Messier-Marathon 4./5. März 2011

  • Hallo zusammen,


    bevor es in Vergessenheit gerät, möchte ich vom Messier-Marathon am 4./5. März berichten.


    Als Platz hatten wir uns einen Berg am Nordostrand der Fränkischen Schweiz ausgesucht - ein idealer Ort, wie sich herausstellen sollte. Mit dabei waren Kathrin Paulus-Erndt (16" Newton Selbstbau), Armin Erndt (8" Newton Galaxy), die im Januar den Platz entdeckt hatten, Hans-Georg Purucker (10" Newton Meade Lightbridge, 15×45 IS (Canon), 85/502- Zeiss-Diascope 85 T*FL (20× bis 60×-Zoom)) und Ronald Stoyan (14" Newton, 10x50 Zeiss Jena Dekarem). Außerdem waren zwei Besucher dabei, die sich jedoch schon kurz nach der Dämmerung wieder verabschiedeten.


    Kurz vor Sonnenuntergang waren Kathrin und Armin bereits vor Ort und fingen an aufzubauen. Jupiter bot einen beeindruckenden Auftakt - knackscharf auf hellblauem Himmelshintergrund. Die Dämmerung war spektakulär, Nebel bildete sich in den Tälern, so dass zwischenzeitlich etwas Sorge aufkam, es würde zunebeln. Tatsächlich liegt der Tafelberg jedoch wie ein Balkon über dem Umland, so dass keinerlei Gefahr bestand und es auch nicht sehr feucht war. Die Qualität des Standorts zeigte sich in der folgenden Nacht, die SQM-Werte stiegen von 21m,21 auf sagenhafte 21m,65 gegen Morgen. Die Temperatur sank auf unter -6°C.


    Ganz anders als 1993, als erst am 19./20. März beobachtet wurde, gab es am Abendhimmel überhaupt keinen Stress, so dass Hans-Georg, der eine Stunde später kam, kein Problem hatte M 74 zu erwischen. Insgesamt blieb etwa eine Stunde Zeit, die Galaxie zu sehen. Auch M 77 war kein Problem. M 74 konnte ich jedoch als eines der wenigen Objekte nicht eindeutig im 10x50 sehen.


    Spektakulär war das Zodiakallicht im Osten, das bis über die Plejaden hinausreichte. In Gruppen à 10 Stück wurden die nun folgenden Objekte "abgehakt". Dabei wurde M 39 vorgezogen, eigentlich war der Sternhaufen erst für den Morgenhimmel eingeplant. Nach den Galaxien im Löwen gab es die erste Zwangspause mit Tee bzw. Kaffee.


    Erste Aufregung gab es beim Virgohaufen: Kathrin und Armin, die die Gegend nicht auswendig kannten und mit Telrad-Suchern operierten, fiel das Identifizieren der Galaxien schwer. Mit dem optischen Sucher und Kenntnis der Lage zueinander tat man sich wesentlich leichter. Wir hatten wie vor 18 Jahren eine Nacht mit sehr gutem Seeing erwischt, die Siamesischen Zwillinge zeigten sich beeindruckend. Auch sonst blieb viel Zeit für andere Objekte, beeindruckend war v.a. Saturn mit seinem Sturm, so dass ich eine Zeichnung machte (ebenfalls wie vor 18 Jahren, als Jupiter aufs Korn genommen wurde).


    In der Folge wurden die über den Horizont gestiegenen Objekte nach einer einstündigen Pause schnell "abgeschossen": M 83 war sehr deutlich und einfach, auch im Fernglas. Die Kugelsternhaufen im Schlangenträger gelangen schnell, ebenso M 57 und M 56. Um M 27 und M 71 gab es regelrecht einen Wettbewerb, wer am schnellsten zuschlagen würde, ebenso bei M 80 und M 4. Dazwischen gab es längere Pausen.


    Spätestens zu dieser Zeit war klar, dass der Standort auf dem Bergplateau ungünstig gewählt war, um den Westhorizont tief abzugrasen, weil einzelne kleine Büsche im Weg standen. In einer Hauruck-Aktion wurden deshalb alle Teleskope etwa 100m an den Ostrand des Plateaus getragen. Hier herrschte eine bemerkenswert gute Horizontsicht.


