abzustatten und dem dort ansässigen Galaxienzoo nachzustellen.


    Erstes Objekt ist <b>UGC 10731 </b>nahe zeta Draconis. Nix wirklich spektakuläres - ein stellarer, 13m heller Kern, der bei genauerem Hinsehen von einer zarten Nebelhülle ohne wirklich fassbare Details umgeben ist. Mehr gibt da schon das nächste Objekt her, nämlich <b>NGC 6247</b>: bei oberflächlicher Betrachtung einfach nur ein elongierter Nebelfleck, vermeine ich bei 235x ab und an eine Zweiteilung des länglichen Nebelstreifs zu erkennen. Das ganze ziemlich grenzwertig, und im Augenblick der Beobachtung bin ich nicht sicher, ob das gesehene tatsächlich real ist; allerdings bestätigt ein nachträglicher Blick auf den DSS, dass ich mich tatsächlich nicht getäuscht habe - die Galaxie fetzt nämlich nicht allein durchs Universum, sondern interagiert ganz ordentlich mit einem zweiten Exemplar und die beiden von mir beobachteten Verdichtungen sind nichts anderes als die hellsten Bereiche der beiden Galaxien. <b>UGC 10561 </b>ca. 20' SW von NGC 6247 kann da natürlich nicht mithalten; die recht flache edge-on Galaxie erscheint aber immerhin als blasser, langgestreckter Streif knapp an der Nachweisgrenze.


    Über NGC 6244, NGC 6238 und NGC 6223 gehts weiter zu <b>UGC 10517</b>, einer weiteren edge-on Galaxie. Schwaches Teil, aber deutlich elongiert, und bei 'richtigem' indirektem Sehen flasht die Spindelform so richtig auf!


    Nach einem kurzen Abstecher zu NGC 6111, die relativ unspektakulär daherkommt, ist nun <b>NGC 6015 </b>an die Reihe. Die ist recht hell im Vergleich zu den vorangegangenen Objekten und deutlich elongiert. Die Galaxienscheibe deutet erste Helligkeitsfluktuationen an, wirklich fassbar sind diese allerdings nicht; mit einem mehr an Öffnung geht da aber sicher so manches. <b>NGC 5949 </b> bleibt hingegen nicht mehr als ein leidlich heller, runder, zur Mitte hin heller werdener Fleck mit nordwestlich davon gelegenem Doppelstern (Hu 1162).


    Letztes Objekt meiner Rundreise im Drachen: der Quasar <b>MCG 11-19-5</b>. Ganz QSO-untypisch erscheint das 600 MLY entfernte Objekt nicht einfach nur als stellare Quelle, sondern als sehr kompakter, gleichzeitig aber auch sehr schwacher Nebelfleck; ähnlich die Seyfert-II - Galaxie MCG 11-19-6 knapp 2' NE davon, allerdings ist die noch um einiges schwächer und von der Helligkeit her schon recht knapp an der Nachweisgrenze anzusiedeln.


    Mittlerweile hats auch im Süden aufgeklart - die Quellwolkenreste haben sich verflüchtigt und lediglich die südlichsten Himmelsbereiche sind merklich vom Dunst beeinträchtigt. Außerdem gelüstet es mich jetzt nach all dem Galaxienzeux wieder mehr nach galaktischem ... Sternhaufen, PNs und so Sachen halt. Kurz nachgedacht, mich für den Schild entschlossen, und ab gehts!


