Stellen neue Forenmitglieder ihre Interessen hier vor, so sind Gasnebel und vor allem Galaxien ganz vorn dabei. Dafür sind sicher die grandiosen Fotos von Hubble und den Profiteleskopen mit verantwortlich, aber auch Amateure hier im Forum machen heute Farbaufnahmen von Deep Sky Objekten, die mich jedesmal sprachlos werden lassen. Und natürlich sind die dunklen, entfernten Objekte die interessantesten. Um sie visuell überhaupt zu Gesicht zu bekommen, braucht man dann möglichst viel Öffnung und vor allem einen dunklen Landhimmel.
Beides steht mir nicht zur Verfügung. Ich wohne einen Steinwurf von Augsburg entfernt, mein Himmel ist deutlich aufgehellt. Und meine Hauptteleskope sind zwei klassische Vixen Newtons mit 114mm und 150mm Öffnung, das größte Gerät hat also "gerade einmal" 6 Zoll. Trotzdem gibt es tausende Deep-Sky-Objekte dort draußen, die sich mit kleinen Teleskopen bei ungünstigen Himmelsverhältnissen hervorragend beobachten lassen: Doppelsterne. Ein klein wenig meiner in den letzten 12 Monaten gereiften Leidenschaft für diese dankbaren Objekte möchte ich hier an andere Einsteiger weitergeben.
Fährt man den Sternenhimmel mit Fernglas oder Teleskop ab, bestehen viele Sterne, die mit bloßem Auge als ein Stern zu sehen sind, aus zwei oder mehr Sternen. Das ist in den meistem Fällen kein zufälliges, nur scheinbares Zusammenstehen, sondern eine sehr häufige Variante der Sternentstehung. Die Sterne haben sich gleichzeitig aus der selben Staubwolke gebildet und umkreisen einen gemeinsamen Schwerpunkt. Je nach Umlaufzeit lässt sich dies sogar über die Jahrzehnte und Jahrhunderte beobachten und die Bahnparameter wie z. B. die Umlaufzeit bestimmen. Besonders interessant sehen Sternpaare mit deutlich unterschiedlicher Farbe (z. B. Albiero im Schwan) aus. Je nachdem, wie eng die Sterne zusammenstehen, lassen sie sich gut, schwierig oder gar nicht mit dem Teleskop "trennen", also als eindeutiges Paar identifizieren. Sterne, die man im Teleskop trennen kann, heißen "visuelle" Doppelsterne. Stehen sie so eng zusammen, dass sie sich nur mittels Spektroskop trennen lassen, heißen sie "spektroskopische" Doppelsterne. Nur scheinbar aus Sicht von der Erde benachbarte Paare werden als "optische" oder scheinbare Doppelsterne bezeichnet, diese umkreisen einander nicht. Auch einige Veränderliche sind Doppelsterne, z. B. das Algol-System. Dort liegen die Bahnen so, dass es regelmäßig zur gegenseitigen Bedeckung kommt, vergleichbar einer Sonnenfinsternis. Weitere Informationen zu Doppelsternen kann man z. B. Wikipedia oder einem guten Buch entnehmen. Ist die englische Sprache kein Hindernis, empfiehlt sich besonders "Burnham's Celestial Handbook" in drei Bänden von Robert Burnham, Jr. Darin sind praktisch alle Doppelsterne verzeichnet, und etliche interessante Systeme werden mit verblüffendem Detail vorgestellt.