<b>Eine Reise zum dunklen Himmel auf die Insel Lastovo</b>
Im Jahr 2008 erfuhr ich durch einen Bericht slovenischer Sternfreunde
vom dunklen Himmel auf der kroatischen Insel Lastovo
http://www.temnonebo.org/pmwik…n=Lokacije.LastovoMaj2008
Nach diesem Bericht kam der Wunsch auf,
während einem unserer Sommerurlaube in Kroatien ein paar Tage auf der Insel Lastovo zu verbringen.
Dieses Jahr, zum Neumond im Juni, war es soweit.
Die Möglichkeit, während den weißen Nächten Mitteleuropa zu entfliehen,
um unter dunklerem Himmel im Süden die Sommermilchstrasse zu beobachten motivierte mich sehr.
Die 1200 km lange Anreise von Stuttgart nach Split ist nahezu vollständig über Autobahnen möglich.
ALTSTADT UND HAFEN VON SPLIT
Vor dem Beginn der Reise habe ich mich über die Abfahrtszeiten der Fähren erkundigt,
und das war gut, es gibt täglich nur 2 Auto-Fähren nach Lastovo.
Eine davon legt um 10Uhr15 in Split ab, Ankunft auf Lastovo nach Fahrplan um15Uhr15
FÄHRHAFEN IN SPLIT
DIE FÄHRE NACH LASTOVO
Bei strahlendem Sonnenschein ging die Fahrt mit der Fähre vorbei an den Inseln Brac und Hvar zur Insel Korcula.
Im Fährhafen Vela Luka, den wir nach 3 Stunden erreichten, wechselten wir auf eine kleinere Fähre,
nach weiteren 1,5 Stunden Fahrt kamen wir auf der Insel Lastovo an der Anlegestelle Ubli an.
INSEL LASTOVO IN SICHT
AUF LASTOVO GUT ANGEKOMMEN
Am späten Nachmittag wurde die Insel grob mit dem Auto erkundet und nach Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants Ausschau gehalten.
Wir entschlossen uns im einzigen Hotel der Insel, dem „Solitudo“, einzuquartieren.
DAS HOTEL SOLITUDO in PASADUR
Nach dem Abendessen im Restaurant des Hotels wurde die erste Beobachtungsnacht in Angriff genommen.
Ich fuhr zur Südspitze, einem kleinem Fischerhafen mit Leuchtturm namens Skrivena Luka (verborgene Bucht)
und schlug dort nach Westen in einen kleinen Feldweg ein.
Nach etwa 1 km fühlte ich mich weit genug weg von bewohnten Gebäuden
und stellte meinen 8Zoll F5 Reisedobson neben dem Auto auf den unbefestigten Weg.
Als weitere Sehhilfen waren ein 6x30 Kronos Fernglas mit 12,5° und das 12x60 Meopta Fernglas mit 5,5° Gesichtsfeld mit.
DER 8 ZOLL REISEDOBSON AN DER SÜDKÜSTE VON LASTOVO
<b>Beobachtungsbericht vom 8.6.2010:</b>
Gegen 21 Uhr beginnt die Dämmerung, die zuerst sichtbaren Planeten Venus, Mars und Saturn werden mit dem Dob in Augenschein genommen.
Leider wird neben dem Leuchtturm ein Außenlicht eingeschaltet welches meine Adaption stört.
Das Leuchtfeuer des Leuchtturms ist von meiner Position abgewandt und stört nicht.
Ich stelle den Dob in den Schatten der Heckklappe meines Autos und decke diese mit einem Teppich ab.
Über der Wasseroberfläche der Adria ist bis auf eine Höhe von 10° Dunst,trotzdem sind 2 hellere Sterne im nördlichen Zentauren zu sehen.
Mit deren Hilfe und 2 Sternen in der Schlange ist es ein Leichtes die Galaxie M83 zu lokalisieren.
Im 8 Zoll Dob sehe ich neben einem sternförmigen Kern mit indirektem Blick innerhalb der rundlichen Fläche 2 Spiralarme.
Die Vergrößerung beträgt mit dem 21mm Pentax XL-Okular 48-fach, der Einsatz des 11mm China-UWA (90 fach)
bringt nicht unbedingt mehr Detail, weil die Spiralarme damit nur sehr schwach zu sehen sind.
Ich nehme Galaxien im Löwen, darunter M65+66, NGC 3628 sowie M95+96+105 und NGC3384 sowie NGC 2903 im Kopf
und NGC 3344 auf dem Rücken des untergehenden Löwen mit dem Dob aufs Korn.
Über dem Leuchtturm von Skrivena Luka steht gegen 23 Uhr der Skorpion.
Die Kugelsternhaufen M4 und M80 sowie der kleine NGC 6144 sind die nächsten Objekte im Dobson.
Mit den Ferngläsern wird die Milchstrasse vom Schwan bis zwischen Skorpion und Schütze bewundert.
Nach vielen Stunden auf Hintern und Beinen beschließe ich es für diesen Abend gut sein zu lassen.
Am nächsten Morgen beim Frühstück erkundigten wir uns nach dem Weg zum Beobachtungsplatz der Slowenen.
