Erfahrungsbericht Objekte für's Kaufhausteleskop

  • Servus zusammen,


    ich habe seit zwei Monaten immer mal wieder 'reingeschaut und auch ab und zu was geschrieben. Ich habe mir einen 76/700mm Kaufhausnewton zum Dobson umgebaut, mit einem Telrad und zwei anständigen Okularen (18mm und 6mm) ausgestattet und jede Menge Bücher gelesen, Sternenkarten gewälzt und mit Stellarium 'rumgespielt. Seit Mitte Januar führe ich ein Beobachtungsjournal. Da immer wieder die Frage aufkommt, was man mit dem neu angeschafften Teleskop so sehen könnte, hier meine Erlebnisse. Mein Beobachtungsstandort ist mein Garten in Großstadtnähe mit ordentlich Beleuchtung rundherum (je nach Tagesform der Nachbarn), also weit weg von optimal.


    17.1.14: 18mm
    Jupiter + 4 Monde, ganz leichter Hauch der Wolkenbänder
    Orionnebel gesucht und nur ein beschlagenes Okular gesehen
    Erdmond


    26.1.14:
    Jupiter + 3 Monde, einer ist verdeckt oder vor dem Planeten. Im 6mm wabert die Luft so schlimm, dass ich weniger sehe als im 18mm.
    M37 in der Auriga nicht gefunden.


    31.1.14:
    gegen 18:05 Merkur als kleinen Lichtpunkt gesehen, im Teleskop sieht er aus wie ein "B". Siehe meinen Forumsbeitrag dazu. Nebenbei eine schöne, langsame, dicke Sternschnuppe gesehen.
    gegen 22:20 mit 18mm endlich den Orionnebel identifiziert, beim ersten Mal hatte ich ihn gesehen, aber konnte das gesehene nicht zuordnen. Jetzt ist es "ein klein bisschen Nebel um ein paar Sterne", nicht sehr eindrucksvoll, aber nett. Im 6mm sehe ich kein bisschen mehr.
    Die Plejaden sehen im 18mm sehr hübsch aus.


    5.2.14: Ländlicherer Standort, dafür direkt neben Straßenlaternen (Parkplatz).
    Mond nahezu im 1. Viertel, jetzt klappt's auch mit dem 6mm-Okular. Einige Krater am Terminator gefunden und identifiziert.
    Endlich einen Sternhaufen gefunden: M35 in den Zwillingen. Der Telrad ist ein toller Sucher, wenn man die richtigen Karten hat!


    9.2.14: Wieder im Garten
    Erstmals Struktur im Orionnebel gesehen (18mm), nicht bloß Nebel. Wird jedes Mal eindrucksvoller. Im 6mm die vier "kleinen Sterne" ("Trapez") aufgelöst. Schön!
    Jupiter ist inzwischen Routine, aber ich mag, wie die Monde jedes Mal anders angeordnet sind.
    Mond macht viel Freude, inzwischen habe ich eine Mondkarte, es ist gar nicht so einfach, das gesehene sicher zu identifizieren.


    12.2.14:
    Sigma Orionis im 6mm eindrucksvoll aufgelöst.
    Polaris will sich nicht trennen lassen.
    Jupiter nett wie immer.
    Erdmond sehr intensiv angesehen, immer wieder toll.


    17.2.14:
    Orionnebel, Plejaden, Jupiter. Polaris nicht getrennt. Scheitere jämmerlich beim Versuch, M1 (Krebsnebel) zu finden. Aber:
    M37 gefunden. Neblig, dunkel. Großartig! Sehe ich mir sehr lange an, übe ein bisschen das indirekte Sehen.
    M36 und M38 auch gefunden, aber M37 gefällt mir am besten.
    h/x-Persei gefunden. Sehr nett!


    20.2.14: 6:20 Uhr am Morgen
    Kurzer Blick auf Saturn durch ein Wolkenloch. Mit 6mm den Ring gesehen! Winzig zwar, aber deutlich.
    Nachts dann Orionnebel, M37, Alkor/Mizar getrennt (keine Kunst).
    M94 aufgefunden als kleinen, diffusen Fleck, kaum zu sehen, wie ein unscharfer Stern. Viel über indirektes Sehen gemacht. Bin stolz wie Oskar: Meine erste Galaxie, und dann gleich 20 Mio. Lj. weg!


