SIPS - Starlight Integrated Paracorr System
Hallo Freunde der nadelfeinen Sternabbildung,
Ich hatte HIER ja schon eine längere Abhandlung über die Spiegelkoma bei schnellen Newtons und ihre Beseitigung durch visuelle Komakorrektoren geschrieben. In diesem Thread hatte ich auch schon einen Testbericht über einen selten genutzten Komakorrektor angekündigt. Das ganze hat nun doch etwas länger gedauert, aber nun ich der Bericht fertig. Liegt unter anderem daran, dass er etwas länger geworden ist als geplant...
Wer jetzt nicht weiß wovon ich rede und was Spiegelkoma und ein Komakorrektor sind, sollte den verlinkten Thread zumindest einmal überfliegen. Denn genau um dieses Thema geht es hier.
Wie dort beschrieben muss ein Komakorrektor einen genau festgelegten Abstand zum Hauptspiegel einhalten um optimale Ergebnisse zu bringen. Bei den Korrektoren zum Einstecken in den OAZ ist das wegen der Fokussierung schwierig und führt zu der technisch nicht wirklich zufrieden stellenden Lösung mit den verstellbaren Okularklemmen in den Korrektoren (z.B. dem "Tunable Top" beim Paracorr.).
Eine technisch und optisch bessere und für den Beobachter bequemere Lösung ist, den Komakorrektor in festem Abstand zum Hauptspiegel zu montieren und den OAZ oben auf dem Korrektor zu setzen. Dann kann man mit jedem beliebigen Okular fokussieren und hat beim Scharfstellen automatisch die Position der optimalen Komakorrektur erreicht.
Genau diesen Weg haben die Firmen Televue und Starlight Instruments, Hersteller der Feathertouch-Auszüge, beschritten. Ein Komakorrektor der in festem Abstand zum HS unterhalb des OAZ sitzt. Das Ergebnis dieser Kooperation ist SIPS, das Starlight Integrated Paracorr System.
Und so sieht es aus:
Ein beeindruckendes Stück eloxiertes Aluminium, oder?
Genau genommen ist der SIPS nur die untere Hälfte dieses Aufbaus. Links sitzt ein normaler Feathertouch, in diesem Fall ein etwas älteres Modell ohne Ringklemmung, den ich günstig bekommen habe (wie immer). Den angelaufenen Drehknopf habe ich mittlerweile etwas aufgehübscht. Das SIPS-Rohr ist nicht so massiv und schwer wie der Anblick vermuten lässt. Die eigentlich Optik hat knapp unter 2" Durchmesser, es handelt sich um die bewährte Originaloptik des Televue Paracorr Typ 2. Sie sitzt in einem großzügig bemessenen Alurohr, das noch eine Feineinstellung für den Abstand Korrektor-HS enthält und in das ein Teil des Auszugsrohres rein fahren kann. Der SIPS ist konzipiert für den FT mit 1,5"-Auszugsrohr, also 38mm Auszugslänge. Mein FT hat 28mm, das passt auch noch. Wichtig ist, dass man mit dem vorhandenen Auszugsweg mit all seinen Okularen auch ohne SIPS in den Fokus kommt. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass der Paracorr die Brennweite um den Faktor 1,15 erhöht. Aus meinem 16" f/4 mit 1600mm Brennweite wird somit effektiv ein 16" f/4,6 mit 1840mm. Man sollte dies bei der Auswahl seiner Okulare berücksichtigen.
Und so sieht das ganze am 16"-Dobson aus:
Ein ganz schöner Brummer, oder? Das Okular ist ein 26mm Nagler Typ 5, das an sich ja auch nicht gerade klein ist.
Am Hut sitzt zunächst die ganz normale Basis des Feathertouch, in die der SIPS im richtigen Abstand eingeschraubt ist. Dann sitzt der OAZ oben im Korrektorgehäuse.
Der SIPS ist dabei nicht so schwer wie er aussieht, da das Rohr möglichst dünnwandig gehalten ist. Hier mal ein paar Gewichtsangaben, um eine Hausnummer zu geben:
Feathertouch mit Basis: 541g
SIPS: 368g
26mm Nagler: 473g
Zum Vergleich ein Paracorr Typ 1: 358g (PCV-2000)
Und ein leichter Crayford-OAZ: 375g (JMI NGF-2)
Man sieht, wenn man ohnehin schon mit einem Paracorr Typ 1 und Feathertouch beobachtet, bringt der Wechsel zum SIPS nur 10g mehr an den Hut. Die Gewichte des Naglers und des Feathertouch machen sich da deutlich stärker bemerkbar. Bei einem Leichbaudobson kann das schon eng werden. Auch bei meinem recht massiv konstruierten 16"er muss ich ein Gegengewicht an der Zelle einsetzen seit ich den Paracorr Typ 1 habe. Aber das tut es auch noch mit dem schwereren OAZ. Aber knapp. Der neue Feathertouch ist also an meinem Teleskop der stärkere Gewichtsfaktor.
