Astrofotografie-Tipps erwünscht

  • Hallo zusammen,


    ein angehender Astrofotograf hat einige Fragen (könnte etwas ausufern...).


    Zunächst meine Situation:
    Ich wohne mitten in Karlsruhe im 12.OG mit Norn-Ost-Balkon (also ziemlich freie Sicht) und benutze bisher meine Ausrüstung bevorzugt genau da.
    Aktuell fotografiere ich mit meiner Canon EOS 600D(a) auf einer Star Adventurer durch das Samyang 135mm f/2.
    Mir gefällt die Kombi, die Brennweite für Widefield macht mir Spaß und wird mich wohl auch laaange beschäftigen, deswegen will ich in naher Zukunft erst einmal dabei bleiben.
    Zur genaueren Einnordung und für die Verwendung von Dithering habe ich eben diese SA um ein kleines 32mm Guidescope mit einer angeschlossenen Raspi-Cam und einem Raspi4 mit Astroberry erweitert.
    Angeschlossen ist das ganze dann per USB direkt an die SA (was interessanter Weise funktioniert. Im Internet heißt es immer, der USB-Port der SA wäre nur für Firmwareupdates gedacht, der INDI-Server kann die SA aber als EQMod Montierung erkennen).


    Soweit zu meiner Ausrüstung.
    Da es vergangenes Wochenende endlich mal wieder klare Nächte gab konnte ich das ganze das erste Mal in Aktion erproben und Erfahrungen mit der Technik sammeln.
    Das Einnorden mittels PolarAlignment im PHD2 funktionierte nach einigen Startschwierigkeiten ganz gut und ich konnte in Endeffekt ca. 2min Einzelaufnahmen erstellen, ohne dass ich als Laie gravierende Nachführfehler feststellen konnte.


    Angepeilt habe ich den Elefantenrüssel-Nebel (IC1396A) und diesem erst mal 83x90sek Belichtungszeit gewidmet. Was manchen vielleicht sauer aufstößt ist die Tatsache, dass ich einen CLS-Filter verwendet habe.
    Ich habe 25 Flats, 25 Flatdarks und 36 Biase gemacht und weil der Akku leider leer war nur noch 5 Darks ranhängen können. In Zukunft will ich noch zusehen, dass ich Dithering ans Laufen bekomme.



    Das aktuelle Ergebnis dieser Session sieht folgendermaßen aus:
    https://www.directupload.net/file/d/6095/83ovblx3_jpg.htm


    In Sachen Bildbearbeitung orientiere ich mich recht stark an dem Vorgehen, das Frank Sackenheim in seinen Videos zeigt. Gestackt und bearbeitet habe ich mal in Astro Pixel Processor und in Siril um einfach mal zu vergleichen, was so dabei rauskommt. An diesem bild hier habe ich schon sehr viel ausprobiert um den Nebel noch etwas heller zu bekommen.
    https://www.directupload.net/file/d/6095/5lsk69ui_jpg.htm



    Ich finde das Ergebnis aber nicht wirklich schön. Ich finde es sehr verrauscht und mir gefällt nicht so wirklich, dass die Bilder nach dem Stretchen so stark verrauscht sind.


    Nun genug Vorgeplänkel und zu meinen eigentlichen Fragen.
    Die Rohdaten habe ich mal in mein Drive gelegt, damit Interessierte User sie sich mal direkt anschauen können und mir Tipps geben können.
    https://drive.google.com/drive…Firmgvf71Kgd9?usp=sharing


    Ich weiß natürlich dass 1. eine dunkle Location und 2. mehr Gesamtbelichtungszeit wichtig sind. Vor allem das Zweite werde ich in Zukunft hoffentlich angehen können, da ich jetzt am Wochenende noch mehr mit der Technik zu kämpfen hatte als zu fotografieren.


    Aber sind die Einzelaufnahmen so wie ich sie mache ok, oder würdet Ihr hier schon was ändern?
    Also sind diese schon zu hell und ich sollte lieber die Blende etwas schließen?
    Hier eine 90sek-Aufnahme wie sie im oberen Bild verwendet wurden (natürlich habe ich RAW Bilder verwendet und keine JPEG wie sie du hier will):
    https://www.directupload.net/file/d/6095/zqb7uhp6_jpg.htm


    Oder sind sie sogar nicht hell genug und ich sollte eher die 2min Belichtung angehen?
    https://www.directupload.net/file/d/6095/no9r8x9e_jpg.htm


    Oder beides, 2min mit geringerer Blende...


