Hallo Zusammen,
vielleicht hilft folgendes etwas zum Verständnis bezüglich Asti und Lagerung auf dem Prüfstand.
Die Gründe für ein Messergebnis "Asti positiv" sind im wesentlichen folgende:
1.durch Lagerung des Spiegels im Testaufbau verursacht
2.in der Testapparatur vorhanden
3.durch temperaturbedingte Luftschlieren vorgetäuscht
4.durch stationäre vertikale Temperaturgradienten der Luft in der Prüfstrecke vorgetäuscht.
5.tatsächlich im Spiegel vorhanden.
<b>Zu 1</b>. Vor ca. 2 Jahren hatte ich die Gelegenheit den 24“- Spiegel von Yves Klüver mit meinen Bath- Interferometer zu vermessen. Bei Schlingenlagerung mit rückseitiger Anlehnung ohne definierte Auflagepunkte kam bei vielfacher Wiederholung nach Drehung des Spiegels nur Chaos heraus. Erst nach Lagerung des Spiegels in der 18- Punkt Spiegelzelle mit lateraler Rollenlagerung bei rückwärts geneigtem Spiegel waren die Reproduzierbarkeit der Messwerte befriedigend. Der Rat dazu kam von Roland Herrmann. Offensichtlich hatten einige „Großscherbenbesitzer“ schon das Problem erkannt und den Vorteil der lateralen Rollenlagerung beim Test am Himmel verifiziert.
Bei mehreren Spiegeln im Bereich von 300- 350 mm D. aus 25 mm Borofloat ( darunter auch unser RR- Spiegel) ergaben sich in Schlingenlagerung trotz definierter Stützpunkte (Dreipunktlagerung) auf der Rückseite störende Streuungen bezüglich Asti nach Drehung des Spiegels. Bei dem RR- Spiegel war aber in jedem Fall der Asti ganz eindeutig der Drehung zuzuordnen und auch vom Betrag her jeweils im Bereich von 1 bis 1,5 lambda. Bei genauer Kontrolle fiel mir auf, dass der Spiegel bei wiederholter Aufhängung nicht immmer an allen 3 Stützpunkten der Rückseite auflag. Die positive Erfahrung mit o. a. Rollenlagerung veranlasste mich zu dem Versuch mit der in meinem Bericht beschriebenen Teflon- Lagerung. Die funktionierte aber erst dann überzeugend besser, nachdem ich die Alu- Blechstreifen zwischen Teflon und Spiegelrand eingefügt hatte.
<b>Zu 2.</b> So kann z. B. die Referenzsphäre eines I- Meters nach Michelson oder die Strahlerzeugung und Ausrichtung eines Bath I- Meters astigmatisch „verseucht“ sein. Wer aber derartige I- Meter selber baut und damit arbeitet lernt sehr schnell diese Fehler hinreichend zu minimieren.
Beim Labor- Startest auf Asti verursacht der i. a. vorhandene Offset zwischen künstlichem Stern und Beobachtungsokular mehr oder weniger wahrnehmbaren Asti. Dessen Größe lässt sich an Hand der Daten des Spiegels und des Versuchsaufbaus gut berechnen.
<b>Zu 3.</b> Luftschlieren können Asti vortäuschen und/oder tatsächlich vorhandenen Asti des Spiegels verstärken oder schwächen. Durch Messwiederholung und Mittelung kann der Einfluss minimiert werden. Noch wirkungsvoller ist die zusätzlich Einhausung der Messtrecke mit Isoliermaterial. Mittelung heißt hier nicht arithmetische Mittelung der Messwerte, sondern Mittelung über die „Zernikes“. Programme wie FringeXP haben dazu die Average- Funktion.