Aber ich habe mehr Bilder versprochen. Also schauen wir dem SIPS mal ins Rohr:
Links der Feathertouch OAZ. Ein Standardteil. Der SIPS ist für den FT mit 1,5“-Auszugslänge konzipiert, die beiden sind von den Passungen und Abständen aufeinander abgestimmt. Ob man den SIPS auch an einen OAZ eines anderen Herstellers adaptieren kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Theoretisch sollte das aber gehen.
Rechts davon das Gehäuse. Im wesentlich ein Rohr, aber mit vielen Funktionen. Unten ein Schwalbenschwanz, mit dem es in der Feathertouchbasis geklemmt wird. Dann ein Gewinde mit Konterring zur Feineinstellung des Korrektorabstandes. Ein Innengewinde, in das die eigentliche Korrektoroptik geschraubt wird. Und schließlich oben ein weiterer Schwalbenschwanz, der den OAZ aufnimmt.
Das schmale schwarze Rohr enthält die eigentliche Korrektoroptik. Ein Televue Paracorr Typ 2 in einem speziell gebauten Gehäuse für den SIPS. Er lässt sich bei montiertem Gehäuse und OAZ vom Tubus aus in das Gehäuse einschrauben. Das macht man sich zu Nutze, wenn der Newton kollimiert werden muss, da das mit eingebauter Korrektoroptik nicht funktionieren soll. Zumindest mit dem Concenterokular trifft das auch zu.
Ganz rechts schließlich ein seltsames graues Plastikrohr mit ein bisschen Klebeband drauf. Das braucht man zum Einstellen des richtigen Korrektorabstandes. Dazu später mehr.
Einbau und Justierung
Der Paracorr legt den Fokus des Newtons um 62mm nach außen. Das ist genau die Bauhöhe des SIPS-Gehäuses. Daran sieht man, wie durchdacht der SIPS konstruiert ist, denn wenn man mit seinen Okularen mit einem ohne SIPS montiertem Feathertouch in den Fokus kommt, passt das auch mit montiertem Korrektor. Und es vereinfacht den Einbau ungemein.
Zunächst habe ich meinen alten JMI-OAZ durch den FT ersetzt. Das Loch im Tubus musste ich etwas größer machen, dann habe ich die Basisplatte mit dem Hut verschraubt und ganz normal den OAZ ohne Korrektor in die Basisplatte geschraubt. Danach habe ich erst mal in aller Ruhe den Newton komplett durchjustiert. Die Position des FS musste minimal angepasst werden und ich habe den HS etwas weiter nach unten gesetzt.
So sieht das Teleskop mit Feathertouch und 26er Nagler ohne SIPS aus:
Dann den FT raus und den SIPS in die OAZ-Basis. Er wird von den normalen Madenschrauben gehalten. Hier ein Blick in den SIPS ohne OAZ:
Man sieht sehr schön die Korrektoroptik in dem breiten Rohr. In den Zwischenraum kann das Auszugsrohr des Feathertouch rein fahren.
Zum Schluss den FT in den SIPS und fertig.
Nun kommt das Plastikrohr zum Einsatz um die optimale Korrektorposition zu finden. Es setzt unten auf der Paracorroptik auf und hat genau die Länge des optimalen Strahlengangs bis zum Brennpunkt über der oberen Linsenfassung. Der oben rüber geklebte Tesastreifen dient als Mattscheibe. Wenn man einen hellen Stern zentriert, muss er auf dem Streifen exakt punktförmig erscheinen. Diese Einstellung muss man nur ein Mal machen, es sei denn man ändert die Höhe des HS deutlicher als bei einer normalen Justage. Dazu löst man den Konterring außen am SIPS-Gehäuse und kann den Korrektor samt OAZ in der Höhe verdrehen und dadurch den Abstand zum HS einstellen. Wenn man die optimale Einstellung gefunden hat, zieht man den Konterring wieder fest, dreht den OAZ oben drauf noch in eine bequeme Position...
Und fertig!
Okular rein, schönen großen offenen Sternhaufen einstellen und WOW! Tschüss Koma.
Der SIPS in der Praxis
Wie bedient man den SIPS in der Praxis? Gar nicht!
Man vergisst einfach dass er da ist. Man kann die Okulare wie gewohnt nutzen und wechseln ohne dass es zu irgendwelchen Einschränkungen kommt. Das einzige ist die etwas höhere Position des OAZ und die oben erwähnte geringe Brennweitenverlängerung. Die Okulare zeigen ein klares, brillantes Bild und das Gesichtsfeld ist bis zum Rand scharf. Die Koma ist einfach weg.
