Hallo zusammen,
hier möchte ich meinen verlohren gegangenen Beitrag rekonstruieren und dabei gleich versuchen das Ganze noch etwas übersichtlicher aufzubauen.
Also, im Folgenden eine kleine Auflistung der verschiedenen Verspiegelungsarten. Es besteht natürlich kein Anspruch auf Vollständigkeit.
<ul><li>Silberspiegel
1) Chemisch versilbern:
<i>Mögliche Handelsbezeichnungen:</i>
Keine bekannt
<i>Möglicher Schichtaufbau:</i>
Glas --> mehrere 1/100 mm Ag --> Luft
<i>Nötiges Arbeitsgerät:</i>
Chemikalien und ein paar Wannen oder Schüsseln
<i>Bezugsquelle:</i>
Kann selbst hergestellt werden
<i>Reflektionsvermögen:</i>
ca. 95% bei neuen Schichten, dann absinkend auf ca. 70% nach mehreren Monaten oder Jahren - je nach Pflege und Lagerbedingungen. Geeignet für VIS bis FIR
<i>Resistenz:</i>
Resistent gegen Wasser, Ethanol, Aceton, Isopropanol; Bedingt resistent gegen Laugen und Säuren; Kratzempfindlich
<i>Neuverspiegelung:</i>
Mehrfaches Ablösen kein Problem. Neuverspiegelung nach ca. 1/2 - 1 Jahr nötig
<i>Preis:</i>
Sehr preiswert durch eigene Herstellung; Beliebt bei Amateur-Teleskopspiegeln, vor Allem zur Prüfung der Optik am Stern bevor eine haltbarere Schicht aufgebracht wird. Heute weniger genutzt - vor wenigen Jahrzehnten Standard im ATM-Bereich. Anwendung bei Innen-Verspiegelung von Hohlkörpern wie z.B. Weihnachtskugeln.
<i>Sonstiges:</i>
Das Aufbringen einer Schutzschicht mit optischer Qualität ist nicht möglich
2) Bedampfen:
Anmerkung: Aufgedampfte Silberspiegel ohne Schutzschicht haben im Wesentlichen die selben Eigenschaften wie unter 1) beschrieben, weisen aber eine höhere Gleichmäßigkeit und eine etwas höhere Haftfestigkeit auf. Einsatz finden solche Spiegel nur im Sondergerätebau für ganz bestimmte Wellenlängenbereiche wie sehr tiefes UV und IR.
<i>Mögliche Handelsbezeichnungen:</i>
Vorderflächen-Silberspiegel; Geschützter Silberspiegel o.Ä.
<i>Möglicher Schichtaufbau:</i>
Glas --> Ag --> SiO2 --> Luft
Glas --> Ag --> SiO2 --> MgF2 --> Luft
Glas --> Ag --> SiO2 --> TiO3 --> Luft
<i>Nötiges Arbeitsgerät:</i>
Hochvakuumanlage mit thermischem Verdampfer - möglichst mit Elektronenstrahl-Verdampfer
<i>Bezugsquelle:</i>
Spezielle Beschichtungsfirmen (Dünnschichttechnik)
<i>Reflektionsvermögen:</i>
ca. 98% Geeignet für VIS (Je nach Schutzschicht auch für andere Wellenlängenbereiche)
<i>Resistenz:</i>
Resistent gegen Wasser, Ethanol, Aceton, Isopropanol; bedingt resistent gegen Laugen und Säuren; Abriebfest; weitestgehend resistent gegen Wechselklima
<i>Neuverspiegelung:</i>
Ablösen möglich, aber schwierig. Haltbarkeit: Mehrere Jahre
<i>Preis:</i>
Preiswert, aber deutlich empfindlicher als Al-Spiegel. Ca. 30-50% teurer als Standard-Aluminium Spiegel. Gut geeignet für geschlossene Geräte wie z.B. Showlaseranlagen und in der Beleuchtungstechnik. Bedingt geeignet für Umlenkspiegel.
<i>Sonstiges:</i>
Sehr gute Spiegel wenn die Abriebfestigkeit zweitrangig und ein hoher Reflektionsgrad gefordert ist. Wenig Polarisationsabhänging
</li>
<li>Aluminumspiegel
Anmerkung: Al-Spiegel ohne Schutzschicht werden hier nicht behandelt weil meiner Meinung nach für Amateurspiegel witzlos. Diese Spiegel sind zu empfindlich und werden selbst in der Industrie praktisch nicht eingesetzt.
