Sidewalk Astronomy in Erlangen

  • Servus Leute,


    gestern Abend haben sich ein paar Leute des Erlanger Astrostammtischs zur Aktion "100 Stunden Astronomie" auf dem Erlanger Schlossplatz, mitten in der Fußgängerzone, getroffen. Dabei waren Achim mit 17" Dobson, Katrin und Armin mit 16" Dobson, Klaus mit 6" parallaktisch montiertem Newton, Ronald mit 14" Volltubus Dobson, und ich mit meinem 12" Dobson.


    Wir trafen uns gegen halb acht und beäugten mit Sorge eine dicke Wolkenfront, die sich langsam von Südosten her über den Himmel schob ... nachdem den ganzen Tag Bombenwetter war [}:)] Sollen wir - sollen wir nicht? Das alte Teleskoptreffen-Drama.


    Nachdem aber schon etliche Kids durch Katrin und Armins bereits aufgebauten Dobs den Mond angeschaut hatten, beschloss auch der Rest seine Teleskope aufzubauen. Und wir haben es nicht bereut: Es waren sicher mehrere hundert Leute, denen wir Mond und Jupiter im Teleskop zeigen konnten. Der Andrang war so groß, dass jeder an seinem Teleskop beschäftigt war und kaum Gelegenheit war, mal durch
    die anderen Instrumente zu schauen.


    EDIT: hier noch Bild der Aktion


    Das Publikum war bunt gemischt: quer durch alle Altersgruppen (erstaunlich wieviele Rentner um Mitternacht noch unterwegs sind),
    Bevölkerungsschichten und Blutalkoholpegel, vom indischen Siemens-Ingenieur über den deutschen Polizeibeamten bis hin zum Punk
    ("Gugg'ma, voll fett der Mond, Ey"). Die Reaktionen waren allesamt positiv ("Ist das jetzt echt, kein Fake?"), die meisten Leute
    hatten noch nie vorher durch ein Teleskop geschaut.


    Nach Mitternacht, 5 Stunden "Beine in den Bauch stehen" und ein paar leckeren fränkischen Bieren haben wir dann abgebaut, wir hätten
    aber sicher noch länger dankbares Publikum gehabt.


    Mein Fazit: klasse war's - das sollte man eigentlich öfter mal machen! Wenn das Wetter passt gleich nochmal heute abend.


    Und dann möchte ich noch ein Dankeschön an die Erlanger Polizeibeamten loswerden, die zwar im Zehnminutentakt patroulliert haben, aber bei den auf dem Schlossplatz "geparkten" Fahrzeugen beide Augen zugedrückt und auf ein paar hundert Euro Zusatzeinnahmen für die Stadt verzichtet haben.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Schicko</i>
    <br />
    Und dann möchte ich noch ein Dankeschön an die Erlanger Polizeibeamten loswerden, die zwar im Zehnminutentakt patroulliert haben, aber bei den auf dem Schlossplatz "geparkten" Fahrzeugen beide Augen zugedrückt und auf ein paar hundert Euro Zusatzeinnahmen für die Stadt verzichtet haben.


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Stefan,


    schöne Aktion, die offenbar allen Spaß gemacht hat - Euch und vor allem den Zaungästen.
    Sowas hatten wir auch schon immer vor, haben aber bis jetzt den A.... nicht so richtig hochgekriegt[:I]


    Hoffentlich kriegen die freundlichen Herren in Grün (oder bereits Blau in Erlangen?) keinen Anschiss vom Vorgesetzten[B)]


    CS Franjo

  • Hi Stefan,


    so schnell wie Du war ich nicht, ich habe erst heute Morgen mein Fazit geschrieben (ist wie immer etwas länger geworden). Ich füge es hier einfach mal an:




    100 Stunden der Astronomie – in Erlangen


    Hallo Leute,


    ich will von unserer kleinen Aktion berichten. In Erlangen gibt es schon einige Zeit 1* im Monat einen kleinen zwanglosen Astronomiestammtisch. Roland hatte dort angeregt an diesem Wochenende unbedarften Bürgern die Astronomie näher zu bringen – „zufällig“ fällt dies mit der weltweiten Veranstaltung „100 Stunden der Astronomie“ zusammen ;)


    Wir hatten überlegt wie vorgehen, wir wollten möglichst viele Leute erreichen, auch – und vor allem auch – Leute, die mit unserem Hobby normal keinerlei Berührungspunkte haben. So kam der Vorschlag uns mitten in Erlangen auf den Schlossplatz zu stellen, einem ca. 100 * 100 m großen Karee. Aus dem Blickwinkel astronomische Beobachtung (fast) ein Abtraum, stehen dort doch 10m hohe Betonmasten, dicht mit Neondampflampen bestückt.