    Also ich wüsste gerne, bevor ich dann die Nächste klare Nacht draußen stehe, ob ich technisch schon etwas an meinen Bildern verbessern könnte, ohne den Faktor Location zu ändern.


    Vielleicht brauche ich auch einfach mehr Bias, Flats, Darks (da sind 5 eh zu wenig) um ein besseres Ergebnis zu erhalten.


    Ich hoffe einfach auf ein paar konstruktive Tipps um in Zukunft vielleicht mal ein paar wirklich vorzeigbare Bilder zu erhalten.


    Gruß,
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    erstmal kein so schlechtes Ergebniss was du hast, etwas übersteckt.
    Zu diesem Bild würde ich sagen,
    1. etwas zu viel gesteckt für die Gesammtbelichtungszeit, daher die auffälligen Rauschpunkte. (Ich hatte die Datei geladen, aber da der Schwarzpunkt passt kann ich es nicht rückgängig machen.)
    2. Du hast (wenn du nach Frank arbeitest) vergessen "grün entfernen" zu nutzen" [:D] Ich hatte die Datei mal runtergeladen, Siril Standarteinstellung, fertig.
    3. Du kannst noch rauschen etwas entfernen, macht das Bild aber natschiger.
    4. Bearbeitung der Nebel ohne Sterne (starnett++ - siehe auch bei Frank; gibt es standalone) hilft es besser sie hervor zu heben ohne zuviel zu stecken, aber etwas vorstecken ist ein muss.


    Zu der Aufnahme:
    Die Blende am Objektiv nur etwas schießen um Farbringe/Koma etwas zu unterdrücken, sonst klaut sie nur Licht und dann lieber ISO oder Belichtungszeit anpassen, als "ein Stück zu zu halten".


    Für Korrekturfotos, nicht zu wenig, aber auch nicht zu viele, 15-25 reichen meist.
    Denk an Franks aussage: Signal lässt sich entfernen, Rauschen nicht.
    Daher den diefsten hintergrund nur bedingt stecken, sonst sieht man halt das rauschen.


    Mehr Einzelbilder reduzieren das rauschen, da es sich Gegenseitig ebnet, ähnlich wichtig wie Gesammtblelichtungszeit für das Signal im Bild.


    Alles in allem hast du nicht wirklich etwas Falsch gemacht, genau so weiter machen, wenn der Aufbau usw. ohne Probleme läuft bekommt man ja mehr gesammtzeit und mehr Einzelbilder.


    Wenn du deinen ungesteckten RAW-Stack hochlädst, könnte ich mich daran vergehen und zeigen was ich daraus machen würde, sieht aber ähnlich aus nur nicht so sehr hell am Ende.



    Mach genau so weiter und dann verfeinern beim Stacken-Stecken-tunien.
    Kannst stolz sein, Sven


    PS: Hardcore never dies! [8D]

  • Hi Sven,


    danke für die ausführliche Antwort. Das hört man doch schonmal gerne, dass man grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist.
    Die Rohbilder habe ich alle in dem Google-Drive Verzeichnis liegen, das ich mit angegeben habe.
    Dort liegt auch der Rohstack (Im Ordner Test_Siril) und das Sternlose Bild, das ich durch den Starnet++ gejagt habe.


    Beim Grünstich entfernen war ich mir nicht sicher, ob das Sinn ergibt, da ich die Photometrische Farbkalibrierung von Siril genutzt habe. Macht es hier trotzdem Sinn noch den Grünstich zu entfernen(?


    Gruß,
    Sascha

  • Hi Sascha,


    ja, DSLR Aufnahmen haben eine "Grün Rauschen" was damit entfernt wird, sieht man bei dir deutlich.
    Grün ist die am wenigsten vertretene Farbe bei Astrofotos.
    Idealerweise mache ich es mit Siril:
    - Erst nur Hintergrundfarbe anpassen (Das kann man bei der einfachen Farbkallibration. Der Hintergrund hat einen eigenen "Auslöseknopf")
    - Dann grün entfernen,
    - Dann alles weitere und ganz zum Schluss oder wenn man nicht mehr an der Farbe korrigieren will, macht man die fotometrische Korrektur.