1) Standard:
Anmerkung: Hier gibt es, wie bei allen anderen Schichten auch, geringe Abweichungen zwischen den einzelnen Herstellern was den Schichtaufbau betrifft. Diese geringen Abweichungen können enormen Einfluss auf die Haltbarkeit der Spiegelschicht haben.
<i>Mögliche Handelsbezeichnungen:</i>
Aluminium Standard; 88% Reflektion; Aluminium mit Schutzschicht; Aluminium mit SiO2 Schutzschicht; Aluminium mit Quarz-Schutzschicht
<i>Möglicher Schichtaufbau:</i>
Glas --> Al --> SiO2 ("beliebige" Dicke) --> Luft
Glas --> Al --> SiO2 (Lambda/2) --> Luft
Glas --> Cr --> SiO2 --> Al --> SiO2 --> Luft
<i>Nötiges Arbeitsgerät:</i>
Hochvakuumanlage mit thermischem Verdampfer - möglichst mit Elektronenstrahl-Verdampfer
<i>Bezugsquelle:</i>
Spezielle Beschichtungsfirmen (Dünnschichttechnik)
<i>Reflektionsvermögen:</i>
ca. 88% Geeignet für VIS (Je nach Schutzschicht auch für andere Wellenlängenbereiche)
<i>Resistenz:</i>
Resistent gegen Wasser, Ethanol, Aceton, Isopropanol; bedingt resistent gegen Laugen und Säuren; Abriebfest; resistent gegen Wechselklima
<i>Neuverspiegelung:</i>
mehrfaches Ablösen möglich, rel. einfach. Haltbarkeit: Mehrere Jahre bis Jahrzehnte
<i>Preis:</i>
Preiswert, lange haltbar und leicht zu reinigen. Geeignet auch für offene Systeme. Hauptspiegel, Fangspiegel, Umlenkspiegel
<i>Sonstiges:</i>
2) Reflektionserhöht:
Anmerkung: Hier gibt es, wie bei allen anderen Schichten auch, geringe Abweichungen zwischen den einzelnen Herstellern was den Schichtaufbau betrifft. Diese geringen Abweichungen können enormen Einfluss auf die Haltbarkeit der Spiegelschicht haben.
<i>Mögliche Handelsbezeichnungen:</i>
Premium, Hilux, Enhanced Aluminium, Forciert Aluminium ...
<i>Möglicher Schichtaufbau:</i>
Glas --> Al --> SiO2 --> TiO3 --> Luft
Glas --> Cr --> SiO2 --> Al --> SiO2 --> TiO3 --> Luft
<i>Nötiges Arbeitsgerät:</i>
Hochvakuumanlage mit thermischem Verdampfer und Elektronenstrahl-Verdampfer
<i>Bezugsquelle:</i>
Spezielle Beschichtungsfirmen (Dünnschichttechnik)
<i>Reflektionsvermögen:</i>
90 - 95%, je nach genauem Schichtaufbau und Wellenlängenbereich. Geeignet für VIS (Je nach Schutzschicht auch für andere Wellenlängenbereiche); Meist leicht farbstichig (leichter Abfall um bis zu 5% der Reflektion im violetten und tiefroten Bereich); Reflektionsvermögel leicht Winkelabhänging - kaum Polatisationsabhängig.
<i>Resistenz:</i>
Resistent gegen Wasser, Ethanol, Aceton, Isopropanol; bedingt resistent gegen Laugen und Säuren; Abriebfest; resistent gegen Wechselklima
<i>Neuverspiegelung:</i>
mehrfaches Ablösen möglich, aber nur schwierig. Haltbarkeit: bis zu Jahrzehnten
<i>Preis:</i>
Etwas teurer als 1) (Standardspiegel), lange haltbar und leicht zu reinigen. Geeignet auch für offene Systeme. Bedingt für Hauptspiegel, Fangspiegel, Umlenkspiegel
<i>Sonstiges:</i>
Manchmal werden auch diese Spiegel als dielektrisch bezeichnet. Ich halte das zumindest für nicht ganz richtig, da der wesentliche Anteil der Reflektion doch von der metallischen Al-Schicht kommt.
</li>
<li>Dielektrische Spiegel
Anmerkung: Dielektrische Spiegel bestehen ausschließlich aus nicht leitenden Materialien. Meist handelt es sich um Metalloxiede. Dazu werden abwechselnd Materialien mit hoher und niedriger Brechzahl aufgetragen. Durch Teilreflektion an den Grenzschichten und Interferenzerscheinungen zwischen den teilreflektierten Strahlen kann eine sehr hohe Reflektion für bestimmte Wellenlängen hergestellt werden. Für eine Wellenlänge ist dies relativ einfach und man erreicht schon mit wenigen Schichtpaaren (3-4 Paare --> 6-8 Schichten) einen Reflektionsgrad der metallische Spiegelschichten übertrifft. Aus diesem Grund können diese Spiegel rel. preiswert hergestellt werden. Folglich werden diese Spiegel sehr gerne für Laseranwendungen eingesetzt.