Unterschiedliche Okulare reagieren allerdings mit geringen Unterschieden auf die Komakorrektur, wobei natürlich zu hinterfragen ist, inwieweit das mit dem Paracorr zusammen hängt oder ob es Eigenschaften der Okulare bei f/4 sind, die ohne Korrektor zuvor einfach nicht aufgefallen sind.
So ist das Bild bei dem 17mm und 12mm Nagler T4 bis zum Rand sehr gut. Die Sterne sind punktförmig, nur am alleräußersten Rand, den letzten paar Grad, werden die Scheibchen minimal größer.
Das 26mm Nagler T5 zieht die Sterne am Rand etwas radial in die Länge. Immer noch deutlich besser als ohne Paracorr, aber nicht mehr absolut punktförmig und eindeutig weniger gut korrigiert als die Nagler T4. Dieser Effekt ist auch von der richtigen Augenpositon über dem Okular abhängig, bei richtigem Einblick kann man ihn fast komplett zum Verschwinden bringen. Eine verstellbare Augenhülse wie bei den T4 wäre da eventuell von Vorteil. Außerdem zeigt sich ein wenig Farbe an den auseinander gezogenen Sternen. Aber da gerade bei dem großen absoluten Gesichtsfeld des 26er Nagler die Koma zuvor am deutlichsten aufgefallen ist, kann ich damit gut leben.
Das Speers Waler 5-8mm Zoom wiederum zeigt bis zu Rand sehr scharfe Sterne, bekommt auf den äußeren geschätzten 10º allerdings einen leichten Farbfehler. Es sieht mir nach chromatischer Aberration aus. Die Abbildung an sich ist aber immer noch sehr scharf, ich konnte Saturn bei 6mm bzw. 300x halb hinter den Okularrand laufen lassen und konnte dennoch die Cassiniteilung in der sichtbaren Hälfte erkennen. Ich denke also eher, dass die Farbe vom Okular stammt. Das Auflösungsvermögen war bei meinen bisherigen Tests immer durch das Seeing begrenzt und nicht durch die Qualität der Optik.
Die Abbildungsqualität ist also wirklich gut. Vor allem wenn man als Vergleich das Bild ohne Komakorrektor heran zieht.
Wen man den Dobson zerlegen will, empfiehlt es sich den SIPS samt OAZ abzunehmen. Er wird durch zwei Madenschrauben in der OAZ-Basis gehalten und kann ohne Beeinträchtigung der Justierung demontiert und wieder montiert werden. Im Moment benötige ich noch einen zölligen Inbusschlüssel, aber ich werde versuchen die Madenschrauben durch Rändelschrauben zu ersetzen. Das zöllige Gewinde ist das gleiche wie bei Gehäuseschrauben für Computergehäuse. Dafür gibt es Rändelschrauben zu kaufen.
Zum Justieren des Newtons muss die Paracorr-Optik ausgebaut werden. Vom Hersteller ist vorgesehen, die optische Baugruppe nach unten aus dem SIPS raus zu schrauben. Das geht auch problemlos, quietscht aber etwas, weil zur Sicherung da noch ein O-Ring eingebaut wurde, der wegen der Nähe zur Optik natürlich trocken ist. Bei mir ist allerdings das eingebaute Filterrad im Weg, so dass ich dafür jedes mal den gesamten Aufbau samt OAZ abnehmen muss. Das wird aber auch einfacher wenn ich erst mal Rändelschrauben an der Basis habe.
Falls man mal die Höhe des HS verstellt, muss man den SIPS mit dem Plastikrohr neu einstellen, aber auch das ist in 2-3 Minuten erledigt.
Wenn man mal ohne SIPS beobachten will, kann man ihn schnell ausbauen und den Feathertouch wieder auf seine Basis setzen. Wie oben schon beschrieben, kommt man dann nach wie vor mit allen Okularen in den Fokus und könnte einen anderen Korrektor ausprobieren, die komakorrigierende Barlow von Gerd Düring verwenden oder mit einer EQ-Plattform nachführen und guten Orthos auf der optischen Achse Planeten spechteln.
Der SIPS ist also auch einigermaßen flexibel, da man ihn schnell und ohne Justierprobleme ausbauen kann. Die einzige Einschränkung ist die Fotografie. Die Brennebene liegt ganz knapp über dem unteren Anschlag des Feathertouch. Bei einem DSLR-Gehäuse liegt der Chip viel zu weit hinten. Bei schlanken CCDs, bei denen der Chip sehr weit vorne sitzt, könnte es gehen. Eine CCD-Kamera in einem 2"-Gehäuse sollte keine Probleme bereiten. Das gleiche gilt für die neuen ALccd5L-II Kameras im 1,25"-Gehäuse.