    Mit dem Aufgang der Schildwolke wurde der Endspurt eingeleitet: von M 11, M 26, M 16 bis zu M 8 und M 20 konnte man die Milchstraße abfahren und in kurzer Zeit über ein Dutzend Objekte abstreichen. Hier war der optische Sucher wieder klar im Vorteil, da für den Telrad kaum Suchsterne zu finden waren. Gleichzeitig kam M 7 über den Horizont. Nach einer kurzen Verschnaufpause waren M 22 und M 28 dran, dann schon mit sehr viel Mühe M 15, der vom Füllen her aufgesucht werden musste - ohne optischen Sucher nicht zu schaffen. In einem ganz schmalen Streifen über dem Horizont setzte nun die Dämmerung ein, und die hektische Schlussphase begann genau dort. M 6 gelang nur mit Starhopping von M 7 aus. Für M 2 waren die Umgebungssterne bereits zu schwach.


    Nach zwei Anläufen stellte ich per Zufall genau die richtige Stelle ein, ein kleiner matschiger Fleck war gerade so noch auszumachen. Bei M 72 und M 73 konnte das ungefähre Sternfeld noch gefunden werden, jedoch waren schon zu wenig Sterne im Hauptteleskop zu sehen, um die Position genau zu orten. M 54 und Co. im südlichen Schützen wären kurz darauf dran gewesen, es war aber schon zu hell.


    Stattdessen zeigte sich Venus, und über einer scharf begrenzten Nebelschicht in den Tälern ringsum erhob sich der neue Tag. Wir sanken in die Beobachtungsstühle, tranken das fast gefrorene Abschlussbier und genossen trotz schneidender Kälte den folgenden Sonnenaufgang.


    Insgesamt konnten 102 Messier-Objekte gesehen werden (1993: 103), verpasst wurden M 72, M 73, M 54, M 69, M 70, M 75, M 55, M 30. Durch den frühen Zeitpunkt im März wäre auch rechnerisch kaum mehr möglich gewesen. Der 14-Zöller mit 8x50-Sucher stellte sich als ideales Instrument heraus: beweglich, große Öffnung, ideale Hebel, akzeptable Einblickposition auch am Horizont.


    In sternarmen Regionenn und zunehmender Morgendämmerung waren die Teleskope ohne optischen Sucher und mit tieferem Einblick im Nachteil. Hans-Georg schaffte 101 Objekte (M 2 nicht gesehen), Kathrin 94 Objekte und Armin 91 - eine hervorragende Leistung wenn man bedenkt, dass beide etwa ein Drittel der Objekte vorher noch nie beobachtet hatten.


    Im 10x50-Fernglas gelangen bis auf M 2 und M 74 alle Objekte, also insgesamt 100. Hans-Georg beobachtete mit dem Zeiss-Spektiv insgesamt 87 Objekte bis zu M 26 - danach war für Doppelbeobachtung (Spektiv + 10") einfach keine Zeit mehr.


    Die Nacht war insgesamt eine fantastische Erfahrung - es würde schon reizen, zum April-Neumond einen vergleichenden Versuch zu machen. Dabei dürften M 74 und M 77 am Abendhimmel nicht gelingen, jedoch könnte dies durch einige Objekte am Morgenhimmel kompensiert werden.


    clear skies
    Ronald


    PS: Hat noch jemand anders letzten Neumond den Marathon versucht?

  • Hallo Ronald,


    herzlichen Glückwunsch zu den 102 erlegten Messiers [:D]


    Ihr habt ja anscheinend super Bedingungen für einen MM gehabt, durch den frühen Termin sind halt die Sommerobjekte im Schützen unten einfach nicht machbar.


    Da kommen viele Erinnerungen an einen MM auf, den ich 2004 mit den Sternfreunden Breisgau gemacht habe (auweia, das ist ja auch schon wieder 7 Jahre her!). Da waren M74 und M77 schwierig und der tiefe Kram im Schützen ging damals auch nicht. Außerdem hatte wir dicken Sahara-Staub in der Luft :-(. Aber die Erfahrungen waren ähnlich (Teleskop-Umtragen, komplette Orientierungslosigkeit im Virgo-Haufen, völliger Stress am Morgen).


    Viele Grüße
    Reiner

  • Hi Ronald,


    schön, dass du hier vom MM berichtest, man liest doch recht wenig von gut gelungenen Aktionen.


    102 Objekte ist natürlich für Anfang März sehr sportlich, Glückwunsch dazu. Ich sehe allerdings die Chance auf eine hohe M Zahl Ende März höher, auch wenn auf M 74 (M 77 sollte vielleicht noch knapp gehen) verzichtet werden muss.


