Beiträge von Astrohardy im Thema „Die Perseiden 2008, kalt aber schön“

    >Als Einzelbeobachter kann man niemals den gesamten Himmel beobachten. Es werden einem immer einer größere Anzahl von Schnuppen entgehen, besonders die sehr schwachen. <


    Da hast Du völlig recht, aber das macht gar nix.


    Keiner erwartet von Dir daher, dass Du ALLE Schnuppen an Deinem Himmel zählen kannst. Kannst Du nämlich nicht. Das Ganze ist auch im Detail noch komplizierter. Man hat z.B. mal untersucht, wie es um die Wahrnehmung von Schnuppen in Deinem Gesichtsfeld steht. Dabei kam raus, dass Du 6mag Schnuppen überhaupt nur in dem allerinnersten Bereich Deines Blickfeldes wahrnimmst, und auch da nur mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit. Ganz am Gesichtsfeldrand siehst Du nur die ganz hellen Klopper! Diese Wahrnehmungswahrscheinlichkeitsfunktion ist also ein weiteres Problem: Du kannst nicht mal alle Schnuppen innerhalb Deines Gesichtsfeldes sehen. Erwartet aber auch keiner von Dir. Ganz viele Schnuppen gehen Dir durch die Lappen.


    Man hat u.a. aus diesen Gründen die ZHR definiert als die Rate, die EIN EINZEL-Beobachter sehen WÜRDE, wäre der Radiant im Zenit und die Grenzgröße 6.5 mag. Damit wird also kein Versuch gemacht, alle am Himmel oder auch nur die in Deinem Gesichtsfeld erscheinenden Meteore zu quantifizieren. Wohl aber ist die ZHR auch so ein gutes Maß für die AKTIVITÄT, und wenn alle auf eine international genormte Weise beobachten, dann kann man sie ziemlich gut normieren und vergleichen. Der Vorteil der ZHR ist einfach, dass alle wesentlichen systematischen Faktoren (Radiantenhöhe, Grenzgröße), die Unterschiede zwischen Einzelzählungen verursachen, herausgerechnet werden.


    Dennoch ist die ZHR natürlich eine sehr ungenaue Schätzung. Das macht aber auch nichts, weil durch die große Zahl internationaler Zählungen ein großes n entsteht und sich dann eine relativ geringe Standardabweichung ergibt.


    Man hat aber versucht, in Kenntnis der ZHR, der Stromgeometrie, der Teilchengeschwindigkeit, der Blickrichtung des Beobachters, der Wahrnehmungswahrscheinlichkeitsfunktion eine Teilchendichte im Raum auszurechnen. Das erfordert aber eine Reihe von Annahmen und jede Menge Mathe.


    > Am kleinen Wagen konnte ich die Grenzgröße 6.0 ermitteln. Im Zenit war die Grenzgröße eher besser. Diese Grenzgöße war aber erst nach 01:30 Uhr erreicht. Zu Beginn der Beobachtung gegen 23:30 Uhr hatte ich gerade mal 4.5. <


    Aus dieem Grunde bestimmt man beim Beobachten häufiger mal die Grenzgröße in der Gegend, in die man guckt. Das macht man, indem man in den IMO-Feldern (das sind Sterndrei- oder Vierecke) die sichtbaren Sterne zählt und dann in einer Tabelle die Grenzgröße nachschlägt.


    Jede Menge Info über diese Dinge gibt es bei der IMO
    http://www.imo.net
    und
    http://www.meteoros.de/meteor/meteore.htm


    Eine ausführliche Anleitung zum Beobachten gibt es auch beim AKM
    http://www.meteoros.de/akm/anlei2007.pdf


    Hoffe das hilft erstmal.



    Hartwig

    6.5 ist fuer eine mondlose Nacht auf dem Lande eine durchaus eine normale Grenzgröße. Außerdem gibt niemand etwas vor. Wenn Du ernsthaft Perseiden zaehlst, bestimmst Du Deine Grenzgrröße mit Hilfe der IMO-Zählfelder und gibst sie mit bei der Beobachtung an. Bei der Auswertung wird dann Deine ZHR aus Deinen Zählungen und Grenzgrößen ausgerechnet. Der Sinn ist, dass man Beobachtungen von Leuten, die verschiedene Bedingungen haben, miteinander vergleichen kann. Dabei ist es dann eigentlich nur schade, dass die Werte bei schlechten Grenzgrößen eben unsicher werden, weil die Korrekturfaktoren groß sind. Deshalb schmeisst man dann Beobachtungen mit Grenzgrößen schlechter als 5.5 oft raus. In Mondjahren aber natürlich auch nicht immer.


