Hallo Ihr Spiegler, Glänzer und sonstige Alcemieker,
Hier mein erster halbwegs erfolgreicher Versuch mit dem 10“ f/12 Spiegel von gestern.
Zuerst hab ich möglichst genau nach der Rezeptur von Cosmo den 80 mm Cassegrain- FS versilbert. Reinigung ausschließlich mit Viss und mehreren Zwischenspülungen und Abreiben unter dest. Wasser mit Wattepads. Danach wurde der Spiegel in die Traubenzucker- Lösung gelegt und gründlich mit Wattepads in der Lösung abgerieben. Die Silbeerlösung reagierte sichtlich nach weniger als einer Minute. Nach 8 Minuten hab ich den Vorgang durch Abspülen mit dest. Wasser abgebrochen. Der Spiegel wurde rückseitig an einem Plastik- Haftsauger gehalten und face down in dem Bad bewegt. Nach dem Trocknen sah der Spiegel leicht matt aus, aber völlig gleichmäßig. Er ließ sich mit einem Silber- Poliertuch ohne weitere Poliermittel fast kratzerfrei auf Hochglanz bringen.
Für den 10“ hab ich nur 5 g Silbernitrat und ca. 1,5 l Wasser verwendet. Auch hier reagierte die Lösung fast spontan. Reinigung und der Rest wie oben beschrieben. Der erste Versuch face down wie oben ging schief, weil der Spiegel Grundberührung bekommen hatte. Als Behälter hab ich eine runde Plastikschüssel mit ca. 30 cm Innendurchmesser verwendet.
Nach der Trocknung sah der Spiegel genau so aus wie der kleiner 80 mm. sofort zu Beginn der Politur mit dem Silbertuch zeigten sich mehrere kleine Spots, ca. 1- 2mm Durchmesser, die aber mit Fortschritt der Politur nur unwesentlich größer wurden. Vermutliche Ursache: irgendwelche Partikel haben sich während der Wartezeit in der Traubenzucker- Lösung auf der Spiegeloberfläche abgesetzt.
Die Badtemperatur betrug praktisch Raumtemperatur = 21°C, da alles im Arbeitsraum gelagert wurde. War diese Temperatur schon etwas zu hoch?
Nun kommt was interessantes:
1. Foucault- und Ronchi- Test zeigten keine Fehler. Hier war allerdings der Prüfraum nicht ganz frei von Luftturbulenzen. Das zeigen die unmittelbar nacheinander fotografierten Ronchigramme ( Gitter 10 Linien/mm).
Wenn man nur eine der Aufnahmen hätte, könnte man viel an Fehlern hineininterpretieren. Gröbere Fehler würde man trotz der Luftturbulenzen auf allen 3 Fotos erkennen können.
2. Der Phasenkontrasttest zeigte kleine Strukturen, die mit den o. a. Spots korrelieren.
3. Reflexionsgrad
den hab ich mit rot, grün- und blauen LEDs und Photozelle gemessen und zum Vergleich den ca. 5 Wochen alten Planspiegel mit Alu + Schutzschicht dazu. Wie man dem Diagramm entnehmen kann, reflektiert der Silberspiegel im grünen und roten Spektralbereich etwas besser als Alu + Schutzschicht.
Die gleichförmige Schichtdicke scheint kein ernsthaftes Problem zu sein. Der Reflexionsgrad ist auf jeden Fall befriedigend. Die Haftung der Schicht ist offensichtlich sehr gut. Der Einsatz von hoch konzentrierter Salpetersäure zur Reinigung wird damit entbehrlich. Der Silberniederschlag funktioniert übrigens auch ganz ohne Zusatz von Kali- oder Natronlauge zum Silberbad. Damit hab ich bereits vor einem Jahr erfolgreich zwei kleinere Spiegel versilbert. Ich hab dazu aber keine Reflexionsmessungen gemacht. Diesen Versuch und die Messungen werde ich aber nochmals wiederholen, weil das dann wohl das einfachste chemische Versilberungsverfahren wäre mit den wenigen Chemikalien: Silbernitrat, Salmiakgeist und Viss!
Hier noch die Preise die ich Vorgestern bezahlt habe und die Bezugsquellen:
Aus der Apotheke
Silbernitrat 25 g: 17,90 €
NaOH 100 g : 4 €
Verbandswatte 50 g 1,50 €
Viss : Der Hausfrau entwendet
Vom Baumarkt:
Dest. Wasser, zwei 5 Liter Plastikkanister 1,49€ /Stück
Salmiakgeist ? €
Fragen an die Chemiker:
1. Irgendwo hab ich mal gelesen, man könne das Anlaufen wg. H2S in der Luft wesentlich reduzieren, wenn man die Spiegel bei Nichtgebrauch mit einer Kappe abdeckt, die innen mit einem Salz getränkt ist, welches Schwefelwasserstoff bindet. Welches Zeugs könnte dass sein?
2. hab ich das richtig verstanden, dass man die Traubenzuckerlösung durch Formaldehyd ersetzen kann und damit weniger Schlamm erzeugt wird?
3. Gibt es für Nicht- Chemielaborinhaber Versilberungsverfahren, die eine Nachpolitur der Silberschicht überflüssig machen? Dass man Silber auch im Hochvakuum bedampfen kann dürfte bekannt sein, wäre allerdings weniger Heimwerker- gerecht.
Gruß Kurt