Beiträge von 03sec im Thema „Wie auffällig bzw. "bunt" sollten Sternfarben auf Astrofotos sein?“

    Hallo Christoph,

    ich habe das viel profaner gemeint. (und nur aus der Sicht des Bildermachens)

    Da gibt es einen H-alpha-Filter, der zeigt einen Nebel viel deutlicher, als im Kontinuum.

    Ich belichte, und es kommt ein monochromes Bild dabei heraus.

    Dieses will ich irgendwie mit einem RGB verheiraten, denn ich möchte ja, dass die Sterne Farben haben.

    Ich nehme also das H-alpha-Bild und definiere es als Rotkanal im RGB-Modus. Das sieht, gelinde gesagt, mäßig aus, denn in der Luminanz habe ich jetzt einen deutlich erhöhten Rotanteil. Der Nebel wird rosa. Dieses Rosa meinte ich.

    Ein echtes Wasserstoffleuchten ist vermutlich pink oder rot-pink, je nachdem, aber das kriegen wir nicht so einfach fotografiert. Dieses Pink ist "echt", und was echt ist, ist auch schön, wenn ich das mal so platt sagen darf.

    Wenn jetzt aber jemand die Andromeda-Galaxie mit diesen "rosa Pickeln" infiziert, dann ... gefällt es mir persönlich nicht. Werden die dann dunkler dargestellt, dann werden sie zu roten Regionen, damit kann ich besser leben, das meinte ich.

    Bei Sternen ist das i.d.R. einfacher, wie du selbst sagst. Aber auch da. Nehmen wir mal an, du hast eine staubige Region in einem Nebel. Die Sterne, die dort hindurchleuchten, sind gerötet. Das ist sehr logisch und das Bild gibt das auch wieder. Obwohl ein bläulicher Stern jetzt wie ein roter Stern dargestellt wird, haben wir mit der "Echtheit" keine Probleme, solange wir die Zusammenhänge interpretieren können. Ändern wir lediglich den Bildausschnitt und unser Bild besteht nur noch aus geröteten Sternen im Staub, dann ist das hässlich, weil es rot in rot in rot ist. In diesem Moment würden unsere Augen, wenn wir vor Ort wären, einen Farbabgleich machen. Dann würde der Stern, entsprechend seiner Klasse, bläulich dargestellt werden und wir würden uns freuen. Ebenso können wir das bei der Fotografie machen. Dann allerdings würden wir einen Teil der Realität ausblenden, dass er nämlich gerötet ist. Einen Tod muss man also sterben.

    VG ralf

    Hallo Caro,

    eigentlich habe ich das sogar gewusst, aber gut, dass du das nochmal klarstellst. In der Andromedagalaxie gibt es ja z.B. auch HII-Regionen, die blau sind, bzw. türkis.

    Wir Fotografen gehen da wohl immer zu sehr vom Bild aus und nicht vom Objekt. Wenn ich dann durch einen H-alpha-Filter fotografiere, dann ist das, was ich sehe, subjektiv mein H-alpha-Objekt (das es so ja gar nicht gibt). Und dann erwarte ich natürlich, dass mein Objekt auch so rot ist, wie mein Filter und versuche es entsprechend darzustellen. In den Lichtern wird es dann so hässlich rosa, weil es im Grunde ein monochromes Bild ist.

    Würde man HII-Regionen möglichst realistisch darstellen wollen bzw. können, dann würde die Farbe differenzierter werden, weil noch andere Wellenlängen mitspielen, dann kann es z.B. zwar pink sein, aber dieses Pink ist anders als das monochrome helle Rot, das in den Lichtern zu rosa wird.

    Habe ich das so richtig verstanden? Auf jeden Fall werde ich jetzt immer HII-Regionen schreiben und mich so daran erinnern, dass das immer nur ein Teil des Lichtes ist, das ich sehe.

    VG ralf

    Hallo,

    ergänzend dazu ein netter Vergleich:



    Zwischen oberer und unterer Zeile wurde die Farbe nicht aktiv geändert. Es wurde lediglich das RGB-Bild linear dunkler gemacht.

    Die schweinchenrosa H-alpha Regionen sind deshalb schweinchenrosa, weil wir einen hohen Luminanzwert bei Rot haben. Das wollten wir auch, denn wir haben ja mit H-alpha Filter fotografiert, der die Regionen hervorhebt. Machen wir den Nebel dunkler, so wird das Rot immer intensiver. So gefällt das eigentlich besser, nur haben wir dann die bessere Luminanz verschenkt. Einen Tod muss man also sterben. (oder 2 mal halb)

    VG ralf

    Hallo zusammen,

    vielleicht hilft es mal einen Schritt zurückzutreten und sich anzuschauen, was Farben sind und was wir überhaupt daraus machen können, wenn wir fotografieren.