    Gestern abend um 19.30h hatten wir uns verabredet, um die Urzeit waren auch alle vor Ort. Wie auch ich die meisten zunächst auf Erkundung. Katrin und Armin hatten Ihrem neuen, schnuckeligen Eigenbau 16-Zoll Gitterrohrdobson fertig montiert auf einem Wägelchen direkt dabei, Stefan kam mit seinem 12er (ein sauber gearbeiteter Dobson) in Einzelteilen auf einem Wägelchen über das Pflaster angehoppelt. Ich als 'Landei' war überrascht über die große Anzahl von Leuten, die sich in der Stadt tummelte. Der erste richtige laue Frühlingsabend hatte viele herausgelockt. Darunter auch mehrere Gruppen schon um diese Zeit alkoholisierter Jugendlicher, die teils grölend durch die Straßen zogen. Schluck – da war mir richtig etwas mulmig geworden. Doch war dies nur ein kurzes Intermezzo, nach wenigen Minuten wurde es deutlich ruhiger.
    Auch das Wetter sorgte anfangs für unruhige Mienen, standen doch direkt über der Stadt einige Wolkenfetzen. Roland verbreitete Zweckpessimismus und überlegte: aufbauen oder doch nicht? -die Strategie ist aufgegangen, der Wettergott hatte ein Einsehen, die Wolken lösten sich bald auf. Der Rest der Truppe war dann kurz verschwunden um die restlichen Telekope zu holen: Roland seinem 14-Zoll Volltubusdobson, Klaus mit einem paralaktisch montierten 6-Zoll-Newton und ich meinen 17er-Dobson 'Adler'.


    Wir hatten bewust die Aktion nicht angemeldet, um nicht in die Mühlen der örtlichen Bürokratie zu gelangen. Anfangs trauten wir uns mit den Autos nicht auf den Fussgängerzonenplatz, nachdem Roland den Anfang machte waren dann ruck-zuck 3 Autos dort geparkt. Es gab deswegen überhaupt kein Problem. Die mehrfach präsente Polizei hat uns ungefragt völlig toleriert, eine Streife war richtig astrointeressiert und hatte dann auch mehrfach durchs Okualar beobachtet.


