NGC 660 – eine Polarring-Galaxie

  • Es gibt eine Gattung Galaxien, die äußerst selten sind, die Polarring-Galaxien. NGC 660 in den Fischen ist so eine Vertreterin. Zudem ist NGC 660 einigermaßen bequem zu erreichen und befindet sich in moderater Entfernung zu uns. Diese Galaxie stand schon lange auf meiner Liste und nachdem ich mein Nebelprogramm vorerst beendet hatte, sollte diese Welteninsel die zweite Galaxienaufnahme des Herbstes werden.
    Bei den Polarring-Galaxien geht man davon aus, dass sich eine bestehende Spiralgalaxie, vielleicht auch eine linsenförmige Galaxie einer weitere Galaxie zumindest teilweise bemächtigt sich diese aber nicht vollständig einverleibt. Dieser Kannibalismus unter Galaxien ist ja nicht ungewöhnlich. Hier kommt es aber dazu, dass das Material aus Gas, Staub und Sternen senkrecht zur Rotationsache der ursprünglichen Galaxie einströmt. Entweder wurde dabei eine komplette Galaxie zerrissen oder bei einem Vorbeiflug teilweise Material abgezweigt. Nur wenn sich dieses zusätzliche Material senkrecht zur Rotationsachse der Ursprungsgalaxie bewegt, bildet sich ein stabiler Zustand. Jeder andere Winkel würde zur Verschmelzung der beiden Galaxie führen, wie man es in unzähligen Beispielen beobachten kann. Innerhalb des Rings kommt es zu heftiger Sternentstehung. Die so genannte Gastgalaxie muss davon überhaupt nicht betroffen sein. Man kennt derzeit übrigens gerade einmal zehn derartige Galaxien.
    NGC 660 ist ca. 44 Millionen Lichtjahre entfernt. Die mit im Bild dargestellte nördlich gelegene Galaxie ist UGC 1195. Diese Galaxie könnte gravitativ an NGC 660 gebunden sein – die Verformung von UGC 1195 lässt so etwas vermuten. Bei nur 36 Millionen Lichtjahren Entfernung für UGC 1195 erscheint das aber unwahrscheinlich – es sei denn, die Entfernungsangabe ist unsicher. Etwas, was man immer in Betracht ziehen muss. Messungen der Radialgeschwindigkeit für NGC 660 stammen aus 2011, die für UGC 1195 aus dem Jahr 1999.


    Zur Aufnahme:
    Ich konnte vier Nächte nutzen. Leider gab es ein Problem beim Filterrad. In einer Nacht positionierte das Rad um eine Position falsch. Es sollten 10 oder 11 Aufnahmen je Farbe werden. Nun wurden es, wie sich erst später heraus stellte, 11 Rot-, 6 Grün- und 16 Blauaufnahmen. Das Wetter ließ dann keine weiteren Aufnahmen zu. Aber auch so ließ sich mit den Daten natürlich etwas anfangen.
    Die Daten:
    L: 46x 10 min, R: 11x 10 min, G: 6x 10 min, B: 16x 10 min
    14“-Newton bei f/3,4
    Atik 4000 M


    1600 Px: http://www.gwaquarius.de/NGC660_LRGB_gr.jpg
    Ausschnitt gedreht: http://www.gwaquarius.de/NGC660_LRGB_gr-aus.jpg


  • Hallo Gerald,


    Ein sehr schönes Bild und eine sehr informative Erläuterung zu diesem, mir bislang unbekanntem, Galaxientyp. Sehr beeindruckend. Man meint förmlich, den Ring um die Hauptgalaxie rotieren zu sehen.


    Danke fürs Zeigen:
    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Hallo Gerald


    Jawohl ein sehr schönes Bild von Dir. Ich habe da ein paar Fragen. Warum machst Du nur Einzelbelichtungen von 10 Min.? Du könntest doch Arbeit sparen wenn Du 20 minütige Einzelbelichtungen machst, oder kommst da mit der Nachführung in Konflikt? Mich interessiert noch welches Filterrad und Filter Du benützt.

  • Hallo Gerald,


    super herausgearbeitet. Der Hintergrund ist perfekt. Die Sterne sind zwar noch verbesserbar, aber der Gesamteindruck leidet nicht darunter. Das mit dem Filterrad kann schon mal passieren. Ich habe vor kurzem eine ganze Serie statt blau mit dem IR Filter belichtet. Da lag der Fehler nicht beim Rad sondern beim Mann am Knopf.


    Grüße
    Karl

  • Hallo Gerald,
    Wieder eine wunderbare Aufnahme von Dir. Ein Objekt, das man noch nicht gesehen hat, umgesetzt mit eindrucksvoller Tiefe, schöne Bearbeitung und Farben, für mich einfach perfekt.
    Viele Grüße
    Jürgen

  • Superklasse, wie immer!
    Wenn ich deinen Namen sehe, schaue ich schon automatisch rein, wegen der spitzenmäßigen Bilder, der ungewöhnlichen Objekte und den kompakten Infos dazu.
    Besser als auf'm Discovery-Channel! ;)


    Rolf

  • Hallo zusammen,
    vielen Dank für euer positives Feedback.
    Caspar:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Warum machst Du nur Einzelbelichtungen von 10 Min.? Du könntest doch Arbeit sparen wenn Du 20 minütige Einzelbelichtungen machst, oder kommst da mit der Nachführung in Konflikt? Mich interessiert noch welches Filterrad und Filter Du benützt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Bei dieser Lichtstärke würden Sterne, aber auch helle Bereiche einer Galaxie durchaus schon ausbrennen. Aber auch wegen Störungen durch Satelliten, Wolken oder wer weiß was sonst so schief gehen kann.
    Das Filterrad ist ein Quantum 7x 2". Die LRGB-Filter sind von Astronomik, die Schmalbandfilter von Baader.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: gwaquarius</i>
    ...Bei dieser Lichtstärke würden Sterne, aber auch helle Bereiche einer Galaxie durchaus schon ausbrennen. Aber auch wegen Störungen durch Satelliten, Wolken oder wer weiß was sonst so schief gehen kann.
    ...
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">*unterschreib*
    Zehnminüter gehen doch voll in Ordnung.


    Grüße,


    Jens

  • Hallo Gerald


    Das ist vorallem bei KS- Haufen der Fall. Das Öffnungsverhältnis spielt ja da auch eine Rolle. Nochmals gratulation für Deine schöne Aufnahme.

  • Ich habe in meiner Beschreibung ganz oben einen Fehler eingebaut. Zwar meinte ich das Richtige, habe es aber falsch ausgedrückt.
    Das eingefangene Material muss nicht senkrecht zur Rotationsachse einfallen, sondern zur Rotationsebene.

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