"Pünktchen"- Spiegel abgespeckt

  • Zur Erinnerung: „Pünktchen“ soll einmal ein 16- Zoll- Newton- Cassegrain- Kombi werden. Dazu existiert schon jede Menge Hardware. Der Stand von Mitte März wurde bereits ausführlich vorgestellt.
    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=2442
    Das Problem der Gewichtreduzierung wurde auch schon diskutiert.
    http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=2476
    Die Erfahrung mit 12 Zoll-„Quarzmonster“ sowie die „PLOP“ Berechnungen von Stathis haben mich bestärkt, „Pünktchen“- Spiegel abzuspecken. Die Maßskizze zeigt das Endergebnis.
    Der wiegt jetzt nur noch 7740 g. Vorher wog er so zwischen 12,5 - 13kg. Genauer konnte ich das nicht wiegen, weil meine Feinwaage nur bis 10 kg reicht. Die Randdicke beträgt noch 9 mm. Ich weiß nicht, ob schon mal jemand einen fast perfekten sphärischen, bereits belegten Spiegel in dieser Weise abgespeckt hat. Normalerweise würde ich wie bei „QM“ erst den Rohling abspecken und dann schleifen und polieren. Hier war es mal anders.
    Das ging so:
    Der Spiegel wurde mit der Schicht nach unten auf dem Drehteller zentriert und der Rand mit Klebeband abgedichtet.


    1. Für die spezielle Spiegelzelle musste noch eine Ringnut geschaffen werden.
    Bei laufendem Drehteller (ca. 3 U/min) wurde die Fase für die Nut mittels Mini- Drill, Karbo- sowie Diamantschleifscheiben geschliffen. Das geht fast freihändig nach Augenmaß, wenn man das Werkzeug im Blickfeld hat. Ganz hervorragend geht das mit einem Lochbohrer für Holz. Der wird genau so mit einer Handbohrmaschine angetrieben, als wollte man ein Loch in eine Holzplatte bohren, einfach stehend freihändig. So ohne weiteres schafft es das Werkzeug es nicht, in den Sital- Block einzudringen. Man muss dazu nur ein wenig Karbo 80 mit Wasser zufügen. Dann schafft man etwa 1 mm mit einer Charge. Man merkt sehr schnell, wann Ausspülen und Neuzugabe von Schleifmittel notwendig wird. Pro Charge dauert das etwa 2 Minuten. Nach der 5. Charge wurden in die Stirnseite des Werkzeuges mittels Mini- Trennscheibe mehrere schräge Schlitze eingeschnitten. Damit wird ein Transport von Schleifmittel zur eigentlichen Arbeitsfläche gewährleistet. Die Tiefe der fertigen Nut beträgt 31 mm, der Außendurchmesser 54,4 mm. Das Nennmaß des Werkzeuges ist mit 54 mm angegeben. Es hat sich bei der insgesamt ca. zweistündigen Aktivität um 5 mm abgeschliffen. Der Verbrauch an Karbo betrug weniger als 50 g. Die Fotos zeigen den Fortgang der Arbeiten.





    2. Das Abspecken
    Der Spiegel wurde unverändert auf dem Drehteller belassen und alles ins Freie geschaffen. Bei der Bearbeitung von Glaskanten ist die Gefahr von hässlichen Muschelbrüchen gegeben. Deshalb muss man die Kante erst schonend anfasen. Das funktionierte mit einer gelochten Diamant- Schleifscheibe und der Handbohrmaschine ganz ausgezeichnet. Der eigentliche Materialabtrag erfolgte dann mittels Flex. Als Werkzeug wurden im Wechsel Diamant- Trennscheibe und Diamant- Topfscheibe eingesetzt. Die „Maskerade“ mit Feinstaubmaske und Gesichtschutz ist keine Show sondern zwingend erforderliche Sicherheitsmaßnahme. Da fliegen echt „prickelnde“ und mitunter gefährliche Splitter durch die Gegend. Nachdem mir so einer eine noch heute sichtbare Schramme an der Hand verpasst hatte, habe ich auch noch Leder- Schutzhandschuhe benutzt. Zuschauer sollte man deshalb auch nur in Schutzausrüstung zulassen. Nach dem Materialabtrag wurde die konische Fläche mit der Diamant- Schleifscheibe geschlichtet. Die davon sichtbaren Schleifspuren konnten mittels Schwingschleifer, Karbo 80 und zuletzt Karbo 120 beseitigt werden. Die Fläche sieht jetzt richtig professionell bearbeitet aus. Insgesamt hat die Abspeck- Kur ca. 20 Stunden gedauert.