    23.2.14:
    Dann muss doch die Andromedagalaxie auch zu finden sein. Mit bloßem Auge geht in Richtung aufgehelltem Himmel nichts, aber als ich die Andromeda identifiziert habe und das Teleskop mittels Telrad ausrichte, klappt's auf anhieb. M31 ist viel größer als M94 und auch deutlich heller. Aber in meinem kleinen Teleskop bleibt es ein nebliges Fleckchen. Mir gefällt es trotzdem.
    Übermütig nochmals M1 gesucht, und siehe da: Mit eingewöhntem Auge findet sich ein ganz schwacher Blob an der erwarteten Stelle. Ich male die Sterne drumrum auf, weil ich nicht sicher bin, ob ich wirklich was sehe. Später zeigt der Vergleich mit Stellarium, dass ich wirklich den Krebsnebel gesehen habe.
    Orionnebel ist schon wieder schöner geworden. M35 finde ich auch wieder. Und ich teste das Fernglas, das hier noch rumliegt. 10x25 reicht tatsächlich, um Orionnebel und Andromedagalaxie aufzufinden.


    24.2.14, 20:00 Uhr:
    M78 im Orion gefunden. War nicht leicht zu sehen, aber nicht schwerer als der Krebsnebel M1. Langsam gewöhne ich mich an die Objekte an der Leistungsgrenze meines Gerätes.
    Der Orionnebel wirft mich heute fast um: So groß und schön habe ich ihn noch nie gesehen.
    Mit dem Fernglas scanne ich noch ein wenig über den Nachthimmel. An M44 bleibe ich fast automatisch hängen, kein Wunder, dass man den Sternhaufen auch den "Bienenkorb" nennt.


    So, das war's bisher. Liebe Einsteiger: Bleibt dran, lernt dazu, gewöhnt eure Augen an ungewohnte Objekte, und macht mal eine Zeichnung, wenn ihr euch nicht sicher seit, was ihr seht, zum späteren Vergleich mit Sternenkarte oder Stellarium. Und habt Spaß, egal wie klein das Teleskop ist. Objekte wie den Orionnebel kann man wahrscheinlich 100 Mal ansehen und beim 101. Mal immer noch was neues sehen.


    Allzeit gute Sicht nach oben!


    Manuel (auch einer)

  • Das ist ein interessanter Bericht, mal über das etwas andere Teleskop. Endluch der langersehnte Beweis dafür, dass man mit ein paar Umbaumaßnahmen auch mit einem günstigen Teleskop Spaß haben kann.
    Viel Erfolg weiterhin.
    Versuche mal den Kugelsternhaufen in Lepus/Hase (Sternbild unter Orion).

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: optimus-primeg1</i>
    <br />Das ist ein interessanter Bericht, mal über das etwas andere Teleskop. Endluch der langersehnte Beweis dafür, dass man mit ein paar Umbaumaßnahmen auch mit einem günstigen Teleskop Spaß haben kann.
    Viel Erfolg weiterhin.
    Versuche mal den Kugelsternhaufen in Lepus/Hase (Sternbild unter Orion).
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Danke! Ich hoffe, dass der Bericht den einen oder anderen zum Durchhalten motiviert. Ich bin echt verblüfft, wie sehr sich die Wahrnehmung z. B. des Orionnebels durch Übung ändert.


    Danke für den Tipp mit M79. Ich hoffe, ich kann ihn am Nachbarshaus vorbei sehen, das geht verdammt nah an den beleuchteten Parkplatz ran. Aber einen Versuch ist es auf alle Fälle wert. Was wäre das Leben ohne Herausforderungen!


    Viele Grüße


    Manuel

  • Hallo Manuel,


    Danke für den schönen Bericht. Ich kann mich Michi nur anschließen, er zeigt sehr schön was etwas Übung in der beobachtenden Astronomie ausmacht und wie steil die Lernkurve am Anfang sein kann.


    Ein Tipp zu Polaris: die Herausforderung ist weniger der Abstand der Komponenten als vielmehr die geringe Helligkeit von Polaris B. Such nach einem sehr schwachen Sternchen in der Nähe des Sterns. Eventuell wird er überstrahlt, da ist eine höhere Vergrößerung gefragt. Bei 60x sollte die Trennung vom Abstand her problemlos gelingen.