    Den Anfang macht die 'Ruprecht-Sternhaufenkette', eine aus insgesamt vier Ruprecht-Sternhaufen (Ruprecht 141-144) plus dem erst unlängst entdeckten Dias 6 a.k.a. Bica 5 bestehende Anordnung offener Haufen südlich von alpha Scuti. Am einfachsten ist <b>Ruprecht 141 </b>lokalisiert, der als relativ große, schüttere Gruppe um einen Stern 9m erscheint. Allerdings kein Burner: Bei 75x fällt der Haufen noch halbwegs auf, bei 175x verliert er hingegen deutlich an Reiz und erscheint als wenig mehr als eine schüttere Sterngruppe in reichem Milchstraßenfeld. Besser ist da schon der knapp westlich davon gelegene <b>Dias 6</b>, der sich bei 175x als schöner, halb aufgelöster Fleck präsentiert. Von den weiteren Haufen ist hingegen grade mal <b>Ruprecht 144 </b>erwähnenswert: Der letzte Ruprecht-Haufen in der Kette erscheint als nette, 20 bis 25 Sterne umfassende Sterngruppe mit einer auffälligen Verdichtung am W-Ende.


    Nach einer Negativbeobachtung von <b>PK 20-0.1 a.k.a. Abell 45</b> (selbst bei Minimalvergrößerung + OIII-Filter keine Schanze) und einer eher nicht so ganz sicheren Sichtung des Reflexionsnebels <b>IC 1287 </b> (scheiss Streulicht) kommt mit <b>NGC 6649 </b>ein Highlight meines Kurzbesuchs im Schild. Nettes Ding - sticht bei 45x als kompakter, halb aufgelöster Haufen vor relativ sternarmem Hintergrund hervor, bei 175x sind es dann knapp 25 Sterne, die auf kleinem Raum erkennbar sind. Ein leicht nebliger Untergrund deutet zudem weitere unaufgelöste Mitglieder an.


    Nachdem die übrigen Objekte meiner Tour enttäuschen (<b>Ruprecht 170, Dolidze 29-31</b>) bzw. sich standhaft gegen eine positive Sichtung wehren (<b>PK 22+1.1</b>) und der Schild sich ohnehin schon kräftig nach Westen neigt, beschließe ich einen Ortswechsel und beame mich zu Albireo. Kurz an diesem prächtigen Doppelstern gelabt, dann gehts weiter in die Leier zum nächsten Abell des Abends, nämlich <b>PK 61+8.1 = Abell 57</b>. Und im Gegensatz zu Abell 45 klappt nun die Sichtung - zwar ist der PN relativ lichtschwach (Der Name bürgt halt für eine gewisse Qualität; oder besser: Challenge), bei 175x + OIII + indirektem Sehen ploppt er aber dennoch gut als diffuses, schwaches, strukturloses Scheibchen rein.


    Nächstes Ziel ist der nahe gelegene Kugelhaufen <b>M 56</b>, eines der Topobjekte der Leier. Bei 235x ein dichter, schön aufgelöster Sternenball - eine Wohltat nach all dem schwachen und unspektakulären Gesocks, das ich bislang beobachtet hab ... Ein weiteres Top-Ziel in der Leier ist der nur unweit von M 56 entfernte PN <b>NGC 6765 </b>; für große Öffnungen wahrscheinlich einer der spektakulärsten PNe, die am Himmel beobachtbar sind, bei mir im 10-er erscheint er bei 235x+OIII immerhin als elongierter Nebelfleck mit einem Helligkeitsmaximum an der NE-Spitze.


    Wenn man an Sternhaufen in der Leier denkt, fällt einem meistens dazu Stephenson 1 ein, der helle Haufen um delta Lyr. Oder der dichte Sternenball NGC 6791 ... Weit weniger bekannt ist da schon <b>NGC 6743</b>, der irgendwo südlich des Ringnebels steht und trotz seiner NGC-Nummer nicht einmal in der alten Uranometria Erwähnung findet. Dementsprechend niedrig meine Erwartungen - aber Überraschung; statt eines uninteressanten Sternmusters erwartet mich eine wirklich nett anzuschauende Gruppe aus 20-25 Sternen 9m und schwächer, die bei 75x so richtig gut aus dem Milchstraßenfeld heraussticht. Gutes Low-Power Objekt!