    Vor der Bearbeitung hatte ich die Sphäre nochmals sorgfältig nach Foucault geprüft und die Schnittweitendifferenzen der noch nachweisbaren Zonen vermessen. Die Auswertung mit „Foucault Test Analysis“ von Andreas Reifke brachte als Ergebnis PtV von ca. lambda/40 Wellenfront, mit 80% Wahrscheinlichkeit besser als lambda/20 (5 Wiederhol- Messungen). Die stille Hoffnung , dass die Bearbeitung der Rückseite der Spiegel nicht deformieren möge erfüllte sich allerdings nicht. Wie sagt man doch zu einem stark fehlerhaften Spiegel? „Gurke“! Nein, der Labor- Startest zeigte etwas weit Schlimmeres, was ich vorher bei meinen Spiegeln noch nie gesehen hatte: „BIRNE“!!! Jawohl, die extra- intrafokalen Beugungsringe waren birnenförmig verzerrt. Wenn man den Spiegel um 90 ° gedreht hatte, drehte die „Birne“ in der gleichen Weise mit. Also, to „Feinschleif“ or not to „Feinschleif“…, davon in kürze mehr.


    Gruß Kurt

  • Hallo Kurt,


    ein excellenter Bericht - besonders interessant aus werkstofftechnischer Sicht.


    Der Spiegel verhielt sich ja erwartungsgemäß. Innere Restspannungen haben während des Temperprozesses bei der Herstellung ein Gleichgewicht aufgebaut, welches nun durch die Wegnahme von Material gekippt wurde.


    Toll wäre es, mal Vergleichsbilder der opt. Tests zu sehen ...


    Viele Gruesse

  • ich kann mich Matthias nur anschließen. Der bericht ist sehr ausführlich und sehr anschaulich. Ich bin mal gespannt ob alles so klappt wie du dir das vorgestellt hast und du mit dem optischen Endergebnis zu frieden bist. Die Sache mit der Birnenförmigen verzerrung der Beugungsringe verwirrt mich im Moment aber noch ein Bissel, es will mir nicht in den Kopf warum die durch Wegnehmen von Material entstehen sollten. Glas sollte sich nicht plastisch verformen lassen; jedenfalls nicht bei Raumtemperatur [:D]

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die Sache mit der Birnenförmigen verzerrung der Beugungsringe verwirrt mich im Moment aber noch ein Bissel, es will mir nicht in den Kopf warum die durch Wegnehmen von Material entstehen sollten. Glas sollte sich nicht plastisch verformen lassen; jedenfalls nicht bei Raumtemperatur <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Melchior, hallo Matthias
    wie Matthias schon sagte, man kann nicht erwarten, dass der Sital- Rohling absolut ohne innere Spannungen hergestellt werden konnte. Die unvermeidbaren geringen Restspannungen sind höchstwahrscheinlich
    irregulär verteilt. Wenn diese dann partiell mit dem abgetragenen Glas verschwinden, muss sich der Körper irregulär deformieren. Der im Star-Test bemerkbare "Birnen"- Effekt ist dann nichts anderes als irregulärer Astigmatismus. Man muss das mal gesehen haben, wie empfindlich die Prüfmethoden Star- Test und Foucault auf Deformationen der Oberfläche bei einem sphärischen Spiegel reagieren. Da sieht man bereits Abweichungen von lambda/50 Oberfläche sehr deutlich. <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Toll wäre es, mal Vergleichsbilder der opt. Tests zu sehen ...


