Hallo Luchs,
natürlich kann man die Brennweiten von Okularen messen. Mal überlegen ...
Bei den kurzen Brennweiten muß man dazu auf jeden Fall sehr genau positionieren und messen, weil kleine Fehler gleich zu großen Abweichungen führen.
Zunächst: Ein Okular ist ein Linsensystem mit den Eigenschaften einer Sammellinse. Allerdings ist es ein Linsen<i>system</i>. Und das heißt: Man kann die Brennweite nicht von der Linsenmitte ausmessen, wie man das bei dünnen Einzellinsen (z. B. Brillengläsern) macht. Stattdessen hat das System zwei "Hauptebenen", von denen aus man die Brennweiten messen muß. Leider weiß man nicht, wo die liegen.
Bei einer dünnen Einzellinse kann man einfach mit der Linse ein Bild erzeugen und sich dann mit der Linsengleichung (1/g+1/b=1/f) die Brennweite errechnen. Bei einem Brillenglas pflege ich einfach, das Objekt der Untersuchung als Brennglas zu benutzen. Dann ist die Sonne (Gegenstand) unendlich weit weg. 1/g ist daher Null. Dann sagt mir die Linsengleichung 1/b=1/f oder b=f. Die Bildweite ist dann gleich der Brennweite. Ich brauche also nur festzustellen, in welcher Entfernung vom Brillenglas es am besten kokelt, und schon habe ich die Brennweite. (Daher kommt der Begriff "Brennpunkt" ja schließlich.)
Beim Okular geht das nicht. Ich kann es zwar auch wie ein Brennglas benutzen, aber ich weiß nicht, wo die Hauptebene liegt, von der ich den Abstand zum Brennpunkt messen muß. Die Kante des Okulars ist es mit Sicherheit nicht!
Daher bleibt Dir hier nur eins über. Du mußt Dir eine einfache optische Bank bauen und das Ding ausmessen:
1) Baue Dir eine Lochmaske mit einem kleinen markant begrenzten Ausschnitt (nur ca. 2 mm groß) und montiere sie vor einer Taschenlampe (empfehlenswert, weil so schön hell: Leuchtdioden-Taschenlampe). Die Lichtaustrittsfläche sollte ansonsten vollständig abgedeckt sein, wegen Streulicht. Improvisiere Dir eine verschiebbare Vorrichtung, die es erlaubt, die Taschenlampe in etwa 10 cm Höhe so zu fixieren, daß sie parallel zum Tisch leuchtet.
2) Baue Dir einen Schirm aus weißem Papier, auf dem Du ein projiziertes Bild auffangen kannst. Der Schirm muß senkrecht auf dem Tisch aufzustellen sein.
3) Befestige ein Bandmaß auf dem Tisch.
4) Fixiere das Okular in der gleichen Höhe wie die Taschenlampe direkt über dem Bandmaß.
5) Bringe am Lampenschlitten und am Schirm je einen Zeiger an, der es erlaubt, die Position dieser Objekte relativ zum Bandmaß millimetergenau abzulesen.
Jetzt geht's los:
6) Leuchte mit der Lampe mittig in das Okular und versuche das kopfstehende Bild der Maske auf der anderen Seite auf dem Schirm aufzufangen. Dazu sollte es ziemlich dunkel im Zimmer sein. Wenn Du ein scharfes Bild hast, notiere die Position von Lampe und Schirm (kannst Du am Bandmaß ablesen).
7) Verändere die Abstände von Lampe und Schirm, ohne dabei das Okular zu bewegen, und erzeuge auf diese Weise eine Reihe von Wertepaaren für die Position von Maske und Schirmbild. Je mehr um so besser, um Meßfehler auszugleichen.
Dann kommt die Auswertung:
Die ist numerisch sehr aufwendig. Daher schlage ich Dir eine grafische Methode vor.
Trage Deine g-b-Wertepaare in ein gewöhnliches rechtwinkliges Koordinatensystem ("x-y-Koordinaten") ein. Je nach Deiner Meßgenauigkeit erhältst Du eine Kurve, die mehr oder weniger schön einer rechtwinkligen Hyperbel ähnelt (Dem Graphen zu y=1/x). Allerdings fallen hier die Asymptoten nicht mit den Koordinatenachsen zusammen.
Jetzt suche an der Kurve den Punkt, an dem sie ein Gefälle von 45° hat (Durch paralleles Verschieben eines Geodreiecks). Dann suche Dir den Punkt, an dem das Gefälle 14° beträgt. Lote von beiden Kurvenpunkte auf die x-Achse herunter. Der Abstand dieser Punkte auf der x-Achse ist die Brennweite Deines Okulars.
Alternativ kannst Du auch andere Punkte auf der Kurve aufsuchen, z. B. die beiden Punkte mit 76° und 24° Gefälle. Die müssen auf der x-Achse ebenso den Abstand f haben.
(Den Abstand der Punkte auf der x-Achse mußt Du natürlich in den Einheiten ablesen, die Du dort aufgetragen hast.)
Gruß, mike