AUF DEM HELIODROM DES BERGS HUM (417m über N.N.)
PANORAMA VOM HUM AUF DIE SÜDSPITZE MIT SKRIVENA LUKA
Dieser Beobachtungsplatz befindet sich auf dem 417m hohen Berg Hum.
Die Abbiegung zum Hum hatte ich am Vorabend nicht wahrgenommen,
ein Holzschild mit aufgepinselter Aufschrift „HOM“ befindet sich außerhalb des Blickfeldes der Hauptstrasse.
Eine recht alpine Strasse mit zahlreichen Serpentinen führt auf den Hum gute 400 m höher, wo sich eine Radaranlage der kroatischen Armee befindet.
Ein Hinweisschild verbietet Beobachten, Fotografieren und den Zutritt.
Rechts davon ein weiteres Schild das den weg zum „Heliodrom“ zeigt.
Etwa 500 m südöstlich des Gipfels und nur etwa 20 m tiefer befindet sich etwas abseits
ein etwa 100x100m großer ebener asphaltierter Landeplatz für Hubschrauber, von welchem herrliche Rundblicke auf die Insel möglich sind.
Dieser Platz wurde am Abend wieder aufgesucht.
VENUS ÜBER DER RADARSTATION HUM
<b>Beobachtungsbericht vom 9.6.2010:</b>
Um 21 Uhr bin ich wieder auf dem „Heliodrom“ und stelle den Dobson auf.
Am Vorabend hatte ich auf dem Gipfel Beleuchtung gesehen und ich stelle mich entgegen der Radarstation hinter dem Auto auf.
Geplagt vom Vorabend habe ich mich mit Autan eingerieben, aber leider nicht beide Handrücken, was zahlreiche Stechmücken als Einladung betrachteten.
In der Not fällt mir 1 Paar Arbeitshandschuhe im Seitenfach des Kofferraums ein,
erst mit Diesen geschützt ist ein genussvolles Beobachten möglich.
Wie befürchtet wird um 22 Uhr, kaum ist es richtig Dunkel, neben der Radarstation die Außenbeleuchtung eingeschaltet.
Abseits davon und geschützt durch Heckklappe mit Teppich darüber, sind die Objekte meiner Begierde genau in entgegengesetzter Richtung.
Die Sternbilder Rabe, Becher, Schlange, Zentaur und der noch aufgehende Skorpion.
Erst gegen 22 Uhr 30 ist es im Süden richtig dunkel.
Der Planetarische Nebel NGC 4361 im Raben ist mein erstes Objekt im 8“ Dobson.
Bei 48x ein schwaches Oval, der Zentralstern indirekt zu sehen. Bei 130x recht dunkel, da wäre mehr Öffnung wünschenswert.
Die Antennengalaxien finde ich recht einfach aufzufinden und haben die Form
zweier um 90° zueinander angeordneter, sich berührender ovalen Spindeln.
Um die Himmelsqualität beurteilen zu können stelle ich NGC 4565 im Coma ein.
Hier ist mit 8“ diese leicht aufzufinden, auch der Staubstreifen ist direkt zu sehen.
Nun aber wieder in den Süden zu M83, die Galaxie zeigt an diesem Abend ihre beiden Spiralarme
mit 48facher Vergrößerung deutlicher als am Vorabend,
auch im12x 60 Fernglas ist eine auffällige runde Nebelscheibe zu sehen.
Cirka 3°südlich von M83 versuche ich mich an NGC 5353, einer Zwerggalaxie zwischen Rabe und Zentaur.
Mit dem 21mm Pentax XL ist indirekt eine längliche Aufhellung erkennbar.
NGC 5102 ist eine Galaxie neben dem Stern Jota im Zentaur, beide erinnern mich an Mirachs Geist.
Um die Galaxie zu lokalisieren muss ich den Stern aus dem Gesichtsfeld bringen.
Der Kugelsternhaufen M68 südlich des Raben ist mit 8Zoll Öffnung an diesem Standort ein sehr schönes und lohnenswertes Objekt.
Bei 48facher Vergrößerung ist ohne eine erkennbare Verdichtung zum Zentrum der Kugelsternhaufen zu sehen.
Die Randsterne sind aufgelöst, das Zentrum erscheint körnig.
Inzwischen ist es 24 Uhr.
Das kroatische Militär hat gnädig die Beleuchtung abgeschaltet und ich stehe nun weit ab jeder sichtbaren Beleuchtung unter dem Firnament.
Der Skorpion kulminiert und es ist Zeit für Blicke in tiefe Deklinationen.
Der Bugnebel NGC6302 ist mein nächstes Ziel. Bei 48facher Vergrößerung finde ich nach mehrmaligem Überfahren des Objekts
einen kleinen länglichen Nebel, dessen Kontur mit 130facher Vergrößerung wie eine liegende 8 erscheint.
Dieses Objekt hatte ich etwas prachtvoller aus dem Jahr1994 in Erinnerung.
Aber ein Vergleich hinkt, ich war damals auf dem 35.Breitengrad südlich von Agadir in Marokko
und hatte einen 10.1Zoll Dobson dabei.