    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Auch sonst war die Sphäre derart ruiniert, dass ich vor lauter Schreck auf eine Dokumentation verzichtet habe. [B)][B)] Ihr könnt Euch wohl vorstellen, dass ich nie mehr von „Pünktchen“ erzählt hätte, wäre das Problem nicht bereits gelöst. Inzwischen stehe ich vor der Entscheidung: belegen lassen oder weiter „strehlen“. Aber das ist eine andere Geschichte. Dazu gibt es dann auch praxisgerechte Vergleichsbilder. Es wird ja wohl niemand sonst auf die Idee
    verfallen, est eine bestmögliche Sphäre von fast 16" zu polieren und anschließend den Träger mit der Flex bearbeiten[8D]
    Gruß Kurt

  • Hi Kurt!
    ich hab noch mal drüber geschlafen und jetzt scheint mir das mit den Weggeschnittenen verspannungen im Gleichgewicht eine plausible erklärung zu sein. Aber wäre es dann nicht sinnvoll und möglich den Spiegel zuerst kleinzumachen und dann zu schleifen und zu polieren? Wenn er zu dünn wäre könnte man ihn immernoch auf einen Stein kleben, damit er sich bei der bearbeitung nicht verformt

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Aber wäre es dann nicht sinnvoll und möglich den Spiegel zuerst kleinzumachen und dann zu schleifen und zu polieren? <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Melchior,
    selbstverständlich ist das so am sinnvollsten. Frag mich bitte nicht, warum ich das hier mal anders herum gemacht habe.[B)] <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn er zu dünn wäre könnte man ihn immernoch auf einen Stein kleben, damit er sich bei der bearbeitung nicht verformt<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Der wird beim Aufkleben wahrscheinlich geringfügig verspannt werden. Dann hätte man nach der Fertigstellung wieder das "Entspannungsproblem". Vielleicht können Glasbearbeitungsprofis mehr dazu sagen. Man kann es sich kaum vorstellen, wenn z. B. von l/10 Wellenfrontfehler die Rede ist, entspricht das einem Oberflächenfehler von 0,000028 mm. Ich habe den abgespeckten Rohling die meiste Zeit "Spiegel oben" ohne weitere Auflage fertig korrigiert. Für kurze Zeit war eine Halterung zur Bearbeitung "Spiegel unten" notwendig. Dazu wurde der Spiegel auf eine ca 20 mm dicke Spanplatte geklebt. Zum Ausgleich der Unebenheiten zwischen Spiegelrückseite und Spanplatte diente eine 2mm dicke Moosgummi- Schicht, Klebemittel: Teppich- Klebeband.
    Gruß Kurt


    PS: Hab mich bei der vorangegangenen Antwort vertippt. Es muß heißen: "Da sieht man bereits Abweichungen von lambda/20 Oberfläche sehr deutlich."
    l/50 Wellenfrontfehler, entsprechend l/100 Oberfläche wäre etwa die Nachweisgrenze bei besonders empfindlich eingestelltem Foucault- Test.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Melchior vorm Walde</i>
    <br />Wenn er zu dünn wäre könnte man ihn immernoch auf einen Stein kleben, damit er sich bei der bearbeitung nicht verformt
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Kleben ist eine ganz schlechte Idee. Die Klebung bringt mehr Probleme, als sie löst. Diverse Spiegelschleifer haben sich mit aufeinanderkleben von Fensterglasscheiben versucht. Ich kenne eigentlich keinen, der damit Erfolg hatte. Dann lieber gleich dünn bearbeiten mit den üblichen Tricks.


    p.s.
    Kurt, was mich noch interessieren würde, ist, wie du ihn bei der Weiterbearbeitung gelagert hast. Wie hat sich bei TOT der frei überhängende Teil benommen?