    Beim 'Beobachtungsbeginn gegen 20.00h war es noch recht hell, die Sonne war ja eben erst unter gegangen. Der 7 Tage alte Mond stand geschätzte 75 Grad hoch und hell im Süden. Anfangs waren es verstärkt Eltern mit ihren Kindern, die einen Blick wagten. Die kleineren mussten hoch gehoben werden, bei den entwas größeren reichten die mit gebrachten Hocker oder kleinen Trittleitern. Boohh-, Toll! War immer wieder zu hören, einige der kleinen waren zu schüchtern um überhaupt den Mund aufzumachen, auf Fragen wurde nur mit Nicken oder Kopfschütteln geantwortet, nach dem Blick durchs Telekop aber fast immer mit glänzenden Augen. Recht oft sind auch Gruppen jüngerer Leute vorbeigekommen und neugierig stehen geblieben. Besonders aufgefallen war mir eine Gruppe mit Punkern, vor allem der Schrillste und Lautstärkste der Gruppe war hin- und weg. „Phoa – Voll Fett, Ej! Ist das wirklich echt?“ - schallte es über den Platz. Es entwickelten sich Gespräche, von kurzen Fragen-Antworten bis Diskussionen über das Universum und ob die Menschheit allein darin ist. Ab ca. 21.00h kam Saturn hoch genug, um eingestellt werden zu können. Für Beobachtung mitten aus der Stadt war das Seeing recht ordentlich. Roland konnte im Adler sogar Encelade ausmachen. Ich wählte nur moderate Vergrößerung (140-fach), um den Leuten etwas mehr Zeit am Okular zu geben, bevor ich immer wieder den Dobson nachschubsen musste. Wir fanden kaum Gelegenheit einen Schluck vom mitgebrachten Bier zu nehmen, zu groß war das Interesse. Roland, direkt neben mir hatte überwiegend den Mond, ich überwiegend Saturn im Okular. Es entablierte sich ein kleiner Pendelverkehr von Roland zu mir und umgekehrt. Was nur 20 Schritt weiter los war habe ich schon nicht mehr richtig mitbekommen. Es waren einige Gruppen ausländischer Passanten dabei, aus dem pazifischen Raum, Inder, Südeuropäer, manches Gespräch lief dann in englisch. Einige Personen habe ich mehrfach gesehen, die hatten noch Freunde und Verwandte eingesammelt und waren wieder gekommen. Gegen 11.00h wurde es etwas ruhiger, ohne das der Strom ganz abgerissen wäre, dann kam es erst richtig dick. Es bildeten sich dann an allen 5 Teleskopen teils längere Schlangen, ich hatte zeitweise 10 und mehr wartende Leute. Wie erhofft ging alles glatt und reibungslos über die Bühne, auch zur fortgeschrittenen (und teils etwas angeheiterten) Stunde. Immer wieder musste ich Saturn neu einstellen, wenn man sich mal wieder an den Gitterstangen festgehalten hatte; das kam auffallend oft bei jüngeren Frauen vor.
    Sicherlich vier von fünf Beobachter waren richtig beeindruckt, von den Mondkratern und Gebirgen, der Schattengrenze, den Saturnring wollten einige gar nicht glauben. Das man den so richig sehen kann! „Das sieht wie ein Foto aus“, oder: „man meint, das ist eine Computeranimation“ oder: „wo ist den da das Bild“ war mehrfach zu hören. Nur bei einigen wenigen sprang kein Funken über, „hmm, ja ... habe ich gesehen“. Das waren die Ausnahmen, weit häufiger gab es glänzende Augen bei Erwachsenen, ein richtiges Leuchten. Zappelig von einem Bein aufs andere treten: „darf ich noch mal?“ ... das war der Anfang von kleineren Diskussionen. Machmal stand auch das Teleskop an sich im Mittelpunkt des Interesses, dann wurde über Eigenbau und Spiegelschleifen gesprochen. Um Mitternacht hat Roland als erster abgebaut, er wird auch heute die Aktion weiterführen (ich drücke die Daumen beim Wetter!), viertel vor eins musste ich dann Pasanten auf den kommenden Abend vertrösten, ich wollte auch schluss machen, nach fast 5h Nonstop einstellen, erklären, plaudern.


    Fazit: es war rein riesen Erfolg, mit dieser Art der 'Sidwalk'-Astronomie haben wir viele, viele Leute erreicht. Die genaue Anzahl ist schwer abzuschätzen, im Schnitt dürfte ein Beobachter etwa 1min am Okular gewesen sein, bei 5 Teleskopen und rund 5h also ca. 1200 bis 1800 Personen.
    Etwas erschreckend, aber nicht unerwartet die Ahnungslosigkeit bei der breiten Masse, aber genau dagegen haben wir ja etwas getan.


    Vielen Dank an die Mittstreiter, mir hat der Abend riesig spass gemacht!


    Viele Grüße


    Achim

  • Hallo Stefan, hallo Achim,
    boah, das war ja wohl ein voll fetter Abend!
    Glückwunsch zu der tollen Idee, die sich bestimmt auch in anderen Städten durchführen lässt.
    Das sollte man wirklich überall mal machen.
    Mal überlegen, was ich in meiner Stadt auf die Beine bringen kann.
    Selbst wenn man nur Mond und Planeten zeigen kann, könnte man doch viele Menschen begeistern.
    CS
    Timm

  • Hallo Leute,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Selbst wenn man nur Mond und Planeten zeigen kann, könnte man doch viele Menschen begeistern.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Mond und Saturn reichen auch vollkommen aus für die "Massenabfertigung", da können sich die Leute noch was drunter vorstellen und wenn jemand interessiert ist, kann man ihn auch auf die Lange Wand, Saturnmonde, etc. aufmerksam machen. Den ganzen Fuzzelkram, auf den wir so stehen, sehen die meisten Leute entweder gar nicht oder können das nicht einordnen, da muss man dann erst erklären, was eine Galxie ist, warum man nicht mehr sieht, etc.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Sowas hatten wir auch schon immer vor, haben aber bis jetzt den A.... nicht so richtig hochgekriegt <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Da braucht man halt jemand, der einen in selbigen tritt - danke Ronald!