Ich froh dieses von Mitteleuropa nicht erreichbare Objekt gefunden zu haben.
Prächtig leuchten die Milchstraßenwolken und deutlich treten Dunkelgebiete hervor.
Mit bloßem Auge recht einfach ist der Pfeiffennebel zu sehen, die große Wolke im Schützen strahlt in unbekannter Pracht.
Ich kann im Schein der Milchstrasse durch Gerhard Stropecks neuen Beobachteratlas blättern und lesen.
Im 6x 30 Fernglas gehen von Stern Rho im Schlangenträger
Ein zarter Dunkelschlauch aus,
dessen Verlauf fast bis fast über den Pfeiffennebel zu verfolgen ist.
Ist da doch ein zarter Hauch erkennbar, da wo sich der Katzenpfotennebel NGC 6334 befinden soll?
Wunschvorstellung oder Realität?
NGC 6231, ein offener Sternhaufen bei -42° Deklination
schimmert mit 2,6m Helligkeit schwach durch die Dunstschicht über der See.
Die Dunstschicht ist wie am Vorabend etwa 10° hoch.
Bis auf die Sterne Theta und Eta, die beiden Südlichsten Sterne des Skorpions, sehe ich alle hellen Sterne mit dem bloßen Auge.
M7 und M8 sind deutlich hervortretende Aufhellungen.
M24 scheint ungewohnt hell als glitzender Barren.
Die Dunkelschläuche des Trifidnebels sind im 8 Zoll Dobson mit 48fach unter diesen Bedingungen leicht ohne Filter zu sehen.
Aber ich lasse während Skorpion und Schütze kulminieren,
fasziniert vom Anblick der Milchstrasse mit bloßem Auge und mit 6x30 Fernglas mit 12,5° Feld den Dobson eine ganze Weile alleine stehen.
Nach 2Uhr 30 kommt auf der See und an der Küste Nebel auf.
Dadurch erscheinen plötzlich Lichthöfe über den Häusern vom Dorf Lastovo im NO und Pasadur im NW
Im Südwesten hat sich eine Wolkenwand gebildet, darunter ist eine Aufhellung von Italien zu erkennen.
Es ist Zeit bevor die Bedingungen sich weiter verschlechtern nach C2009R1 Mc Naught zu schauen.
Tief im NNO finde ich den Kometen, der nun zwischen den Sternbildern Andromeda und Perseus steht.
Die verbleibenden weiteren 2 Tage auf Lastovo waren tagsüber sonnig aber leider gegen Abend der Himmel von Zirren und Bewölkung bedeckt.
Tagsüber wurde fast jede Ecke der Insel besucht,
nur an einer Stelle wurde uns durch Schranke und Stacheldraht
der kroatischen Armee der Zutritt verwehrt.
Die Insel Lastovo war bis vor etwa 20 Jahren miltärisches Sperrgebiet.
AUF DER HAFENMOLE VON ZAKLOPLATICA
Meine Frau freute sich nun am Abend meiner Gesellschaft.
So hatte ich nun auch Gelegenheit die Weine von Lastovo zu kosten. Plavac, ein trockener Roter war mein Favorit.
Ich bin mit den 2 Nachtausflügen zufrieden und habe Vieles auf meiner Beobachtungs-Wunschliste abhaken können.
<b>Fazit:</b>
Für faszinierende Blicke ins Milchstraßenzentrum hat sich für mich die Anreise gelohnt.
Man muss mit Beeinträchtigungen wie Dunst über der See, mit Windböhen auf dem Berg Hum
aber noch lästiger leider auch zeitweise mit der Außenbeleuchtung sichtbarer militärischer Gebäude rechnen.
Für kleine bis mittelgroße Teleskope reicht die Heckklappe des Autos und ein Teppich zum Abdecken störender Lichter.
Genügend Autan und geeignete Salben zur anschließenden Behandlung von Mückenstichen sind für nächtliche Excursionen anzuraten,
am ersten Beobachtungsabend haben die Mistviecher mich fast gefressen.
Gerne werde ich Lastovo wieder aufsuchen.
Dann wünsche ich mir 12 bis 14 Zoll Öffnung für die Nächte auf dem Hum
und Taucherbrille mit Schnorchel für das Meer am Tag dabei zu haben.
Die Menschen auf Lastovo sind sehr zuvorkommend und freundlich.
Im Hotel „Solitudo“ ist man gut versorgt und komfortabel und den Preis wert aufgehoben.
Die Weine der Insel und die Speisen im Restaurant des Hotels Solitudo kann man empfehlen.
Wir haben zu zweit mit Halbpension 90 Euro am Tag gerne bezahlt.
Wer den Rest der Welt ein paar Tage nicht vermisst, ist bereit für Lastovo,
eine Insel mit vielen Schönheiten die oft erst mit dem 2ten Blick erkannt werden.
ZAHLREICHE FLORA ERFREUT DAS AUGE AM TAGE
GESTRANDET AUF LASTOVO? -ABER GERNE DOCH!:-)
IDYLISCHES DORF LASTOVO
Lastovo, unsere Isla Bonita vom 8.-12-Juni 2010[:)]