Beiträge von slyv im Thema „Blick durchs Sternenrohr - die Realität?“

    Hallo Sebastian!


    Das "was sieht <i>man</i>" ist schwierig zu beschreiben. Es hängt im wesentlichen von 3 Dingen ab:


    1. die Beobachtungserfahrung
    2. die Himmelsqualität
    3. die Gerätegrösse (und -qualität)


    Zu 1. ist zu sagen, dass ein geübter Beobachter IMMER mehr sieht als ein Anfänger. Das liegt daran, dass unser Auge das "teleskopische Sehen" im normalen Alltag nicht erlernt. Sich am Okular minutenlang einäugig auf schwache Kontraste zu konzentrieren, ggf. ist es dazu noch kalt und man beobachtet ein einer unbequemen Körperhaltung und das Teleskop zittert n'bisserl. DAS muss unser Auge (bzw. die Kombination Auge/Hirn) erst erlernen.


    Zu 2. ist zu sagen, dass ein dunkler Nachthimmel (visuelle Grenzgrösse über 6mag oder gar über 6,5mag) für solch' schwache Kontrastunterschiede einfach nötig ist, weil die schwachen Funzeln sonst im aufgehellten Hintergrund regelrecht "versaufen".
    Mit einem 6"er unter 6,5mag seh'ich etwa soviel (und beobachte lieber) wie mit einem 12"er unter 5mag. Am liebsen beobachte ich mit dem 12"er unter 6,5mag oder (an Teleskoptreffen) mit noch grösseren Geräten unter noch besserem Himmel...



    Zu 3. ist zu sagen: je grösser die Öffnung, desto "näher" ist man dran.
    Will heissen: Jedes Teleskop hat seine Minimalvergrösserung (bei 7mm AP, also "Geräteöffnung (in mm) geteilt durch 7") und bei gleicher AP ist das Objekt immer gleich hell - egal, wie gross das Teleskop ist! (beim grossen Teleskop ist die Vergrösserung dann hald auch grösser, <i>deshalb</i> sieht man im grösseren Teleskop "mehr".)



    Du siehst, da sind sehr viele Variablen drin. Ausserdem noch "Jedermann /frau <i>sieht</i> anders" bzw. nimmt die "im Bild vorhandenen Informationen" anders auf. Das kann man schlecht beschreiben, schon garnicht mit einem farbigen Hubblebild...[;)] Nein, es muss nichtmal Hubble sein; schn mit kleiner Brennweite (z.b. 55mm) am normalen Fotoobjektiv kann man mittels Langzeitbelichtung soviele Photonen sammeln wie es das menschliche Auge niemals schaffan kann!
    (Siehe z.b. hier: http://213.238.32.162/topic.asp?TOPIC_ID=58548
    Das wirst Du visuell niemals sehen!)


    Das zu beschreiben geh am ehesten noch mit einer Zeichnung, oder einem Bild was man so bearbeitet, dass es den eigenen(!!) visuellen Eindruck möglichst genau widerspiegelt. Aber andere Leute sehen wieder anders. Sie sehen das Computerbild anders und würden im Teleskop vielleicht noch viel weniger sehen (einäugig, kalt, gebückt) als das Bild ihnen zeigt...



    Ergo: Wenn Du wissen willst, was DU sehen kannst (ohne ein eigenes Teleskop zu kaufen), bleiben Dir 3 Wege:


    1. der Weg zu einem Teleskoptreffen
    (m.E. am sinnvollsten, weil meist unter gutem Himmel und viele Geräte zur Auswahl)


    2. erfahrene Spechtler in der Umgebung suchen und mit denen rausfahren.
    (m.E. ein recht guter Weg, sofern der Spechtler nicht nur über "Grosstadterfahrung (schlechter Himmel) mit immer dem selben Gerät" verfügt)


    3. der Weg in eine öffentliche Sternwarte
    (m.E. nicht ein besonders guter Weg, weil: Da steht (im Normalfall) ein Megagerät unter schlechtem Nachthimmel, man kann sich für die eigene Beobachtung kaum Zeit nehmen, weil noch andere Besucher Schlange stehen... Manche Sternwarten sind besser, manche sind schlechter, manche sind MIESERABEL!!!



    z.b. die Sternwarte Schaffhausen: da haben sie einen schönen 16" Newton unter mieserabelstem Himmel und die Leute dort sind sich nichts anderes als die helle Milchsuppe gewohnt. Auf meine Frage nach M31 antwortete er: "mit diesem Gerät keine Chance, da brauchen sie ein <i>proffessionelles</i> Grossgerät" - dabei seh'ich im Schwarzwald (bei 6,5mag Vst) die M31 schon hell und deutlich - mit blossem Auge!!! Mi einem 4,5zöller (damals mein erster Gerät, ein "Astroscan") habe ich bereits das grobe Staubband gesehen und einige "Verdichtungen" aussenrum - mit wenig Beobachtungserfahrung!!
    (Unter 5mag-Himmel jedoch hab'ich die M31 anfangs nichtmal gefunden - und der Himmel in der Stadt hat (geschätzt) um die 3,5mag wenn's gut geht. DA ist's schon klar, dass M31 nix bringt - egal mit welchem Gerät...)



    Ja, soviel zum "eigentlich gesehenen" - es gibt aber noch ein mindestens gleich wichtiges Kriterium: die Faszination!



    Sie entscheidet nämlich massgebend darüber, ob die gesehene "graue Wolke" (irgend ein Nebel oder Glx)
    oder der gesehene "helle Punkt" (z.b. Quasar 3c273 ist nur ein Punkt, aber das Licht ist 2,5 Milliarden Jahre alt!!) ein "Beobachtungserlebnis" ist - oder eben nicht...



    Ich habe schon Passanten den Orionnebel in meinem 12"er gezeigt (hammer!!) die haben gemeint "och, das graue Fusselchen" - anderen Leuten habe ich mal Albireo (Doppelstern, sind ja eigentlich nur 2 Punkte) in einem 80mm FH gezigt, die konnten sich kaum vom Okular loseissen!
    So verschieden sind die Eindrücke!



    Wie also Deine Eindrücke sind? Dass kann nur einer beschreiben und selbst dem wird es schierig fallen: DU SELBER!



    Viel Vergnügen!



    Edit: 2 mal einige Tippfehler bereinigt und etwas Formatierung hinzugefügt.