Beiträge von cybermudl im Thema „BB 2007/04/21 - Erstmals unter Schweizer Himmel ..“

    Sers Daniel,


    danke fuer die nette Zeichnung. Hast das Paerchen gut getroffen !!!


    Wg. Staubband: ich hoffe, ich komm diese Saison nochmal dazu, unter wirklich dunklem Himmel zu beobachten, dann kann ich nochmal einen Blick drauf werfen. Der Kontrast schaut am DSS nicht so schlecht aus, also koennte was zu sehen sein.


    CS


    matthias

    ... ein First Light der etwas anderen Art, sozusagen ... [:)]


    nachdem ich es zu Ostern doch endlich mal geschafft habe, mein teleskop aus Oberösterreich nach Genf zu übersiedeln, und das Wetter dort in der letzten Woche - so wie in ganz Mitteleuropa - astronomietechnisch sensationell war, hab ich Samstagabend mal auf meine sozialen Verpflichtungen ges... äääh, gepfiffen & mal einen möglichen Beobachtungsplatz oben am Jura angetestet ( Col de la irgendwas, in etwa zwischen Nyon/Lausanne und dem Lac du Joux ). Prinzipiell mal nicht so schlecht - der Pass geht auf knapp 1450 m rauf, also doch einiges weniger Atmosphäre als im Tal drunten - nur war
    a) das Seeing eher mager ( ich schaetze mal so ca. 2-3" im Durchschnitt )
    b) das Teleskop (mein 10" f/4.5 Starfinder) etwas durchgerüttelt & mein Hirn ebenfalls ( hab den Laser zuhause liegengelassen u konnte deshalb nur mehr schlecht als recht am Stern fokussieren )
    c) der Mond stand etwas laenger am Himmel als erwartet ( hatte aber auch nicht nachgeguckt ) und ich etwas näher als beabsichtigt an der Strasse, auf der etwas mehr Verkehr als erwartet war ...
    ( ... der ausserdem auch etwas aggressiver zu Werke geht als von unseren Landen gewohnt. Wobei ich ein interessantes Phänomen entdecke: entweder die Autofahrer heizen wie die Deppen herum, oder sie zuckeln so langsam durch die Landschaft, dass man das auch schon fast wieder als aggressive Fahrweise auslegen kann. Fuer Action ist also schon bei der Hinfahrt gesorgt. )


    Aber das war nicht das schlimmste: der Grossraum Lausanne-Genf hat naemlich ordentlich Richtung Sueden reingestrahlt & Deepsky südlich des Himmelsäquators ziemlich verunmöglicht. ZLM war dementsprechend mit knapp 6.4 zwar recht gut, aber immer noch unter den Werten, die ich von meinem Beobachtungsstandpunkt in OÖ gewohnt bin - und der liegt doch um knappe 500-600 Höhenmeter tiefer.


    Richtung Norden und Osten wars dafuer schwer OK - keine nennenswerten Lichtglocken dort zu sehen. Werd wahrscheinlich bei meinem naechsten Ausflug mehr in diese Richtung abbiegen.


    Trotzdem meine Frage an die Schweizer unter Euch: kennt Ihr in der erweiterten Umgebung Genf-Lausanne gute Beobachtungsplätze ? Falls ja: bitte mich wissen lassen !




    OK, das war genug Einstiegsblabla. Jetzt zum interessanten Teil: den Beobachtungen!


    Wie bereits erwähnt am Anfang der Beobachtungssession der Mond noch am Himmel. Dementsprechend ist der Himmel auch aufgehellt, weshalb ich mir bei der heutigen Einstiegsgalaxie <b>M 98</b> etwas hart tue mit dem Erkennen von Details. Bis auf den hellen Kern und ein leichtes, kaum fassbares Mottling des Galaxienkörpers kann ich jedenfalls nix sehen. <b>NGC 4186</b> südlich davon ist indirekt blickweise zu erkennen, wobei ich immerhin den stellaren Kern der Galaxie ausmachen kann.
    Über ein paar faint fuzzies (IC 3065, MCG 3-31-88 und IC 3091), die unter den vorherrschenden Bedingungen eher brutal sind, gehts weiter zu <b>NGC 4212</b>, eine recht helle, elongierte Galaxie mit hellem Kern.
    Die benachbarte IC 3061 kann ich zwar nicht mit Sicherheit erkennen, dafür aber im Anschluss das erste Highlight des Abends: den Quasar <b>PG 1211+143</b>. Der ist nämlich deutlich leichter als von mir erwartet und bei 235x einfach als stellare, 14 mag helle Quelle im Dreieck mit zwei etwa gleichhellen Vordergrundsternen auszumachen.


