Beiträge von Stathis im Thema „Abell 33 Diamond Ring Planetary in der Hydra“

    Hallo Christian,


    ja, der Schmalbandfilter reißt es bei solchen Objekten raus. Dieser Filter dunkelt bei mir aus der Stadt den Himmelshintergrund um ca. Faktor 30-45 ab, das sind fast 4 mag/arcsec^2 Unterschied, du weißt, wie viel das ist.


    Hier die reinen 113x2 min = 3,8 Stunden ohne Filter. Sie zeigen nur einen ganz zarten Nebel und dafür richtige Sternfarben, da ja das volle Spektrum enthalten ist:



    Und hier die reinen 374x2 min = 12,5 Stunden mit dem OIII / H-alpha Dualband Filter. Dramatisch viel mehr Nebel, da man durch den dunklen Himmelshintergrund das Bild viel stärker strecken kann, dafür wesentlich schwächere Sterne mit komischen Sternfarben, da das Kontinuum fehlt:



    Bei schwächeren PNs würde bei diesen Bedingungen ohne Filter gar nix gehen, oder man müsste belichten, bis der Arzt kommt.


    Stimmt, der Zentralstern scheint etwas aus der Mitte. Das kennt man ja bei alten, stark expandierten PNs, die mit dem Gas und Staub der Umgebung interagieren. Dieser liegt jedoch in der Hydra und somit weit abseits von potentiellem Gas und Staub der Milchstraßenebene. Vielleicht kommt das durch die leicht unsymmetrische Helligkeitsverteilung?

    Bin immer wieder sehr positiv überrascht, was man aus der Stadt bei diesen Bedingungen so alles machen kann.

    Mich hat das anfangs auch sehr gewundert. Etwas vereinfacht erkläre ich mir das mit dem Signal zu Rausch Verhältnis (Signal to Noise Ratio=SNR):

    - Bei der visuellen Deep Sky Beobachtung erhöhen wir das SNR durch mehr Öffnung und dunkleren Himmel. Hinzu kommt natürlich die Beobachtungserfahrung, um mittels indirektem Sehen selbst enorm schwache Details herauszukitzeln.

    - Bei der Deep Sky Fotografie kommt noch die Belichtungszeit als dritte Einflussgröße hinzu. Schlechteren Himmel kann man hier durch mehr Belichtungszeit kompensieren. Das Ganze hat aber seine praktischen Grenzen, da das Himmelsrauschen sich nur mit der Wurzel der Belichtungszeit verbessert. Wenn ich das SNR verdoppeln will, muss ich 4 mal so lange belichten. Wenn ich 1 mag = Faktor 2,512 tiefer kommen will, muss ich 6,3 mal so lange belichten, das wäre in diesem Fall 100 Stunden, uff!


    Anders herum betrachtet, bin ich immer wieder erstaunt, wie gut unsere Deep Sky trainierten Augen sein können. Auge + Hirn kann nur ca. 1/15 sek. "belichten", und doch schaffen es gewisse Leute ;), Weiße Zwerge in M44, oder ultrakompakte Zwerggalaxien bei M60 zu erkennen. Tagsüber wiederum können wir mit unserer 1-2 mm Öffnung erstaunlich scharf die Gazelle im Busch, oder die Spurrille bei Tempo 80 Berg runter auf dem schüttelnden Fahrrad erkennen. Unsere Bio-Signalverarbeitung ist ein wahres Wunderwerk der Natur. Ok, ich schweife ab ins Philosophische :exploding_head: .

    Ich habe wieder einen Abell Planetary den Widrigkeiten der Stadtlichtverschmutzung, und teilweise dickem Mond + hartnäckigen hohen Wolkenschleier abgetrotzt. Es ist der für Abell-PN Verhältnisse mittelhelle Abell 33 in der Wasserschlange mit einem Durchmesser von 4,5'. Durch die zufällige Konstellation mit dem 7,2 mag hellen Stern HD 83535 am Rand des Nebels trägt er den Namen "Diamantenring Planetary". Insgesamt kamen 3,8 Stunden RGB + 12,5 Stunden mit Dualbandfilter zusammen, ich zeige einen Crop von 39'x29':



    Abell 33 konnte ich bereits im 10 Zoll Reisedobson unter durchschnittlichem Landhimmel (Mallorca auf dem Feld) visuell erkennen, siehe Beschreibung. Mit seinen 2 dunklen Flecken erinnert er mich an eine schwächere Version vom Eulennebel M97, ist jedoch 30% größer als dieser. Der Zentralstern WDS J09392-0247A wird mit 15,9 mag angegeben und gilt als weiter Doppelstern (siehe Wide binaries in planetary nebulae with Gaia DR2). Er kommt auf dem Bild schön blau daher - wie es sich für einen PN Zentralstern gehört.


    Bilddaten:

    Teleskop: Getunter TS-UNC Newton 250/1000 + TS-GPU Komakorrektor.

    Montierung: Losmandy G11

    Kamera: ToupTek 2600 Color @ Gain 100 für RGB und Gain 300 für die Filteraufnahmen, Kühlung auf -10°C.

    Guiding: ZWO 30/120 mm mini Guidescope + ASI 120MM mini Guidecam, PHD2

    Bedingungen: Stadthimmel, Laternen, teilweise Mond, oft Schleierwolken. Im Schnitt SQM= 17,7 mag/arcsec^2, Bortle 8, fst 3,7 mag.

    - 113x2 min in 2 Sessions ohne Filter für die Sterne.

    - 374x2 min in 4 Sessions mit Antlia ALP-T Zweibandfilter (je 5 nm Bandbreite für OIII+Ha) für den Nebel.

    Belichtungszeit Total: 16h14m.

    Darks, Himmelsflats während der Dämmerung.

    Aufnahmesoftware: SharpCap

    Bearbeitung: Stacking mit DSS, Hintergrundabzug + Farbkalibrierung + Hystogrammstrecken mit Siril. Feintuning (Farbanpassung, Rauschreduzierung) in RawTherapee.

    Die Filteraufnahmen mit Starnet++ die Sterne entfernt. In Gimp beide Ebenen mit "Bildschirm" = "Screen"= "Negativ Multiplizieren" kombiniert. Im gesamten Prozess keine Schärfungsalgorithmen, lediglich Rauschreduzierung.