    Wenn man den physikalischen Hintergrund verstanden hat, dann kommt ggf. der kulturelle Hintergrund dazu und so manche Diskussion kann abgekürzt werden.

    Farben sind keine Eigenschaften von Körpern. Die Tomate ist nicht rot, sondern das von ihr reflektierte Licht wirkt rot, weil es eine Eigenschaft der Tomate ist, dass sie Licht der Wellenlänge um 550 nm absorbiert und uns das restliche Licht zurückwirft.

    Ein Stern ist nicht rot, sondern er emeritiert vorwiegend Licht der Wellenlänge um 650 nm, das wir als Rot empfinden.

    Ob mein Rot dasselbe ist wie Peters, das kann man dabei nicht sagen.

    Für den ein oder anderen ist das eine Wortklauberei, aber es soll zeigen, dass wir niemals exakt sein können, wenn es um Farben geht, sondern uns nur nähern werden. Das Wort "Farbkalibrierung" verspricht mehr, als es kann.

    Die Menschen haben verschiedene Farbempfindungen. 1/3 aller Männer empfinden ein bestimmtes Gelb als "kühlgelb", 2/3 mit einem anderen Gen als "warmgelb". Frauen sehen Farben grundsätzlich bunter und differenzierter. Und ich kann euch sagen, wenn man das Farbensehen trainiert, so wie ich einst im Farblabor der Uni, dann kommt man in der Dämmerung nach draußen und hat das Gefühl unter Drogen zu stehen.

    Ein anderer Punkt, dem wir uns nur nähern können, sind Helligkeiten. Astrofotos sind Vehikel, um etwas abzubilden, dabei muss man zwangsläufig Kompromisse machen. Die besten Astrokameras haben zwar eine FW-Kapazität von 220000 Elektronen, aber ab einem gewissen Punkt geben auch sie die Realität verfremdet wieder. Die Sterne werden dann nicht mehr heller, sondern dicker. Wir haben uns derart daran gewöhnt, dass wir das als normal empfinden, und auch Sternkarten bilden helle Sterne dicker ab.

    Nun kombinieren wir beide "Wortklaubereien" und wir haben einen ausgebrannten Kern eines Sterns und in seiner Peripherie gibt es eine Farbe. Damit müssen wir leben, weil wir Fotos machen und nicht die Wirklichkeit abbilden.

    Wie man mit dem Problem umgeht, ist jetzt Geschmackssache. Gibt man dem Stern künstlich einen Grauwert, damit die Farbe auch das Zentrum erreicht? Erhöht man die Farbintensität der Peripherie, damit sie für uns auffälliger wird? Es macht Spaß sich hier einen Workflow zu überlegen, der uns einerseits Farben zeigt, andererseits aber natürlich wirken soll.

    Das heißt freilich nicht, dass alles egal ist.

    Auch, wenn mein Rot nicht dasselbe ist wie Peters Rot, so können wir uns doch darauf einigen, dass es nicht grün ist oder blau. (deshalb die Farbkalibrierung). Aber, das ist eine kulturelle Übereinkunft.

    Genau so ist es eine kulturelle Übereinkunft, wie man nun mit dem Dilemma "ausgebrannter, also farbloser Stern" umgeht.

    Es gibt eine Untersuchung, dass Leute, die in Großstädten wohnen, eher kräftige Farben bevorzugen gegenüber Leuten, die auf dem Land wohnen. Für mich ist das sofort erklärbar.

    Ebenso ist es kulturell erklärbar, dass amerikanische und asiatische Astrofotografen ihre Bilder oft sehr bunt gestalten. Und die Deutschen tendenziell, als die "Dichter und Denker", nach irgendeiner grauen Wirklichkeit suchen. Aber das ist weder wahrer noch unwahrer. Es gibt nur kulturelle Zugehörigkeiten.

    Von daher schlage ich vor, diese Diskussion nur über das ästhetische Empfinden zu führen und nicht über wahrer oder unwahrer. Gerne wird dann gesagt, dass bei der Ästhetik aber ja alles möglich ist, dass das Kunst sein und damit alles erlaubt sei. Dem ist aber nicht so, auch da gelten Regeln und es gibt sogar Forschung dazu. U.a. vom Max Plank Institut (= seriöse Forschung) für empirische Ästhetik.

    Oder, mal zusammengefasst. Ich darf sagen, dass mir ein Bild nicht gefällt, weil es wie ein zu süßer Kaubonbon zwischen den Zähnen klebt. Ich darf sagen, dass der Stern ein roter Riese ist, aber die Farbe das nicht widerspiegelt. Ich darf sagen, dass das Objekt zwar schön farbig ist, aber die Sterne als zu farblos empfinde. Ich darf aber auch mein eigenes Bild verteidigen, und sagen, dass mir das so aber besser gefällt.

    VG ralf