    Danach ein kurzer Schwenk über ein paar weitere faint fuzzies (IC 3019 und NGC 4165) sowie ein paar hellere Exemplare ( NGC 4168, 4189 und 4193), dann Ankunft beim Highlight Nr. 2: Die Gruppe um <b>NGC 4216</b>. Eine wirklich schoene und sehenswerte Galaxie ! Sehr helles Zentrum sitzt in einem spindelförmigen Galaxienkörper, wobei zumindest in Kernnähe die SE-Kante besser definiert und der Kern der Galaxie auch in diese Richtung verschoben scheint - ein Hinweis auf das Staubband, das ich unter den aktuellen Bedingungen aber nicht als solches erkennen kann. Auf die Galaxie direkt N des Kerns (LEDA 39247) achte ich nicht (komm erst später bei der Auswertung drauf, dass da was hätte sein müssen), dafuer aber umso mehr auf die beiden weitern Spindeln im Feld: <b>NGC 4206 </b> bleibt heute allerdings etwas blass, und <b>NGC 4222 </b>taucht ueberhaupt nur blickweise aus dem doch recht hellen Himmelshintergrund hervor.


    Weiter zu <b>M 99</b>. Ein schönes Objekt, aus dem unter guten Bedingungen sicher einiges herausgekitzelt werden kann. So bleiben 'nur' ein heller Kernbereich, umgeben von einer diffusen Hülle, die schon vage Hell-/Dunkelbereiche zeigt.


    Ebenfalls sehenswert ist auch das nahegelegene Galaxienpaar <b>NGC 4298/4302</b>, bei dem NGC 4302 deutlich länglich und NGC 4298 elliptisch erscheint, wobei bei letzterer der Galaxienkörper in Bezug auf den Kern etwas in Richtung NGC 4302 langgezogen erscheint - ein Zeichen der (beginnenden?) Wechselwirkung der beiden Galaxien.


    Nach einer Kette aus mehr oder weniger hellen Galaxien ( NGC 4377: mit hellem stellarem Kern - NGC 4419: nette Spindel nit stellarem Kern und ev. leichtem Mottling - IC 3392 - NGC 4379 - NGC 4421 - NGC 4312 ) wirds bei <b>M 100 </b>wieder lustig. Ein heller Kernbereich & einiges an Struktur rundum - wie muss die erst unter RICHTIG dunklem Himmel ausschauen ???


    Über NGC 4405 und NGC 4383 erreiche ich das nächste sehenswerte Galaxienpaar dieses Abends: <b>NGC 4340/50</b>. NGC 4350 ist dabei die hellere, deutlich elongiert und weist einen sehr hellen Kern auf. NGC 4350 ist hingegen rundlich, etwas blasseren Antlitzes, verfügt aber ebenfalls einen (etwas schächeren) stellaren Kernbereich.


    Danach ist bei UGC 7331 und MCG 3-31-94 wieder faint fuzzy-Zeit angesagt, bevor ich das schon etwas hellere Wölkchen NGC 4344 und schliesslich <b>NGC 4293 </b>stosse. Die ist ziemlich hell und länglich und wirkt irgendwie 'lebendig' - als ob der Galaxienkörper beginne, in einzelne Strukturen zu zerfallen. Muss ich nochmal ran ...


    ... auch wegen dem benachbarten Galaxienpaar <b>M 85/NGC 4394</b>. Ein sehr schönes, ungleiches Paar - M 85 hell, mit sehr hellem Kern und leicht elongierter Hülle, NGC 4394 schwächer, rundlicher & mit stellarem Kern. Sehenswert!