    Interessant finde ich die Aussage mit dem Sucherteleskop, endlich mal einer der "Butter bei die Fische" redet und konkrete Tipps gibt. Kann mir wirklich gut vorstellen, dass gerade für die Sternfelder, die ja morgens mit bloßem Auge auch nicht mehr machbar sind eine kleine optische Hilfe sehr von Vorteil ist. Kann mich noch gut an meinen MM erinnern, als ich nur mit Star Pointer und 1,3° Feld im 16" rumgeirrt bin. Sterne waren da weit und breit keine mehr, bzw. es hat absolut die Orientierung für die Sternbilder gefehlt.


    Viele Grüße, uwe

  • Hallo zusammen,


    zwei Messier-Marathons innerhalb von 4 Wochen - das gab es wohl selten. Genau dies haben wir aber gemacht!


    Am 2.4. fand die zweite Auflage statt, wieder am selben Ort. Diesmal waren Klaus Veit (20x90-Fernglas) und Thomas Jäger (10"-Dobson) dabei, mit denen ich schon vor 18 Jahren einen Marathon durchführen konnte (damals 103, 101 und 98 Objekte). Außerdem gesellten sich die Stammtischbrüder Klaus Tietzel (12"-Dobson, Rigel Quick-Finder) und Stefan Schick (12"-Dobson, opt. Sucher) mit Freund Michael Weinkauf dazu. Achim und Kathrin, die am ersten Marathon teilgenommen hatten, waren als Zuschauer in der ersten Nachthälfte dabei. Ich war wieder mit dem 14-Zöller unterwegs.


    Wieder hatten wir unglaubliches Glück mit dem Wetter: Es wartete abermals eine gute Nacht. Doch der Charakter des Marathons im April ist ein vollkommen anderer als im März: Es geht gleich mit Vollstress los! M 74, M 77 und M 79 müssen direkt in der Dämmerung aufgesucht werden. Das bedeutet Sternbilder am hellen Dämmerungshimmel mit dem Fernglas identifizieren, im Teleskop wiederfinden und dann an der richtigen Stelle warten, bis die Grenzgröße steigt. Für M 77 blieb es aber zu hell, obwohl die Umgebungssterne sichtbar waren. Auch M 74 konnte trotz Umgebungssternen nicht gesehen werden - der Hintergrund war einfach zu hell. Trotz etwa gleicher Horizonthöhe gelang aber M 79, weil hier der Himmel dunkler war - die Richtung zur Sonne spielt die entscheidende Rolle! Ich schaltete M 79 vor M 74 und M 77, was schlau war, da für die nachfolgenden Beobachter eine kleine Cirrusbank den Kugelsternhaufen verdeckte.


    Überraschend schwierig waren auch M 33 und M 110 wegen ihrer geringen Flächenhelligkeit, und weil der Himmel in dieser Richtung ebenfalls noch aufgehellt war. Dann kehrte Ruhe ein - die nächsten 100 Objekte gelangen dank des Trainings vom Monat zuvor weitgehend auswendig. Zwischendurch trübten Cirrusschleier das Bild, so dass das SQM nicht mehr als 21,40 zeigte.


    Auch am Morgen hat der Marathon einen ganz anderen Charakter. Für die Milchstraße im Schützen bleibt jede Menge Zeit, wenn man sich hier ohne Karte auskennt. Und M 15 konnte mehr als eine Stunde vor Beginn der astronomischen Dämmerung gesehen werden! Zur heißen Phase kam es im Anschluss an M 15 und M 7: M 2, M 72/73; M 75 und M 54, 69, 70 warteten nahezu gleichzeitig. M 2 gelang zuerst, dann Schwenk zu M 72/73. Hier war der Himmel sehr hell, und obwohl die Umgebungssterne bis 10mag alle sichtbar waren, blieben die Objekte zunächst unsichtbar. Ich wartete hier mindestens 20 Minuten und vergrößerte auf über 120x, bis dann endlich der extrem schwache Nebelklecks von M 72 und das kleine Muster von M 73 auftauchten. Schnell weiter in den Schützen: M 54 gelang auf Anhieb, M 69 auch, für M 70 brauchte ich eine genaue Karte, um den schwachen kleinen Nebel zu sehen. Weiter zu M 75, auch der gelang ohne Probleme. Jetzt nochmal zurück zu M 72/73 um sicher zu gehen: beide waren klar da. Dann noch ein aussichtsloser Versuch bei M 55: Das Sternfeld war lokalisiert, aber der Kugelhaufen einfach zu schwach. Währenddessen wurde es langsam hell.