    Bis dann:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Mettling</i>
    Ein Tipp zu Polaris: die Herausforderung ist weniger der Abstand der Komponenten als vielmehr die geringe Helligkeit von Polaris B. Such nach einem sehr schwachen Sternchen in der Nähe des Sterns. Eventuell wird er überstrahlt, da ist eine höhere Vergrößerung gefragt. Bei 60x sollte die Trennung vom Abstand her problemlos gelingen.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Marcus,


    ich habe noch mal die Helligkeiten nachgeschlagen. In meinem Karkoschka aus den 90'ern ist Polaris nicht als Doppelstern gelistet (nur Polaris mit 2.0 ?!), aber im "Turn left at Orion" stehen die Helligkeiten als 2.1 bzw. 9.0. Das könnte knapp werden, 9.0 für Polaris B scheint so ziemlich an der Grenze des Möglichen zu sein bei meinen Bedingungen hier - jedenfalls erklärt das, warum mir Polaris so schwer fällt. Und ich habe zugegebenermaßen nicht die allerbesten Augen, da kann ein kleiner Lichtpunkt schon mal nicht bemerkt werden ;) Breite Fleckchen liegen mir eher.
    Vielleicht liegt es auch einfach daran, das ich quer über's Dorf schießen muss Richtung Ursa Minor...



    EDIT:
    Habe nochmal in meinem Journal nachgeschlagen. Als ich M78 aufgezeichnet habe, habe ich Sterne mit Helligkeiten bis ca. 10 m skizziert. Also sollte es unter guten Bedingungen schon klappen. Leider habe ich Polaris an dem Tag nicht probiert. Die Helligkeitsangaben werte ich erst seit kurzem aus, vorher hatte ich genug anderes, worauf ich mich konzentrieren musste.


    Beste Grüße (warum verschwinden die Wolken nicht endlich!)


    Manuel

  • Hallo Manuel,
    danke für den schönen Bericht, das zeigt wieder dass auch mit kleiner Optik viel möglich ist.
    Hast Du ein Bild von dem Umbau?


    Klare Nächte und viel Spaß,

  • Für alle, die's interessiert, hier ein Bild von meinem Dobsonumbau. Das Holz sind Reste von einer Küchenarbeitsplatte aus Buche, als Gleitlager habe ich unten drei Teflongleiter aus dem Baumarkt, oben Abflussrohr auf Holz ;-). Das Ganze ist mit Klarlack lackiert und steht auf drei Türstoppern als Füßen. Mein Chipsröhrentauschutz für den Telrad ist nicht mit auf dem Bild.


    Ich habe auch noch Detailfotos, will aber nicht das Forum zuspammen. Aber auf Anfrage gebe ich gern mehr Infos raus.


    Ich habe den Telrad übrigens mit Kabelbindern befestigt, das hält bombenfest, und die Klebestreifen sind noch für den nächsten Tubus gut - falls ich es da nicht genauso mache.



    Beste Grüße


    Manuel

  • Der "Dobson" sieht genial aus! Sogar mit Telrad was will man mehr. :) Die Idee mit den Kabelbindern finde ich sehr gut, da hätte ich vor kurzem auch draufkommen können. Ich habe den Telrad leider an der falschen Stelle festgeklebt. Hat jemnad eine Idee, wie man den wieder wegbekommt ohne Kleberückstände oder einen verkratzten Tubus?

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Hat jemand eine Idee, wie man den wieder wegbekommt ohne Kleberückstände oder einen verkratzten Tubus?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Direkte Erfahrung mit dem Telradkleber habe ich zwar nicht, aber diese Klebepads mit Schaumzeugslage in der Mitte mache ich immer weg, indem ich mit einer (nicht so kratzintensiven, flexiblen) Kunststoff"klinge" (z.B. T*pperw*re-Teigschaber) das Schaumzeugs zwischen den zwei Kleberlagen längs durchschneide. Dann musst Du nur noch ein Lösemittel finden, dass den Kleber löst und den Lack nicht angreift. Aceton (Nagellackentferner) kann klappen, oder Reinigungsbenzin, oder Desinfektions-Alkohol. Was grad' im Haus ist...


    Viele Grüße & viel Glück


    Manuel

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