    Meine Tour im Haar der Berenike neigt sich nun schön langsam dem Ende entgegen. Über die recht nette NGC 4450 ( länglich, mit hellem Kern und vagen Hell-/Dunkelvariationen ) gehts noch weiter zu IC 796, NGC 4489 und NGC 4498, bevor ich mit NGC 4515 die Tour beschliesse und erstmal Pause mache.


    Ich geh ein Stueckchen weg vom Teleskop, erledige ein paar dringliche Argelegenheiten und lasse dann meinen Blick hierhin und dorthin übers Sternenzelt schweifen ... als plötzlich ein Meteor ueber den Himmel zuckt. Und was fuer einer ! Ist zwar nicht aussergewöhnlich hell ( so pi über Daumen hatte er etwa 0 mag ) und zieht auch recht langsam seine Spur, allerdings leuchtet das Ding in einem ziemlich intensiven Gelb (was man im Vergleich mit Spica deutlich sieht, die ein paar Grad SE steht).
    Und das ist noch nicht alles: Am Ende seiner Bahn zerplatzt das Ding naemlich in zwei hellere und (mindestens) 1 schwächeres Teil, die noch kurz aufleuchten und schliesslich verschwinden. War das erste Mal, dass ich sowas beobachten konnte !!!


    Derart beflügelt, mach ich mich wieder zum Teleskop auf und richte es in Richtung Drachen aus. Zudem ist der Mond schon hinter dem Bergrücken im Norden verschwunden, und der Himmel wesentlich dunkler als zu Beginn der Beobachtungsnacht. Das will genutzt werden !


    Nach den beiden schwachen Objekten NGC 4693 und NGC 4749 gehts erstmal zu <b>NGC 4750 </b>- ein recht helles, rundliches Objekt. Über NGC 4589 und die faint-fuzzy-Parade UGC 8052, UGC 8120, NGC 4648, UGC 7767 NGC 4363 und LEDA 40048 gehts weiter zur Gruppe um <b>NGC 4291</b>. Eine nett anzuschauende und überdies sehr interessante Ansammlung von Galaxien, enthält sie mit dem Galaxie/QSO Paar <b>NGC 4319/MK 205</b> ein Objekt, dass schon fuer einige Kontroversen unter Astrophysikern gesorgt hat und wohl auch weiterhin sorgen wird. Allerdings kein leichtes Ding: Ist die Hauptgalaxie NGC 4319 einfach als recht heller Nebelfleck mit Ansaetzen von Struktur zu sehen, ist MK 205 eine harte Nuss, da das Objekt doch sehr knapp an der Galaxie steht und das mittlerweile um einiges schlechter gewordene Seeing bei 235x eine deutliche Trennung der beiden Objekte schwierig macht ( Und auch das genaue Einordnen der gesehenen Details in der Galaxie erschwert ). Erst nach geduldiger Beobachtung kann das QSO - und selbst dann nur fuer Momente - als stellare Quelle deutlich vom Galaxienkörper getrennt gesehen werden. Die anderen Galaxien der Gruppe - NGC 4291 und <b>NGC 4386</b> - erscheinen beide ähnlich hell wie NGC 4319, wobei NGC 4291 einen kompakten Eindruck macht. Ein paar Bogenminuten nördlich dieser Galaxie ist ausserdem noch die schwache <b>MCG 13-9-23</b> auszumachen.


    Damit bin ich am Ende der Reise angelangt, erste Müdigkeitserscheineungen machen sich schon breit, und die Vorfreude auf den doch jetzt wesentlich längeren Nachhauseweg ( 1 Std. ) hebt die Stimmung auch nicht sonderlich an. Die drei Galaxien NGC 4133, NGC 4159 und - über der Grenze zur Giraffe - NGC 4127 werden zwar noch aufgesucht und -gefunden, dann aber packe ich mein Zeux zusammen, werfe noch einen langen Blick auf die kommenden Sternbilder des Sommers, und mache mich wieder auf den Weg in meine lichtdurchflutete Heimat.


    CS !


    Matthias