Vixen Polarie Erfahrungsbericht

  • Hallo Freunde der Kleinstmontierungen.


    Seit gut 1.5 Jahren bin ich nun stolzer Besitzer einer Polarie. Erworben habe ich diese samt Polsucher und "Lac2D" Getriebekopf bei Teleskop Austria.


    Als das Packet ankam und ich das Ganze übungshalber aufgebaut hatte, war ich doch etwas erstaunt wie klein die Montierung tatsächlich ist. Obwohl die Masse ja eigentlich bekannt sind bin ich von einer größeren Dimension ausgegangen. Wahrscheinlich haben mich die Werbebildchen ein wenig irre gleitet, welche meistens den Star Tracker in Kombination mit einer kleinen Kompakt- oder Systemkamera ihr Bestes geben. Im ersten Moment überkam mich ein wenig ein mulmiges Gefühl, schon bei der EOS40d und 50mm Objektiv ist der Hebel bis zur Lagerung schon recht groß wobei ich ja noch die schwerere EOS 5d besitze.




    Der Praxistest beerdigte schnell meine Sorgen.


    Der optional gelieferte Polsucher wird anders als der Originale von Vixen über eine Aluleiste plan zur RA-Achse befestigt und kann so auch mit montierter Kamera benutzt werden. Der Polsucher selbst ist von einfacher Natur. Mit aufgedruckten Markierungen von Polaris und Orientierungshilfe Cassiopaeia, Grosser Bär für die Nordhalbkugel sowie entsprechende Sternkonstellation für den Südhimmel. Ein drehen der Aluleiste macht deutlich, dass diese schön plan läuft. Eine Wanderung des Mittelachsenkreuzes ist dabei nicht auszumachen. Zuvor sollte der Polsucher durch drehen um die eigene Achse anhand den drei Stiftschrauben justiert werden. Nach einer gewissen Zeit ist es ratsam die Justage zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.


    So gelingen Fotos mit punktförmiger Sternabbildung bei F=100mm und ca. 3 min auf Anhieb.


    Das Gehäuse ist aus Metall und der Tracker hinterlässt insgesamt einen wertigen Eindruck.
    Auf der Oberseite befindet sich ein Drehschalter um die verschiedenen Nachführgeschwindigkeiten (Stern-, 1/2 Stern, Mond und Sonnengeschwindikeit) einzustellen. Der Schalter rastet vorbildlich ein und die verschiedenen Geschwindigkeiten sind mit eindeutigen, beleuchteten (rot=Drehrichtung Nordhalbkugel, grün=südliche Hemisphäre) Symbolen hinterlegt. Eine Verwechslungsgefahr ist somit gering.


    Die etwas exotische Drehbewegung mit 1/2 Sterngeschwindikeit hat sich als ein äußerst nützliches Features für die TWAN und Zeitrafferfotografie herauskristallisiert.


    Die Stromversorgung wird durch zwei AA-Batterien sichergestellt oder kann extern über einen USB-Anschluss betrieben werden. Etwas fummelig ist das Entfernen des Batteriefachs welches auch nicht weiter am Gehäuse gesichert ist. Im dunklen ist da Vorsicht geboten um ein Verlieren zu vermeiden. Verbesserungswürdig ist auch die Entnahme der Batterien. Durch den extrem strengen Sitz ist ein Auswechseln ohne die Einnordung zu gefährden fast nicht möglich.


    Hingegen wird die Batterielaufzeit konservativ mit 2h angegeben. Mit zwei Akkus zu 1200 mAh lief die Montierung ohne funktionstörungen auch bei nächtlichen Temperaturen über 4h lang.


    Mit einer Abmessung von gerade einmal 95x137x58mm ist Vixen Polarie kompromisslos Reisetauglich. Das Fotografieren mit Weitwinkel- oder Normalobjektiv als Paradedisziplin meistert die Montierung ohne Tadel.



    Milchstrasse f=35mm, 2er Mosaik gesamt 6x3min



    Mitgeliefert wird ein Kompass für die grobe Ausrichtung gegen Norden. Zusammen mit dem integrierten Winkelmesser gelang mir eine zufriedenstellende Einnordung am Taghimmel für die geplante Fotosession des Kometen Panstarrs kurz nach Sonnenuntergang. Der Kompass passt ideal auf die kleine runde Ablage meines Stativs.


    Die perfekte Ablage hat sich an dem Abend allerdings als Falle herausgestellt. Im Eifer des Gefechts habe ich den Kompass während dem Fotografieren darauf liegen lassen. Die Flüssigkeit im Kompass ist dabei vollständig zugefroren. Muss wohl destilliertes Wasser sein, denn es war nur knapp unter 0° Celsius. Glücklicherweise ist außer einem kleinem Luftbläschen kein funktioneller Schaden entstanden.


    Etwas mühe hatte ich mit dem Getriebekopf. Verständlicherweise wollte ich den Kometen zusammen mit den Bergen parallel zum Horizont ablichten. Die Bewegungsfreiheit ist doch sehr eingeschränkt und die Bildausrichtung zum Horizont in Westrichtung ist erst mal so nicht gegeben. Indem ich die Kamera schräg zum Getriebekopf befestigt habe konnte ich nach ein paar Fehlversuchen mein Ziel erreichen .



    Panstarrs c/2011 l4 f=200mm 1x10sek. Nachgeführt 1x10sek. fix(Berge)



    Beflügelt von der kleinen Montierung wollte ich jetzt die Grenzen ausloten. Beworben wird diese mit max. 2 Kg Zuladung. Also die EOS 5D mit dem 200mm Objektiv bestückt was etwa dem angegebenen Maximalgewicht entspricht.


