Hallo Gemeinde,
Ich versuche seit einiger Zeit, schicke Astrofotos mit der Spiegelreflexkamera im Fokus meines 10" Newtons bzw. meines 8" SC zu machen. Dazu verwende ich eine ToUCam und das Programm Startrack. Leider bekomme ich immer noch kein vernünftiges Autoguiding hin. Mit dem Teleobjektiv (F=300) sieht's prima aus, mit dem Newton geht's noch so und mit dem SC wird's ganz schlimm. (Ich weiß - SC mit Leitrohr tut man nicht, wegen Shifting.... - ich will aber nu doch!)
Ein Bekannter mit wesentlich mehr Erfahrung als ich, hat mich jetzt darauf gestossen, dass mein Leitrohr einfach zu kurz ist. Bevor ich mir aber ein längeres kaufe, wüßte ich gerne, wie lang es denn nun sein muß.
Ich habe jetzt einfach mal versucht, mich der Sache rechnerisch zu nähern, um herauszufinden, welches Leitrohr ich wirklich brauche. Wenn ihr mal ein wenig Zeit habt, lest es Euch durch und sagt mir Eure Meinung. Dabei sind natürlich nur die Nachführfehler berücksichtigt, die durch die Brennweite des Leitrohrs bedingt sind. Nicht durch dessen Befestigung, Spiegelshifting o.ä.
1. Annahme
Wenn ich zwei Fernrohre mit identischer Brennweite und identischen CCD-Kameras habe, bekomme ich an beiden Kameras das gleiche Bild. Wenn Fernrohr A das Hauptrohr und Fernrohr B das Leitrohr ist und meine Autoguider-Software erst bei einem Fehler von 1 Pixel anspricht, d.h. korrigiert, bekomme ich auf dem Bild vom Hauptrohr einen maximalen Fehler von 1 Pixel. D.h. ein Stern, der eigentlich 1 Pixel wäre, besteht aus zwei Pixeln und ist somit Strichförmig.
Von einer perfekten Nachführung würde ich sprechen, wenn die Nachführoptik die doppelte Genauigkeit der Fotooptik hat. Wenn der (sofort korrigierte) Fehler von 1 Pixel im Leitrohr also zu einem 1/2 Pixel Fehler im Hauptrohr führt.
Das erreicht man wenn
- entweder die Brennweite des Leitrohrs doppelt so hoch, wie die Brennweite des Hauptrohrs ist (ich will aber keinen 4m langen Refraktor - will ich einfach nicht[:o)])
- oder die Kamera des Leitrohrs die doppelte Auflösung (in X-Achse, insgesamt natürlich die 4-fache) in Pixeln bei gleicher Größe des CCD-Chips hat
- oder die Kamera des Leitrohrs die gleiche Auflösung in Pixeln bei halber Chipgrösse hat.
Man sieht schon, worauf das hinausläuft:
2. Annahme
Die Chipgrösse (bei gleicher Auflösung) wirkt sich bei dem Fernrohr CCD-Kamera auf die Vergrößerung genauso aus, wie es die Okularbrennweite tun würde. Halbe Chipgröße->Doppelte Vergrößerung.
3. Annahme
Bisher habe ich von zwei CCD-Kameras gesprochen. Mich interessiert aber eigentlich eine CCD am Leitrohr und eine analoge SLR am Hauptrohr. Zwar hat der Film auch irgendeine Körnung - ich will da aber nicht von Auflösung sprechen. Allerdings wird das Bild ja mit einer bestimmten Auflösung gescannt und mit dieser Auflösung kann man ja durchaus rechnen. Bzw. man kann die Sinnvolle Auflösung für den Scan in Abhängigkeit von der Nachführgenauigkeit berechnen.
Berechnung:
A1=Auflösung der Hauptoptik
A2=Auflösung der Leitoptik
1. Annahme => A1*2=A2
F1=Brennweite der Hauptoptik
F2=Brennweite der Leitoptik
d1=Größe des Hauptchips (bei jew. gleicher Pixelzahl)
d2=Größe des Leitchips (bei jew. gleicher Pixelzahl)
2. Annahme => A1=F1/d1; A2=F2/d2
p1=max. Sinnvolle x-Auflösung (in Pixeln) der Hauptkamera bzw. des Scans
p2=x-Auflösung der Leitkamera (bekannt)
3. Annahme =>
F1/d1=2*F2/d2
und
(2*F1*p1)/d1=(F2*p2)/d2
p1=(F2*p2*d1)/(F1*d2*2)
Plausibilitätsprüfung:
- wird F2 (Brennweite des Leitrohrs) größer, kann auch p1 größer werden
- wird p2 (Auflösung der Leitkamera) größer, kann auch p1 größer werden
- wird d1 (Fläche des Hauptchips) größer, kann auch p1 größer werden
- wird F1 (Brennweite des Hauptrohrs) größer, muß p1 geringer werden
- wird d2 (Fläche des Leitchips) größer, muß p1 geringer werden
- wird der Sicherheitsfaktor (hier 2 aus Annahme 1) größer, muß p1 geringer werden
=> für:
F1=2000mm
F2=350mm
d1=35mm
d2=4mm
p2=640
ist p1=(350mm*640Pixel*35mm)/(2000mm*4mm*2)=490 pixel
Daraus folgt, mein Leitrohr ist zu klein, um aus den damit gewonnenen Aufnahmen (am C-8) Bilder in einer vernünftigen Auflösung zu gewinnen. Mit dem Teleobjektiv von 300mm sieht's schon besser aus:
p1=(350mm*640Pixel*35mm)/(300mm*4mm*2)= 3266 pixel
Um Bilder mit einer "vernünftigen Auflösung" von z.B. 4 Megapixeln (2272*1704) mit dem SC zu bekommen, müßte mein Leitrohr folgende Brennweite haben:
F2=(2*F1*p1*d2)/(d1*p2)=(2*2000mm*2272Pixel*4mm)/(35mm*640Pixel)=1623mm
Ich würde mich also trauen, einen 70/700-Refraktor zu benutzen und vor die Kamera noch eine Barlow-Linse zu hängen. Damit käme ich dann auf 1400mm Brennweite. Das ist etwas zu wenig für's C-8 und etwas zuviel für den Newton (F=1150) - wobei, zuviel kann's ja wohl nicht sein.....
Sehe ich das jetzt richtig oder kaufe ich wieder irgendwelchen Mist, den ich nachher doch nicht gebrauchen kann?
Gruß
Klaus