    Den Abschluss meiner Reise durch die Leier macht dann noch ein QSO mit dem extrem catchy und leicht zu merkenden Namen <b>NPM1G +27.0587</b>. Die in SIMBAD angegebenen 12.5 mag Helligkeit erscheinen mir schon im Vorfeld als eher unrealistisch, und tatsächlich ist das 800 MLJ entfernte Objekt wesentlich schwerer zu sehen als die Kataloghelligkeit suggeriert; immerhin aber ist an besagter Stelle dann doch eine fast stellare, blickweise E-W elongierte Quelle mit geschätzten 15m Helligkeit auszumachen.


    Die Bedingungen sind mitterweile noch besser geworden - die Milchstraße erscheint hell und reichhaltig strukturiert, der nördliche Kohlensack grenzt sich gut vom Milchstraßenhintergrund ab, und im Bereich Cassiopeia und Perseus projizieren sich einige große Dunkelwolken deutlich auf die dort ansässigen schwächeren Milchstraßenbereiche. M 31 ist kein diffuser Fleck, sondern hell und ausgedehnt, NGC 752 ist bei indirektem Sehen als blasse Fläche in der Verlängerung der kurzen Achse des Dreiecks zu erkennen, und M 33 zeigt sich ebenfalls vergleichsweise einfach. Zudem kommt noch eine recht erstaunliche Sternschnuppendichte - in den vielleicht 15 Minuten, in denen in freiäugig am Himmel spazierengehe, sind nicht weniger als davon 6 zu sehen, die meisten davon sehr schnell und aus der ungefähren Richtung Perseus-Auriga; alpha-Aurigiden, möglicherweise - zum Zeitpunkt der Beobachtung stand das Maximum kurz bevor (30. August, glaub ich).
    ---&gt; Stephan, Uwe et al.: habt ihr bei euren Beobachtungen in den Alpen drauf geachtet?


    Also ich beim freiäugigen Umherstreifen am Himmel so sinniere, welche Messier-Objekte ich mir noch mit freiem Auge antun könnte, kommt mir spontan <b>M 15 </b>in den Sinn. Also mit den Augen ins Grenzgebiet Pegasus - Equuleus ein bisschen indirekt geguckt - und tatsächlich ist an besagter Stelle eigentlich recht einfach ein Leuchten zu erkennen. Allerdings: da ist nicht nur M 15, sondern auch zwei Nachbarsterne ... und mein Astigmatismus und meine leichte Kurzsichtigkeit machen mir beim Versuch, M 15 von diesen beiden Sternen zu trennen, einen Strich durch die Rechnung. Nachdem aber mein Interesse an dem Objekt schon mal geweckt ist, beschließe ich, dem Objekt auch per Teleskop beizukommen und zu schauen, was da so abgeht ... passionierte astrotreff-Leser werden wissen, was ich meine.
    Der Haufen allein ist ja ohnehin schon ein wirklich wunderbares Objekt - eine dichte, bei 235x reich aufgelöste Sternenkugel mit auffallend dichtem Zentrum. Wirklich interessant wird das Objekt aber durch die Anwesenheit des PNs <b>Pease 1</b>, der auch mein heutiges Ziel darstellt. Also Karte raus, Position eingeprägt, den Sternknoten, in dem Pease 1 sitzt, ohne Filter lokalisiert, OIII - Filter reingeschraubt und - voila! Immer wieder blitzt in dem Sternknoten (der im Filter nur als schwache diffuse Verlängerung des Kerns zu beobachten ist) der PN als stellares Pünktchen auf. Sehr cool!