    Tatsächlich von der Präzision her lässt sich damit Arbeiten. Es gibt allerdings zwei Schwachpunkte.


    Bei dieser Kombination muss alles stimmen. Ein stabiles Stativ mit entsprechendem Getriebeneiger oder Polwiege für den Unterbau war vorhanden. Für die Anbringung des Fotoapparats erwies sich der preiswerte "Lac2D" Getriebekopf als Schwachstelle. So kam die Kamera leicht ins Schwingen und viele Fotos musste ich verwerfen. Leider hat die Polarie für den Anschluss eines Kugelkopf/Getriebeneiger nur ein 1/4 Zoll Gewinde. Auf die schnelle habe ich keinen Ersatzkopf mit dieser Gewindegröße entdeckt welcher mir als stabil genug erschien. Daraufhin habe ich einen zweiten Adapter gedreht mit einer Bohrung für eine 3/4 Zoll Schraube.


    Zweiter Schwachpunkt ist, dass es keine Möglichkeit gibt das beladene Gewicht auszubalancieren. Je nach Himmelrichtung die aufs Korn genommen werden soll, kann ein ganz schönes Drehmoment auf das Getriebe wirken. Eine Lösung mit Gegengewichte für die Extremsituation wollte ich jetzt aber nicht auch noch basteln. Ich habe nämlich schon länger auf die Objektivschelle für das EF200/2.8L geschielt. Jetzt hatte ich einen weiteren Grund jene Schelle zu erwerben. Die Gewichtsverteilung ist damit etwas besser und die Bildausrichtung (Rotation) gehört auch zur Vergangenheit.




    Andromedagalaxie M31 EOS 40D, EF200, Manfrotto Kugelkopf und Objektivschelle - 86x100 sek. ca. 20% Ausschuss
    B142/143 EOS 5D, EF200, "Lac2D" Getriebekopf - 317x60 sek ca. 30% Ausschuss.




    Die Vixen Polarie ist eine edle Reisemontierung welche eine menge Spaß bereitet. Ich empfehle den Einsatz bis ca. 100mm Brennweite. Mit etwas Leidensfähigkeit gelingen auch Fotos mit einem 200er Objektiv. Ob Weitwinkel, leichtes Tele, TWAN, Zeitraffer oder besondere Ereignisse wie eine Mondfinsternis die Geräteschaft ist schnell einsatzbereit und eine echte Bereicherung.


    Mit freundlichen Grüße
    Jürg

  • Hallo Juerg,


    schöner Erfahrungsbericht, der meine Erfahrungen bestätigt. Ich hatte die Kleine jetzt schon zwei mal mit auf der Südhalbkugel und auch so ist sie in jedem Urlaub immer dabei.


    Probleme mit dem 1/4" Gewinde hatte ich bisher nicht. Ich betreibe die Polarie mit einem 10000mAh Accupack. Das hält auch bei Minusgraden 2 Nächte.


    Hier mein Panstarrs:

    VG Frank

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    Ein Blick in die Tiefen des Weltalls, ist immer ein Blick in die Vergangenheit.

    meine Website

  • Hallo Frank,


    Dein Panstarrs in kombination mit M31 sieht aber auch toll aus. Dieses Sujet hätte ich damals auch gerne eingefangen aber das Wetter spielte leider nicht mit.


    Das Problem mit dem Schwingen tritt erst mit dem 200mm Objektiv auf. Insbesondere mit der schwereren 5D scheint da die Grenze erreicht zu sein. Vom Erscheinungsbild her wirkten auf mich andere Systeme mit 1/4" Anschluss nicht wirklich stabiler. Den Manfrotto hatte ich ja schon. Für den passenden Adapter bzw. noch wichtiger eine einzelne 3/8" Schraube bin ich Jemanden noch einen Gefallen schuldig.


    Viele Grüsse
    Jürg

  • Hallo Jürg und Frank,


    ich habe auch mir auch die Polarie als Reisemontierung geholt und bin seither sehr zufrieden.
    Da ich sie nach Australien mitnehmen wollte, habe ich sie hier schon mal einige male vorab getestet und immer wieder was optimiert.
    Mit dem Off-Axis-Polsucher ist das Einnorden/Einsüden schon ne feine Sache. Dazu habe ich noch eine kleine Blitzschuhwaage angebracht um die Montierung optimal ausrichten zu können.
    Mit dem Hebel bei 200mm hatte ich Anfangs auch massiv Probleme. Habe dann aber festgestellt, dass ich vergessen habe den Stabilisator auszuschalten ;) Außerdem habe ich mit eine Art Objektivschelle gebastelt, so dass das Gewicht besser auf dem Kugelkopf verteilt ist.



    Bei 114mm konnte ich ohne Probleme bis 5min belichten. Alles was darüber war zeigte schon leichte Strichspuren.



    Als Stromquelle nutze ich immer frisch aufgeladene Akkus. Habe die dauer mehrmals getestet, sowhl im Wohnzimmer als auch unter realen Bedingungen und bin da irgendwie fast immer auf ca. 8h gekommen!
    Das einzige Manko was ich an der Polarie gesehen habe, ist dass man zuindest mit nem kleinen Kugelkopf die Kamera parallel zur Polachse ausrichten kann und schlecht Objekte in der Nähe der Pole ablichten kann (z.B. LMC/SMC). Bei mir ist das Kameragehäuse bereits nach kurzer Zeit an der Polarie hängen geblieben. Mit nem höheren Kugelkopf klappt das wahrscheinlich eher.


    Das geringe Gewicht und der schnelle Aufbau machen die Polarie zum idealen Reisebegleiter.
    Hier noch ein Ergebnis von der Südhalbkugel.



    Viele Grüße
    Simon

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