    Ich war überrascht, wie entspannt eigentlich die Situation am Morgenhimmel war. Bis auf M 55 und M 30, mit denen nicht zu rechnen war, konnte alles ohne Zeitdruck erreicht werden. Zusammen mit den verpassten M 74 und M 77 am Abendhimmel ergibt sich somit ein Ergebnis von 106 Objekten.


    Bei den anderen Beobachtern fehlte M 72/73, vielleicht weil sie zu viel Zeit im Schützen gelassen hatten, und man hier auch Öffnung brauchte. Stefan und Michael sahen somit 104 Objekte, Thomas 103 (M 79 nicht gesehen), Klaus Veit 102 (nicht aufgesucht: M74, M77, M30, M55; aufgesucht und nicht gesehen: M79, M72, M73, M75); Klaus Tietzel hatte nach 90 Objekten aufgehört. Alle Marathonteilnehmer von 1993 konnten ihr Ergebnis also deutlich verbessern!


    Fazit: Nicht die Horizonthöhe, sondern auch der Sonnenabstand ist entscheidend. Das favorisiert M 79 und M 54, 69, 70. Auch die Okularwahl spielt eine Rolle, nicht immer ist die kleinste Vergrößerung ideal. Es dürfte auch beim optimalen Zeitpunkt Ende März schwer sein, von deutschen Mittelgebirgen aus mehr Objekte zu sehen.


    Ein Dank geht an alle Beobachter, die mitgezogen haben - erst dadurch war es für alle ein unvergessliches Erlebnis.


    clear skies
    Ronald

  • Hallo Ronald,


    Du bist der Autor des "Deep Sky Reiseführers", oder? (Sehr schönes Buch übrigens)
    Das erklärt die excellente Himmelskenntnis!
    Super Leistung! Bisher habe ich nicht mal ein Drittel der Messiers gesehen. Da hängt ja vieles dermaßen tief in der Horizontsuppe, selbst mit einem unsportlichen Goto Teleskop wäre das eine Herausforderung.
    Also Dein Bericht liegt ausgedruckt im Ordner, vielleicht findet sich irgendwann die passende Gelegenheit.


    Viele Grüße
    Kai

  • Servus Leute,


    nachem Ronald vor vier Wochen schon einen erfolgreichen Marathon hingelegt hatte (da war ich auf dem DSM) und jetzt zu einer Wiederholung aufrief, wollte ich auch dabei sein. Die Wetteraussichten für Samstag sahen vielversprechend aus, also verabredeten wir uns, insgesamt 6 Leute, am Samstag zum MM.


    Vorher kam noch ein guter Rat von Ronald: "Nimm soviel warme Klamotten, Essen und Trinken mit, dass du die Nacht überlebst!"


    Meine bisherige Erfahrung mit dem MM war eher dürftig:


    - Ich habe sicher noch nicht alle Objekte gesehen, vor allem die offenen Sternhaufen fand ich nie wirklich spannend.


    - März 2010 in Stumpertenrod: die berüchtigten Anfangsobjekte alle erwischt, bis zum Osthorizont durchgearbeitet und bis 22:00 Uhr 56 Objekte gesehen, dann war's bewölkt.


    - 4 Wochen später ebenfalls in Stumpertenrod: Kein guter Start, 13 Objekte fehlen bereits, aber vielleicht klappt's ja um so besser mit dem Rest, aber leider auch hier: nach dem Virgohaufen und ein paar weiteren Objekten ab 00:30 Uhr ... Wolken.



    Hier also mein "Erlebnis Messier-Marathon" vom 2.4.2011:


    18:00 Treffen bei Ronald, dann eine Stunde Fahrt zum Beobachtungsplatz durch die Fränkische Schweiz ... meine Güte lebe ich in einer tollen Gegend ;)


    19:00 Sammeln am Parkplatz unterhalb des Beobachtungsplatzes und Fahrt auf einer "Dirt Road" auf den Hügel, Klaus' Auto schmeißt mit Steinen, zum Glück halte ich genügend Abstand.