    Ich habe den Ordner mal runter geladen.
    Eigentlich reicht der RAW Stack um etwas zu erkennen was bei der Aufnahme/n falsch lief, auch Flat oder Darkfehler kann man da am besten prüfen.


    Ich meld mich wenn fertig, Sven

  • Hi nochmal, Fertig!


    Was habe ich gemacht (Kurzform):
    - in Siril Crop
    - Einfache Hintergrund Farbkalibrierung
    - Grün entfernt (nicht sicher ob erst Gradient oder Grün)
    - Gradient entfernt
    - Einfache Hintergrund Farbkalibrierung Nr2
    - Sättigung +0,5
    - ArsSin Strecht (50.0 und 0.01000)
    - Histogramm stretch (3 Druchgänge + Schwarzwertanpassung)


    * Starnet++
    * Sternbild/Differenzbild mit PS CS2 erstellt


    + Darktable Farbsaumentfernung 50%
    + Schärfen 33%
    + Histogramstretch (sehr leicht)
    + Objektivkorrektur (am besten vor der Registierung beim Stacken)


    ~ Darktable Strecken mit 3 überlagerungen angepasst
    ~ Strecken mit Maske (nicht die dunkelsten Stellen)
    ~ Dunstentfernung 33%
    ~ Astroentrauschen mit Maske 33%
    ~ Feldebnung mit Maske 33%
    ~ Schärfen mit Maske 33%
    ~ Lokarer Kontrast 33%
    ~ Tiefen-/Höhen verstärken (heist anders, fällt gerade nicht ein) mit Maske 33%
    ~ Farbsaumentfernung mit Maske (nur hellste Stellen)
    ~ Objektivkorrektur (siehe oben)
    ~ Schwarzpunkt setzen in PS CS2


    * Beide Frames wieder kombinieren mit Negativ Multiplizieren in PS CS2 88% Deckkraft
    * für den Upload auf 800 Pixel breite und jpg umändern, FRETIG!


    - Siril Rawstack
    * Zwischenschritte (Trennen und zusammenfügen)
    + Sternbild
    ~ Nebelbild




    Ich hoffe es hilft was weiter, so hat man weniger Rauschen hervortreten.
    Wenn jetzt noch die fotometrische drüber läuft sollten die Farben noch etwas besser werden, hatte ich aber vergessen und dann war es auch egal. [;)]


    Deine Korrekturframs waren gut und ausreichen, keine Flatfehler oder nicht korrigiertes Canon-Banding oder auffällige Hot/Cold-Pixel!
    Jeden fals ist mir nichts aufgefallen.


    Gute Nacht, Sven

  • HI Sven,


    wow. Da steckt ja doch noch einiges in den Daten drin und ich sehe schon ich hab noch einiges zu lernen.
    Vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Das hilft mir sehr! Das werde ich heute Abend mal versuchen nachzuvollziehen :)


    Gruß,
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    noch zwei kleine Tips:


    1. Wenn man min mehren Schritten im Vergleich zu einem großen Schritt streckt bekommen bei jedem Zwischenschritt die einzelnen "Helligkeitseben" mehr abspand zu ein ander.
    So kann man zum Beispiel die Rausch Ebene etwas mehr von dem schwächsten noch darstellbarem Signal etwas besser getrennt werden.


    2. Darktabel ist erstens kostenlos und hat für mich noch einen vorteil, die Masken. Zu jeder änderung lassen sich einfach Masken erstellen.
    Ich gehe gerne hin und stelle erst die Änderungsparameter ein und bestimme dann den wirkbereich mit Masken.
    Einfach mal testen, erst ist es gewöhnungbedürftig, aber wenn man weiß wo man was findet geht es sehr schnell und präzise.


    Dann auf, viel Spaß.

  • Dein Ergebnis finde ich garnicht mal so schlecht.technohell hat bereits alles dazu gesagt. Ich kann dir aus meiner Sicht nur den Tipp geben, dir mal ein gut bearbeitetes Bild anzuschauen und mit den einzelnen Filtern und Funktionen zu spielen. Vieles ist einfach auch Erfahrungssache. Länger als 1-2 Stunden sollte die Bildbearbeitung abe rnicht in Anspruch nehmen ;)

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