Will man einen hohen Reflektionsgrad für das komplette VIS erreichen, so wird der Schichtaufbau schnell sehr kompliziert und man landet bei mehreren dutzend Schichten. Auch die einzuhaltenden Toleranzen werden schnell enger. Folgerichtig sind rein dielektrische Schichten für den kompletten VIS Bereich sehr teuer. In bestimmten Fällen kann der Einsatz dieser Spiegel aber dennoch sinnvoll sein.
<i>Mögliche Handelsbezeichnungen:</i>
Dielektrische Spiegelschicht; 99% Reflektion
<i>Möglicher Schichtaufbau:</i>
Mehrere Paare mit hoch- und niedrig brechenden Materialien
<i>Nötiges Arbeitsgerät:</i>
Hochvakuumanlage mit Elektronenstrahl-Verdampfer und möglichst mit Ionenquelle
<i>Bezugsquelle:</i>
Spezialisierte Beschichtungsfirmen (Dünnschichttechnik)
<i>Reflektionsvermögen:</i>
ca. 98% bis 99% für VIS (bei gerade noch bezahlbarem Aufwand); für einzelne Wellenlängen auch >99,8%
<i>Resistenz:</i>
Resistent gegen Wasser, Ethanol, Aceton, Isopropanol; bedingt resistent gegen Laugen und Säuren; sehr Abriebfest; resistent gegen Wechselklima
<i>Neuverspiegelung:</i>
Ein Ablösen ist nicht ohne Schäden am Glas möglich, die Haltbarkeit beträgt mehrere Jahrzehnte
<i>Preis / Reflektion:</i>
Sehr teuer. Eine Charge in einer mittleren Anlage (Ca. 30 cm) ca. 5500 Euro
<i>Sonstiges:</i>
Anwendung maximal für Fangspiegel und Umlenkspiegel sinnvoll. Man muss zwischen rechnerischer und praktischer Reflektion unterscheiden, da schon geringste Produktionsfehler den Wirkungsgrad stark herabsetzen. Auch die Art der Politur muss auf die Schicht abgestimmt sein um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
</li>
<li>Sonstige</li></ul>
Begrifflichkeiten:
<ul>
<li>Lamelle:
Darunter wird eine dünne Haft- oder Isolationsschicht verstanden. Diese kann, muss aber nicht, nötog sein. Manchmal wird bei Al-Spiegeln eine Chrom-Lamelle auf das Glas aufgebracht um die Haftfähigkeit der Schicht auf dem Substrat zu erhöhen. Da sich der Schichtaufbau damit um mindestens zwei Schichten (Man benötigt noch eine SiO2 Isolationsschicht) erweitert sind solche Schichten meist teurer als ohne Lamelle</li>
<li>Reaktiv Aufdampfen:
Diese Technik kann bei Gas-Verbindungen angewendet werden. Darunter fallen z.B. Oxide und Nitriede. Während z.B. Silizium verdampft wird befindet sich spurenweise Sauerstoff in der Vakuumkammer. Auf dem Weg von der Verdampferquelle zum Substrat reagiert das Si mit dem O und schlägt sich dort als SiO2 nieder. Durch diese Technik kann die Qualität der Schicht gegenüber dem direkten verdampfen des benötigten Materials bei machen Materialien erhöht werden</li>
<li>Glimmen:
Beim Glimmen wird eine Elektrode mit Wechsel- oder Gleichspannung beaufschlagt während in der Vakuumkamer ein Druck von etwa 1E-3 Bar herrscht. Dadurch wird das enthaltene Gas ionisiert und auf das Substrat beschleunigt. Durch diesen Effekt wird das Substrat von anhaftenden Gasresten - v.A. Wasserdampf - befreit. Gleichzeitig wird die Oberfläche minimal aufgerauht und die Haftung der Schicht erhöht. Diese "Aufrauhung" hat aber keinen Einfluss auf die optische Qualität des Spiegels</li></ul>
So, ich hoffe mal für ein wenig Klarheit gesorgt zu haben. Sollte mir noch was einfallen, werde ich das hier einfach ergenzen.
Viele Grüße,
Raphael