    16" mit unter 8 Kilo ist 'ne feine Sache[:p]

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">p.s.
    Kurt, was mich noch interessieren würde, ist, wie du ihn bei der Weiterbearbeitung gelagert hast. Wie hat sich bei TOT der frei überhängende Teil benommen?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Stathis,
    TOT, das habe ich nur kurzzeitig mit kleinen tools 20 cm und 15cm zum Abtrag eines "Berges" in der Mitte gemacht, insgesamt ca. 30 Minuten Polierzeit in dieser Position. Der Spiegel war dazu auf der 180 mm- Fläche über 2mm Moosgummi und Teppich-Klebeband mit der Spanplatte verbunden. Vor einer Randbearbeitung in dieser Position hatte ich wegen nur 9 mm Randdicke erhebliche Angst und hab es deshalb gelassen. Bei 12 Zoll "QM" habe ich allerdings ausschließlich TOT poliert. Dessen Randdicke beträgt allerdings noch 15 mm.


    Seit Vorgestern ist der noch nicht belegte Spiegel in einer 6- Punkt- Lagerung gemäß Deinem Vorschlag im Tubus eingebaut und wartet auf halbwegs brauchbares seeing zum finalen Star- Test. Ausführlicher Bericht folgt bald. Der Tubus mit Optik und Oku- Auszug wiegt jetzt nur noch 16,3 kg.
    Gruß Kurt

  • Ahoi Kurt


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Der Tubus mit Optik und Oku- Auszug wiegt jetzt nur noch 16,3 kg.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Oje ... mein 12,5" liegt bei 28 kg.


    Kann ich ne Diät bei Dir anmelden [:D][:D][:D] ?


    Dickmops & Matthias

  • Ahoi Matthias -
    ersma mussu den Tubus erleichtern. Einen Anfang hast Du ja gemacht: mit der Anfrage zu den CFK-Tuben von AOM.
    Den Spiegel würde ich aber nicht mehr anfassen... [;)]
    So kommen wir vielleicht auf 22-24 kg.
    Ma ´guggn :)

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Kurt</i>
    <br /><blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Hallo Stathis,
    TOT, das habe ich nur kurzzeitig mit kleinen tools 20 cm und 15cm zum Abtrag eines "Berges" in der Mitte gemacht, insgesamt ca. 30 Minuten Polierzeit in dieser Position.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hast du etwa MOT mit großer Pechhaut parabolisiert? Das habe ich mit meinem 14" probiert, musste aber entnervt aufgeben, da ich den Fortschritt nicht richtig unter Kontrolle bekam (ständig irgendwelche Zonen, die sich anders benahmen, als ich wollte). Beim 24" hatte ich es auch zu Beginn probiert - nach 5 Minuten waren die Arme doppelt so dick wie vorher.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Hast du etwa MOT mit großer Pechhaut parabolisiert? Das habe ich mit meinem 14" probiert, musste aber entnervt aufgeben, da ich den Fortschritt nicht richtig unter Kontrolle bekam (ständig irgendwelche Zonen, die sich anders benahmen, als ich wollte). Beim 24" hatte ich es auch zu Beginn probiert - nach 5 Minuten waren die Arme doppelt so dick wie vorher.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hallo Stathis,
    verwendete Tools MOT zur Korrektur und Parabolisierung:
    1. 400 D voll zur Beseitigung des "Entspannungsbirnen"- Astigmatismus. Später ringförmig Da= 400 Di 300, Das war echt muskelfördend. Danach Da 310 , di. 210.
    2. 270 D voll und ringförmig Di = 170
    3. 230 D voll


    Gesamt- Polierzeit für Korrektur und Parabolisierung mit obigen Tools 21 Stunden.


    Das 230D- Tool reichte nicht ganz zur vollständigen Parabolisierung. Deshalb habe ich noch mit 200 D und 150 D TOT poliert. Mit dem 150D war aber weniger gut, weil bereits nach 10 Minuten die bei Berücksichtigung der FS- Obstruktion (20%) noch sichtbare Mitte viel zu tief wurde. Das konnte aber mit dem Ringtool 270/170 MOT sowie Ringtool 200/120 TOT wieder korrigiert werden.


    Gruß Kurt

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