    19:15 Suche nach dem optimalen Standort, wir beschließen, uns im Westen aufzustellen und später auf die Oststeite umzuziehen. Auf dem Hügel tummeln sich noch "Sonnenuntergangs-Touristen", die sich erst ein bisschen über die Autos auf der Wiese wundern und dann ein bisschen mehr über die Gerätschaften die dort aufgebaut werden. Ronald erklärt die Spielregeln und verteilt die ultimative MM-Liste, von ihm exakt berechnet genau für diese eine Nacht. Ich beobachte zusammen mit Michael an meinem 12" Dobson, wir wollen uns die Aufsucharbeit teilen.


    19:43 Sonnenuntergang - kein Green Flash - es wird frisch, umziehen, Teleskop justieren und warten ...


    20:30 Erste Versuche Sternbilder zu identifizieren und an einem gefühlt noch strahlend blauen Westhorizont M74 und M77 zu finden, ein aussichtsloses Unterfangen.


    21:00 Ronald verkündet die erste Erfolgsmeldung "M79 - ihr solltet euch beeilen"


    21:05 M79 - Objekt Nr. 1! Wir geben die ersten beiden Objekte verloren.


    21:30 M33 - sehr schwierig, aber dann geht's Schlag auf Schlag


    22:00 Die ersten 18 Objekte sind abgehakt, ab jetzt können wir uns Zeit lassen, das SQM-L zeigt 21.1, es bläst ein leichter, aber beständiger Wind. Das Zodiakallicht ist zu sehen.


    23:00 Es geht zum Virgohaufen, das Identifizieren der einzelnen Galaxien gestaltet sich schwieriger als gedacht, da sind einfach zu viele davon zu sehen im 12" (frei nach Ambros "ich habe mich verlaufen in einem Virgohaufen"), der Karkoschka ist hier keine wirkliche Hilfe. Wir machen einen Reset und fangen nochmal von vorne an die zweifelhaften Objekte zu beobachten. Statt Galaxy-Hopping im Okular probieren wir's jetzt mit Starhopping im Sucher, das klappt wesentlich besser.


    00:00 63 Objekte, wir sind dem Zeitplan eine Stunde voraus, das SQM-L zeigt 21.2 - Pause, ich hab tierischen Hunger und esse erstmal was.


    01:00 Schnell noch M83 beobachtet - was man hat, das hat man - dann Umzug auf die Ostseite, hier bläst ein stärkerer Wind. Im Westen ziehen Wolken auf, hoffentlich bleiben die da.


    02:15 M9 - Objekt Nr. 81, das Beobachten der Ost-Objekte ist kein wirklicher Spaß mehr, hellgraue Matschflecken vor hellgrauem Hintergrund und alles in Horizontnähe. Die Spiegelbox fällt öfter mal aus ihrer Führung. Sehr nützlich sind die Bilder im (neuen) Karkoschka zur Identifizierung vor allem von offenen Sternhaufen. Der Wind nervt! Die 2. Pause, ich setze/lege mich ins Auto und mache die Augen zu, im Halbschlaf rechne ich: noch 30 Objekte in 2 1/2 Stunden, alles grau in grau am Horizont ... das wird kein Spaziergang - ich bemerke erst später den Rechenfehler, es bleiben nur noch 1 1/2 Stunden bis zur Dämmerung


    03:15 Vom kurzen Schlaf bin ich ausgekühlt, zum Glück hab ich die Daunenjacke mitgenommen. Wieder halbwegs fit geht's zum Endspurt, das SQM-L zeigt 21.3, die Wolken im Westen stehen höher als vor einer Stunde. Es ist es staubtrocken, nicht die geringsten Anzeichen von Tau. Beim Erkennen der horizontnahen Sterne zeigt sich der Altersunterschied von 20 Jahren zwischen Michael und mir: er erkennt problemlos Sternbilder, wo ich nur grauen Matsch sehe. Ich wechsle auf eine etwas stärkere Brille, damit sehe ich zwar mehr Sterne, aber dafür wird das Lesen der Sternkarte umso schwieriger. So langsam stellt sich auch die Frage, warum man sich das antut, tja, wenn ich eine Antwort darauf hätte wär's kein Hobby.


    04:25 M25 Objekt Nr. 96, noch eine halbe Stunde bis zur Dämmerung und noch 12 Objekte, leichte Panik macht sich breit. Jetzt nervt der Wind wirklich; hab ich schon erwähnt, dass er aus Richtung Osten bläst!