    Nach diesem Erfolgserlebnis beschließe ich, weiter im Pegaus mein Unwesen zu treiben und ein paar Galaxien in der Umgebung von alpha Pegasi ihrer Photonen zu berauben. NGC 7468 und NGC 7454, die ersten beiden Objekte, sind wenig mehr als diffuse Fleckchen ohne Details. Ein ganz anderes Kaliber und schon in meinem 10-er ein wirklich nettes Teil ist hingegen die Dreiergruppe <b>NGC 7463-5</b>: NGC 7465, die hellste der drei, steht etwas abseits und erscheint hell und kompakt; westlich davon bilden NGC 7463 und NGC 7464 einen nur durch lediglich 1' getrennen Doppelnebel, der bei oberflächlicher Betrachtung als einzelner, elongierter Fleck erscheint, bei genauem Betrachten allerdings mehr preisgibt: Dann sind die beiden Komponenten nämlich nicht nur klar voneinander getrennt zu erkennen, es zeigt sich auch, dass das Helligkeitsmaximum von NGC 7463 nicht in der Mitte der Galaxie sitzt, sondern leicht in Richtung von NGC 7464 verschoben ist; ähnliches vermute ich auch bei NGC 7464, wobei ich mir hier aufgrund der größeren Lichtschwäche der Galaxie nicht sicher bin. Coole Gruppe!


    Nicht ganz so super, aber immerhin auch noch nett ist <b>NGC 7448</b>, die sich als elongierter Fleck mit schwachem, stellarem Kern präsentiert. Danach ein paar weitere faint fuzzies ohne wirkliche Highlights, bevor ich schlussendlich bei <b>NGC 7479 </b>aufschlage - und die ist von den Galaxien heute (die letzte ausgenommen - mehr dazu später) sicher die schönste und detailreichste. Bei 75x zeigt sich erst einmal ein heller Balken mit eingebettetem, elongiertem Zentralbereich; bei 235x sind diese Details deutlicher, außerdem fällt bei indirektem Betrachten der Galaxie auf, dass das diffuse Leuchten, das den Balken an beiden Seiten umgibt, auf der einen Seite etwas ausgedehnter ist als auf der anderen. Allerdings - so sehr ich mich auch anstrenge: Spiralarme oder Spiralarmansätze bleiben hingegen zu vage, um als klar gesichtet gelten zu können ... Muss ich wohl unter noch besseren Bedingungen - Stichwort: Hochgebirge - noch mal ran.


    Mittlerweile isses schon nach 2 Uhr, und obwohl der Himmel einfach nur geil ist, macht sich bei mir nun schon eine gewisse Beobachtungsmüdigkeit bemerkbar ... weshalb ich beschließe, mir noch ein Gustoobjekt vorzunehmen und dann mein Zeux zusammenzupacken. Die Wahl fällt dabei auf <b>M 33 </b>- nicht zuletzt deshalb, weil es eine gewisse Coolness hat, wenn man diese Galaxie freiäugig (!) im Teleskop einstellen kann ... [:D]
    Dank der traumhaften Bedingungen zeigt sich M 33 tatsächlich dann so reichhaltig strukturiert wie bislang eigentlich überhaupt noch nie; ich tue mir zwar nicht die Mühe an, einzelnen schwachen Knoten und Regionen nachzujagen (dafür fehlt mittlerweile doch schon etwas die Motivation), sondern genieße einfach nur den Anblick der Galaxie als ganzes. Allerdings gibt die Galaxie doch auch bei eher oberflächlichem Umherschweifen so einiges an Details preis: Von den beiden Spiralarmen sticht vor allem der N-Arm hervor - er erscheint deutlich als dünnes, ansatzweise strukturiertes Band, dass sich, vom W-Teil des Zentrums ausgehend, in Richtung NGC 604 krümmt. Der S-Arm der Galaxie erscheint im Gegensatz dazu breiter, diffuser und in mehrere Subeinheiten bzw. -arme unterteilt. Westlich und nordwestlich des Zentrums sind die Regionen NGC 588, 592 und 596 gut als diffuse Flecken auszumachen. Weiter Richtung NW lässt sich zudem die Region um IC 133 leicht als länglicher, recht heller Nebelfleck mit sternartiger Verdichtung an ihrem Südende (=IC 134) erkennen.


    Danach geht allerdings nix mehr - die Heimat (& speziell das dort aufgestellte Bett) ruft ... Also zusammengepackt, Zeux im Auto verstaut, kurzer Blick noch auf die im Osten aufgehenden Wintersternbilder, und dann ab nach Hause ...


    In diesem Sinne: CS!


    Matthias

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