<b>Zu 4.</b> Wie ich in mehreren Amateur- Prüfräumen gemessen habe findet man je nach Lage und Wetter erhebliche verikale Temperaturgradienten. Dagegen hilft auch die Einhausung in einem Tunnel aus Isoliermaterial nur unzulänglich. So hab ich z. B im Tubus meines 12“ Newton eine Temperatudifferenz von 0,5°C gemessen. Die Messpunkte lagen unmittelbar vor dem Spiegel am oberen und unteren Spiegelrand. Derartige Tempereaturgradienten verursachen bei 10- 12“ Spiegeln mit Sicherheit erkennbaren Asti in der Größenordnung von einigen 1/10 lambda Wellenfront. Was da sonst noch passieren kann hab ich am Beispiel des o.a. 24“ Spiegels schon mal berichtet, siehe
http://www.astrotreff.de/topic…PIC_ID=17555&SearchTerms="eigenwillig"
Da wurde auf die Iso- Einhausung bewusst verzichtet.
<b>Zu 5.</b> genau den wollen wir ja erkennen oder noch besser vermeiden. Wie die Versuche von Alois und mir zeigen ist es bei unserem RR- Spiegel mit relativ geringem Aufwand möglich die undefinierten Verspannungen durch Lagerung höchst wirksam zu minimieren. Bei üblicher vertikaler Aufstellung in Prüfstand bleibt als Störgröße das übrig was Alois „Knichasti“ nennt. Ich kenne den Prüfraum vom Alois und durfte dort auch schon Temperaturmessungen im Winter machen. Da war tatsächlich auf einer Höhendifferenz von 300 mm keine Temperaturdifferen <0,1 °C nachweisbar.
Alois findet nach seinen einfach nachvollziehbaren Berechnungen und Messungen aber nur 0,03 lambda wave "Knickasti". Michael berechnet aus den Messungen 0,11 lambda Teststand- Asti. Bei meiner FringePX- Auswertung kann man im Farbcontourplot (Abb. 6 links) etwas erkennen das „Knickasti“ sein könnte. Nach der Farbskala wäre der Betrag 0,02 lambda wave. In allen 3 Fällen und auch bei Ullis Messung kommt für den Spiegel ein mitdrehender Asti von im Bereich von grob gesagt 1,5 bis 1 lambda Wellenfrontfehler heraus. Die Schlingenlagerung ist bei der Spiegelgröße offensichtlich noch nicht soo entscheidend für den gesicherten Nachweis.
Wenn man sich die Wirkung von Asti auf die für die Bildefinition entscheidenden Kontrastübertragungsfunktion (MTF)vergegenwärtigen will („Aberrator-“ Simulation), dann macht 1/10 lambda Asti folgendes:
Wie man sieht sieht man nix. Die MTF- Kurve für 0,1 Lambda Asti fällt praktisch mit der idealen Kurve zusammen. Erst bei der PSF sieht man eine Abweichung zum Ideal von 2%. Man muss also Asti gar nicht auf 1/10 lamda oder noch genauer messen. Um aber die in obiger Liste genannten Einflüsse einigermaßen zuverlässig beurteilen zu können war der Aufwand erheblich.
Als Spiegelschleifer wird man sich vorrangig fragen, wie man denn Asti zuverlässig vermeiden kann. Dazu liefern die Berichte von Stathis und Alois ganz klar die Begründung, nämlich die nicht genügend plane Rückseite des Spiegels. Wer das nicht beachtet der handelt sich wie hier sehr lehrreich nachgewiesen einen gehörigen „Lagerschaden“ ein, allerdings schon nur beim Schleifen und polieren. Sicherheitshalber sei noch bemerkt, dass zwischen Spiegelrückseite und der möglichst steifen und ebenen Arbeitsunterlage eine geeignete, weiche Zwischenschicht gehört.
Das hab ich noch vergessen: Vielen dank an Chris für seinen Mut uns den Spiegel zur Verfügung zu stellen. Da er damit erstmals in Deutschland einen offensichtlich hoch interessanten RR- Versuch ermöglicht hat, gehört der Spiegel irgendwann einmal ins Deutsche Museum[:D].
Gruß Kurt
PS.: 22. 06. 06 editiert zwecks Korrektur von Tippfehlern. Zahlenangaben und sonstiger Inhalt wurden nicht verändert
Kurt