Fazit
Ich habe den SIPS nun seit einer Woche in Verwendung. Zwar werden die Nächte bei mir nicht mehr richtig dunkel, aber für ein paar Sterntests und den Saturn hat es gereicht. Wie oben beschrieben ist das Auflösungsvermögen an Planeten bis zum äußersten Rand wirklich überzeugend. Vielleicht ergibt sich noch mal die Möglichkeit das SW 5-8mm Zoom mit einem 6mm Nagler zu vergleichen.
Etwas enttäuscht hat mich das 26mmNagler T5. Die radial verlängerten Sterne hatte ich so auch schon beim Paracorr Typ 1 und ich hatte gehofft, dass sie mit einem Typ 2 perfekt rund sein würden. Da die kürzeren Brennweiten perfekt randscharf sind, denke ich dass es sich um ein Problem des Okulars handelt. Oder vielleicht doch Bildfeldkrümmung? Die würde sich doch in unscharfen Sternen äußern und nicht in elongierten, oder?
Die Benutzung des SIPS ist einfach genial, weil man das Teil beim Beobachten komplett vergessen kann. Keine Einstellungen die geändert werden müssen, keine Reflexionen, nichts. Nur dass er zum justieren raus muss ist etwas hinderlich, aber das ist soweit ich erkennen kann die einzige Einschränkung im Gebrauch.
Die Größe und das Gewicht sind natürlich ein Thema. Allerdings ist der SIPS nicht wesentlich größer und schwerer als ein normaler Paracorr. Wenn man ohnehin einen Komakorrektor verwenden will, bekommt man so oder so deutliches Gewicht an den Hut. Und kleiner ist ein normaler Paracorr unterm Strich auch nicht. Hier nochmal mein Dobson mit Feathertouch, Paracorr Typ 1 und dem 26er Nagler. Vergleicht das mal mit dem Bild oben, das den vergleichbaren Aufbau mit dem SIPS zeigt:
Die deutlichste Einschränkung ist und bleibt damit der nicht unerhebliche Preis dieses Korrektors. Neu kostet er zusammen mit einem Feathertouch über 1000,-€. Das ist eine ganz schöne Stange Geld. Wenn man ohnehin einen Feathertouch verwendet oder plant einen anzuschaffen, ist es nicht ganz so teuer. Aber der SIPS kostet immer noch mehr als ein "normaler" Paracorr.
Bei Gebrauchtkauf sieht es natürlich anders aus, aber ein SIPS taucht recht selten auf dem Gebrauchtmarkt auf. Ich habe jetzt knapp die Hälfte des Neupreises bezahlt, damit kann ich gut leben.
Was ich mir vom Paracorr Typ 2 erhofft hatte, war noch eine Steigerung der Bildqualität, insbesondere beim 26er Nagler T5. Die elongierten Sterne hatte ich auch schon beim Typ 1, was den Schluss zulässt, dass der Einser für einen f/4-Newton vollkommen ausreichend korrigiert. Nur unter diesem Aspekt betrachtet, hätte ich mir die Anschaffung also sparen können. Aber ich fand den SIPS schon immer spannend und als einer auf dem Gebrauchtmarkt auftauchte, habe ich die Gelegenheit genutzt.
Der Kauf war also auch ein klarer Fall von Wilson-Effekt: <i> Ich will so´n!</i> [:D]
Alles in allem bin ich sehr zufrieden. Mein SIPS wird so bald nicht im Bieteforum auftauchen. Und falls ich meinen Spiegel mal in einen Leichtbaudobson setze, wird der Korrektor in die Konstruktion mit eingehen.
Soweit mein kleiner Erfahrungsbericht. Na ja, vielleicht nicht ganz so klein. Aber ich habe mich bemüht, alle Vor- und Nachteile dieses relativ selten genutzten und nicht gerade günstigen Zubehörs möglichst objektiv dazustellen. Ich hoffe, dass für den einen oder anderen aufschlussreiche Informationen dabei sind und falls jemand mit dem SIPS liebäugelt, dass ich die Entscheidung etwas einfacher machen konnte.
Abschließend noch mal die Feststellung, dass ich mir den SIPS privat und gebraucht gekauft habe. Weder die Anschaffung, noch dieser Bericht wurden von einem Händler oder Hersteller gesponsert.
Ich hoffe, der Bericht hat Euch gefallen. Feedback und konstruktive Kritik sind wie immer ausdrücklich erwünscht.
Bis dann:
Marcus