    04:55 M2 - Objekt 102 auf der Liste. Abzüglich der ersten beiden macht, nochmal vorne nachschauen, waren's wirklich nur zwei nicht gesehene, nochmal nachrechnen ... DREISTELLIG! Wir freuen uns ein klein wenig und machen gleich weiter. Ronald läuft gelangweilt über den Platz, er ist längst fertig und hat 106 Objekte im Sack.


    05:15 In der beginnenden Dämmerung findet Michael noch weitere 4 Objekte, ein paar Minuten lang führen wir noch einen aussichtslosen Kampf mit M72 und M73.


    Das Endergebnis: Wir haben bis auf M74, M77, M72, M73, M55 und M30 104 Objekte gesehen, ich finde, das ist gar nicht schlecht für den ersten MM!


    Danach setzen wir uns in einer Reihe an die Ostkante des Hügels und genießen den "Sunriser" mit einem wohlverdienten Abschlußbier. Die Venus geht gerade auf und fliegt mal nach links, mal nach rechts. Die Anderen sehen das auch, nur sind wir uns mit der Bewegungsrichtung nicht einig, ich deute das als Zeichen für Übermüdung, vielleicht war's aber auch tatsächlich ein UVO.


    Anschließend noch Abbauen, Einpacken und möglichst fehlerfrei die Stunde Heimfahrt überstehen. Um 08:00 Uhr liege ich im Bett und lasse den Sonntag einfach ausfallen.


    Beim nächsten Mal (wenn's das gibt) werde ich folgendes anders/besser machen:


    - Generell: eine bessere Vorbereitung. Eine Karte des Virgohaufens ist ein Muss, ebenso großräumige Aufsuchkarten für die kritischen Objekte, um starhoppenderweise ggf. auch mal eine größere Strecke überwinden zu können, eine drehbare Sternkarte, um die Lage der Sternbilder zum Horizont abzuschätzen ist sicher auch nicht verkehrt.


    - Ein Feldstecher zur Positionsbestimmung der horizontnahen Sternbilder und der Auswahl des richtigen Startsterns muss sein.


    - Die Höhenräder bekommen eine seitliche Führung, damit auch horizontnahes Beobachten "gefahrlos" möglich ist.


    - Mit den Augen muss ich mir noch was einfallen lassen, mit der normalen Brille sehe ich zu wenig Sterne, mit einer stärkeren kann ich nicht mehr lesen, vielleicht sind Kontaklinsen in Kombination mit einer Lesebrille eine Alternative


    - Ein alkfreies Bier für den Startschuss - Danke Klaus!

  • Hallo Schicko,


    herzlichen Glückwunsch, ich ziehe den Hut: 104 Objekte, das ist mehr als respektabel! Dein Bericht liest sich wunderbar, vermittelt viel von der Stimmung und Gefühlslage - toll. Der Platz ist leider von mir aus gesehen noch direkt Hinter Ronalds Wohnort, damit über 90min von mir entfernt. Wie gut ist der Platz nach deiner Einschätzung?


    Viele Grüße von


    Achim


    p.s. Ich selbst hatte am diesem Sonntag etwas mit Familie vor, da wollte ich nicht die ganze Nacht davor durch machen, so bin ich zu meinem Standardbeobachtungsplatz bis kurz vor 2h - bin eben ein Weichei.

  • Servus Achim,


    au weia ... da spricht mein schlechtes Gewissen, ich hab noch nix gemacht.


    Danke für die Blumen - war gutes Temwork, alleine hätte ich vermutlich ein paar Objekte weniger erlegt, es spart schon Energie, wenn man nur die Hälfte der Objekte selber aufsuchen muss und mit jemandem diskutieren kann, ob das Sternmuster jetzt zum Objekt passt oder nicht.


    Zum Platz: ich würde nicht für eine "normale" Beobachtungsnacht da raus fahren. Ich denke, bei uns ist der Himmel ähnlich gut, wobei ich bei uns noch nie das Zodiakallicht gesehen habe. Das Hochfahren ist natürlich verboten.


    Der Platz hat halt den Vorteil, dass man rundum Horizontsicht hat, das ist sicher interessant für Kometen. Im NO schaut man zwar direkt auf einen größeren Ort runter, aber das ist eine wesentlich friedlichere Gegend, als die Lichtglocke von ER/FÜ/N bei uns im Osten.


    Wenn du schon 1 1/2 Stunden fahren willst, kommst du ja fast bis in die Alpen, aber nur fast.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!