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> hattet ihr das vorher bekannt gegeben ( Zeitung, Radio ), oder seit ihr einfach an den Platz gefahren so nach dem Motto, Hier sind wir jetzt kommt?? <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Wir haben das zwar vorher geplant, aber um Schwierigkeiten und Papierkram aus dem Weg zu gehen, haben wir nichts angekündigt und uns klitschkomäßig mehr so spontohn zusammengerottet. Ich habe keine Ahnung, wie so ein Ordnungsamt funktioniert, aber heutzutage traue ich denen von "passt scho, stellt euch hin" bis "das macht dann 100qm Platzmiete plus 2 Sanitäter und 3 Dixieklos" alles zu.

  • Hallo Stefan,


    wie war es denn am Samstag abend gelaufen? Hatte das Wetter noch mitgespielt und wie war das Puplikum?


    Viele Grüße


    Achim

  • Hallo,


    auch mal zum Mond: ansich war ich nicht sonderlich angetan, daß man die 100 Stunden auf den Halbmond gelegt hat, 2 Tage zuvor gingen ja noch M81 und M82, am Freitag aber nicht mehr.
    Aber die reaktion unserer Besucher hat uns aufgezeigt, daß es die richtige Entscheidung war!
    Bericht findet ihr unter Gerchsheim und Fotos unter astro-foren.de


    Mein Resumee: das werden wir auf jeden Fall noch öfter machen! Das kam bei der (meist unwissenden) Bevölkerung unheimlich gut an.


    CS
    Winfried

  • Servus,


    man könnte solche Aktionen öfters mal machen, unabhängig vom IYA.
    Die Bevölkerung nimmt uns mit unserem Hobby dann auch wahr.
    Nur habe ich die Befürchtung, falls so etwas schon etwas "Regelmäßig" auf öffentlichen Plätzen stattfindet, das es dann doch nicht mehr geduldet wird.


    Gruß
    Gerd

  • Hallo Gerd,


    nach der Sonnenfinsternis, dem Merkur Transit und der Marsopposition ist die Presse zwischenzeitlich etwas sensibilisiert für das Thema Astronomie.


    2-3x jährlich eine solche Aktion, zuvor ein Pressebericht (in der saure-Gurken-Zeit nehmen die sich des Themas gerne an) und die Sache läuft.


    Bei uns in Gerchsheim kamen Leute dank Vorabinformation durch die Presse aus einem Umkreis von gut 100 Kilometern.


    Man darf es halt nicht übertreiben, ich denke einmal im Frühjahr und einmal im Herbst, das wären die idealen Zeiten.


    CS
    Winfried

  • Hallo Leute,


    tolle Aktion!


    Es gibt kaum eine bessere Methode, auch solche Leute zu erreichen, die bisher noch gar nicht wissen, daß sie sich für Astronomie interessieren - und eure Berichte machen Laune auf Nachahmung!


    Mit dem Wetter hattet Ihr ja richtig Glück, einer der ersten lauen Frühlingsabende ist sicher die perfekte Gelegenheit.


    Langfristige Voranmeldung kann man bei solchen Aktionen sowieso vergessen, weil das Wetter nicht planbar ist. Ich denke, Ihr habt das so genau richtig gemacht.


    Auch die Zeit um Halbmond ist eine gute Entscheidung, richtig Deepsky geht aus der Stadt sowieso nicht.


    Gruß,
    Martin

  • Servus,


    wir haben die Aktion am Samstag wiederholt, allerdings mit kleinerer Besetzung (3 Teleskope). Es waren deutlich weniger Leute unterwegs, als am Freitag, es war auch ein ganzes Stück kühler.


    Obwohl fast die ganze Zeit eine dünne Wolkenschicht durchzog, war der Mond immer sichtbar, Saturn war manchmal nicht mehr mit bloßem Auge, sondern nur noch im Teleskop zu sehen, wodurch sich wohl bei einigen Leuten gefährliches Halbwissen gebildet hat, á la "mit so einem Teleskop kann man durch Wolken sehen".


    Achims Schätzung könnte hinkommen, ich habe diesmal eine Strichliste geführt und in den ersten 1 1/2 Stunden 80 Besucher an meinem Dobs gezählt.


    Interessant waren auch die Fragen, die häufig gestellt wurden:
    "Kostet das was?"
    "Wem gehören die Teleskope?" ... "Privat, selbstgebaut *staun* ich dachte ihr wärt von der Uni"
    "Ist das wirklich live? Das schaut aus, wie ein Bild."
    "Was sind das für Kringel auf dem Mond?"
    "Kann man die Flagge sehen?"
    Und natürlich der Klassiker: "Was kostet das Teleskop?"


    Die Top-Frage des Dobsonauten war übrigens:
    "Isser noch drin?"[;)]

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!