Beiträge von Mettling im Thema „Helikalfokussierer aus Fotoobjektiv selbst bauen“

    Im Beobachterforum Deepsky hatte ich ja schon kurz etwas über den selbstgebauten Helikalauszug an meiner Russentonne geschrieben. Hier nun noch ein paar Details zum verwendeten Objektiv und zur Konstruktion.
    Verwendet habe ich ein altes Yashica-Normalobejktiv 50mm/f2 aus den 70er Jahren. Es stammt aus der Fotoausrüstung meines Großvaters und hatte eine defekte Blende.


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    Diese Objektive sind vom Aufbau fast baugleich mit Contax aus dieser Zeit, da Yashica die Contax-Mechanik hergestellt hat. Das Objektiv ist exzellent verarbeitet, komplett aus Metall und hat einen spielfreien Helikalfokussierer aus Aluminium und Messing.
    Solche Objektive werden in der Bucht übrigens heutzutage mit ca. 10-20,-€ gehandelt. Als Bastlerobjekive sind sie noch günstiger.
    Für die Okularaufnahme habe ich eine 2"/1,25"-Reduzierhülse verwendet, die ich nicht mehr benötige.


    Das Objektiv habe ich in seine Einzelteile zerlegt und die Optik ausgebaut. Hier die Bestandteile:


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    Der breite Aluring ist der eigentliche Auszug. Er erzeugt bei einer 3/4-Drehung einen Hub von 8mm, ohne dass sich die Optik mitdreht.
    Damit begann die Dreharbeit. Ich entschied mich, fernrohrseitig auf das M42-Gewinde der Tonne zu gehen.
    Ich drehte den alten Kameraanschluss ab und passte auf der Innenseite des alten Objektivgehäuses einen M42-Gewindering aus einem alten Kameraadapter ein.
    Die Reduzierhülse drehte ich soweit runter, dass ich sie in den Fokussierer stecken konnte. Den Fokussierer selber kürzte ich noch um ca. 5mm. Dann habe ich noch den alten Fokussierring des Objektivs soweit gekürzt, dass er nicht mehr mit der Klemmschraube der Reduzierhülse zusammenstieß.
    Insgesamt habe ich (mit aufräumen) ca. 45 Minuten an der Drehmaschine in meiner Firma verbracht. Also knapp eine Mittagspause.


    Da ich den Fokussierer für eventuelle spätere bauliche Veränderungen zerlegbar halten wollte, habe ich ihn komplett mit Schrauben montiert. Soweit möglich, habe ich auf die vorhandenen Schrauben des Objektivs zurück gegriffen, ansonsten habe ich M1,2-Schrauben benutzt. Da ich Uhrmacher bin, habe ich Gehäuseschrauben von Armbanduhren verwendet. Die sind aus Edelstahl und sehr präzise gefertigt.
    Den alten Blendenring habe ich als eine Art Handgriff auf dem Fokussierer verschraubt um den Schlitz der Blendenmechanik abzudecken und um ihn besser mit dem Teleskop verschrauben zu können.
    Dann noch einmal alles im Ultraschall gereinigt, den Auszug mit temparaturberständigem Fett geschmiert, alles zusammen gesetzt ét voila:


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    Der Auszug lässt sich feinfühlig drehen und rutscht auch bei schweren Okularen und Zenitnähe nicht durch. Ich fokussiere mit dem Drehtubus der Russentonne grob vor und stelle dann mit dem Helikalauszug fein nach. Das klappt wesentlich besser als mit dem Tubus allein.
    Nur wenn ich den Auszug ganz herausdrehe und in Horizontnähe beobachte wird er etwas schwergängig, er muss dann etwas weiter eingefahren betrieben werden. Manchmal merkt man halt doch, dass ein Fotoobjektiv nicht dafür gemacht ist, ein Zenitprisma und ein 22mm Panoptic zu tragen. [;)]
    Und leider liegt das Gewinde des Auszugs frei wenn er in Betrieb ist. Ich habe versucht, Verschmutzungen durch Staub dadurch zu vermeiden, dass das Gewinde zumindest in eingezogener Position komplett abgeschlossen ist. Auch aus diesem Grund kann der Fokussierer wieder komplett zerlegt werden.


    Eingezogen hat er eine Bauhöhe von 35mm. Ich könnte noch einmal rund 1cm Backfokus sparen, wenn ich nicht über das M42-Gewinde der Tonne gehen würde, sondern über den Ansatz auf dem dieses Gewinde angeflanscht ist. Aber dazu müsste ich den Fokussierer noch einmal massiv umbauen. Das ist also etwas für später. Und so sieht das ganze am Teleskop aus:


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    Alles in allem bin ich sehr zufrieden. Die reine Bauzeit betrug etwa zwei Stunden, aber ich habe bestimmt doppelt so lange über den Bestandteilen des Objektivs gebrütet und mir überlegt, wie ich das Teil im Detail realisiere und wie die Einzelteile zurechtgedreht werden müssen.
    Da bewahrheitet sich wieder mal eine alte Uhrmacherweisheit:


    <i>Es ist besser, zehn Minuten zu überlegen und eine Minute zu reparieren, als eine Minute zu überlegen und eine Stunde zu reparieren.</i>


    Ich hoffe, ich kann mit diesem kleinen Bericht andere dazu motivieren mal im Keller oder auf dem Dachboden nach alten, mechanisch hochwertigen Objektiven Ausschau zu halten und vielleicht selber mal so einen Fokussierer zu bauen. Grade für Teleskope die etwas Probleme beim scharf stellen bereiten, kann so ein Teil Wunder wirken. Was man genau bauen will und wie man es im Detail realisiert hängt natürlich zum einen vom Teleskop, zum anderen vom vorhandenen Objektiv ab. Grundsätzlich kann ich das von mir verwendete <i>YASHICA AUTO YASHINON-DS 50mm 1:2</i> empfehlen.


    Clear Skies:
    Marcus