    Dennoch kann man z.B, aus Alxel-H's Beobachtung die ZHR spaßeshalber ausrechnen. Gehen wir mal davon aus, dass Axel-H bei Grenzgröße 5 beobachtet hat. Die Formel ist:


    ZHR = (n/Teff) * F * c * z


    Dabei ist n die Zahl der gesehenen Meteore, Teff die effektive Beobachtungszeit - Pausen rausgerechnet, F der Korrekturfaktor für Abdeckung des Gesichtsfeldes (Wollen, Baeume etc), z der Korrekturfaktor fuer Zenitdistanz des Radianten (1/sin h), und c der fuer Grenzgröße


    c = r ^(6.5-LM) mit der Grenzgröße LM und dem Populationsindex r
    r ist bei den Perseiden grob 2.6


    Dann ist also c=4.2



    Radiantenhöhe betrug ca. 43 Grad, sin 43 = 0.68, z = 1/0.68 =1.46




    Axel-H hatte 16.5 Perseiden pro Stunde (35 minus mindestens 2 Nicht-Perseiden in 2h) gesehen. Gehen wir mal davon aus, dass er keine Himmelsabdeckung hatte.



    Dann ist also seine ZHR = 16.5 * 1 * 1.46 * 4.2 = 100.9


    Ist natürlich eine ungenaue Schätzung, denn wir kennen nicht Axel-H's Grenzgröße. Auch weiß ich nicht, ob sich seine 35 Meteore Zählung eines Einzelbeobachters sind, oder ob etwa Axel-Hs Sohnemanns Schnuppen da mit drin sind. ZHRs beziehen sich IMMER auf einen EINZEL-Beobachter. Beobachtet man zu zweit, wird eben für jeden Beobachter getrennt eine ZHR berechnet.



    Hatte eben gerade ein Telefonat mit einer erfahrenen Beobachterin. Sie hat die Perseiden 2008 bei sehr guter Durchsicht gesehen - trotz Mond mit Milchstraßensicht - und die meinte, es sei trotz Mond in den ersten Stunden der Nacht "richtig viel los" gewesen. Deckt sich mit Euren recht hohen Raten! Die Online-Auswertung der IMO (http://www.imo.net) zeigt eine Peak-ZHR von ca. 120. Das ist für die Perseiden eigentlich nicht schlecht.


    Hoffe das trägt erst einmal zur Klarheit bei. Ich denke, dass die Raten der Perseiden am Anfang der Nacht recht hoch waren, und wollte nur mal vermitteln, wie doll eine schlechte Grenzgröße die Zahl der gesehenen Meteore reduziert. Tatsächlich sieht man bei LM=6.5 fast 7mal so viele Perseiden als bei LM=4.5. Das ist ja auch der Grund, weshalb man unbdeingt bei Meteorbeobachtungen anstreben sollte, einen wirklich dunklen Himmel aufzusuchen.


    Cheers
    Hartwig

    Ja, das ist möglich. Die Perseiden sind z.B. sehr viel schneller als die Bahngeschwindigkeit der Erde. Es sind aber außer dem Perseidenradiant noch mehrere andere aktiv (siehe oben). Bei denen funzt es genauso, nur liegt der Radiant woanders am Himmel, und die Aktivitaet ist auch viel geringer als die der Perseiden. Die Teilchen dieser anderen Ströme stammen von anderen Kometen als dem der Perseiden, daher laufen sie auf einer anderen Bahn und haben daher einen anderen Radianten. Denn die Radiantenposition ergibt sich nicht nur aus der Bewegung der Erde, sondern vor allem auch aus der Bewegung der +- parallel fliegenden Teilchen! Anderer Ursprungskomet, andere Bahn, anderer Radiant!


    Darueber hinaus gibt es auch sporadische Meteore, die keinem Strom zuzuordnen sind. Sporadische Meteore siehst in JEDER Nacht, z.B. mit einer Rate von 15 pro Stunde (bei mag 6.5-Himmel). Daher ist es völlig normal, dass es in einer Perseiden-Maximumsnacht auch immer einzelne Sternschnuppen gibt, die NICHT zu dem Perseiden-Radianten passen.


    Wenn Du z.B. Richtung Perseus guckst, dann kann ein Kappa-Cygnid durchaus auf den Perseiden-Radianten zufliegen.


    Zu den enttäuschenden Raten: Ich vermute mal, Eure Grenzgröße war wohl wesentlich schlechter als 6.5, gelle? Die ZHR-Angaben von um die 100 gelten für folgende Situation: Radiant im Zenit (hattet Ihr nicht) und Grenzgröße 6.5. 35 Schnuppen für einen Einzelbeobachter in 2 Stunden kann also durchaus hinkommen. Wenn man das nicht mag, muss man einen besseren Himmel haben, also dieses Jahr den Mond abschießen.


    Cheers
    Hartwig